Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.10.2019, Az. III ZR 227/18

III. Zivilsenat | REWIS RS 2019, 2747

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[X.]:[X.]:[X.]:2019:101019UIIIZR227.18.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
III ZR 227/18

Verkündet am:

10. Oktober 2019

K i e f e r

Justizangestellter

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

BGB § 199 Abs. 1 Nr. 2; [X.] 19 Abs. 1 Satz 3, § 46 Satz 1; [X.] § 17 Abs.
2a Satz 2 Nr. 2

Die Verjährung des notariellen Amtshaftungsanspruchs beginnt, wenn dem [X.] bekannt oder grob fahrlässig unbekannt sind, die auch aus der Perspektive eines Laien das Vorgehen des Notars als irregulär und [X.] möglicherweise pflichtwidrig erscheinen lassen (Fortführung von Senat, Ur-teil vom 7. März 2019 -
III ZR 117/18, NJW 2019, 1953).

[X.], Urteil vom 10. Oktober 2019 -
III ZR
227/18 -
KG Berlin

[X.]

-

2

-

Der I[X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. Oktober 2019
durch [X.] [X.], die [X.] und [X.] sowie die Richterinnen [X.] und Dr. Bött-cher

für Recht erkannt:

Die Revision des
[X.]
gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Kammergerichts
vom 28. August
2018
wird zurückgewiesen.

Der
Kläger hat die Kosten des [X.] zu tragen mit Ausnahme der
durch die Nebenintervention verursachten Kosten, die den
Streithelfern zur Last fallen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Der
Kläger begehrt aus eigenem und abgetretenem Recht seiner Ehe-frau Schadensersatz wegen notarieller Amtspflichtverletzung.

Am 4. November 2006 beurkundete
der
Beklagte zu 2 als amtlich bestell-ter
Vertreter der zu 1 beklagten Notarin den
Kauf
einer Eigentumswohnung durch den Kläger und seine Ehefrau. Die Urkunde
enthielt eingangs die Erklä-rung der Käufer, "dass ihnen das Muster des folgenden Wohnungskaufvertra-ges länger als zwei Wochen vorliege, und sie ausreichend Gelegenheit gehabt 1
2
-

3

-

haben, den Gegenstand der Beurkundung inhaltlich zu prüfen bzw. überprüfen zu lassen".

Im Jahr 2007 legte
ein Steuerberater dem
Kläger dar, dass die Wohnung überteuert gewesen sei.

Die als Vermittlerin der Immobilie aufgetretene GmbH wurde im April 2009 nach mangels Masse abgelehnter Insolvenzeröffnung aufgelöst. Am 1. November 2010 schlossen die von den Streithelfern beratenen Eheleute
mit der D.

AG als finanzierender
Bank einen außergerichtlichen Vergleich, in dessen [X.] die Erledigung sämtlicher wechselseitigen Ansprüche vereinbart war. Die Verkäuferin, ebenso wie die Vermittlerin
eine GmbH, wurde -
nach Ein-tragung einer entsprechenden Ankündigung im April 2012 -
im Handelsregister gelöscht.

Das [X.] hat die auf die Nichteinhaltung der Frist des § 17 Abs.
2a Satz 2 Nr. 2 [X.] in der damals geltenden Fassung
des OLG-Vertretungsänderungsgesetzes vom 23. Juli 2002 ([X.] I S. 2850, 2859) ge-stützte, im Dezember 2016 eingereichte Amtshaftungsklage
abgewiesen, da keine Amtspflichtverletzung
vorliege
und dem geltend gemachten Anspruch ohnehin die Versäumung einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit sowie
die von den
Beklagten erhobene Verjährungseinrede entgegenstehe. Das [X.] hat die hiergegen gerichtete Berufung des
[X.]
zurückgewiesen. Mit seiner
vom Berufungsgericht
zugelassenen Revision verfolgt er sein
Klagebe-gehren
weiter.

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4
5
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4

-

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Revision ist unbegründet.

I.

Das Kammergericht hat einen Schadensersatzanspruch
des
[X.]
aus §
19 Abs. 1 [X.]
für jedenfalls verjährt
gehalten.

Die Verjährungsfrist habe Ende 2012
begonnen und sei am 31. Dezem-ber
2015
abgelaufen. Denn der
Kläger und seine
Ehefrau
hätten spätestens im Jahre
2012
die
für den Beginn der Verjährungsfrist erforderliche Kenntnis von der Person des Schuldners und sämtlichen anspruchsbegründenden [X.]n
einschließlich des Fehlens einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit erlangt. Insbesondere hätten
sie
schon zum Zeitpunkt
der Beurkundung gewusst, dass
ihnen
-
wie sie behaupteten -
der Entwurf des Kaufvertrags entgegen der in der Urkunde enthaltenen Erklärung nicht zwei Wochen zuvor zur Verfügung gestellt worden sei.

Ob die Eheleute
daraus hätten ableiten
können, dass der Beklagte zu 2
die Beurkundung unter Verletzung der Vorschrift des § 17 Abs. 2a Satz 2 [X.] amtspflichtwidrig vorgenommen habe, erscheine zwar zweifelhaft. Dies gelte vor allem im Hinblick auf das Urteil des [X.]. Zivilsenats des [X.] vom 6. Februar 2014 ([X.]
ZR 245/12, [X.], 172) zur [X.], das nahe lege, dass allein die Kenntnis der tatsächlichen Umstände ei-nem Laien noch keine Kenntnis auch der Pflichtwidrigkeit der Handlung seines Rechtsberaters vermittele. Jedoch sei der Rechtsprechung des erkennenden Senats zur [X.] zu folgen, wonach
§
199 Abs. 1 Nr. 2 BGB regelmäßig
6
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-

nicht voraussetze, dass der Geschädigte, der sich rechtlich beraten lassen kön-ne,
aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse ziehe. Es habe auch keine unübersichtliche
oder zweifelhafte Rechtslage vor-gelegen, durch die der
Verjährungsbeginn ausnahmsweise hinausgeschoben worden sei.
[X.]

Dies hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

Das Berufungsgericht hat
zutreffend
angenommen, dass der geltend gemachte Amtshaftungsanspruch
gemäß
§ 19 Abs. 1 Satz 3, § 46 Satz 1
[X.] in Verbindung mit § 195 BGB mit Ablauf des 31. Dezember 2015 ver-jährt ist, weil der Kläger und seine Ehefrau
2012 die für den Verjährungsbeginn erforderliche Kenntnis im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erlangt
haben.

1.
Bei Amtshaftungsansprüchen beginnt die Verjährung nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erst, wenn der Geschädigte weiß oder ohne grobe Fahrlässigkeit wissen muss, dass die in Rede stehende Amtshandlung widerrechtlich und schuldhaft war und deshalb eine zum Schadensersatz verpflichtende Amts-pflichtverletzung darstellt
(vgl. Senat, Urteile vom 24. Februar 1994 -
III ZR 76/92, NJW 1994, 3162, 3164; vom 2. April 1998 -
III ZR 309/96, [X.], 247, 252; vom 14.
März 2002 -
III ZR 302/00, [X.], 172, 186; vom 16.
September 2004 -
III ZR 346/03, [X.], 216, 231;
vom 11. Januar 2007
-
III ZR 302/05, [X.], 260, 271 Rn. 28
und vom 7. März 2019 -
III ZR 117/18, NJW 2019, 1953 f Rn.
18).
Die Vorschrift ist dem früheren §
852 Abs. 1 BGB nachgebildet und kann deshalb auch unter Rückgriff auf dessen Normin-halt und die dazu ergangene Rechtsprechung ausgelegt werden (vgl. Senat, Beschluss
vom 19. März 2008 -
III
ZR 220/07, NJW-RR 2008, 1237 Rn. 7). Da-10
11
12
-

6

-

nach
genügt es im Allgemeinen, dass der Verletzte die tatsächlichen Umstände kennt oder grob fahrlässig nicht kennt, die eine schuldhafte Amtspflichtverlet-zung als naheliegend und mithin eine Amtshaftungsklage -
und
sei es auch nur als Feststellungsklage -
als so aussichtsreich erscheinen lassen, dass
ihm ihre Erhebung zugemutet werden kann. Die
erforderliche Kenntnis des Verletzten vom Schaden und der Person des [X.] setzt aus Gründen der Rechtssicherheit und Billigkeit grundsätzlich
nicht voraus, dass der Geschädigte aus den ihm bekannten Tatsachen
auch die richtigen rechtlichen Schlüsse zieht, diese also
zutreffend rechtlich würdigt. Daher beeinflussen rechtlich feh-lerhafte Vorstellungen
seinerseits
den Beginn der Verjährung in der Regel nicht, zumal er sich jederzeit rechtlich beraten lassen kann. Nur ausnahmsweise kann die
Rechtsunkenntnis des Geschädigten den [X.], wenn die Rechtslage im Einzelfall so unübersichtlich oder zweifelhaft
ist, dass sie selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig einzuschätzen [X.]
(st. Rspr. des Senats, vgl. nur
Urteile vom 24. Februar 1994, aaO; vom 2. April 1998, aaO; vom 14. März 2002, aaO; vom 16. September 2004, aaO S. 231 f; vom 3. Mai 2005 -
III ZR 353/04, NJW-RR 2005, 1148, 1149
[jeweils zu § 852 BGB a.F.]; Beschluss vom 19. März 2008, aaO S. 1237 f Rn. 7; Urteile
vom 11. September 2014 -
III ZR 217/13, BeckRS 2014, 19722 Rn. 15 und vom 7. März 2019, aaO S. 1954 Rn.
18
f [jeweils zu § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB]),
oder bei dem
Verletzten
durch eine objektiv irreführende Belehrung des Notars eine Fehlvorstellung über dessen Pflichtenumfang hervorgerufen worden ist
und er keinen konkreten Anlass hat, der Richtigkeit der erteilten Information zu miss-trauen (vgl. Senat, Urteil vom 7.
März 2019, aaO S. 1954 Rn. 21). Die Feststel-lung, ob und wann der Geschädigte Kenntnis von bestimmten tatsächlichen Umständen hatte, unterliegt als Ergebnis tatrichterlicher Würdigung nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht. Dieses kann aber ohne Einschränkungen beurteilen, ob dem Geschädigten eine Klageerhebung -

7

-

aufgrund des vom Tatrichter festgestellten [X.] zumutbar war (vgl. Senat, Urteil vom 2. April 1998, aaO S.
253).

2.
Zu einer Abkehr von diesen Grundsätzen besteht kein Anlass (vgl. schon Senat, Urteil
vom 3. Mai 2005, aaO S. 1150).

a) Entgegen der Ansicht der Revision ist für den Beginn der Verjährung des Amtshaftungsanspruchs gemäß
§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB weiterhin (auch) die zu § 852 Abs. 1 BGB a.F. ergangene Senatsrechtsprechung maßgebend. Die
erstgenannte
Vorschrift gilt für alle privatrechtlichen Ansprüche und knüpft nach dem -
insoweit ohne jede
Einschränkung
-
erklärten Willen des Gesetzge-bers (vgl. Gesetzentwurf zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks.
14/6040 [X.] und 102 sowie Beschlussempfehlung und Bericht des [X.], BT-Drucks.
14/7052 S.
178) bewusst an die Vorgängerregelung des § 852 Abs. 1 BGB a.F. und die hierzu ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung an, nach der für die In-gangsetzung der Verjährungsfrist im Regelfall allein eine sämtliche Anspruchs-voraussetzungen
umfassende Tatsachen-, aber keine Rechtskenntnis des [X.] erforderlich sein sollte (vgl. außer der oben zitierten Senatsrecht-sprechung auch [X.], Urteile vom 3. Juni 1986 -
VI [X.], juris Rn. 24; vom 15. Oktober 1992 -
[X.] ZR 43/92, NJW 1993, 648, 653 und vom 25. Februar 1999 -
[X.] ZR 30/98, NJW 1999, 2041, 2042). Sie
verlangt dementsprechend ihrem Wortlaut nach lediglich
die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von den "den Anspruch begründenden Umständen".

b) Dieser rechtliche Ansatz wird nicht durch das
Urteil des [X.]. Zivilsenats vom 6. Februar 2014 ([X.] ZR
245/12, [X.], 172) zur Anwaltshaftung und die dort angeführte Rechtsprechung des [X.] zum Verjährungs-13
14
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-

8

-

beginn in
Arzthaftungs-
und Anlageberatungsfällen in Frage gestellt. Mit diesem
Urteil und einem
weiteren
vom selben Tage ([X.] [X.],
[X.]. 2014, 654) hat der [X.]. Zivilsenat
für den Bereich der Anwaltshaftung lediglich die [X.] an die verjährungsauslösende [X.] des Verletzten [X.]. Danach genügt das Wissen des geschädigten Mandanten um den für ihn ungünstigen Ausgang seiner Rechtssache nicht. Vielmehr muss er Kenntnis auch von solchen Tatsachen erlangen, aus denen sich für ihn -
zumal wenn er juristischer Laie
ist
-
ergibt, dass sein Rechtsberater
von dem üblichen rechtli-chen Vorgehen abgewichen ist oder Maßnahmen nicht eingeleitet hat, die aus fachlicher
Perspektive
zur Vermeidung eines Schadens erforderlich waren
(vgl. [X.], Urteile vom 6. Februar 2014 -
[X.] ZR 245/12, aaO S. 176 Rn. 15 und [X.] [X.], aaO
Rn. 8). Damit wird nicht verlangt, dass der Mandant das [X.] seines Anwalts
zutreffend als fehlerhaft beurteilt. Er muss
nur
Tatsachen kennen, die auch aus seiner laienhaften Sicht
auf eine anwaltliche Pflichtverlet-zung hindeuten (vgl. [X.], Urteile vom 6. Februar 2014 -
[X.] ZR 245/12, aaO und [X.] [X.], aaO
Rn. 8 f).

aa) Die vom [X.]. Zivilsenat
zitierte Rechtsprechung des Bundesgerichts-hofs in Arzthaftungssachen, wonach der Patient als medizinischer Laie Kennt-nis von Tatsachen erlangen muss, aus denen sich ergibt, dass der Arzt von dem
üblichen ärztlichen Standard abgewichen ist oder Maßnahmen nicht ge-troffen hat, die danach zur Vermeidung oder Beherrschung von Komplikationen erforderlich gewesen wären (vgl. [X.], Urteile vom 31. Oktober 2000 -
VI [X.], NJW 2001, 885 f
und vom 10. November 2009 -
VI [X.], NJW-RR 2010, 681, 682
Rn. 6 jeweils mwN), fordert für den Verjährungsbeginn ebenfalls
kein (medizinisches)
Fachwissen, sondern nur eine
besondere -
über die
Verfehlung des Behandlungserfolgs hinausgehende -
[X.] des Geschädigten. Hierauf hat der erkennende Senat schon früher hingewiesen 16
-

9

-

(vgl. Senat, Beschluss
vom 19. März 2008, aaO S. 1238). Entsprechendes
gilt für die vom [X.].
Zivilsenat in Bezug genommenen
Entscheidungen in Anlagebe-ratungssachen, nach denen
sich das verjährungsauslösende Wissen des [X.] Anlegers lediglich auf die tatsächlichen Umstände einschließlich der wirtschaftlichen Zusammenhänge beziehen muss, aus denen sich eine Rechts-pflicht zur Aufklärung -
und nicht bloß das Scheitern der Anlage
-
ergibt (vgl. [X.], Urteile vom 28. Mai 2002 -
XI ZR 150/01, [X.], 511 und vom 3. Juni 2008 -
XI [X.], [X.], 2576, 2578 Rn. 27 jeweils mwN). [X.] für den Verjährungsbeginn ist danach jeweils
nur, dass dem [X.] bekannt oder grob fahrlässig unbekannt sind, die auch aus der Perspektive eines Laien
das Vorgehen des Arztes, Anlageberaters, Amtsträgers oder Anwalts als irregulär und daher mutmaßlich pflichtwidrig [X.] lassen. Ob es tatsächlich pflichtwidrig ist, kann er durch die Einholung von fachkundigem Rat
klären.

bb) Dass der Mandant Kenntnis von Tatsachen erlangen muss, die [X.] auch aus seiner Sicht ein rechtsfehlerhaftes Vorgehen seines Anwalts indi-zieren, beruht auf
dem anwaltlichen Vertrauensverhältnis
(vgl. [X.], Urteile vom 6.
Februar 2014 -
[X.] ZR 245/12, aaO
und Rn. 17 und
[X.] [X.], aaO
Rn. 9
sowie [X.], [X.]. 2014, 802, 805). Während eines bestehenden Mandatsverhältnisses darf der Mandant sich darauf verlassen, dass der Anwalt die anstehenden Rechtsfragen fehlerfrei beantwortet und zutreffenden [X.] erteilt (vgl. [X.], Urteil vom 6. Februar 2014 -
[X.] ZR 245/12, aaO
Rn. 17; [X.] aaO). Vor Beendigung dieser besonderen Vertrauensbeziehung, [X.] derer möglicherweise selbst Hinweise des Gerichts oder Ausführungen des Prozessgegners dem regelmäßig rechtsunkundigen Mandanten die erfor-derliche Kenntnis von der vorausgegangenen anwaltlichen Pflichtverletzung nicht vermitteln können (vgl. [X.], aaO), muss der Mandant den Anwalt nicht 17
-

10

-

überwachen und dessen Rechtsauffassungen und -handlungen nicht durch ei-nen anderen Rechtsberater überprüfen lassen (vgl. [X.], Urteil vom 6. Februar 2014 -
[X.] ZR 245/12, aaO). Vor diesem Hintergrund ist für den Beginn der [X.] erforderlich, dass der Mandant Tatsachen kennt, die sogar ihm
als Laien Veranlassung bieten, die
Leistung seines Anwalts in Frage zu stellen (vgl. [X.], Urteile
vom 6. Februar 2014 -
[X.] [X.] und [X.] [X.] jew. aaO). Ohne das Wissen um solche Tatsachen ist es dem Mandanten -
erst recht wäh-rend des bestehenden Vertragsverhältnisses mit seinem Anwalt -
nicht zumut-bar, von einem anderen Anwalt rechtlich prüfen zu lassen, ob sein Rechtsbera-ter fehlerhaft gehandelt hat.

cc) Dies
steht in keinem Gegensatz zur Senatsrechtsprechung
(so schon Senat, Urteil vom 7. März 2019, aaO S. 1955 Rn. 25), wonach der [X.] Tatsachen kennen oder grob fahrlässig verkennen muss, die ihm kon-kreten Anlass geben, an der Pflichtgemäßheit der notariellen Amtshandlung zu zweifeln. Denn auch der [X.]. Zivilsenat
macht den
Beginn der Verjährung nur davon abhängig, dass
der Mandant Tatsachen kennt oder grob fahrlässig nicht kennt, die aufgrund einer Parallelwertung in der [X.] den Verdacht na-helegen, sein
Anwalt habe rechtlich fehlerhaft agiert. Er
hebt insoweit lediglich hervor, dass es sich bei diesen Tatsachen um hinreichend starke
Indizien für ein anwaltliches Fehlverhalten handeln muss, die auch im Rahmen eines
be-stehenden, durch besonderes Vertrauen geprägten Mandatsverhältnisses noch Beachtung finden können. Zwar dürften
die hierfür maßgeblichen
Erwägungen nicht ohne Weiteres auf den Bereich der [X.] übertragbar sein. Obschon sich grundsätzlich auch ein Urkundsbeteiligter
darauf verlassen
darf, dass der Notar seinen Amtspflichten ordnungsgemäß nachkommt
(zB:
Senat, Urteil vom 11. September 2014 -
III ZR 217/13, [X.], 445, 448
Rn. 20), ist der Notar -
anders als der Anwalt im Verhältnis zu seinem Mandanten -
nicht 18
-

11

-

zur
einseitigen Vertretung der Interessen des Beteiligten, sondern zur Neutrali-tät
verpflichtet. Der Urkundsbeteiligte
begegnet dem Notar
in der Regel nur bei der Beurkundung,
und dieser dient dabei nicht jenem
allein. Der Notar baut deshalb
typischerweise kein länger andauerndes Vertrauensverhältnis
zu dem Betroffenen auf, das während seines Bestehens oder noch danach Zweifel
nicht zu diesem durchdringen ließe.
Eine -
zumal zugunsten der Rechtsposition des [X.] nutzbar zu machende -
Divergenz zur Rechtsprechung
des [X.]. Zivilse-nats in Bezug auf eine abstrakte Rechtsfrage leitet sich aber auch hieraus nicht ab. Welche
auf ein pflichtwidriges Agieren hindeutenden tatsächlichen [X.] dem [X.] (oder dem Mandanten) bekannt oder grob fahrlässig unbekannt sein müssen, damit es ihm zumutbar erscheint, das
Handeln
des beurkundenden Notars (oder des Anwalts) in Frage zu stellen
und fachlich überprüfen zu lassen, kann nämlich nicht generell, sondern nur jeweils im kon-kreten
Einzelfall beantwortet werden.

3.
Dies zugrunde gelegt, ist
die Annahme der Vorinstanz, der Kläger und seine Ehefrau hätten
bereits bei der
Beurkundung Kenntnis von den tatsächli-chen Umständen erlangt, die aus ihrer Sicht
auf ein widerrechtliches Verhalten des Beklagten zu 2
hindeuteten, nicht zu beanstanden. Wie die Revision aus-führt, war den Eheleuten zu diesem Zeitpunkt
"selbstverständlich"
bekannt, dass ihnen der Entwurf des Kaufvertrags
entgegen ihrer beurkundeten Erklä-rung nicht
zwei Wochen zuvor zur Verfügung gestellt worden war. Sie wussten also,
dass ihre vom Notar
verlesene Erklärung falsch war und konnten deren Inhalt entnehmen, dass es möglicherweise rechtlich
erforderlich gewesen wäre, ihnen -
anders als geschehen -
das Kaufvertragsmuster mehr
als zwei Wochen vor der Beurkundung zur Prüfung vorzulegen. Damit lagen auch aus ihrer laien-haften Sicht seit 2006 hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine irregulä-re
Abwicklung der Beurkundung vor. Über zutreffende Rechtskenntnisse in [X.]
-

12

-

zug auf die
Vorschrift des § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 [X.] in der für die [X.] in Rede stehende Beurkundung maßgeblichen Fassung und die sich unter Umständen daraus ergebende
Amtspflicht des Notars, bei Nichteinhaltung der Wartefrist die Beurkundung abzulehnen (vgl. dazu Senat, Urteile vom 7. März 2019, aaO S.
1954 Rn.
20; vom 7. Februar 2013 -
III ZR 121/12, NJW 2013, 1451, 1452 Rn.
20 und vom 25. Juni 2015 -
III ZR 292/14, [X.]Z 206, 112, 116 Rn. 16), mussten sie dabei nicht verfügen.
Diese hätten sie sich, [X.] nachdem ihnen 2007 die Unvorteilhaftigkeit des Geschäfts und 2012 der Wegfall anderweitiger Ersatzmöglichkeiten bekannt geworden waren, in zumutbarer Weise rechtzeitig vor Ablauf der Verjährungsfrist am 31. Dezember 2015 durch anwaltliche Beratung verschaffen können. Eine Fallgestaltung, in der nach der Senatsrechtsprechung ausnahmsweise die Rechtsunkenntnis des [X.] die Verjährung hinausschiebt
(vgl. Senat, Urteil vom 7. März 2019, aaO S. 1954 Rn.
19 ff), liegt nicht vor. Weder hat der Beklagte zu 2 den Kläger und dessen Ehefrau irreführend über den Inhalt seiner Amtspflichten aus § 17
Abs.
2a Satz
2 Nr. 2 [X.] a.F. belehrt noch war zum Beurkundungs-zeitpunkt die diesbezügliche Rechtslage unübersichtlich oder zweifelhaft (vgl. dazu Senat, Urteil vom 7.
März 2019, aaO S. 1954 Rn. 20 mwN). Sie ist auch entgegen der Ansicht der Revision nicht vor Ablauf der Verjährungsfrist durch die Urteile des [X.]. Zivilsenats vom 6. Februar 2014 unübersichtlich oder [X.] geworden. Denn diese Entscheidungen stehen -
wie schon unter [X.] 2. dargelegt -
in keinem Gegensatz zur
Rechtsprechung des Senats zum [X.] in
[X.]ssachen. Davon abgesehen verkennt die Revision, dass allenfalls
eine Rechtsunsicherheit in Bezug auf das
Bestehen des [X.] dessen klageweise Geltendmachung durch den Geschädigten unzu-mutbar machen könnte. Eine (unterstellte) Rechtsunsicherheit darüber, ob die Verjährung des bestehenden Anspruchs
früher oder später beginnt, würde da--

13

-

gegen eine -
möglichst frühzeitige -
Klageerhebung nicht unzumutbar, sondern vielmehr geboten erscheinen lassen.

-

14

-

4.
Danach war die Revision des [X.] mit der Kostenfolge aus § 97 Abs.
1, § 101 Abs. 1
Halbsatz 2 ZPO zurückzuweisen.

[X.]

Tombrink

Remmert

Arend
Böttcher
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 29.06.2017 -
84 [X.]/16 -

KG Berlin, Entscheidung vom 28.08.2018 -
9 [X.] -

20

Meta

III ZR 227/18

10.10.2019

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.10.2019, Az. III ZR 227/18 (REWIS RS 2019, 2747)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 2747

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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