Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.05.2017, Az. IX ZR 238/15

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 11067

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:110517UIXZR238.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
IX ZR 238/15
Verkündet am:

11. Mai 2017

Kluckow

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 675

Ein Rechtsanwalt, der entsprechend einer wirksamen Weisung des Bevollmächtigten seines Mandanten eine für diesen eingezogene Forderung an einen [X.], handelt nicht pflichtwidrig, wenn es an einem evidenten Missbrauch der Vertretungsmacht fehlt.

[X.] §
168 Abs.
1 Satz 3, §
167 Abs.
1

Ein Untervertreter ist nicht berechtigt, namens des Vertretenen die dem Hauptvertreter [X.] [X.] zu widerrufen.

[X.] §
398

Die Abtretung einer Forderung ist mangels Bestimmtheit unwirksam, wenn sie zur Siche-rung mehrerer laufenden Schwankungen unterworfener Forderungen erfolgt und der Dritt-schuldner nicht in zumutbarer Weise erkennen kann, wie hoch sich die gesicherten [X.] belaufen.

[X.], Urteil vom 11. Mai 2017 -
IX ZR 238/15 -
OLG [X.]

[X.]

[X.]:[X.]:[X.]:2017:110517UIXZR238.15.0
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 11.
Mai
2017 durch
die Richter [X.], Prof. Dr. Gehrlein,
die
Richterin [X.],
[X.] Schoppmeyer und Meyberg

für Recht erkannt:

Auf die Revision der
Beklagten wird das Urteil des 2.
Zivilsenats des [X.] vom 18.
November 2015 auf-gehoben.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 17. Zivilkammer des [X.] vom 14.
März 2013 wird [X.].

Die Kosten der
Rechtsmittelverfahren einschließlich der den [X.]n entstandenen Kosten fallen der Klägerin zur Last.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die m.

oHG, deren persönlich haftende Gesellschafter die Streithelfer zu
2 und 3 (nachfolgend: Streithelfer) sind, machte vor dem [X.] eine Forderung gegen die K.

GmbH geltend. Diese Forderung trat die m.

oHG an die Klägerin, die
Schwiegermutter des Streithelfers zu 2 und
Mutter der Streithelferin zu 3,
ab. In der [X.] ist wörtlich ausgeführt:
1
-
3
-

"Die Firma m.

oHG und deren persönlich
haftende Gesellschafter S.

und M.

treten hiermit folgende Forderungen ab:

1. Alle gegen die Firma K.

GmbH

in dem Rechtsstreit vor dem [X.]

geltend gemachten und ihnen zustehenden Ansprüche

an Frau K.

in Höhe
ihrer fort"

Nachdem die m.

oHG vor dem [X.] ein der Klage teilweise stattgebendes Urteil erwirkt hatte, zahlte die K.

GmbH auf Verlangen der Streithelfer den [X.] in Höhe von 73.032,30

auf ein Konto der Rechts-anwaltskanzlei L.

. Die durch die Streithelfer vertretene m.

oHG beauftragte die beklagten Rechtsanwälte (nachfolgend: die [X.]) namens der Klägerin, von der Rechtsanwaltskanzlei L.

die Aus-kehr des eingezogenen Betrages zu erwirken. Entsprechend einer [X.] der Beklagten entrichtete die Rechtsanwaltskanzlei L.

den
Zahlungsbetrag von 73.032,30

agten. Auf Verlangen der Streithelferin zu
3
überwiesen
die Beklagten
den Betrag auf ein Konto der R.

GmbH, deren Gesellschafter die Streithelfer sind.

Mit vorliegender Klage nimmt die Klägerin die Beklagten auf Schadens-ersatz in Anspruch, weil sie die ihr zustehende Forderung pflichtwidrig an die R.

GmbH ausgezahlt hätten. Das [X.] hat der erstin-stanzlich abgewiesenen Klage teilweise stattgegeben. Mit der von dem Senat 2
3
-
4
-

zugelassenen Revision verfolgen
die Beklagten
ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Ur-teils und zur Wiederherstellung des die Klage vollständig abweisenden [X.].

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausge-führt:

Die Beklagten hätten gegenüber der Klägerin eine Pflichtverletzung be-gangen, weil sie den von der Rechtsanwaltskanzlei L.

erhaltenen Betrag nicht an die
Klägerin, sondern
an die R.

GmbH weitergeleitet hätten. Es könne offen bleiben, wer den Beklagten das Mandat erteilt habe. Jedenfalls seien diese gehalten gewesen, die Interessen der Klägerin zu wahren und das erhaltene Geld ausschließlich an sie abzuführen. Die von der Klägerin der m.

oHG erteilte [X.] habe diese im [X.] berechtigt, die Forderung einzuziehen. Im Innenverhältnis sei jedoch ohne weiteres erkennbar gewesen, dass der Betrag materiell-rechtlich der Klä-gerin zustehe und auf ihr Konto zu bezahlen sei. Zudem hätten die Beklagten die der m.

oHG erteilte [X.] ausdrücklich im [X.] gegenüber der Rechtsanwaltskanzlei L.

widerrufen.
Mit-4
5
6
-
5
-

hin habe die m.

oHG keine die Klägerin bindende Weisung erteilen können, die Zahlung an die R.

GmbH auszukehren.

An der Wirksamkeit der Abtretung zugunsten der Klägerin bestünden keine Bedenken. Zwar müsse die Höhe der Forderung auch für den Dritt-schuldner ohne besondere Nachforschungen feststellbar sein. Hier sei zwi-schen Zedentin und Zessionarin
feststellbar, wie hoch die den Umfang der Ab-tretung bestimmenden Forderungen der Klägerin gegenüber der m.

oHG
seien. Zudem sei die K.

GmbH durch die Gestal-tung der Vereinbarung insoweit geschützt, als sie auf jeden Fall befreiend an die m.

oHG habe leisten können. Die Abtretung sei nicht deswegen als unbestimmt unwirksam, weil eine Mehrzahl
von Einzelforderun-gen zur Sicherung eines niedrigeren als des Gesamtbetrages abgetreten [X.] sei. Die K.

GmbH sei nämlich durch das [X.] zur Zahlung einer einheitlichen Verbindlichkeit von 50.000

r Zah-lung von
mehreren Einzelforderungen verurteilt worden. Die Abtretung sei in Höhe von 38.250

lediglich auf diesen Betrag belaufe.

II.

Diese Ausführungen halten in wesentlichen Punkten rechtlicher Prüfung nicht stand.

1. Entgegen der Würdigung des Berufungsgerichts tragen seine
bisheri-gen tatsächlichen
Feststellungen nicht die Annahme, dass den
Beklagten eine Pflichtverletzung anzulasten ist, weil
sie den von der Rechtsanwaltskanzlei 7
8
9
-
6
-

L.

eingezogenen Geldbetrag entsprechend der Weisung der Streithelfer
an die R.

GmbH weitergeleitet haben.
[X.] diese Weisung, wie das Berufungsgericht unterstellt, auf einer den [X.] von der [X.] erteilten [X.], scheidet mangels durchgreifender
Anhaltspunkte für einen Missbrauch der Vertretungsmacht eine Pflichtwidrigkeit der Beklagten aus.

a) Das Mandatsverhältnis ist nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachverhalt
zwischen der durch die m.

oHG ver-tretenen Klägerin und den Beklagten zustande gekommen.
Die m.

oHG war
von der Klägerin bevollmächtigt, in ihrem Namen
mit den [X.] einen Anwaltsdienstvertrag zu schließen.

[X.]) Ausweislich der [X.] wurden die Streithelfer von der Klägerin ermächtigt, die Forderungen
der m.

oHG gegen die K.

GmbH
im eigenen Namen einzuziehen und den betref-fenden Rechtsstreit fortzuführen. Eine entsprechende Ermächtigung erteilte die Klägerin den [X.] und der m.

oHG für
"weitere eventuell anstehende Forderungen". Vor diesem Hintergrund war
in Einklang mit der Würdigung des
Vordergerichts
eine umfassende
Ermächtigung der m.

oHG gewollt, die auch die hier geltend gemachte, ursprüng-lich von ihr vor dem [X.] verfolgte Forderung umfasst. Zugleich erteilte die Klägerin den [X.] und der m.

oHG eine "[X.]/Handlungsvollmacht". Mit dem Begriff der Handlungsvoll-macht wird regelmäßig die Befugnis zur allgemeinen -
umfassenden -
Vertre-tung zum Ausdruck gebracht (vgl. [X.], Urteil vom 12. Mai 2011
-
III [X.], ZInsO
2011, 1303 Rn. 25).

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11
-
7
-

[X.]) Bei dieser Sachlage verbindet sich mit der Ermächtigung zum Forde-rungseinzug regelmäßig die Erteilung einer [X.] zur Einschaltung Dritter, um den Forderungseinzug sicherzustellen.
Der Bevollmächtigte ist [X.] zur Erteilung einer [X.] befugt, soweit es sich um Maßnahmen
handelt, die er selbst nicht im Interesse des Vertretenen wahrnehmen kann (vgl. RGRK/[X.], [X.], 12. Aufl., § 167 Rn.
21). Im Streitfall bedurfte es der Ein-holung
rechtlichen Rats, um den Forderungseinzug gegenüber der Rechtsan-waltskanzlei L.

zu bewerkstelligen. Mithin
umfasste die Hauptvollmacht auch die Erteilung einer [X.] an die Beklagten. Die [X.] wurde den Beklagten zum Zwecke des [X.] im Interesse der Klägerin ersichtlich in der Weise erteilt, unmittelbar im Namen der ursprüngli-chen [X.]geberin, der Klägerin, zu handeln (vgl. [X.], Urteil vom 5.
Mai 1960 [X.], [X.]Z 32, 250, 253). Mithin wurden die Beklagten im Rah-men der Einziehung des [X.]es gegenüber der Rechtsanwalts-kanzlei L.

als wirksam bevollmächtigte Vertreter der Klägerin tätig.

b) Die von der Klägerin erteilte umfassende Handlungsvollmacht begrün-det mangels entgegenstehender tatrichterlicher Feststellungen grundsätzlich
die Befugnis des Vertreters, gegenüber den Beklagten eine bindende
Anord-nung
über die Verwendung der von ihnen zugunsten der Klägerin eingezoge-nen Gelder zu treffen.
Bei dieser Sachlage
durften die Beklagten entsprechend der ihnen durch die Streithelfer erteilten Weisung
den
von der Rechtsanwalts-kanzlei L.

eingezogenen
Zahlungsbetrag
an die R.

GmbH wei-terleiten.

[X.]) Die den [X.]
und
der m.

oHG
von der
Klägerin erteilte [X.] war nicht im Rahmen eines von den Beklagten an 12
13
14
-
8
-

die Rechtsanwaltskanzlei L.

gerichteten Schreibens widerrufen worden
(§ 167 Abs. 1, § 168 Abs. 1 Satz 3 [X.]).

(1) Die Beklagten waren als Unterbevollmächtigte der m.

oHG nicht berechtigt, die dieser von der Klägerin erteilte [X.] zu widerrufen.

Eine [X.] kann, auch wenn es sich um eine Innenvollmacht [X.], durch Erklärung gegenüber dem Geschäftsgegner widerrufen werden (MünchKomm-[X.]/[X.], 7. Aufl., § 168 Rn. 18). Der Widerruf bringt die [X.] ex nunc zum Erlöschen (MünchKomm-[X.]/[X.], [X.]O § 168 Rn.
19). Eine [X.] kann einen
geringeren oder gleichen, aber keinen weitergehenden
Umfang als die Hauptvollmacht haben ([X.], Urteil vom 7.
März 1990 -
VIII ZR 25/89, [X.], 610, 613;
[X.]/Schilken, [X.], 2014, § 167 Rn. 67; Soergel/[X.], [X.], 13. Aufl., § 167 Rn. 61; [X.]/[X.], [X.], 14. Aufl., § 167 Rn. 64). Darum kann [X.] seiner umfassenderen
Vertretungsbefugnis
die [X.] des Unterbevollmächtigten widerrufen
([X.]/Schilken, [X.]O
§ 167 Rn. 69; So-ergel/[X.], [X.], 13. Aufl., § 167 Rn. 61; [X.]/[X.]/[X.], 2017, §
167 Rn. 36; NK-[X.]/[X.], 2. Aufl., § 167 Rn. 69; Frensch in Prüt-ting/Wegen/Weinreich, [X.], 11. Aufl., § 167 Rn. 56). Umgekehrt ist jedoch
der Unterbevollmächtigte, weil der Widerruf mit der Erteilung der [X.] korres-pondiert (Müller-Freienfels, Die Vertretung beim Rechtsgeschäft, 1955, [X.]), nicht befugt, die Hauptvollmacht seines [X.]gebers zu beenden. Bei die-ser Sachlage konnte die [X.] der
Streithelfer und der
m.

oHG nicht durch das Schreiben der Beklagten an die
Rechtsanwalts-kanzlei L.

wirksam widerrufen werden.

15
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-
9
-

(2) Zudem handelt es sich um einen auf das Verhältnis zur Rechtsan-waltskanzlei L.

beschränkten [X.]swiderruf, welcher die Befugnisse der Streithelfer und der m.

oHG gegenüber den
Beklagten nicht berührte.

Ein Widerruf muss die [X.] nicht insgesamt beseitigen. Auch ein teilweiser Widerruf ist möglich, durch den die fortbestehende [X.] lediglich beschränkt wird ([X.]/Schilken, [X.]O § 168 Rn. 7; Soergel/[X.], [X.]O §
168 Rn. 19). Insbesondere ist die Möglichkeit eines Teilwiderrufs der [X.] gegenüber einzelnen Dritten anerkannt ([X.]/Schilken, [X.]O; So-ergel/[X.], [X.]O). In dieser Weise verhält es sich im Streitfall, weil der Wider-ruf der [X.] nach den Feststellungen des Berufungsgerichts lediglich dazu diente, die Rechtsanwaltskanzlei L.

zur Zahlung zu bewegen.
Bei dieser Sachlage sollte die [X.] der Streithelfer und der m.

oHG im Übrigen, insbesondere gegenüber den Beklagten, fortbestehen.

[X.]) Auf der Grundlage der mit Wirkung zur Klägerin gültigen [X.] durften
die Beklagten der
Weisung der Streithelferin zu 3 folgen, den bei der Rechtsanwaltskanzlei L.

eingezogenen Betrag auf ein Konto der R.

GmbH zu transferieren.

(1) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] hat grund-sätzlich der Vertretene das Risiko eines Missbrauchs der Vertretungsmacht zu tragen (vgl. [X.], Urteil
vom 29.
Juni
1999

[X.], [X.], 1617, 1618; vom 9.
Mai 2014
[X.], [X.], 1964 Rn.
18; vom 14.
Juni 2016
[X.], [X.], 383 Rn.
21).
Den Vertragspartner trifft keine Prüfungspflicht, ob und inwieweit der Vertreter im Innenverhältnis gebunden ist, von seiner nach außen unbeschränkten Vertretungsmacht nur begrenzten Ge-17
18
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-
10
-

brauch zu machen ([X.], Urteil vom 1.
Juni 2010
[X.], WM
2010, 1218 Rn.
29; vom 14. Juni 2014, [X.]O). Etwas anderes gilt zum einen in dem

hier nicht gegebenen
Fall, dass der Vertreter kollusiv mit dem Vertragsgeg-ner zum Nachteil des Vertretenen ein Geschäft abschließt. Ein solches Ge-schäft verstößt gegen die guten Sitten und ist nichtig (§
138 [X.],
vgl. [X.], Urteil vom 14.
Juni 2000
VIII ZR 218/99, [X.], 2313, 2314; vom 28.
Januar 2014
II ZR 371/12, [X.], 628 Rn.
10; vom 14.
Juni 2016, [X.]O Rn.
22).
Zum anderen ist der Vertretene gegen einen erkennbaren Missbrauch der Vertretungsmacht im Verhältnis zum Vertragspartner dann geschützt, wenn der Vertreter von seiner Vertretungsmacht in ersichtlich verdächtiger Weise Gebrauch gemacht hat, so dass beim Vertragspartner begründete Zweifel be-stehen mussten, ob nicht ein Treueverstoß des Vertreters gegenüber dem [X.] vorliege. Notwendig ist dabei eine massive Verdachtsmomente vo-raussetzende objektive Evidenz des Missbrauchs ([X.], Urteil vom 25.
Oktober 1994

XI [X.], [X.]Z 127, 239, 241; vom 1.
Februar 2012 -
VIII ZR 307/10, [X.], 2020 Rn.
21; vom 9.
Mai 2014
[X.], [X.], 1964 Rn.
18; vom 14.
Juni 2016, [X.]O).
Die objektive Evidenz ist insbesondere dann gegeben, wenn sich nach den gegebenen Umständen die Notwendigkeit einer Rückfrage des [X.] bei dem Vertretenen geradezu auf-drängt ([X.], Urteil vom 14.
Juni 2016, [X.]O).

(2) Ein durch massive Verdachtsmomente zutage getretener evidenter Missbrauch der Vertretungsmacht war für die Beklagten
ersichtlich nicht
gege-ben. Die Klägerin hatte die
Streithelfer und die m.

oHG ausweislich der den Beklagten vorgelegten Urkunde mit dem Einzug der hier in Rede stehenden Forderung im Rahmen einer Inkasso-
und Handlungsvollmacht beauftragt. Gleiches galt nach dem Inhalt der Urkunde für weitere an die Kläge-rin abgetretene Forderungen. Bei dieser Sachlage durften die Beklagten davon 21
-
11
-

ausgehen, dass die Streithelferin zu 3
berechtigt war, über den Einzug der
hier betroffenen
Forderung frei zu disponieren. Der [X.]swiderruf durch die Beklagten ist insoweit nicht von Bedeutung, weil er lediglich durch den Zweck geleitet
war, die Rechtsanwaltskanzlei L.

zur Zahlung zu veranlassen. Dem bloßen Hinweis der [X.] auf das Konto der Klägerin war nicht zu entnehmen, dass Zahlungen nur auf dieses Konto erfolgen durften, zumal der [X.] zunächst
unbeanstandet von der Klägerin durch die Rechtsanwaltskanzlei L.

eingezogen worden war. Auch
vor dem [X.] der nach außen fortbestehenden familiären Verbundenheit der [X.] zu der Klägerin
war die Weisung, die Zahlung an die R.

GmbH auszukehren,
nicht als verdächtig zu bewerten. Anhaltspunkte für eine Rückfra-ge der Beklagten an
die
Klägerin waren folglich nicht gegeben.

c) Bislang fehlt es jedoch an abschließenden tatrichterlichen Feststellun-gen zur Reichweite der von der Klägerin der m.

oHG und den [X.] erteilten Vertretungsmacht. Einer Zurückverweisung zur Klä-rung dieser Frage bedarf es indessen nicht, weil die Klägerin -
selbst wenn man eine Pflichtverletzung der Beklagten im Rahmen des [X.] unter-stellt
-
keinen Schaden erlitten hat.

2. Der Klägerin ist kein Schaden (§
249 Abs. 1 [X.]) entstanden, weil die über die
Rechtsanwaltskanzlei L.

eingezogene und sodann an die R.

GmbH abgeführte Forderung nicht wirksam an sie abgetreten worden war (§ 398 [X.]).

a) Die Abtretung entbehrt zum einen der notwendigen Bestimmtheit, weil die
m.

oHG eine Mehrzahl von gegen die K.

GmbH gerichteten
Forderungen lediglich teilweise
an die Klägerin, näm-22
23
24
-
12
-

lich in Höhe
von
deren
Forderungen,
abgetreten
hatte,
ohne dass
erkennbar
ist, auf welche konkreten
Forderungen der m.

oHG sich die Abtretung erstreckt.

[X.]) Eine Abtretung ist nur wirksam, wenn die Forderung, die Gegenstand der Abtretung ist, bestimmt oder wenigstens bestimmbar ist. Dieses Erfordernis ergibt sich aus der Rechtsnatur der Abtretung, die ein dingliches Rechtsge-schäft ist. Die Abtretung bewirkt, dass das Gläubigerrecht an einer Forderung von dem bisherigen Gläubiger auf eine andere Person als neuen Gläubiger übergeht (§
398 [X.]). Wie ein Gläubigerrecht nur an einer bestimmten oder mindestens bestimmbaren Forderung bestehen kann, so kann auch nur das Gläubigerrecht an einer bestimmten oder bestimmbaren Forderung Gegenstand der Abtretung sein. An dem Erfordernis der Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit fehlt es, wenn von mehreren selbständigen Forderungen ein Teil abgetreten wird, ohne dass erkennbar ist, von welcher oder von welchen Forderungen ein Teil abgetreten werden soll ([X.], Urteil vom 7.
Juni 2011

VI ZR 260/10, NJW 2011, 2713 Rn.
6
mwN).

[X.]) In dieser Weise verhält es sich im Streitfall.

(1) Die m.

oHG hatte
"alle gegen die Firma K.

GmbH in dem Rechtsstreit vor dem [X.] geltend gemachten und ihnen zustehenden Ansprüche"
an die Klägerin "in Höhe ihrer fortlaufenden Forderungen"
abgetreten. Entgegen der Würdigung des Beru-fungsgerichts betraf
die Abtretung nicht eine
Einzelforderung, sondern eine sich aus einer Vielzahl von Forderungen zusammensetzende Gesamtforderung
über zunächst 519.397,72

. Die beklagte K.

GmbH hatte insoweit auf der Grundlage eines den Bestand der einzelnen Forderungen
nicht berüh-25
26
27
-
13
-

renden deklaratorischen
Schuldanerkenntnisses
(vgl. [X.], Urteil vom 11. [X.] 2015 -
V ZR 26/15, [X.], 1748
Rn. 13) [X.] über 50.000

i-onsforderungen über 41.553,11

als berechtigt ansah, verurteilte es die K.

GmbH entsprechend dem Anerkenntnis zur
Zahlung von insge-samt 50.000

nach Maßgabe
der Höhe der sieben [X.] gestaffelt wurde.
Bei dieser Sachlage betrifft die Abtretung, so-weit es um die "geltend gemachten und zustehenden Ansprüche"
geht, eine Mehrzahl von Forderungen.

(2) Der Bestimmtheitsgrundsatz verbietet, aus der Gesamtsumme meh-rerer Forderungen nur einen summenmäßig bestimmten Teil abzutreten ([X.], Urteil vom 7.
Juni 2011

VI ZR 260/10, NJW 2011, 2713
Rn.
7). In dieser [X.] sind indessen die Klägerin und die m.

oHG
verfahren, indem sie alle
der m.

oHG gegen die K.

GmbH zustehenden Forderungen an die Klägerin abgetreten und diese Abtre-tung im Umfang auf die "Höhe ihrer fortlaufenden Forderungen"
eingeschränkt haben. Abgetreten
wurden sämtliche Forderungen
der m.

oHG gegen die K.

GmbH, zugleich wurde das Abtretungsvo-lumen durch die offenen Forderungen aus der Geschäftsbeziehung
zwischen der Klägerin und der m.

oHG beschränkt. Vor diesem [X.] bleibt ungeklärt, welche Einzelforderungen von der Abtretung betroffen sind. Es ist nicht erkennbar, auf welchen Teil der Forderungen der m.

oHG sich die Abtretung bezieht, weil die abgetretenen Forderun-gen den gesicherten Betrag von 38.25übersteigen (vgl. [X.], Beschluss vom 15.
Oktober 2009

[X.], nv Rn.
2).

28
-
14
-

b) Die Abtretungsvereinbarung genügt zum anderen nicht dem Be-stimmtheitserfordernis, weil sie
auf die Höhe der "fortlaufenden Forderungen"
der Klägerin gegen die m.

oHG
beschränkt ist
und darum für die
K.

GmbH als Drittschuldnerin
der abgetretenen [X.] der
Umfang des Forderungsübergangs nicht erkennbar war.

[X.]) Die Abtretungsvereinbarung verknüpft den Umfang der Forderungs-abtretung mit der zu sichernden Forderung, indem sie
die Abtretung auf die "fortlaufenden Forderungen"
der Klägerin
begrenzt. Dadurch wird die Höhe der Abtretung ungewiss. Wie hoch die Forderung der Klägerin gegen die m.

oHG
war, ließ sich aus der Abtretungsvereinbarung allein weder ersehen noch errechnen, sondern nur
mit Hilfe sonstiger Unterlagen je-weils für den maßgeblichen Stichtag feststellen. Insoweit war die abgetretene Forderung ihrer Höhe nach lediglich zwischen den Parteien des [X.] bestimmbar. Die Wirkungen eines solchen [X.] erstrecken sich jedoch notwendig auf den Schuldner der abgetretenen Forderung. Es kann deswegen nicht genügen, dass sich aufgrund des Vertrags nur im Verhältnis zwischen Zedenten und Abtretungsempfänger ermitteln lässt, wer von ihnen wie viel vom Schuldner fordern kann. Vielmehr muss auch der Schuldner, [X.] in gewissen Grenzen, aus dem Abtretungsvertrag oder sonstigen ihm erkennbaren Umständen entnehmen können, wie eine nur teilweise [X.] Forderung sich auf den Zedenten und Abtretungsempfänger aufteilt und wie viel er deshalb an jeden von beiden zu leisten hat ([X.], Urteil vom 22.
Sep-tember 1965 -
VIII
ZR 265/63, NJW 1965, 2197 f; vom 12.
Oktober 1999 -
XI
ZR 24/99, [X.], 2058, 2059 f; [X.], NJW-RR 1997, 1070, 1071).

[X.]) Diesen Mindestanforderungen ist im Streitfall nicht genügt, weil die K.

GmbH als Drittschuldnerin weder aus der Abtretungsver-29
30
31
-
15
-

einbarung noch sonst in zumutbarer Weise
erkennen konnte, in welcher Höhe
die abgetretenen
Forderungen
der Klägerin und der m.

oHG
zustanden.
Insbesondere
war
die K.

GmbH völlig im [X.] darüber, wie hoch sich die "fortlaufenden Forderungen"
der Klägerin ge-gen die m.

oHG beliefen. Es fehlte dabei jede Eingren-zung, welche einzelnen Forderungen der Klägerin die Höhe der abgetretenen Forderungen bestimmen sollten. Darum konnte die K.

GmbH nicht ermessen, in welchem Umfang die Klägerin und die m.

oHG
ihre Gläubigerin war. Diese Unsicherheit wurde nicht durch die von der Klägerin der m.

oHG erteilte Einzugsermächtigung
besei-tigt. Die Einzugsermächtigung gab ihrem Inhalt nach der K.

GmbH keinen Aufschluss über die
auf beide Gläubiger entfallenden
Forde-rungsanteile.
Der Schuldner muss unabhängig von einer

zudem widerrufli-chen

Einzugsermächtigung wissen, wer in welcher Höhe Gläubiger einer ge-gen ihn gerichteten Forderung ist. Insbesondere
bestand
die Unsicherheit un-geachtet der Einzugsermächtigung fort, sofern sich die K.

GmbH von der Verbindlichkeit gegenüber einer der [X.] aufgrund einer nach Kenntnis der Abtretung erlangten Forderung im Wege der Aufrech-nung befreien
konnte. In dieselbe Richtung weist die Rücksichtnahme auf die Interessen konkurrierender Gläubiger. Würde einem solchen die Abtretungs-vereinbarung vorgelegt, so bliebe er in völliger Ungewissheit, in welcher Höhe die Forderung etwa noch seinem Zugriff unterliegt ([X.], Urteil vom 22. Sep-tember 1965, [X.]O S. 2198).

c) Ohne Erfolg beruft sich die Revisionserwiderung darauf, die Abtretung sei nachträglich in ausreichend bestimmter Form vorgenommen worden. Für diese Schlussfolgerung fehlt es an jeglichen tatsächlichen Anhaltspunkten.

32
-
16
-

III.

Auf die begründete Revision der Beklagten ist das angefochtene Urteil aufzuheben (§
562 Abs.
1 ZPO). Da die Sache zur Endentscheidung reif ist (§
563 Abs.
3
ZPO), ist die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende
Urteil des [X.] zurückzuweisen.

[X.] [X.][X.]

Schoppmeyer Meyberg
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 14.03.2013 -
17 O 9273/11 -

OLG [X.], Entscheidung vom 18.11.2015 -
2 U 693/13 -

33

Meta

IX ZR 238/15

11.05.2017

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.05.2017, Az. IX ZR 238/15 (REWIS RS 2017, 11067)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 11067

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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