Bundesgerichtshof, Beschluss vom 09.07.2014, Az. XII ZB 661/12

12. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 4191

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Gegenstand

Kindesunterhalt: Bemessung des Unterhalts eines im Inland lebenden minderjährigen Kindes bei Wohnsitz des Unterhaltspflichtigen in der Schweiz


Leitsatz

Bei der Bemessung des Unterhalts kann der Tatrichter zur Ermittlung des Kaufkraftunterschieds die vom Statistischen Amt der Europäischen Union (Eurostat) ermittelten "vergleichenden Preisniveaus des Endverbrauchs der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern" heranziehen.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 11. Zivilsenats - 3. Senat für Familiensachen - des [X.] vom 19. Oktober 2012 wird auf Kosten des Antragsgegners zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Gründe

I.

1

Die im Januar 1995 und Dezember 1996 geborenen und in [X.] lebenden Antragsteller begehren von ihrem in [X.] lebenden, wiederverheirateten Vater, dem Antragsgegner, in Abänderung bereits bestehender [X.] höheren Kindesunterhalt.

2

Ausweislich der [X.] vom 6. Oktober 2005 ist der Antragsgegner verpflichtet, an die Antragsteller jeweils Kindesunterhalt in Höhe von 121 % des [X.] zu zahlen. Seither zahlt er monatlich je Kind Unterhalt von 344 €. Die Antragsteller haben für die [X.] ab September 2010 Unterhalt in Höhe von jeweils 136 % des [X.] nach der jeweils geltenden [X.] Tabelle abzüglich des anzurechnenden Kindergeldes begehrt.

3

Das Amtsgericht hat den Antragsgegner antragsgemäß verpflichtet. Auf dessen Beschwerde hat das [X.] den für die [X.] ab Januar 2011 zu zahlenden Unterhalt auf 128 % des [X.] reduziert und im Übrigen die Entscheidung des Amtsgerichts bestätigt. Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

4

Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

5

1. Das Beschwerdegericht ist zu Recht von seiner internationalen Zuständigkeit ausgegangen. Dabei kann dahinstehen, ob das [X.] Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 30. Oktober 2007 ([X.]. [X.] 2009 Nr. L 147, [X.] - dort Art. 5 Nr. 2 Buchstabe a) oder die Verordnung ([X.]) Nr. 4/2009 des Rates über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in [X.] vom 18. Dezember 2008 ([X.]. [X.] 2009 Nr. L 7, [X.] - dort Art. 3 Buchstabe b; s. hierzu [X.] FamFG/[X.] 2. Aufl. Art. 69 [X.]-UntVO Rn. 11) zur Anwendung gelangt, da die internationale Zuständigkeit des [X.] nach beiden Normen gegeben ist.

6

Ebenso zutreffend ist das Beschwerdegericht von der Anwendbarkeit [X.] Rechts gemäß Art. 3 Abs. 1 des [X.] über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom 23. November 2007 ([X.]. [X.] 2009 Nr. L 331, [X.]9) bzw. Art. 4 Abs. 1 des [X.] über das auf Unterhaltspflichten anwendbare Recht vom 2. Oktober 1973 ([X.] [X.]) ausgegangen. Dabei kann die streitige Frage, welches der beiden vorgenannten [X.] Übereinkommen im Verhältnis zur [X.] Anwendung findet (vgl. zum Streitstand [X.]urteil vom 26. Juni 2013 - [X.]/11 - [X.], 1366 Rn. 31 ff.), unbeantwortet bleiben, weil nach beiden Normen jeweils [X.] Sachrecht zur Anwendung kommt.

7

2. Die angegriffene Entscheidung hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde im Ergebnis stand.

8

a) Das [X.] hat seine in [X.], 891 veröffentlichte Entscheidung wie folgt begründet:

9

Soweit der Antragsgegner eine Reduzierung seiner Unterhaltsverpflichtung von 121 % des Regelbedarfs auf 115 % des [X.] begehre, habe er - ohne dies zu benennen - einen unzulässigen Widerantrag erhoben. Nach Umrechnung des Alttitels gemäß § 36 Ziff. 3 Abs. 3 a und d [X.]ZPO und unter Berücksichtigung dessen, dass beide Antragsteller am 1. Januar 2008 in die 2. Altersgruppe einzustufen gewesen seien, ergebe sich ein prozentualer Mindestunterhalt von 116,1 %, weshalb der Antragsgegner eine Reduzierung der Jugendamtsurkunde um 1,1 % erstrebe. Mangels entsprechender Darlegung seitens des Antragsgegners sei dieser Widerantrag unzulässig.

Soweit das Familiengericht eine Zahlungsverpflichtung des Antragsgegners in Höhe von 136 % des [X.] angenommen habe, sei die angefochtene Entscheidung teilweise abzuändern. Der Antragsgegner schulde den Antragstellern zwar für den [X.]raum von September bis Dezember 2010 den zuerkannten Kindesunterhalt von 136 %; ab Januar 2011 schulde er demgegenüber lediglich jeweils 128 % des [X.].

Zu dem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen von 5.686,43 [X.] seien die von dem Antragsgegner vereinnahmten "übrigen effektiven Spesen" (monatlich 445,17 [X.]) als weitere unterhaltsrechtliche Einnahmen zu einem Drittel hinzuzurechnen. Da der Antragsgegner trotz Aufforderung keine Angaben dazu gemacht habe, wofür er die Spesen erhalte, und dies auch den Lohnabrechnungen nicht hinreichend zu entnehmen sei, müsse er sich die [X.] seines Arbeitgebers zu einem Drittel, also in Höhe von 148,39 [X.], anrechnen lassen.

Von den Einnahmen des Antragsgegners seien lediglich die von ihm für seine gesetzliche und für seine private ([X.] geleistete Prämie in Höhe von insgesamt 326,60 [X.] in Abzug zu bringen. Soweit der Antragsgegner auch für seine Ehefrau durch Zahlung von Versicherungsprämien [X.] betreibe, handle es sich hierbei um Unterhaltsleistungen an eine nachrangig Berechtigte, weshalb diese Leistungen nicht berücksichtigungsfähig seien. Demgegenüber sei die fondsgebundene Lebensversicherung des Antragsgegners in Höhe von 236,70 [X.] einkommensmindernd als Altersvorsorge anzurechnen. Ebenso sei die Schuldenbereinigung in Höhe von monatlich 130 [X.] zu berücksichtigen. Danach verbleibe ein bereinigtes Einkommen von 5.141,52 [X.].

Das Einkommen des Antragsgegners sei nicht um berufsbedingte Aufwendungen zu bereinigen. Diese würden durch den nicht als Einnahmen angerechneten Teil der vom Arbeitgeber gewährten [X.] abgedeckt. Weitere Abzüge seien nicht gerechtfertigt.

Im Hinblick auf das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen des Antragsgegners sei eine [X.] vorzunehmen. Es müsse angesichts der im Vergleich zur Bundesrepublik [X.] erhöhten Lebenshaltungskosten in [X.] an die [X.] Verhältnisse angepasst werden. Lebe der Unterhaltspflichtige im Ausland und könne er mit seinem tatsächlich erwirtschafteten Einkommen wegen der in diesem Land erhöhten Lebenshaltungskosten bei einem ebenfalls dort aufhältigen Unterhaltsberechtigten nur einen geringeren Bedarf bedienen, so müsse sich auch dies bei der [X.] niederschlagen. Ein in [X.] wohnhafter Berechtigter könne deshalb auch nur eine Unterhaltsleistung beanspruchen, welche seinem abgedeckten Lebensbedarf am Wohnort des Verpflichteten entspreche.

Der [X.] sei nach den vom [X.] der [X.] ([X.]) ermittelten "vergleichenden Preisniveaus des [X.] der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern" für den [X.]raum September 2010 bis Dezember 2010 auf 1:0,707 und sodann auf 1:0,639 zu schätzen. Allein die Umrechnung der in [X.] erzielten Einkünfte nach dem Euro-Referenzkurs der [X.] greife bei der vorzunehmenden Kaufkraftanpassung zum Ausgleich der unterschiedlichen Lebenshaltungskosten zu kurz. Ebenso wenig könne die Ländergruppeneinteilung der Steuerverwaltung für die Bemessung der [X.]e herangezogen werden. Die [X.] gehöre dort zu [X.], also zu denjenigen Ländern, in denen die Lebensverhältnisse in etwa denjenigen in [X.] entsprächen. Eine differenzierte Betrachtung der Lebenshaltungskosten in [X.] einerseits und in [X.] andererseits sei nach dieser Einteilung nicht möglich.

Für die Kaufkraftanpassung ebenfalls nur bedingt geeignet seien die gemäß § 55 Abs. 2 [X.] monatlich vom [X.] verlautbarten Teuerungsziffern für den Kaufkraftausgleich der Auslandsbesoldung. Nach dieser Norm erhielten ins Ausland entsandte Beamte und Soldaten einen Kaufkraftausgleich, der dafür sorgen solle, dass sie sich an ihrem Dienstort mit den Dienstbezügen die gleiche Menge an Waren und Dienstleistungen kaufen könnten wie im Inland. Damit würden letztlich nur Preisunterschiede zwischen einzelnen Städten und nicht diejenigen zwischen den verschiedenen Ländern ermittelt. Überdies bezögen sich die Daten nicht auf den Durchschnitt privater Haushalte, sondern auf die Haushalte von entsandten Diplomaten, die zusätzliche Versorgungsmöglichkeiten oder besondere Vergünstigungen nutzen könnten. Zudem würden für knapp 40 % des Warenkorbes keine Teuerungsziffern berechnet, während hinsichtlich anderer Güter Pauschalen verwendet würden, welche zu überwiegend niedrigeren Gesamtteuerungsziffern führten, oder lediglich Transportkosten erfasst würden.

Nachdem das [X.] die Veröffentlichung der Daten zur Kaufkraft des [X.] eingestellt habe, könne diese nicht mehr zur Kaufkraftanpassung angewendet werden. Deshalb seien die von [X.] ermittelten "vergleichenden Preisniveaus des [X.] der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern" als geeigneter Anpassungsmaßstab zu erachten. Hiermit lasse sich ein mit den empfohlenen Werten des [X.]es kompatibler Wert ermitteln. Durch [X.] werde zunächst die Kaufkraftparität ermittelt, indem die in der jeweiligen Landeswährung erhobenen Preise erst in nationale Durchschnittswerte und hiernach in eine einheitliche Währung umgerechnet würden. Sodann würden für das vergleichende Preisniveau die auf dieser Basis auf einem einheitlichen Preisindex ausgedrückten Kaufkraftparitäten in Relation zu den Wechselkursen gesetzt. Auf diese Weise werde eine Messgröße ermittelt, die wiedergebe, welche Menge der jeweiligen Währungseinheit erforderlich sei, um die gleiche Anzahl einer Produktgruppe in jedem anderen erfassten Land zu kaufen. Mit dem vergleichenden Preisniveau des [X.] der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern stehe ein Instrument zur Verfügung, das die tatsächlichen Preisunterschiede zwischen den einzelnen Ländern im Hinblick auf die Kosten der allgemeinen Lebensführung hinreichend widerspiegele.

Nach den für das [X.] von [X.] mitgeteilten Daten habe in diesem Jahr das Preisniveau in [X.] um 147,6 % und dasjenige in der Bundesrepublik [X.] um 104,3 % über dem für die [X.] ermittelten Mittelwert gelegen. Demnach habe das Kaufkraftverhältnis zwischen [X.] und [X.] 1:0,707 (104,3 : 147,6) betragen. Nach dem vorläufigen Ergebnis zu Kaufkraftparitäten und vergleichenden Preisniveaus, die [X.] am 22. Juni 2012 für das [X.] veröffentlicht habe, habe das Verhältnis in diesem Jahr 1:0,639 betragen.

Die nach diesem Maßstab vorzunehmende [X.] habe entgegen der vom [X.] Brandenburg vertretenen Auffassung (FamRZ 2008, 1279) nicht durch eine Anpassung der in der [X.] Tabelle enthaltenen Unterhaltssätze, sondern durch eine entsprechende Korrektur des in der Währung des Heimatlandes des Antragsgegners ermittelten unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens zu erfolgen. Die [X.] der [X.] Tabelle seien an [X.] Verhältnissen ausgerichtet. Sie würden den Lebensbedarf eines im Inland lebenden Kindes widerspiegeln. Deshalb sei es angemessen, die Umrechnung derart vorzunehmen, dass das Einkommen des Antragsgegners hinsichtlich der Kaufkraft verhältnismäßig bereinigt werde und sodann der Bedarf der Kinder aus der sich so ergebenden Einkommensgruppe der [X.] Tabelle entnommen werde. Bei dieser Anrechnungsvariante würden nicht die Kinder mit ihrem inländischen Bedarf fiktiv in die [X.] versetzt werden; vielmehr werde die Kaufkraft des Einkommens des Antragsgegners auf die [X.] Verhältnisse übertragen, an welchen die aus dem Mindestbedarf abgeleiteten [X.] der [X.] Tabelle auch ausgerichtet seien.

Daraus folge, dass sich das Einkommen des Antragsgegners für das [X.] auf 3.635,05 € und ab Januar 2011 auf 3.285,43 € belaufe. Dementsprechend sei der Unterhaltsbedarf der Antragsteller für die Monate September 2010 bis Dezember 2010 aus der 7. Einkommensgruppe und sodann ab Januar 2011 aus der 6. Einkommensgruppe der [X.] Tabelle zu entnehmen.

Eine Herabstufung wegen etwaiger Unterhaltsansprüche der Ehefrau des Antragsgegners sei nicht angezeigt. Soweit wegen der nicht nur gegenüber zwei Kindern, sondern auch gegenüber seiner Ehefrau bestehenden Unterhaltspflicht des Antragsgegners nach Ziff. 11.2 Satz 3 der unterhaltsrechtlichen Leitlinien ein Abschlag durch Einstufung in eine niedrigere Einkommensgruppe der [X.] Tabelle in Betracht gekommen sei, sei ein solcher angesichts der gehobenen Einkommensverhältnisse des Antragsgegners und seiner erheblich über der unteren Grenze der 7. bzw. 6. Einkommensgruppe liegenden Einnahmen ebenfalls nicht gerechtfertigt.

b) Hiergegen ist im Ergebnis von Rechts wegen nichts zu erinnern.

aa) Entgegen der Auffassung des [X.]s bedarf es allerdings für die vom Antragsgegner begehrte Reduzierung des Kindesunterhalts auf jeweils 115 % des [X.] keines Widerantrags. Zutreffend hat die Rechtsbeschwerde darauf hingewiesen, dass sich der Antragsgegner mit diesem Verlangen lediglich (teilweise) gegen das Erhöhungsverlangen der Antragsteller verteidige, jedoch nicht eine Unterschreitung des in den abzuändernden [X.] festgelegten Kindesunterhalts begehre. Denn die Umrechnung der Alttitel führt gemäß § 36 Nr. 3 [X.]ZPO zu einem unterhalb dieses Wertes liegenden Prozentsatz, nämlich bei dem Antragsteller zu 1 zu 106,58 % und bei der Antragstellerin zu 2 zu 102,80 % des Mindestunterhalt statt der vom [X.] für beide Kinder jeweils errechneten 116,1 % (vgl. [X.]urteil vom 18. April 2012 - [X.] - FamRZ 2012, 1048 Rn. 21). Dieser Fehler wirkt sich indessen nicht zu Lasten des Antragsgegners aus, weil das Beschwerdegericht eine entsprechende Herabsetzung auch aus materiellen Gründen in von Rechts wegen nicht zu beanstandender Weise abgelehnt hat.

bb) Die Feststellungen zum Jahresnettoeinkommen des Antragsgegners sind demgegenüber weder angegriffen noch sonst aus Rechtsgründen zu beanstanden. Das gilt auch für die Hinzurechnung der Spesen mit einem Anteil von einem Drittel (vgl. [X.]/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 1 Rn. 82).

Ebenso wenig ist im Ergebnis zu beanstanden, dass das [X.] die Zahlungen, die der Antragsgegner für die Krankenversicherung seiner Ehefrau zu leisten hat, nicht von dessen Nettoeinkommen abgezogen hat. Bei solchen Zahlungen handelt es sich um einen Teil des [X.], der erst im Rahmen einer eventuellen Herabstufung Berücksichtigung finden kann.

cc) Die vom [X.] verneinte Berücksichtigung berufsbedingter Aufwendungen des Antragsgegners hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde im Ergebnis stand.

(1) Nach Ziff. 10.2.1 der unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate des [X.]s Oldenburg ist bei Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit eine Pauschale von 5 % des Nettoeinkommens - bei Vollzeittätigkeit mindestens 50 € und höchstens 150 € - anzusetzen. Nach der Rechtsprechung des [X.] ist ein solcher pauschaler Abzug für berufsbedingte Aufwendungen aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Voraussetzung ist aber, dass konkrete Anhaltspunkte dargelegt sind, wonach der Unterhaltspflichtige überhaupt berufsbedingte Aufwendungen gehabt hat (vgl. [X.]urteil vom 19. Februar 2003 - [X.]/00 - FamRZ 2003, 860, 861).

(2) Gemessen hieran ist gegen die Nichtberücksichtigung pauschaler berufsbedingter Aufwendungen im Ergebnis nichts zu erinnern.

(a) Die hierzu vom Beschwerdegericht gegebene Begründung, wonach die berufsbedingten Aufwendungen bereits durch den nicht als Einnahmen angerechneten Teil der vom Arbeitgeber gewährten Spesenzulagen abgedeckt würden, vermag indes nicht zu überzeugen.

Während Spesen durch Geschäfts- oder Dienstreisen veranlasste Aufwendungen sind, wie etwa der Aufwand für die Verpflegung, Übernachtungskosten sowie sonstige Nebenkosten (vgl. [X.]/Dose 8. Aufl. Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis § 1 Rn. 78), sind berufsbedingte Aufwendungen zur Einkommenserzielung notwendig, wie etwa die Kosten für die Fahrten zur Arbeitsstätte (vgl. [X.]/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 1 Rn. 122). [X.] Aufwendungen unterscheiden sich von den Spesen mithin dadurch, dass sie anfallen, damit der Arbeitnehmer überhaupt seiner Erwerbstätigkeit nachgehen kann, während Spesen Kosten darstellen, die während der Ausführung der Erwerbstätigkeit oder im unmittelbaren Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit entstehen.

(b) Der Antragsgegner hat indes trotz Hinweises des [X.]s, dass es wegen der Spesenzahlung die berufsbedingten Aufwendungen nicht berücksichtigen werde, keine konkreten Anhaltspunkte dargelegt, denen zu entnehmen wäre, dass berufsbedingte Aufwendungen tatsächlich anfallen. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde reicht hierfür allein die Vorlage der Lohnabrechnungen für das [X.] nicht aus, auch wenn darin eine vom Arbeitgeber für den Antragsgegner monatlich gezahlte Garagenmiete von 100 [X.] dokumentiert ist. Abgesehen davon, dass es nicht Aufgabe des Tatrichters ist, sich wesentlichen Vortrag der Beteiligten aus den eingereichten Anlagen zusammenzusuchen, lässt sich aus den Lohnabrechnungen auch nicht zwingend auf das Anfallen berufsbedingter Aufwendungen schließen.

dd) Die vom [X.] durchgeführte Anpassung des vom Antragsgegner in [X.] erzielten Einkommens an die [X.] Verhältnisse wegen der erhöhten Lebenshaltungskosten ist von Rechts wegen ebenso wenig zu beanstanden.

(1) Nachdem das [X.] die Veröffentlichung der Verbrauchergeldparitäten zum Ende des [X.] 2009 eingestellt hatte (vgl. [X.]/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 9 Rn. 91), deren Heranziehung zur Ermittlung der [X.]e der Senat seinerzeit gebilligt hatte ([X.]urteil vom 1. April 1987 - [X.] - FamRZ 1987, 682, 684; vgl. auch [X.] FPR 2013, 19, 21), werden nunmehr zum einen die Ländergruppeneinteilung des Bundesfinanzministeriums sowie eine Korrektur mittels Teuerungsziffern und schließlich die Heranziehung der Statistiken zu [X.] von [X.] erwogen (vgl. die Übersicht bei [X.], 850, 851 f.; [X.] FPR 2013, 19, 21 ff.).

Dabei ist die [X.] Sache der tatrichterlichen Beurteilung. Das Rechtsbeschwerdegericht kann nur prüfen, ob der Tatrichter insoweit den Verfahrensstoff erschöpfend gewürdigt und einen rechtlich bedenkenfreien Weg eingeschlagen hat ([X.]urteil vom 1. April 1987 - [X.] - FamRZ 1987, 682, 684).

(2) Dass das [X.], das die Vor- und Nachteile der jeweiligen Methoden nachvollziehbar begründet und abgewogen hat, seiner Umrechnung die von [X.] ermittelten "vergleichenden Preisniveaus des [X.] der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern" als im vorliegenden Fall geeigneten Anpassungsmaßstab erachtet und damit der wohl überwiegenden Auffassung ([X.] FPR 2013, 19, 22 f.; jurisPK-BGB/[X.] [Stand 28. April 2014] § 1610 BGB Rn. 48.1; [X.] - Empfehlungen des [X.] zu [X.] 1d - FamRZ 2011, 1921) gefolgt ist, ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden und wird von der Rechtsbeschwerde auch nicht angegriffen.

(3) Ebenso wenig ist etwas dagegen zu erinnern, dass das [X.] die sich im Rahmen der [X.] ergebende Anpassung schon beim unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen des Antragsgegners und nicht erst bei den in der [X.] Tabelle enthaltenen Unterhaltssätzen der Antragsteller vorgenommen hat (so aber [X.] FamRZ 2008, 1279).

Das Maß des zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach der Lebensstellung des Bedürftigen, § 1610 Abs. 1 BGB. Auch wenn diese sich bei minderjährigen Kindern, die noch keine eigene Lebensstellung erlangt haben, vom Barunterhaltspflichtigen ableitet, ändert das nichts daran, dass die [X.] der [X.] Tabelle an den [X.] Verhältnissen ausgerichtet sind. Sie spiegeln den Lebensbedarf eines im Inland lebenden Kindes wider. Deshalb ist es nicht zu beanstanden, wenn das [X.] das bereinigte Einkommen des Antragsgegners entsprechend der Kaufkraft umgerechnet und sodann den Bedarf der - im [X.]punkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem [X.] noch minderjährigen - Kinder aus der sich so ergebenden Einkommensgruppe der [X.] Tabelle entnommen hat. Im Übrigen hat auch die Rechtsbeschwerde gegen diese Verfahrensweise keine Einwendungen erhoben.

ee) Ebenso wenig ist es zu beanstanden, dass das [X.] eine Herabsetzung des [X.] der Antragsteller in eine niedrigere Einkommensgruppe wegen der zusätzlichen Unterhaltsverpflichtungen des Antragsgegners gegenüber seiner Ehefrau abgelehnt hat.

(1) Die [X.]sätze der [X.] Tabelle sind auf allgemeiner Erfahrung beruhende Richtsätze, die dem Rechtsanwender die Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs des "angemessenen Unterhalts" erleichtern sollen. Der Höhe nach sind sie auf den Durchschnittsfall zugeschnitten, dass der Unterhaltspflichtige zwei Unterhaltsberechtigten ohne Rücksicht auf den Rang Unterhalt zu gewähren hat ([X.] Tabelle Stand 1. Januar 2010 und 2011 ([X.]) [X.]). Weil die Werte nur Hilfsmittel für die [X.] sind, ist das mit ihrer Hilfe gewonnene Ergebnis nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls stets auf seine Angemessenheit und Ausgewogenheit hin zu überprüfen ([X.]beschluss vom 12. März 2014 - [X.] 234/13 - FamRZ 2014, 917 Rn. 37 mwN). Hierzu hält die [X.] Tabelle die Möglichkeit der Herauf- oder Herabstufung nach der Anzahl der Unterhaltsberechtigten bzw. mittels der Bedarfskontrollbeträge bereit. Liegt eine über- oder unterdurchschnittliche Unterhaltsbelastung mit mehr oder weniger Unterhaltsberechtigten vor, soll durch eine Höher- oder Niedrigergruppierung in den Gehaltsstufen oder durch Bildung von individuell geschätzten Zu- oder Abschlägen eine den Besonderheiten des Falls angemessene [X.] erreicht werden ([X.]urteil vom 19. Juli 2000 - [X.] - [X.], 1492, 1493).

Die Einstufung in eine höhere oder niedrigere Gehaltsgruppe der Tabelle je nach Zahl der Unterhaltsberechtigten und der damit verbundenen [X.] liegt allerdings im tatrichterlichen Ermessen (vgl. [X.]urteil vom 19. Juli 2000 - [X.] - [X.], 1492, 1493).

(2) Gemessen hieran begegnet die Entscheidung des [X.]s keinen rechtlichen Bedenken. Sie beruht auf keinen - der Überprüfung des [X.] allein unterliegenden - [X.]. Das Beschwerdegericht hat alle wesentlichen Punkte - wie namentlich die Unterhaltspflicht des Antragsgegners gegenüber seiner Ehefrau - in den Blick genommen. Wenn es dann zu dem Ergebnis gelangt, dass unter Berücksichtigung der Einkommensverhältnisse des Antragsgegners eine Herabsetzung nicht in Betracht kommt, ist die Entscheidung des Tatrichters aus Rechtsgründen hinzunehmen.

ff) Soweit die Rechtsbeschwerde einwendet, aufgrund der vom [X.] titulierten Unterhaltsverpflichtungen sei das Existenzminimum des Antragsgegners nicht mehr gewahrt, bleibt ihr ebenfalls der Erfolg versagt. Denn der dem Antragsgegner gegenüber den Antragstellern zu belassende Selbstbehalt ist gewahrt.

Die tabellenmäßigen [X.] beinhalten eine pauschalierte Betrachtung. Ob eine Anpassung des Selbstbehalts erforderlich ist, wenn der Unterhaltspflichtige, der sich im Ausland aufhält, einem von den Annahmen der Tabelle wesentlich abweichenden Preisniveau ausgesetzt ist, unterliegt ebenfalls der tatrichterlichen Beurteilung ([X.]beschluss vom 3. Juli 2013 - [X.] 220/12 - [X.], 1375 Rn. 29).

Die dementsprechend vom [X.] vorgenommene tatrichterliche Beurteilung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Es hat das vom Antragsgegner in [X.] erzielte Einkommen nach den [X.]-Tabellen umgerechnet und ist damit dem abweichenden Preisniveau gerecht geworden.

gg) Schließlich geht die Rüge der Rechtsbeschwerde fehl, wonach die Kostenentscheidung fehlerhaft sei, weil nicht bedacht worden sei, dass die Antragsteller in erster Instanz zunächst 144 % des [X.] verlangt hätten.

Gemäß § 243 Satz 1 FamFG entscheidet das Gericht in [X.] abweichend von den entsprechenden Vorschriften der Zivilprozessordnung nach billigem Ermessen über die Verteilung der Kosten des Verfahrens auf die Beteiligten. Insgesamt soll die Kostenentscheidung in [X.] flexibler und weniger formal gehandhabt werden können, um dem - von der Streitwertermittlung nicht hinreichend zu erfassenden - Dauercharakter der Verpflichtung Rechnung tragen zu können ([X.]beschluss vom 28. September 2011 - [X.] 2/11 - FamRZ 2011, 1933 Rn. 29).

Dass das Beschwerdegericht bei seiner Kostenentscheidung sein Ermessen in vom Rechtsbeschwerdegericht nachprüfbarer Weise verletzt hätte, hat die Rechtsbeschwerde nicht aufgezeigt. Sie hat vor allem nicht bedacht, dass das [X.] den Antragstellern für die erste Instanz 1/3 der Gerichtskosten und 3/7 der außergerichtlichen Kosten auferlegt hat, obgleich diese zu einem wesentlichen Teil obsiegt haben.

Dose                              Weber-Monecke                       Schilling

           Nedden-Boeger                                 [X.]

Meta

XII ZB 661/12

09.07.2014

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Oldenburg (Oldenburg), 19. Oktober 2012, Az: 11 UF 55/12, Beschluss

§ 1602 BGB, § 1603 BGB, § 1610 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 09.07.2014, Az. XII ZB 661/12 (REWIS RS 2014, 4191)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 4191

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