Bundessozialgericht, Urteil vom 30.11.2011, Az. B 11 AL 7/11 R

11. Senat | REWIS RS 2011, 932

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

(Arbeitslosengeldanspruch - Verfügbarkeit bei ärztlichem Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs 1 MuSchG für nicht erwerbstätige Schwangere - fehlende Feststellungen zu Leistungseinschränkungen und zumutbaren Beschäftigungen)


Leitsatz

Die Verfügbarkeit einer schwangeren Arbeitslosen entfällt nicht allein dadurch, dass ihr ein ärztliches Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs 1 MuSchG erteilt wird.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 28. Januar 2011 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld [X.]) wegen eines [X.] nach § 3 Abs 1 Mutterschutzgesetz (MuSchG) noch für die [X.] vom 22.6. bis [X.].

2

Die Klägerin bezog seit dem [X.] (Bewilligungsbescheid vom 5.11.2008). Am 11.5.2009 stellte der behandelnde Arzt Dr. H der Klägerin ein fachärztliches Attest folgenden Inhalts aus: "Die o.a. Patientin befindet sich in der z.Zt. 21. Schwangerschaftswoche. Unter Bezug auf Paragraph 3 des Mutterschutzgesetzes besteht ab sofort ein Beschäftigungsverbot. Dies gilt bis zum Beginn der Mutterschutzfrist (15.8.09)."

3

Mit Bescheid vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom [X.] hob die Beklagte die Bewilligung von [X.] ab 11.5.2009 wegen Wegfalls der Verfügbarkeit der Klägerin ab diesem Datum auf und verwies auf die Vorschriften in § 118 Abs 1, § 119 [X.] ([X.]) sowie § 48 Abs 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch ([X.]) iVm § 330 Abs 3 [X.].

4

Während des anschließenden Klageverfahrens hat die Beklagte der Klägerin auf richterlichen Hinweis durch Änderungsbescheid vom 14.10.2009 [X.] auch für die [X.] bis [X.] gewährt. Das Sozialgericht (SG) hat mit Urteil vom [X.] den Bescheid vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom [X.] aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin unter Änderung des Bescheids vom 14.10.2009 [X.] über den [X.] hinaus bis zum [X.] in gesetzlicher Höhe zu zahlen.

5

Das [X.] ([X.]) hat mit Urteil vom [X.] die Berufung der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Aufhebungsbescheid der Beklagten vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom [X.] (nur) abgeändert und die Beklagte verurteilt werde, der Klägerin auch [X.] für den [X.]raum vom 22.6. bis [X.] zu bewilligen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Eine Beiladung der für die Klägerin zuständigen Krankenkasse ([X.]) gemäß § 75 Abs 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) sei nicht erforderlich, weil deren Leistungspflicht im Hinblick auf eine bei der Klägerin nicht feststellbare Arbeitsunfähigkeit ([X.]) nicht angenommen werden könne. Durch Attestierung des [X.] sei eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen iS des § 48 Abs 1 Satz 1 [X.] nicht eingetreten. Insbesondere habe die Klägerin den Vermittlungsbemühungen der [X.] zur Verfügung gestanden (§ 119 Abs 1 [X.] iVm Abs 5 [X.]). Bei der Klägerin habe nach den Feststellungen des behandelnden Gynäkologen ein [X.] begründender regelwidriger Körper- und Geisteszustand nicht vorgelegen, sondern lediglich ein die Schwangerschaft gefährdendes erhöhtes gesundheitliches Risikopotenzial in Form einer zu Beginn der Schwangerschaft kurzfristig aufgetretenen Schmierblutung, Dysphorien sowie einem Schwangerschaftsdiabetes. Die Gleichstellung einer solchen Gefährdungssituation einer Schwangeren mit einer [X.], um auf diese Weise zur Gewährung eines Lohnersatzes (Gewährung von Krankengeld <[X.]>) für eine Schwangere bei Ausspruch eines [X.] nach § 3 Abs 1 MuSchG zu gelangen, sei nicht vertretbar. Vielmehr sei nicht ohne weiteres anzunehmen, dass sich die Klägerin den Vermittlungsbemühungen der [X.] nicht habe zur Verfügung stellen "können"; sie "dürfe" dies aufgrund des [X.] nach § 3 Abs 1 MuSchG lediglich nicht. Mit der [X.] des [X.] sei es zu vereinbaren, dass die Beklagte das Schutzrisiko zu tragen habe. Hinweise darauf, dass die Klägerin subjektiv nicht verfügbar gewesen sei, seien nicht ersichtlich.

6

Mit der vom [X.] zugelassenen Revision rügt die Beklagte das Vorliegen von Verfahrensfehlern, auf denen die Entscheidung des [X.] beruhe, sowie die Verletzung materiellen Rechts (§ 119 Abs 1 [X.] und Abs 5 [X.] und [X.] [X.]). Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus: Das [X.] habe begründen müssen, weshalb es zu dem Ergebnis gelangt sei, dass im streitigen [X.]raum tatsächlich ein Beschäftigungsverbot gemäß § 3 Abs 1 MuSchG gerechtfertigt gewesen sei. Den Entscheidungsgründen des Urteils seien die wesentlichen entscheidungsrelevanten Gesichtspunkte nicht zu entnehmen. Ferner habe das [X.] die [X.] der Klägerin zum Berufungsverfahren beiladen müssen, weil deren Verurteilung als leistungspflichtig in Betracht komme (§ 75 Abs 2 SGG). Denn bei einem der Klägerin gegenüber ausgesprochenen absoluten Beschäftigungsverbot bestehe keine Verfügbarkeit im Sinne des Leistungsrechts der Arbeitslosenversicherung; vielmehr sei das absolute Beschäftigungsverbot einer [X.] gleichzustellen mit der Folge, dass die zuständige [X.] mit [X.]-Leistungen einzustehen habe. Vermittlungsbemühungen der Arbeitsverwaltung kämen nur in Betracht, wenn die Versicherte Arbeiten auf dem Arbeitsmarkt aufnehmen und ausüben könne und dürfe. Die für die Klägerin zuständige [X.] habe gegenüber der Klägerin sogar mündlich die Gewährung von [X.] für die [X.] des [X.] abgelehnt, wogegen die Klägerin Widerspruch eingelegt habe, der bei entsprechender Beiladung der [X.] bereits Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens hätte werden können. Offen bleiben könne, ob der behandelnde Arzt der Klägerin ab 11.5.2009 zu Recht nicht [X.], sondern ein Beschäftigungsverbot attestiert habe. Denn jedenfalls sei das absolute Beschäftigungsverbot einer [X.] gleichzustellen. Durch das mutterschaftsrechtliche Beschäftigungsverbot werde der Beklagten gerade die Vermittlung der Klägerin in Arbeit unmöglich gemacht. Dies bedeute, sie solle Leistungen erbringen, ohne zugleich ihrer aus dem Leistungsbezug (spiegelbildlich) folgenden Pflicht zur Vermittlung in Arbeit nachkommen zu können. Für die Leistungspflicht der [X.] spreche bereits die grammatische Auslegung der §§ 3 und 11 [X.] und § 119 Abs 5 [X.]; aber auch rechtssystematische und historische Überlegungen führten zur Zuständigkeit der beizuladenden [X.].

7

Die Beklagte beantragt, das Urteil des [X.]s vom 28. Januar 2011 zu ändern, das Urteil des [X.] vom 3. August 2010 insgesamt aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

Die Revision der [X.] ist im Sinne der Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 [X.]G). Die bisherigen tatsächlichen Feststellungen des [X.] reichen für eine Entscheidung über den streitigen Anspruch auf [X.] nicht aus. Insbesondere lässt sich nicht abschließend beurteilen, ob die Klägerin auch in der [X.] ab [X.] für Vermittlungsbemühungen der [X.] zur Verfügung stand (§ 119 Abs 1 [X.] idF des [X.] am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003, BGBl I 2848).

1. Die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Aufhebung der Bewilligung von [X.] ab [X.] richtet sich nach § 48 Abs 1 Satz 1 [X.]B X. Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt.

Mit der Bewilligung von [X.] ab 10.1.2009 hat die [X.] einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (Bescheid vom 5.11.2008) erlassen; denn seine Regelung erstreckt sich auf wiederkehrende monatliche Leistungen. Diesen Verwaltungsakt hat die [X.] zunächst durch den Bescheid vom [X.] rückwirkend zum [X.] geändert, weil nach dem Attest des behandelnden Arztes Dr. H ab diesem Tag ein Beschäftigungsverbot bestand. Im Verlauf des Klageverfahrens hat sie diese Entscheidung jedoch dahin korrigiert, dass die Leistungsaufhebung nur noch die [X.] ab [X.] betraf. Die Rechtsfrage einer rückwirkenden Aufhebung des Leistungsbescheids nach § 48 Abs 1 Satz 2 [X.]B X iVm § 330 Abs 3 Satz 1 [X.] stellt sich vorliegend mithin nicht, sondern nur noch die Frage der Rechtmäßigkeit der Aufhebung der Leistung mit Wirkung für die Zukunft nach § 48 Abs 1 Satz 1 [X.]B X.

2. Ob im Vergleich mit dem [X.]punkt der Leistungsbewilligung eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen eingetreten ist, lässt sich nicht abschließend beurteilen. Hierzu fehlt es an tatsächlichen Feststellungen, die das [X.] aufgrund des von ihm vertretenen [X.] nicht getroffen hat. Der Rechtsstandpunkt des [X.] ist indes unzutreffend. Denn das [X.] ist von der Notwendigkeit einer verfassungskonformen Auslegung der Anspruchsvoraussetzung der Verfügbarkeit (§ 119 Abs 1 [X.]) ausgegangen, ohne deren Tatbestandsvoraussetzungen vollständig aufzuklären. Wie der [X.] bereits in seiner Entscheidung vom [X.] ([X.]-4100 § 103 [X.]) ausgeführt hat, kann eine Regelungslücke erst dann in Betracht gezogen werden, wenn die für die sozialrechtliche Lage erheblichen Tatsachen geklärt sind. Maßgebend ist also, wie weit das am [X.] vom behandelnden Arzt ausgesprochene Beschäftigungsverbot reichte, dh ob es sich nur auf die zuletzt von der Klägerin ausgeübte Tätigkeit als Verwaltungsangestellte oder auf jegliche andere Art von Tätigkeit, die der Klägerin im Rahmen des § 121 [X.] zumutbar war, erstreckt hat (vgl auch [X.], 182 = [X.]-2500 § 44 [X.] - zu den [X.] in § 121 [X.]).

3. Der [X.] hat in seiner Entscheidung vom [X.] ([X.]-4100 § 103 [X.]) ferner ausgeführt, dass sich nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (B[X.]) und des [X.] ([X.]) jedenfalls bei der Anwendung des § 11 [X.] die Annahme eines mutterschutzrechtlichen [X.] nach § 3 Abs 1 [X.] und einer [X.] infolge Schwangerschaft gegenseitig ausschließen. Der gegen den Arbeitgeber gerichtete Anspruch auf [X.] nach § 11 [X.] setzt also voraus, dass allein das mutterschutzrechtliche Beschäftigungsverbot einer Beschäftigung der Schwangeren entgegensteht, was nur bei einem normalen Schwangerschaftsverlauf zutrifft und die gesunde Schwangere während der Unterbrechung der Beschäftigung aus Gründen der Gefahrenvorsorge sichert.

In der [X.]sentscheidung vom [X.] nicht erörtert worden ist aber die Frage, inwieweit das Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs 1 [X.] überhaupt auf schwangere Arbeitslose anzuwenden ist. Auch der 7. [X.] des B[X.] hat in seiner Entscheidung vom 21.10.2003 ([X.] AL 28/03 R - [X.], 226 = [X.]-4300 § 147 [X.]), die den Ablauf der vierjährigen Verfallfrist nach § 147 Abs 2 [X.] während eines nachgeburtlichen [X.] nach § 6 Abs 1 [X.] zum Gegenstand hatte, diese Frage nicht problematisiert. Das Beschäftigungsverbot nach § 6 Abs 1 [X.], das als absolutes gesetzliches Verbot ausgestaltet ist (vgl [X.], [X.], § 6 RdNr 14, Stand Juli 2011), unterscheidet sich aber in seinen tatbestandlichen Voraussetzungen deutlich von einem Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs 1 [X.].

Nach § 3 Abs 1 [X.] dürfen werdende Mütter nicht beschäftigt werden, soweit nach ärztlichem Zeugnis Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind "bei Fortdauer der Beschäftigung" gefährdet sind. Mithin setzt das Beschäftigungsverbot - worauf die [X.] zu Recht hinweist - ein fortdauerndes Beschäftigungsverhältnis voraus. Dies wird auch durch § 1 Abs 1 [X.] verdeutlicht, wonach dieses Gesetz "für Frauen, die in einem Arbeitsverhältnis stehen" gilt. Als "[X.] der erwerbstätigen Mutter" erfasst das [X.] somit nicht die erwerbslosen Frauen (vgl Abschlussbericht zu [X.]/3652 [X.] - zum Gesetz vom [X.]; ebenso [X.], [X.], § 1 RdNr 1, Stand Juli 2011; [X.] in [X.]/[X.], [X.], § 1 RdNr 5, 28, Stand Mai 2006 bzw Dezember 2010 - jeweils unter Hinweis auf B[X.] Urteil vom 28.10.1965 - 3 RK 73/61 - [X.] Nr 6 zu § 13 [X.] = [X.] 1966, 192 = [X.] 1965, 650). Die im [X.]surteil vom [X.] zitierte krankenversicherungsrechtliche Rechtsprechung und die Rechtsprechung des [X.] beschäftigen sich demgemäß auch nur mit Ausgleichsansprüchen bei laufendem Beschäftigungsverhältnis, nicht jedoch mit den Auswirkungen eines [X.] für eine schwangere Arbeitslose.

Der [X.] geht nach erneuter Prüfung davon aus, dass ein Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs 1 [X.] nicht unmittelbar auf Arbeitslose übertragen werden kann. Denn § 3 Abs 1 [X.] stellt darauf ab, ob eine Gefährdung bei Fortdauer der Beschäftigung besteht. Es geht also um den Zusammenhang zwischen der Fortdauer der Beschäftigung und der Gefahr für Leben oder Gesundheit. Dabei kann die Gefahr von einer Beschäftigung ausgehen, die Beschäftigung kann aber auch an sich ungefährlich sein und die Gefahr von der individuellen gesundheitlichen Konstitution der Frau ausgehen (vgl [X.], aaO, § 3 RdNr 15 mwN). Ein Beschäftigungsverbot bewirkt lediglich, dass der Arbeitgeber die betreffende Arbeitnehmerin tatsächlich nicht beschäftigen darf. Nach Wortlaut und Systematik des [X.] hat der Arzt bei einem individuellen Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs 1 [X.] nur die Gefährdungslage zu attestieren; das Beschäftigungsverbot tritt kraft Gesetzes ein, sobald das Attest über die Gefährdungslage beim Arbeitgeber eintrifft (vgl [X.] in [X.]/[X.], aaO, § 3 RdNr 31, Stand April 2011; ebenso [X.], aaO, § 3 RdNr 19, wonach das ärztliche Zeugnis konstitutive Wirkung hat - unter Hinweis auf [X.]-Rechtsprechung). Diese Grundsätze gelten aber jedenfalls nicht unmittelbar für Schwangere, die nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehen.

4. Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist zu beanstanden, dass das [X.] aus dem ärztlichen Attest das Wort "Beschäftigungsverbot" übernommen hat, ohne sich mit Wortlaut und Sinn des § 3 Abs 1 [X.] auseinanderzusetzen. Insofern sind auch die Ausführungen des [X.] unzureichend, wonach die bei der Klägerin bestehenden Beschwerden und Gefährdungen ab [X.] nicht mehr zur [X.], sondern ausschließlich zu einem Beschäftigungsverbot geführt hätten. Da § 3 Abs 1 [X.] nicht für arbeitslose Frauen gilt, hätte Veranlassung bestanden, das Beschäftigungsverbot von dem Begriff der [X.] und dessen Anforderungen abzugrenzen. Das [X.] hätte mithin zunächst der Frage nachgehen müssen, ob und inwieweit ein Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs 1 [X.] für die Beurteilung der Verfügbarkeit einer arbeitslosen Schwangeren von Bedeutung ist.

Nach § 119 Abs 5 Nr 1 [X.] steht den Vermittlungsbemühungen der [X.] zur Verfügung, wer eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarkts ausüben kann und darf. [X.] sind dem Arbeitslosen gemäß § 121 Abs 1 [X.] alle seiner Arbeitsfähigkeit entsprechenden Beschäftigungen, soweit allgemeine oder personenbezogene Gründe der [X.]keit nicht entgegenstehen. Das Dürfen im Rahmen der objektiven Verfügbarkeit betrifft die rechtliche Zulässigkeit, eine Beschäftigung überhaupt oder in dem gewünschten Umfang auszuüben. Es kommt deshalb darauf an, welche Beschäftigungen der Klägerin - außer der zuletzt ausgeübten einer Verwaltungsangestellten - iS des § 121 Abs 1 [X.] objektiv zumutbar sind. Sodann ist zu prüfen, ob gesetzliche oder behördliche Verbote der Aufnahme einer bestimmten Beschäftigung entgegenstehen. Denn ist ein Arbeitsloser durch ein solches Verbot rechtlich gehindert, eine bestimmte Beschäftigung auszuüben, ist er insoweit objektiv nicht verfügbar (vgl - allerdings ohne nähere Erläuterung - Durchführungsanweisung der [X.] zu § 119 [X.], [X.], Ordnungsnummer 3.1.4 Beschäftigungsverbote <119.143>; Stand 4/2011). Schließlich ist entscheidungserheblich, ob die Klägerin ab [X.] gesundheitlich (weiterhin) in der Lage gewesen wäre, eine ihr objektiv zumutbare Beschäftigung auch tatsächlich auszuüben; insoweit kann dem ärztlich ausgesprochenen Beschäftigungsverbot allenfalls Indizwirkung zukommen.

Den bisherigen tatsächlichen Feststellungen des [X.] kann nicht entnommen werden, die Klägerin sei aufgrund des ärztlich attestierten [X.] rechtlich gehindert gewesen, eine ihr nach den Maßstäben der Arbeitslosenversicherung zumutbare Tätigkeit aufzunehmen. Denn selbst wenn ein Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs 1 [X.] als ein im Rahmen des § 119 Abs 5 Nr 1 [X.] zu beachtendes, gesetzliches Beschäftigungsverbot anzusehen wäre - wie dies in der Literatur teilweise vertreten wird - (so ohne nähere Begründung [X.] in [X.]/[X.], [X.], Stand 2006, § 119 RdNr 121, 123; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 3. Aufl 2008, § 119 RdNr 127), könnte daraus nur gefolgert werden, dass arbeitslose Schwangere nicht beschäftigt werden dürfen, soweit mit einer Beschäftigung Gesundheitsgefahren verbunden sind, wobei es näherer Prüfung der qualitativen und quantitativen Leistungseinschränkungen sowie des [X.] der nicht zulässigen Tätigkeiten bedarf (vgl [X.], aaO, § 3 Rd[X.]2). Hierzu ergeben sich weder aus dem ärztlichen Attest vom [X.], das sich auf die Erklärung eines [X.] ohne Angabe von Gründen beschränkt, noch aus der auf Nachfrage des [X.] abgegebenen fachärztlichen Stellungnahme vom 12.10.2009, in der im Wesentlichen nur eine zeitweise bestehende Dysphorie und Niedergeschlagenheit sowie eine behandlungsbedürftige diabetische Stoffwechsellage bescheinigt werden, klare Aussagen.

Das [X.] wird deshalb im [X.] an die Bestimmung einer der Klägerin objektiv zumutbaren Beschäftigung zu prüfen und insoweit eindeutige Feststellungen zu treffen haben, welche Beschäftigungsmöglichkeiten für die schwangere Klägerin in der fraglichen [X.] tatsächlich noch in Betracht kamen und inwieweit ihre Leistungsfähigkeit durch das ärztlicherseits festgestellte gesundheitliche Risikopotenzial beeinträchtigt war. Dabei wird das [X.] zu berücksichtigen haben, dass sich die Klägerin - ausweislich der vom [X.] in Bezug genommenen Verwaltungsakten der [X.] - von vornherein nur beschränkt auf 20 Stunden wöchentlich zur Verfügung gestellt und [X.] nach einem (dementsprechend) verminderten Bemessungsentgelt bezogen hat. Sollten die weiteren Ermittlungen - etwa durch weitere Nachfrage beim damals behandelnden Arzt, durch Beauftragung eines ärztlichen Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens nach Aktenlage, Einschaltung des Medizinischen Dienstes der [X.] oder durch Einvernahme von Zeugen - zu dem Ergebnis führen, dass bei der Klägerin selbst leichte Arbeiten im zeitlichen Umfang von 20 Stunden wöchentlich in der fraglichen [X.] mit Gesundheitsgefahren verbunden waren, fehlt es bereits an einer Verfügbarkeit im Sinn des "Könnens" einer Beschäftigung und ist - wie der [X.] bereits in seiner Entscheidung vom [X.] ausgeführt hat - vom Vorliegen einer [X.] auszugehen. Insoweit besteht keine Bindung an die Aussage im ärztlichen Attest vom [X.], [X.] sei zu verneinen (vgl zur Definition der [X.] bei Arbeitslosen auch § 2 Abs 3 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien des [X.]). Dagegen wären bei nur auf bestimmte Beschäftigungen bezogene Einschränkungen - wie der [X.] in der genannten Entscheidung ebenfalls ausgeführt hat - [X.] und Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung miteinander vereinbar mit der Folge, dass die Klägerin - bezogen auf den für sie möglichen und zumutbaren Kreis in Betracht kommender Beschäftigungen - weiterhin verfügbar wäre und die Voraussetzungen eines Anspruchs auf [X.] gegeben wären. Die Aufhebung des [X.] vom 5.11.2008 für die [X.] ab [X.] erwiese sich dann als rechtswidrig mit der Folge, dass die Berufung der [X.] gegen das erstinstanzliche Urteil - wenn auch mit anderer Begründung - zurückzuweisen wäre.

5. Sollte sich nach Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten, insbesondere im Hinblick auf die inzwischen verstrichene [X.], nicht aufklären lassen, ob die Klägerin im streitigen [X.]raum ab [X.] verfügbar iS der §§ 119, 121 [X.] war, träfe die [X.] die objektive Beweislast für die Rechtmäßigkeit der Leistungsaufhebung nach § 48 Abs 1 [X.]B X. Denn wenn sich eine Änderung der Verhältnisse nicht jenseits vernünftiger Zweifel feststellen lässt, geht dies zu Lasten desjenigen, der hieraus Rechte herleiten will (vgl [X.] in [X.] Kommentar, § 48 [X.]B X Rd[X.]2, Stand Mai 2006).

6. Da entgegen der Auffassung des [X.] in Betracht kommt, dass auch die zuständige Krankenkasse leistungspflichtig sein könnte, wird das [X.] sie beizuladen haben (§ 75 Abs 2 [X.]G).

7. Das [X.] wird auch über die Kosten einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

Meta

B 11 AL 7/11 R

30.11.2011

Bundessozialgericht 11. Senat

Urteil

Sachgebiet: AL

vorgehend SG Koblenz, 3. August 2010, Az: S 17 AL 158/09, Urteil

§ 118 Abs 1 Nr 1 SGB 3 vom 23.12.2003, § 119 Abs 1 Nr 3 SGB 3 vom 23.12.2003, § 119 Abs 5 Nr 1 SGB 3 vom 23.12.2003, § 121 Abs 1 SGB 3 vom 23.12.2003, § 126 SGB 3 vom 23.12.2003, § 3 Abs 1 MuSchG, § 11 MuSchG, § 48 Abs 1 S 1 SGB 10, § 103 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 30.11.2011, Az. B 11 AL 7/11 R (REWIS RS 2011, 932)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 932

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

B 11 AL 26/10 R (Bundessozialgericht)

(Arbeitslosengeldanspruch - Verfügbarkeit bei ärztlichem Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs 1 MuSchG für nicht erwerbstätige …


B 11 AL 37/10 R (Bundessozialgericht)


B 11 AL 77/11 B (Bundessozialgericht)

Nichtzulassungsbeschwerde - Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache bzw der Klärungsbedürftigkeit - Arbeitslosengeldanspruch - Beurteilung …


B 11 AL 2/10 BH (Bundessozialgericht)

Revisionszulassung - grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache - fehlende Klärungsbedürftigkeit - Arbeitslosengeldanspruch - Nahtlosigkeitsregelung - Ablehnung …


B 11 AL 12/14 R (Bundessozialgericht)

Arbeitslosengeldanspruch - Bemessungsentgelt - Auslandsbeschäftigung - Nichtberücksichtigung des in Belgien erzielten Arbeitsentgelts - Berücksichtigung des …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.