Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.10.2004, Az. I ZR 18/02

I. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 1301

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 7. Oktober 2004 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

BGB § 242 Bc

Die Einstellung eines Betriebes zur Vermeidung eines Insolvenzverfahrens stellt grundsätzlich keinen wichtigen Grund dar, der die außerordentliche Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses rechtfertigt.

[X.], [X.]. v. 7. Oktober 2004 - [X.] - OLG Hamburg LG Hamburg

- 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 7. Oktober 2004 durch [X.] [X.], Pokrant, [X.], Dr. Schaffert und Dr. Bergmann für Recht erkannt:

Auf die Revision des Beklagten wird das [X.]eil des [X.], 1. Zivilsenat, vom 5. Dezember 2001 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen hat.
Die Berufung der Klägerin gegen das [X.]eil des [X.], Zivilkammer 3, vom 23. Juni 2000 wird auch im Umfang der Aufhebung zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Rechtsmittel zu tragen.

Von Rechts wegen - 3 - Tatbestand:

Die [X.]en machen mit Klage und Widerklage Ansprüche aus [X.] beendeten [X.]n geltend. Die sich in Liquidation befindende Klägerin hat bis Ende 1998 in [X.]ein Tanklager betrieben. Sie nimmt den Beklagten auf Zahlung von [X.] und Ersatz für angeblich zuviel ausge-lagertes Gasöl in Anspruch. Der Beklagte begehrt von der Klägerin Schadens-ersatz wegen unberechtigter vorzeitiger Beendigung der Vertragsverhältnisse.
Die [X.]en schlossen im April 1998 einen Rahmenlagervertrag und auf dessen Grundlage im April und Mai 1998 zwei [X.] über die [X.] von Gasöl mit einer jeweiligen Laufzeit bis Ende März 2000. Der Rahmenlagervertrag enthielt u.a. folgende Regelungen: § 1 Lagerung
(1) ... (2) ... (3) – Neue gesetzliche Bestimmungen und behördliche Auflagen, deren Einhaltung für den Lagerhalter unverhältnismäßige Bela-stungen in der Durchführung des [X.] bedeuten würde, geben ein Kündigungsrecht für die von den neuen gesetz-lichen Bestimmungen oder behördlichen Auflagen betroffenen [X.] gem. § 11 (3). – - 4 - § 11 Vertragsdauer des [X.]
(1) – (2) ... (3) [X.] können von jeder [X.] mit einer Frist von 6 [X.] zum Ende eines Kalendermonats außerordentlich gekündigt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt (z.B. Eröffnung des [X.] oder Vergleichsverfahrens über das Vermögen des Lagerhal-ters).
In der Gesellschafterversammlung vom 23. Juni 1998 beschlossen die Gesellschafter der Klägerin, deren Tätigkeit zum 31. Dezember 1998 zu [X.] und die [X.] zu diesem [X.]punkt zu kündigen. Bereits mit Anord-nung des [X.] vom 11. Oktober 1996 war der Klägerin u.a. aufgegeben worden, bestimmte Tankbehälter bis zum 31. Dezember 1998 mit einem doppelten Boden nachzurüsten.
Mit Schreiben vom 23. Juni 1998 kündigte die Klägerin die [X.] mit dem Beklagten zum 31. Dezember 1998 unter Hinweis darauf, daß sie den Betrieb zu diesem [X.]punkt einstellen müsse. Der Beklagte widersprach der Kündigung. Daraufhin kündigte die Klägerin die mit dem Beklagten ge-schlossenen [X.] mit Schreiben vom 30. Juni 1998 außerordentlich, weil sie die Auflagen der Umweltbehörden nicht erfüllen könne.
Der Beklagte ließ das bei der Klägerin eingelagerte Gasöl in der Folgezeit abfahren. Die Auslagerung zog sich bis zum 6. Januar 1999 hin, weil technische Schwierigkeiten an der Anlage der Klägerin auftraten. Zur Beseitigung dieser Mängel schaltete der Beklagte Drittfirmen ein, an die er insgesamt 20.432,24 DM zahlte. Diesen Betrag brachte er von der für Dezember 1998 geschuldeten La-gervergütung in Höhe von 32.854,51 DM in Abzug und zahlte nur 12.422,27 DM - 5 - an die Klägerin. Bei der Auslagerung des Gasöls wurde eine Mehrauslagerung von 116.540 Litern gegenüber dem festgehaltenen Einlagerungsbestand [X.], weshalb der Beklagte der Klägerin am 31. Dezember 1998 eine Gutschrift in Höhe von 19.429,80 DM erteilte.
Die Klägerin macht mit der Klage für Dezember 1998 eine restliche La-gervergütung in Höhe von 20.432,24 DM, für die [X.] vom 1. bis zum 6. Januar 1999 eine anteilige Vergütung in Höhe von 6.358,53 DM sowie für die von ihr behauptete Mehrauslagerung von Gasöl einen Betrag von 19.429,80 DM gel-tend.
Sie hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 46.220,57 DM nebst Zinsen zu zahlen.
Der Beklagte ist dem entgegengetreten. Er hat die Auffassung vertreten, die von der Klägerin ausgesprochene Kündigung der [X.] sei un[X.] gewesen, so daß sie ihm zum Schadensersatz verpflichtet sei. Wegen der vorzeitigen Kündigung habe er Mehrkosten in Höhe von 381.433,05 DM für neue Lagerstätten sowie 63.576,46 DM für Fracht gehabt. Die Klägerin könne weder eine anteilige Lagervergütung für Januar 1999 noch eine Ersatzforde-rung für die von ihr behauptete Mehrauslagerung von Gasöl beanspruchen.
Der Beklagte hat mit einem ersten Teilbetrag der geltend gemachten Mehrkosten für neue Lagerstätten gegenüber der Klageforderung (hilfsweise) aufgerechnet und wegen eines zweiten Teilbetrages in Höhe von 50.000 DM Widerklage erhoben. Die Klägerin ist dem Schadensersatzverlangen des [X.] entgegengetreten. - 6 -
Das [X.] hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der [X.] habe gegenüber den begründeten Klageansprüchen mit einer ihm zuste-henden Schadensersatzforderung wirksam aufgerechnet. Der Widerklage hat es stattgegeben.
Das Berufungsgericht hat der Klage unter Zurückweisung des weiterge-henden Rechtsmittels der Klägerin in Höhe von 19.429,80 DM nebst Zinsen stattgegeben und die Widerklage abgewiesen.
Mit seiner Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, er-strebt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen [X.]eils.

Entscheidungsgründe:

[X.] Das Berufungsgericht hat die Klage in Höhe von 19.429,80 DM nebst Zinsen für begründet erachtet und sie im übrigen - ebenso wie die Widerklage - abgewiesen. Dazu hat es ausgeführt:
Soweit die Klägerin Zahlung von 19.429,80 DM entsprechend der ihr von dem Beklagten am 31. Dezember 1998 erteilten Gutschrift "Zahlbar ohne [X.] auf Ihr Konto" beanspruche, sei die Klage begründet. Die [X.]en hätten in § 6 des [X.] eine Abrechnung bei Differenzen von Ein- und [X.] vereinbart.
Die Widerklage des Beklagten sei unbegründet. Die Klägerin habe die mit dem Beklagten geschlossenen [X.] wirksam zum 31. Dezember - 7 - 1998 gekündigt. Der zwischen den [X.]en im April 1998 vereinbarte [X.], der auch für die beiden im April und Mai 1998 geschlossenen [X.] gelte, sehe in § 11 Abs. 3 für beide Seiten ein Recht zur au-ßerordentlichen Kündigung vor, wenn ein wichtiger Grund hierfür bestehe. Von dem eingeräumten Kündigungsrecht habe die Klägerin wirksam Gebrauch [X.]. Die Betriebseinstellung zur Vermeidung eines Insolvenzverfahrens stelle einen wichtigen Grund i.S. von § 11 Abs. 3 des [X.] dar.
I[X.] Die Revision hat Erfolg. Soweit das Berufungsgericht zum Nachteil des Beklagten erkannt hat, führt sie zur Aufhebung der angefochtenen Ent-scheidung und zur Wiederherstellung des landgerichtlichen [X.]eils.
1. Die Revision wendet sich allerdings vergeblich gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin stehe für die von ihr behauptete [X.] entsprechend der Gutschrift des Beklagten vom 31. [X.] 1998 ein Zahlungsanspruch in Höhe von 19.429,80 DM zu. Denn inso-weit ist das Berufungsurteil der rechtlichen Nachprüfung durch das Revisions-gericht entzogen.
a) Das [X.] hat die mit der Klage geltend gemachten Zahlungs-ansprüche, zu denen auch der Ersatzanspruch wegen der behaupteten Mehr-auslagerung von Gasöl gehörte, in vollem Umfang für begründet erachtet. Zur Abweisung der Klage ist das [X.] nicht deswegen gelangt, weil es einen Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten in dieser Höhe verneint hätte, sondern nur, weil es die vom Beklagten hilfsweise erklärte Aufrechnung mit ei-nem Schadensersatzanspruch hat durchgreifen lassen. Damit hat das [X.] eine der Rechtskraft fähige Entscheidung sowohl über die Klageforderung als auch (in Höhe der Klageforderung) über die zur Aufrechnung gestellte Ge-genforderung getroffen (§ 322 Abs. 1 ZPO). Ein solches [X.]eil enthält zwei [X.] 8 - zessual selbständige Elemente des Streitstoffs mit der Folge, daß jeder Teil nur insoweit in die Rechtsmittelinstanz gelangt, als er von der jeweils beschwerten [X.] durch Einlegung eines ([X.] angefochten wird (vgl. [X.] 109, 179, 188 f.; [X.], [X.]. v. 14.7.1999 - [X.], NJW-RR 1999, 1736).
b) Da allein die Klägerin gegen das erstinstanzliche [X.]eil Berufung [X.] hat, hätte schon das Berufungsgericht nicht mehr überprüfen dürfen, ob die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche grundsätzlich begründet [X.]. Denn dieser Teil des Streitgegenstandes war mangels Einlegung eines Rechtsmittels seitens des Beklagten nicht in die Berufungsinstanz gelangt (vgl. [X.] NJW-RR 1999, 1736), sondern bereits vom [X.] abschließend entschieden worden (vgl. [X.] 109, 179, 189).
c) War das Bestehen dieses [X.] schon der Überprüfung durch das Berufungsgericht entzogen, kann der Beklagte eine solche [X.] im Revisionsverfahren auch nicht mehr erreichen.
2. Mit Erfolg wendet sich die Revision jedoch dagegen, daß das [X.] einen Schadensersatzanspruch des Beklagten verneint hat. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht angenommen, daß die von der Klägerin er-klärte Kündigung aus wichtigem Grund wirksam sei. Vielmehr steht dem [X.] gegen die Klägerin infolge der unwirksamen Kündigung ein [X.] aus § 326 Abs. 1 BGB a.F. jedenfalls in Höhe von 69.429,80 DM zu. Mit dieser Gegenforderung hat der Beklagte in Höhe von 19.429,80 DM die Aufrechnung erklärt. Im übrigen hat die Widerklage Erfolg.
a) Die von der Klägerin erklärte Kündigung aus wichtigem Grund ist un-wirksam. - 9 -
[X.]) Bei dem hier in Rede stehenden Rahmenlagervertrag handelt es sich ebenso wie bei den beiden [X.]n um Dauerschuldverhältnisse. Ein Dauerschuldverhältnis kann grundsätzlich auch ohne eine entsprechende vertragliche Vereinbarung aus wichtigem Grund gekündigt werden (vgl. [X.] 133, 316, 320 - Altunterwerfung I; [X.], [X.]. v. 17.12.1998 - [X.], [X.] 1999, 168, 169 = NJW 1999, 1177; vgl. nunmehr: § 314 Abs. 1 Satz 1 BGB, § 473 Abs. 2 Satz 1 HGB, die auf den vorliegenden Fall noch nicht [X.] sind, Art. 229 § 5 EGBGB). In § 11 Abs. 3 des zwischen den [X.]en geschlossenen [X.] ist bestimmt, daß jeder Vertragsteil [X.] ist, [X.] mit einer Frist von sechs Monaten zum Ende eines Kalendermonats außerordentlich zu kündigen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Das ist nach ständiger Rechtsprechung der Fall, wenn dem kündigen-den Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Ab-wägung der Interessen beider Seiten die Fortsetzung des Vertrages bis zu [X.] vereinbarter Beendigung oder bis zum Ablauf der Frist für eine ordentliche Kündigung nach [X.] und Glauben nicht zugemutet werden kann (vgl. [X.] 133, 316, 320 - Altunterwerfung I; 147, 178, 190 - [X.]; 154, 146, 153; [X.] [X.] 1999, 168, 169; [X.], [X.]. v. 3.11.1999 - I ZR 145/97, [X.] 2000, 214, 216 = NJW-RR 2000, 1560). Ob bestimmte Umstände als wichtiger Grund für eine Kündigung zu werten sind, ist in erster Linie eine Frage der tat-richterlichen Würdigung, diese kann revisionsrechtlich nur darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff des wichtigen Grundes verkannt hat, ob ihm von der Revision gerügte [X.] unterlaufen sind, ob es insbesondere wesentliche Tatumstände übersehen oder nicht [X.] gewürdigt hat oder ob es Erfahrungssätze verletzt hat (vgl. [X.] 154, 146, 153; [X.] [X.] 2000, 214, 216). - 10 - bb) Auch dieser eingeschränkten Nachprüfung halten die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung bejaht hat, nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsge-richts stellt die Einstellung des Betriebs zur Vermeidung eines Insolvenzverfah-rens keinen wichtigen Grund dar, der eine außerordentliche Kündigung [X.] könnte. Die Revision beanstandet mit Recht, daß das Berufungsgericht wesentlichen Tatsachenstoff und maßgebliche rechtliche Gesichtspunkte außer acht gelassen hat.
(1) Das Berufungsgericht hat schon nicht hinreichend berücksichtigt, daß es sich bei der finanziellen Lage der Klägerin, ihrer Rentabilität und dem Fort-bestand ihres Unternehmens um Umstände handelt, die grundsätzlich in ihren Risikobereich als Unternehmerin fallen (vgl. [X.], [X.]. v. 9.12.1970 - [X.], [X.], 243, 244; [X.]. v. 30.6.1987 - [X.], [X.]R BGB § 242 Kündigung, wichtiger Grund 4; [X.]. v. 7.3.1996 - I ZR 68/94, NJW-RR 1996, 1120, 1121). Eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund kann im allgemeinen nicht auf Umstände gestützt werden, die im Risikobereich des Kündigenden liegen (vgl. [X.] 133, 316, 320 f. - Altunterwerfung I; [X.] [X.] 2000, 214, 217). Die finanzielle Notlage eines Unternehmens, dessen Fortführung mit dem Risiko verbunden ist, die Eröffnung des Insolvenzverfah-rens beantragen zu müssen, berechtigt daher für sich allein nicht zur [X.] aus wichtigem Grund (vgl. [X.] [X.], 243, 244; Blümer, [X.], 440).
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ergibt sich auch aus § 11 Abs. 3 des [X.] nichts anderes. Dort ist als wichtiger Grund für die außerordentliche Kündigung beispielhaft die Eröffnung des [X.] oder Vergleichsverfahrens über das Vermögen des [X.] genannt. Abgesehen davon, daß die drohende Eröffnung des Insolvenzverfahrens in - 11 - § 11 Abs. 3 nicht genannt ist, widerspräche es dem Sinn und Zweck der Insol-venzordnung, einem Lagerhalter allein mit Blick auf ein ihm drohendes Insol-venzverfahren ein Recht zur außerordentlichen Kündigung bestehender Lager-verträge zuzubilligen. Denn der Einlagerer würde in einem derartigen Fall schlechter gestellt, als er bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens stünde, das der gemeinschaftlichen Befriedigung der Gläubiger dient (§ 1 Abs. 1 [X.]). Im übrigen läßt sich der im Vertrag genannte Beispielsfall zwanglos in der Weise verstehen, daß dem Einlagerer im Falle der Insolvenz des [X.] ein Kündigungsrecht zustehen soll. Dem kann nicht entgegengehalten werden, es sei nicht gerechtfertigt, die wirtschaftliche Notlage der Klägerin zugunsten des Beklagten als wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung anzuer-kennen, nicht aber zugunsten der Klägerin. Denn die wirtschaftliche Notlage, in die die Klägerin geraten ist, fällt - wie dargelegt - allein in ihren Risikobereich; es ist daher nicht ausgeschlossen, daß die Notlage einer Vertragspartei nicht dieser, sondern nur der anderen Vertragspartei ein Recht zur außerordentlichen Kündigung gibt.
(2) Der [X.] hat allerdings von dem Grundsatz, daß die wirtschaftliche Notlage eines Unternehmens dieses nicht zur außerordentlichen Kündigung bestehender Verträge aus wichtigem Grund berechtigt, Ausnahmen zugelassen. Danach kann der wirtschaftliche Niedergang eines Unternehmens dieses, je nach den Umständen des Einzelfalls, zur außerordentlichen Kündi-gung eines Handelsvertretervertrags aus wichtigem Grund berechtigen (vgl. [X.], [X.]. v. 20.2.1958 - II ZR 20/57, [X.], 243, 244 f.). Dasselbe gilt für den von einer GmbH mit ihrem Geschäftsführer geschlossenen Dienstvertrag (vgl. [X.], [X.]. v. 21.4.1975 - II ZR 2/73, [X.], 761 f.; vgl. auch [X.]. [X.]/00, NJW 2003, 431, 433). Diese Ausnahmen von dem dargestellten Grundsatz sind jedoch durch ein über gewöhnliche Austauschver-träge hinausgehendes, regelmäßig besonders enges Vertrauensverhältnis zwi-- 12 - schen einem Unternehmen und seinem Geschäftsführer bzw. den in seinen Vertrieb eingebundenen Handelsvertreter sowie durch deren besonders enge Bindung an den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens geprägt. Der wirt-schaftliche Niedergang des Unternehmens liegt daher in den genannten Fällen als Kehrseite der Beteiligung an dessen wirtschaftlichem Erfolg nicht nur in der [X.], sondern auch in der seines Geschäftsführers oder des mit ihm vertraglich verbundenen Handelsvertreters (vgl. [X.] [X.], 243, 244; vgl. auch Ende, [X.] 1996, 2260, 2261 f. für [X.]). An einer solchen Bindung des Beklagten am wirtschaftlichen Erfolg der Klägerin fehlt es bei den hier in Rede stehenden [X.]n.
(3) Das Berufungsgericht hat des weiteren nicht genügend berücksich-tigt, daß die Klägerin den Rahmenlagervertrag und die beiden darauf [X.] [X.] zu einem [X.]punkt abgeschlossen hat, als ihr die [X.] von aufwendigen Nachrüstungsmaßnahmen seit langem bekannt war. Sie mußte daher damit rechnen, daß im Falle der Vollziehung der Anord-nung des [X.] in [X.]vom 11. Oktober 1996 erhebliche Kosten auf sie zukommen würden.
(4) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann ein Recht der Klägerin zur außerordentlichen Kündigung der [X.] nicht daraus hergeleitet werden, daß die vorzeitige Vertragsbeendigung auch im Interesse des Beklagten gelegen hat. Der Beklagte hatte vielmehr ein Interesse an der ordnungsgemäßen Erfüllung der [X.] seitens der Klägerin. Wenn die Klägerin dieser Verpflichtung schuldhaft nicht nachgekommen wäre und den Beklagten dadurch zu einer außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund veranlaßt hätte, hätte sie dem Beklagten Ersatz des durch die Auflösung der [X.] entstandenen Schadens leisten müssen (vgl. [X.], [X.]. v. 17.5.2002 - [X.], [X.], 3237, 3238). Dieser Verpflichtung kann - 13 - sich die Klägerin nicht dadurch entziehen, daß sie ihrerseits die [X.] aus wichtigem Grund kündigt.
[X.]) Die Klägerin kann sich auch nicht auf einen anderen [X.] stützen. Zwar enthält der Rahmenlagervertrag in § 1 Abs. 3 Satz 3 eine Bestimmung, nach der "neue gesetzliche Bestimmungen und behördliche Auf-lagen, deren Einhaltung für den Lagerhalter unverhältnismäßige Belastungen in der Durchführung – bedeuten würde", dem Lagerhalter ein Kündigungsrecht geben. Jedoch stammt der Bescheid des [X.], auf den sich die Klägerin in diesem Zusammenhang stützt, aus dem Jahre 1996, war also im [X.]punkt des Vertragsschlusses im Frühjahr 1998 seit langem bekannt. Soweit die Revisionserwiderung auf einen zweiten Bescheid hinweist, den das Um-weltamt [X.]am 31. Juli 1998 erlassen hat, handelt es sich um neues Vorbringen, das in der Revisionsinstanz nicht berücksichtigt werden kann.
b) Dem Beklagten steht ein Schadensersatzanspruch aus § 326 Abs. 1 BGB a.F. zu. Da es für die von der Klägerin erklärte außerordentliche Kündi-gung der bis zum 31. März 2000 befristeten [X.] an einem wich-tigen Grund fehlte, hatten die Verträge bis zum Ende der vereinbarten Laufzeit Bestand. Die Klägerin ist durch die unberechtigte Kündigung und ihre Weige-rung, ihrer Verpflichtung zur Lagerung des Gasöls des Beklagten über den 31. Dezember 1998 hinaus nachzukommen, in Verzug geraten. Einer Fristset-zung mit Ablehnungsandrohung bedurfte es unter diesen Umständen nicht. Die Klägerin ist dem Beklagten daher dem Grunde nach zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der ihm durch die anderweitige Einlagerung des Gasöls zu höheren Kosten entstanden ist.
c) Feststellungen zur Schadenshöhe hat das Berufungsgericht - von sei-nem Standpunkt aus folgerichtig - nicht getroffen. Einer Zurückverweisung der - 14 - Sache an das Berufungsgericht aus diesem Grund bedarf es indessen nicht. Der [X.] kann die insoweit erforderlichen Feststellungen aufgrund des unstrei-tigen Sachverhalts sowie anhand der von dem Beklagten zu den Akten gereich-ten Unterlagen selbst treffen.
Der Beklagte hat in seinem die Widerklage betreffenden Schriftsatz vom 2. Mai 2000 sowie durch die Vorlage einer "Übersicht über die umgelagerten Mengen und abweichende Lagervergütungen" im einzelnen dargelegt, bei wel-chen anderen Lagerhaltern er in welchem Umfang und zu welchen Mehrkosten das ursprünglich bei der Klägerin eingelagerte Gasöl im [X.]raum vom 1. Januar 1999 bis zum 31. März 2000 eingelagert hat. Zudem hat er die ent-sprechenden [X.] vorgelegt. Daraus ergibt sich, daß dem Beklagten durch die Umlagerung insgesamt Mehrkosten in Höhe von 381.433,05 DM ent-standen sind. Nachdem der Beklagte die Kosten für die Neuanmietung von [X.] belegt hatte, hat die Klägerin ihr pauschales Bestreiten zwar [X.] noch aufrechterhalten; sie ist hierauf in der Berufungsinstanz aber nicht mehr zurückgekommen.
Unter diesen Umständen gilt der Vortrag des Beklagten gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden. Die Klägerin hat in der Berufungsinstanz im übri-gen weder gegen die vom [X.] zur Schadenshöhe getroffenen Feststel-lungen noch gegen das von diesem angenommene Fehlen eines Verstoßes des Beklagten gegen die Schadensminderungspflicht Einwendungen erhoben. Sie hat sich vielmehr nur auf den Standpunkt gestellt, dem Beklagten stehe ein Schadensersatzanspruch schon deshalb nicht zu, weil sie zur außerordentli-chen Kündigung berechtigt gewesen sei.
d) Der dem Beklagten zustehende Schadensersatzanspruch wegen [X.] Lagerkosten ist nur in Höhe von 69.429,80 DM Gegenstand des [X.] 15 - onsverfahrens. Im Umfang der schon vom [X.] rechtskräftig zuerkann-ten Klageforderung in Höhe von 19.429,80 DM führt er aufgrund der vom [X.] erklärten Aufrechnung zum Erlöschen der Klageforderung (§ 389 BGB). In Höhe des Restbetrages von 50.000 DM rechtfertigt er die Widerklage.
Der Zinsanspruch hinsichtlich der Widerklageforderung ergibt sich aus § 286 Abs. 1, § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F.
II[X.] Danach ist das angefochtene [X.]eil auf die Revision des Beklagten aufzuheben, soweit das Berufungsgericht der Klage stattgegeben und die Wi-derklage abgewiesen hat. Die Berufung der Klägerin gegen das erstinstanzliche [X.]eil ist auch in diesem Umfang zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO. [X.]Büscher

Schaffert Bergmann

Meta

I ZR 18/02

07.10.2004

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.10.2004, Az. I ZR 18/02 (REWIS RS 2004, 1301)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 1301

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