Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.03.2012, Az. 5 StR 559/11

5. Strafsenat | REWIS RS 2012, 8151

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5 StR 559/11

BUNDESGERICHTSHOF

IM [X.] DES VOLKES

URTEIL

vom 15. März 2012
in der Strafsache
gegen

wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer

Menge u.a.

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Der 5. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 15.
März
2012, an der teilgenommen haben:

[X.] Dr. Raum als Vorsitzender,

[X.] Dr. Brause,
[X.] [X.],
[X.] Prof. Dr. [X.],
[X.] Bellay

als beisitzende [X.],

Staatsanwältin beim [X.]

als Vertreterin
der Bundesanwaltschaft,

Rechtsanwältin

als Verteidigerin,

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

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für Recht erkannt:

1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] (Oder) vom 15. Juli 2011 im Schuldspruch dahingehend abgeändert, dass der Ange-klagte im Fall 2 der Urteilsgründe wegen unerlaubter [X.] von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Verabredung
des Verbrechens des uner-laubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht ge-ringer Menge verurteilt ist.

2.
Die weitergehende Revision des Angeklagten wird ver-worfen.

3.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

[X.] n d e

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltrei-bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt und ferner einen sichergestellten Geldbetrag von führt lediglich zu einer Teilkorrektur des Schuldspruchs.

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1. Nach den Feststellungen betrieb der Angeklagte in dem Nebenge-bäude seines Wohnhauses in W.

ab Oktober 2010 eine von dem gesondert verfolgten

[X.]

finanzierte Cannabisplantage. Die hierbei gewonnenen Blütenstände sollte [X.]

, der über Verbindungen in das Drogenmilieu verfügte ([X.]), gewinnbringend verkaufen und
den Erlös nach Abzug der Aufwendungen mit dem Angeklagten teilen. Die Mitte Januar 2011 erfolgte und am 8. Februar 2011 sichergestellte Ernte hatte bei den zum Verkauf vorgesehenen und vom Angeklagten verpackten [X.] eine [X.] von 653 g. Die übrigen Pflanzenteile (THC-Gehalt: 680 g) hatte der Angeklagte im [X.] gelagert und zur Kompostierung bestimmt ([X.], 9; Fall
1 der Urteilsgründe: Frei-heitsstrafe ein
Jahr und acht
Monate).

Der Angeklagte fuhr am 8. Februar 2011 mit [X.]

in die [X.] und übernahm von diesem 551 [X.] mit einer [X.] von 23 g. Mit den [X.] wollte der Angeklagte die Plantage neu bestücken. Die mit [X.]

getroffene Abmachung hin-sichtlich des weiteren Vorgehens galt auch für die neue Anpflanzung. Auf einem Rastplatz nahe [X.] erfolgte die Festnahme des Angeklagten (Fall
2 der Urteilsgründe: Freiheitsstrafe ein
Jahr und acht
Monate). Noch im Ermitt-lungsverfahren legte der Angeklagte am 8. April 2011 ein Geständnis ab und offenbarte die Mitwirkung des [X.]

, der daraufhin in Untersuchungshaft genommen werden konnte ([X.].

2. Während im Fall 1 der Urteilsgründe der Tatbestand des unerlaub-ten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß §
29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG durch das
Vorrätighalten zum gewinnbringenden Verkauf erfüllt ist (vgl. [X.], Urteil vom 20. Januar 1982

2 StR 593/81, [X.]St 30, 359, 361; [X.], BtMG, 3. Aufl., § 29 Rn. 464 mwN), trifft dies auf die im Fall 2 zu beurteilende Übernahme und den Trans-port der [X.] durch den Angeklagten nicht zu.

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a) Handeltreiben im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG ist jede eigennützige auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit ([X.], Beschluss vom 26. Oktober 2005

[X.], [X.]St 50, 252, 256 mwN). Die Handlungen müssen auf die Ermöglichung oder Förderung eines bestimmten Umsatzgeschäftes mit Betäubungsmitteln zielen ([X.], Urteil vom 25. Oktober 2001

4 [X.], [X.]St 47, 134, 136; [X.] in Kör-ner, BtMG, 7. Aufl., § 29 Teil 4 Rn. 40) und dieses nicht nur vorbereiten (vgl. [X.]St 50, 252, 265 f.).

b) Hinsichtlich des in den [X.] enthaltenen Wirkstoffs scheidet die Annahme eines Umsatzgeschäftes aus. Der Angeklagte wollte die [X.] nicht verkaufen.

c) Hinsichtlich des von dem Angeklagten geplanten

indes noch nicht näher konkretisierten (vgl. [X.], Beschluss vom 15. Februar 2011

3 [X.], NJW 2011, 1461 mwN)

[X.] ausschließlich mit den erst am Ende des [X.] noch zu gewinnenden [X.] stellten die Übernahme und der Transport der Setzlinge fernab der Plantage noch keine Ermöglichung oder Förderung eines solchen Ge-schäfts dar. Es diente lediglich dessen Vorbereitung.

aa) Zur erfolgreichen Gewinnung von Blütenständen aus Cannabis-pflanzen sind mannigfache Vorbereitungen notwendig, die noch nicht als vollendetes oder versuchtes unerlaubtes Handeltreiben zu bewerten sind. So bedarf es geeigneter Räumlichkeiten (vgl. [X.], Beschluss
vom 15. Febru-ar
2011

3 [X.], NJW 2011, 1461 mwN) sowie der Herbeischaffung und Installation der für die Plantage erforderlichen Gerätschaften (vgl. [X.], Beschluss vom 3. August 2011

2 [X.], [X.], 343). Hinsichtlich der Übernahme der Setzlinge und deren Transport noch fernab der Plantage kann für den hier in Rede stehenden Sachverhalt nichts anderes gelten.

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Maßgebliches Unterscheidungsmerkmal insofern ist, dass das später zum Verkauf zu stellende Cannabis noch nicht existiert und allenfalls in [X.]n angelegt ist, die ihrerseits noch nicht angepflanzt wurden. Da mit den [X.] selbst kein Handel
betrieben werden sollte, können sie hier als solche nicht den Gegenstand des Handeltreibens bilden. Sie sind vielmehr

ab dem Zeitpunkt ihrer Anpflanzung

der stoffliche Träger, aus dem sich das Rauschgift in den Blütenständen entwickelt.

Eine andere Auslegung, die einen solchen Sachverhalt als Anwen-dungsfall des § 29 Abs.
1 Satz 1 Nr. 1 BtMG ansähe, würde den sowieso schon weiten Begriff des Handeltreibens nochmals weiter ausdehnen. Damit würde nicht nur die Möglichkeit einer tragfähigen Abgrenzung zu [X.]en zusätzlich
erschwert. Jede weitere
Ausdehnung wäre auch mit dem Wortsinn der Formulierung des Gesetzes kaum mehr vereinbar und mithin im Blick auf die verfassungsrechtliche Gewährleistung des Art. 103 Abs. 2 GG in hohem Maße problematisch. Deshalb darf nicht jede [X.], bloß weil sie im Hinblick auf ein eventuell späteres Betäu-bungsmittelumsatzgeschäft erfolgt, schon allein deshalb in den Bereich der Notwendigkeit für eine solche ausdehnende Auslegung ist auch nicht er-kennbar, weil sowohl der Besitz als auch die Einfuhr des
in den [X.] vorhandenen
Betäubungsmittels
umfassend unter Strafe gestellt ist.

bb) Auch systematische Erwägungen gebieten diese Bewertung. Der vom Angeklagten beabsichtige illegale Rauschgiftumsatz setzte [X.] zunächst den Anbau der Cannabispflanzen,
hier sogar
bis zur Aus-formung von Blüten,
voraus. Der auf der Konkurrenzebene verdrängte [X.] des unerlaubten Anbaus von Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG (vgl. [X.], Beschluss vom 12. Januar 2005

1 StR 476/04,
[X.]R BtMG §
29a Abs. 1 Nr. 2 Handeltreiben 4) entfaltet eine Begrenzungsfunktion für den Tatbestand des unerlaubten Handeltrei-bens mit den erst noch anzubauenden Produkten, in dem er als Anfangssta-9
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dium den Versuch des unerlaubten Handeltreibens erst mit dem unmittelba-ren Ansetzen zum Anpflanzen beginnen lässt ([X.], Beschluss vom [X.] 2011

2 [X.], NStZ
2012, 43; [X.], BtMG, 3. Aufl., § 29 Rn.
558). Hierzu kommt es nach dem auch hier gültigen Maßstab des § 22 StGB erst mit Heranschaffen der Setzlinge an die vorbereitete Fläche oder zu den vorbereiteten Pflanzgefäßen (vgl. [X.] aaO mwN; [X.] in Körner, BtMG, 7. Aufl., §
29 Teil 2 Rn. 74). Demnach ist ein unmittelbares Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung vorliegend noch nicht erreicht; auch im
Hin-blick auf den Tatbestand des Anbaus ist damit das Stadium der [X.] noch nicht verlassen.

3. Auf der Grundlage der fehlerfrei getroffenen, auf dem Geständnis des Angeklagten beruhenden Feststellungen hat der Angeklagte den Tatbe-stand der Verabredung eines Verbrechens des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30 Abs. 2 StGB, § 29a Abs.
1 Nr. 2 BtMG) verwirklicht (vgl. [X.], Beschluss vom 3. August 2011

2 [X.], [X.], 43, 44). Die Absprache des Angeklagten mit dem gesondert verfolgten [X.]

, die in der Plantage des Angeklagten zu gewinnenden Cannabisblüten durch den über Kontakte im Drogenmilieu ver-fügenden [X.]

zum beiderseitigen Vorteil verkaufen zu lassen, enthält die für die erforderliche Verabredung mittäterschaftlicher Begehungsweise gebotene genügende Konkretisierung des Verbrechens. Es genügt nämlich, dass die Einzelheiten der in Aussicht genommenen Tat in ihren wesentlichen Grundzügen konkretisiert sind, ohne dass Zeit, Ort und Modalitäten in allen Einzelheiten festliegen müssen (vgl. [X.], Urteile vom 28. Juni 2007

3 [X.], [X.]R StGB § 30 Abs. 2 Verabredung 7,
und vom 13. No-vember 2008

3 [X.], [X.], 497, 498). So liegt es hier.

Der Senat kann
ausschließen, dass der Angeklagte diese präsumtive Tat im Sinne des § 31 Abs. 1 Nr. 3 StGB verhindert hat. Zwar hat er seinen Mittäter [X.]

am 8. April 2011
dergestalt belastet, dass der bis dahin nicht unter Tatverdacht stehende Tatgenosse in Untersuchungshaft genom-12
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men werden konnte ([X.]. Hierin ist indes nach den fehlerfrei getroffenen Feststellungen kein freiwilliger Verzicht auf das Verbrechen zu erkennen, weil dieses nach der am 8. Februar 2011 erfolgten polizeilichen Durchsu-chung und Beschlagnahme der Plantage nicht mehr ausführbar war. Die Ab-standnahme beruhte demnach vorgreiflich auf äußerem Zwang. Solches steht der Anwendung des § 31 Abs. 1 Nr. 3 StGB entgegen (vgl. [X.], Urteil vom 3. Dezember 1958

2 StR 500/58, [X.]St 12, 306, 308) und verhindert auch die Annahme, dass sich der Angeklagte freiwillig im Sinne des § 31 Abs. 2 StGB bemüht hat, die Tat zu verhindern.

4. Der Senat kann entsprechend § 354 Abs. 1 StPO ausschließen, dass die wegen der unerlaubten Einfuhr festgesetzte Freiheitsstrafe von ei-nem Jahr und acht Monaten bei bloßer Änderung des tateinheitlich mit aus-geurteilten Verbrechens milder ausgefallen wäre.

Raum Brause [X.]

[X.] Bellay

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Meta

5 StR 559/11

15.03.2012

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.03.2012, Az. 5 StR 559/11 (REWIS RS 2012, 8151)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 8151

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