Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.01.2004, Az. 4 StR 147/03

4. Strafsenat | REWIS RS 2004, 5161

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[X.] StR 147/03vom8. Januar 2004in der [X.] vorsätzlichen Vollrausches- 2 -Der 4. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 8. Januar 2004 gemäß § 349Abs. 2 und 4 StPO [X.] Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil [X.] vom 20. Dezember 2002 im [X.] mit den zugehörigen Feststellungen auf-gehoben.2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten [X.], an eine andere [X.] des Landge-richts zurückverwiesen.3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.Gründe:Das [X.] hat den Angeklagten wegen vorsätzlichen Vollrauscheszu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt und seineUnterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Hiergegen wendetsich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung materiellenRechts rügt. Das Rechtsmittel hat zum [X.] Erfolg; im übrigenist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.1. Nach den Feststellungen mißhandelte der Angeklagte in alkoholisier-tem Zustand ([X.]: 4,02 ›) einen Zechgenossen durch Schläge mit der- 3 -Faust und mit einer Taschenlampe sowie durch Fußtritte, so daß dieser u.a.ein Schädelhirntrauma und mehrere Gesichtsfrakturen erlitt.2. Die sachverständig beratene [X.] geht - rechtsfehlerfrei - da-von aus, daß der Angeklagte bei [X.] (im Zeitpunkt des "Sichberau-schens") voll schuldfähig war. Die Rauschtat (gefährliche Körperverletzung)habe er im Zustand erheblich verminderter, möglicherweise völlig [X.] Steuerungsfähigkeit begangen.Das [X.] hat weiter festgestellt, daß beim Angeklagten eine dis-soziale Persönlichkeitsstörung vorliegt. Er ist seit Jahrzehnten [X.]. Im Bundeszentralregister befinden sich für ihn 23 Eintragungen; die diesenzugrundeliegenden Straftaten beging der Angeklagte, soweit sie gewichtig [X.], stets unter [X.]. Mehrjährige Unterbringungen in einer Entzie-hungsanstalt waren ohne Erfolg.3. Die [X.] hat die Unterbringung des Angeklagten in der Siche-rungsverwahrung gemäß § 66 Abs. 1 StGB, dessen Voraussetzungen vorlie-gen, angeordnet. Seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB)hat sie ohne Rechtsfehler abgelehnt, weil diese keine Aussicht auf Erfolg ver-spricht. Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB)hat das [X.] unter Hinweis auf die Rechtsprechung des 5. Strafsenatsdes [X.] (Beschluß vom 18. Mai 1995 [X.] 5 StR 239/95 = [X.], 41) mit der Begründung abgelehnt, diese komme nur dann in Betracht,wenn die Tat, d.h. das Sichberauschen, im Zustand der Schuldunfähigkeit oderder verminderten Schuldfähigkeit begangen wurde, was hier aber nicht der Fallgewesen sei.- 4 -4. [X.] kann nicht bestehen bleiben.Die Annahme des [X.]s, die Anordnung der Unterbringung in ei-nem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB scheide aus [X.] aus, hält der Nachprüfung nicht stand.Zu Recht macht die Revision geltend, daß die [X.] "ultima ratio" (vgl. [X.], 533, 534) erst dann hätte [X.] dürfen, wenn § 63 StGB nicht anwendbar wäre. Hätte das [X.]bei der Maßregelentscheidung auf die Rauschtat - gefährliche Körperverlet-zung - abgestellt, so wäre die Eingangsvoraussetzung des § 63 StGB - die si-chere Feststellung zumindest verminderter Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) - erfülltgewesen. Da dem Angeklagten kein Nachteil daraus erwachsen darf, daß ernicht wegen der Rauschtat, sondern (weil seine Steuerungsfähigkeit mögli-cherweise aufgehoben war) in Anwendung des [X.] wegen Vollrau-sches verurteilt wurde (vgl. [X.], 81, 82; [X.], 18), hätte das[X.] - in erneuter Anwendung des [X.] (diesmal zumRechtsfolgenaus-spruch) - die Voraussetzungen des § 63 StGB prüfen ([X.] des § 63 StGB beim Zusammenwirken von [X.] Alkoholabhängigkeit vgl. [X.]St 44, 338 ff.; Tröndle/[X.], StGB 51.Aufl. § 63 Rdn. 2 f. m.w.N.) und nach § 72 Abs. 1 StGB der Maßregel den [X.] geben müssen, die den Angeklagten am wenigsten beschwert (vgl. [X.] § 63 Konkurrenzen 3; s. hierzu auch [X.]R StGB § 72 [X.], 4, 6).5. Der Senat hat bei den anderen Strafsenaten des [X.]angefragt, ob der Entscheidung des 5. Strafsenats vom 18. Mai 1995 (= [X.] -1996, 41), der sich der 1. Strafsenat (Beschluß vom 16. Dezember 1997[X.] 1 StR 735/97), der 2. Strafsenat (u.a. Beschluß vom 26. Juni 1996 [X.] 2 [X.]/96 = NStZ-RR 1997, 102) und auch der erkennende Senat (Beschluß vom4. Februar 1997 [X.] 4 [X.] = NStZ-RR 1997, 299, 300) angeschlossenhaben, der Grundsatz zu entnehmen ist, daß bei einer Verurteilung wegen Voll-rausches eine Unterbringung nach § 63 StGB nur in Betracht kommt, wenn [X.] das Vergehen nach § 323 a StGB - die Alkoholaufnahme - im Zu-stand erheblich verminderter Schuldfähigkeit begangen hat, daß somit für [X.] die Schuldfähigkeitsbeurteilung im Hinblick auf [X.] ohne Bedeutung ist. Dem hätte der Senat [X.] für eine [X.] hier - nicht folgen können. In seinem Anfragebeschluß vom 5. August 2003hat er vielmehr grundsätzliche Bedenken geltend gemacht, ob an der Recht-sprechung festzuhalten ist, daß bei § 323 a StGB Anknüpfungspunkt der für [X.] nach § 63 StGB vorausgesetzten sicheren Feststellung des § 21StGB (allein) das "Sichberauschen" - die Alkoholaufnahme - und "[X.]" im Sinne des § 63 StGB nicht auch die Rauschtat ist. Die anderen Straf-senate haben hierzu nicht abschließend Stellung genommen; sie sind jedochder beabsichtigten - auf die doppelte Anwendung des [X.] gestütz-ten - Entscheidung des [X.] nicht entgegengetreten.6. Der [X.] ist daher mit den zugehörigen [X.]. Hierdurch wird der Strafausspruch nicht berührt, weil [X.] ist, daß das [X.] eine mildere Strafe verhängt hätte, wenn esstatt- 6 -der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung die Unterbringung in einempsychiatrischen Krankenhaus angeordnet hätte.[X.] [X.]: ja[X.]St: neinVeröffentlichung: ja____________________________StGB §§ 63, 66, 323 aBei einer Verurteilung nach § 323 a StGB kommt die Anordnung der Unterbrin-gung in einem psychiatrischen Krankenhaus trotz uneingeschränkt schuldhaf-ten [X.] jedenfalls dann in Betracht, wenn der Täter andernfalls inder Sicherungsverwahrung untergebracht werden müßte.[X.], Beschluß vom 8. Januar 2004 - 4 StR 147/03 - [X.] Bielefeld

Meta

4 StR 147/03

08.01.2004

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.01.2004, Az. 4 StR 147/03 (REWIS RS 2004, 5161)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 5161

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