Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.01.2001, Az. IV ZR 11/00

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2001, 3869

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[X.] DES VOLKESURTEILIV ZR 11/00Verkündet am:21. Februar 2001HeinekampJustizsekretärals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.]: ja[X.]Z: nein_____________________AVB f. Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung ([X.]/KK 76 § 5Abs. 1 g); [X.] § 9 Bk[X.] in der Krankheitskostenversicherung "Keine Leistungspflicht bestehtfür Behandlungen durch Ehegatten, Eltern oder Kinder" hält einer [X.] § 9 [X.] stand.[X.], Urteil vom 21. Februar 2001 - [X.] LG [X.] I- 2 -Der IV. Zivilsenat des [X.] hat durch den [X.] und [X.], Dr. Schlichting,Terno und [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 17. Januar 2001für Recht erkannt:Die Revision gegen das Urteil des [X.] desOberlandesgerichts [X.] vom 25. November 1999wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen.Von Rechts [X.]:Der Kläger ist ein mit öffentlichen Mitteln geförderter rechtsfähigerVerein, der nach seiner Satzung die Interessen der Verbraucher durchAufklärung und Beratung wahrnimmt. Zu seinen Mitgliedern gehören [X.] diesem Bereich tätigen Verbände, insbesondere die [X.] der Bundesländer.Die Beklagte ist ein bundesweit tätiger Krankenversicherer. [X.] im Rahmen der mit ihr abgeschlossenen Versicherungsverträ-ge Allgemeine Versicherungsbedingungen, die einen mit § 5 Abs. 1g [X.] des [X.] -aus dem Jahre 1976 ([X.]/KK 76, [X.] 1976, 437 ff.) übereinstimmen-den Wortlaut haben. Die Bestimmung [X.] 5Einschränkung der [X.]) Keine Leistungspflicht besteht ...g) für Behandlungen durch Ehegatten, Eltern oder Kinder.Nachgewiesene Sachkosten werden tarifgemäß erstattet; ..."Der Kläger verlangt von der [X.], es zu unterlassen, [X.] "Keine Leistungspflicht besteht für Behandlungen durch Ehe-gatten, Eltern oder Kinder" oder eine inhaltsgleiche Klausel in [X.] mit Verbrauchern zu verwenden sowie sich dar-auf bei der Abwicklung von nach dem 1. April 1977 geschlossenen [X.] zu berufen. Damit ist er beim [X.] und beim [X.] nicht durchgedrungen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt ersein Unterlassungsbegehren weiter.Entscheidungsgründe:Die Revision des [X.] hat keinen Erfolg. Die beanstandeteKlausel ist nicht nach § 9 [X.] unwirksam.1. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, daß [X.] nicht zu dem engen Bereich der [X.] gehört,der nach ständiger Rechtsprechung des Senats ([X.]Z 141, 137, 140 ff.;[X.]Z 127, 35, 41 f.) der Kontrolle nach §§ 9 bis 11 [X.] entzogen [X.] -Bei der Klausel handelt es sich nicht nur nach der Überschrift von § 5[X.]/KK 76, sondern vor allem nach ihrem erkennbaren Zweck um eineEinschränkung des in § 1 [X.]/KK 76 enthaltenen Hauptleistungsverspre-chens. Gegen diese Beurteilung wendet sich auch die [X.]) Vor der Prüfung der Klausel ist ihr Inhalt durch Auslegung zuermitteln. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sind [X.] so auszulegen, wie ein durchschnittlicherVersicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamerDurchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangsverstehen muß ([X.]Z 123, 83, 85). Diese Auslegung ergibt, daß [X.] nur dann eingreift, wenn die darin genannten nahen Angehöri-gen für die Behandlung selbst liquidationsberechtigt sind (so außer [X.] - [X.], 1406 = NVersZ 2000, 372 - auch [X.], 182 f.; [X.], 80; [X.], 343; anders [X.] VersR 1997, 689).b) Betrachtet man nur den Wortlaut von Buchstabe g) der Bestim-mung, erscheint es denkbar, daß damit nicht die Behandlung im ver-tragsrechtlichen Sinn, sondern die tatsächliche Behandlung gemeint seinkönnte. Diese begrenzte Sicht läßt jedoch den Zweck und den erkennba-ren Sinnzusammenhang der Klausel außer acht. Sie knüpft, was schonaus der Überschrift von § 5 ("Einschränkung der Leistungspflicht") [X.] einleitenden Formulierung in Abs. 1 ("Keine Leistungspflicht besteht...") ohne weiteres hervorgeht, an die Leistungspflicht des [X.] und schränkt diese ein. In der privaten [X.] 5 -ist Gegenstand der Leistungspflicht der Ersatz von Aufwendungen für diemedizinisch notwendige Heilbehandlung (§ 1 Abs. 1 Satz 2a, Abs. 2Satz 1 [X.]/KK 76). Aufwendungen sind Kosten, die dem Versicherungs-nehmer von dem anspruchsberechtigten Partner des [X.] in Rechnung gestellt werden (vgl. [X.]Z 70, 158, 160 bis 162oben; [X.] in [X.]/[X.] VVG 26. Aufl. § 1 [X.]/KK 94 [X.]). [X.] Rechnungen sind für den Nachweis des Erstattungsanspruchs nach§ 6 Abs. 1 [X.]/KK 76 erforderlich. Im Rahmen der grundsätzlich freienArztwahl ist der Versicherungsnehmer auf niedergelassene Ärzte undZahnärzte und auf Krankenhäuser verwiesen (§ 4 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4[X.]/KK 76), von denen er auch die Rechnung erhält. Das alles weiß ins-besondere der von der beanstandeten Klausel betroffene durchschnittli-che Versicherungsnehmer. Er wird deshalb nicht ernsthaft in Erwägungziehen, daß der [X.] auch dann eingreift, wenn er voneinem nahen Angehörigen behandelt worden ist, der in einem abhängi-gen Beschäftigungsverhältnis zu einem Krankenhaus oder einem nieder-gelassenen Arzt steht und der selbst nicht liquidationsberechtigt [X.] In dieser Auslegung hält die Klausel einer Inhaltskontrolle nach§ 9 [X.] stand.a) Eine Gefährdung des [X.]szwecks nach § 9 Abs. 2 Nr. 2[X.] liegt nicht vor. Nicht schon jede Leistungsbegrenzung gefährdetden [X.]szweck. Eine solche Gefährdung liegt vielmehr erst dann vor,wenn mit der Begrenzung der Leistung der [X.] ausgehöhlt [X.] und damit der Versicherungsvertrag in bezug auf das zu versi-chernde Risiko zwecklos wird ([X.]Z 137, 174, 176).- 6 -Das ist hier nicht der Fall. Der Versicherungsnehmer wird im [X.] die Möglichkeit haben, sich in medizinisch gleichwertiger Weisevon einem Arzt behandeln zu lassen, der nicht zu dem in der Klausel ge-nannten Personenkreis gehört. Nach der Art der Erkrankung wird zudemin vielen Fällen von vornherein nur eine Behandlung durch einen frem-den Arzt in Frage kommen, weil der nahe Angehörige vom [X.] für die Behandlung nicht zuständig [X.]) [X.] ist auch nicht nach § 9 Abs. 1 [X.] unwirksam.Sie benachteiligt den Versicherungsnehmer nicht entgegen den [X.] und Glauben unangemessen. Eine Regelung in [X.] ist dann unangemessen, wenn der Verwenderentgegen den Geboten von [X.] und Glauben einseitig eigene Interes-sen auf Kosten des [X.]spartners durchzusetzen sucht, ohne [X.] auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen ([X.]Z141, 137, 147). Die Abwägung der Interessen beider [X.]sparteienergibt hier, daß die Beklagte bei der Verfolgung ihrer Interessen dieRechte des Versicherungsnehmers nicht unzulässig eingeschränkt hat.aa) Für den Kreis der betroffenen Versicherungsnehmer hat [X.] zwar nachteilige Auswirkungen. Wenn nach [X.] ein Honoraranspruch gegeben ist und ernsthaft geltendgemacht wird, muß der Versicherungsnehmer die Rechnung des [X.] Angehörigen aus eigenen Mitteln begleichen oder diesen [X.] bewegen. Auch letzteres beeinträchtigt berechtigte [X.]. Er kann es als nicht anständig und- 7 -das Verhältnis zum Angehörigen belastend empfinden, diesem anzusin-nen, auf das Honorar für eine ordnungsgemäße Leistung zu verzichten.Allerdings begründet nicht jede Behandlung durch einen Angehörigeneinen Honoraranspruch. Dies ist, wie auch der Kläger nicht verkennt,dann nicht der Fall, wenn der Arzt damit seiner gesetzlichen Unterhalts-pflicht nachkommt. Im übrigen mag die unentgeltliche Behandlung [X.] nicht mehr der Verkehrssitte entsprechen, unüblich ist [X.] auch nach den heutigen gesellschaftlichen Anschauungen grund-sätzlich nicht (vgl. [X.] NVwZ 1993, 560 f. und BVerwG [X.] 1991,149 f. sowie [X.] 270 § 5 [X.] 4 m.w.Nachw. zur ähnlichen Pro-blematik im Beihilferecht; OLG Celle aaO S. 184; [X.] VersR 1997,938, 939 f.). Die praktische Auswirkung der Klausel wird weiter dadurchreduziert, daß - wie bereits ausgeführt - der nahe Angehörige in vielenFällen vom ärztlichen Fachgebiet her für die Behandlung ausscheidetoder eine medizinisch gleichwertige Behandlung ohne weiteres durch ei-nen fremden Arzt möglich und zumutbar ist.Aus dem Umstand, daß es in der gesetzlichen Krankenversiche-rung einen entsprechenden [X.] nicht gibt, läßt sich keinberechtigtes Interesse an einer Gleichstellung in der privaten Kranken-versicherung herleiten. Die Privatversicherung ist nach ihren eigenenprivatrechtlichen Regelungen und ihrem eigenen [X.]szweck zu [X.] ([X.]Z 141, 137, 142; [X.], Urteil vom 22. Mai 1991 - [X.] - [X.], 911 unter 2 b und Urteil vom 18. Dezember 1985- [X.]/84 - [X.], 257 unter II a).- 8 -bb) Andererseits verfolgt der Versicherer mit der Klausel berech-tigte Interessen. Er vermeidet damit die erheblichen Schwierigkeiten, diemit einer Überprüfung der Ernsthaftigkeit der Honorarforderung in [X.] verbunden wären. Insbesondere in [X.], in denen ei-ne unentgeltliche Behandlung naheliegend erscheint, wäre es mit einemunverhältnismäßigen Aufwand verbunden, jeweils zu ermitteln, ob [X.] als ausreichende Grundlage für eine ernsthafte Honorarforde-rung anzusehen ist oder ob nur die Tatsache der Versicherung zum An-laß genommen wird, eine unterhaltsrechtlich geschuldete oder üblicher-weise kostenlose Behandlung in Rechnung zu stellen. Außerdem [X.] zu verkennen, daß die Klausel einer möglicherweise unbewußtenNeigung entgegenwirkt, eine Behandlung wegen der persönlichen [X.] dem Angehörigen ohne wirkliche Notwendigkeit durchzuführen odersie über das medizinisch notwendige Maß hinaus auszudehnen.cc) Bei der Abwägung der beiderseitigen berechtigten Belangeläßt sich nicht feststellen, daß die Interessen der von der Klausel be-troffenen Versicherungsnehmer so schwerwiegend beeinträchtigt sind,daß von einer den Grundsätzen von [X.] und Glauben widerstreitendenunangemessenen Benachteiligung ausgegangen werden könnte. Nichtjede Schmälerung des Versicherungsschutzes bedeutet zugleich eineunangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers, sie mußvielmehr im Vergleich mit den berechtigten Interessen des Versicherersvon einigem Gewicht sein (vgl. [X.], Urteil vom 22. März 2000 - [X.]/99 - NJW 2000, 2103 unter [X.] und Urteil vom 6. Dezember 1995- IV ZR 363/94 - [X.], 322 unter 2 b cc). Eine solche Beeinträch-tigung der Interessen der Versicherungsnehmer ist bei der [X.] -generalisierenden und typisierenden Betrachtungsweise hier nicht zu er-kennen. Das schließt nicht aus, daß sich der Versicherer in [X.] nach [X.] und Glauben nicht auf die Klausel berufen darf. [X.] etwa in Betracht kommen, wenn die Behandlung durch den nahenAngehörigen aus medizinischen Gründen geboten ist, weil dieser zu denwenigen Spezialisten gehört, die die in Frage kommende [X.] durchführen können, oder wenn es aus tatsächlichen Gründennicht möglich oder unzumutbar ist, einen anderen Arzt aufzusuchen, [X.] Umfang der Behandlung das Maß dessen deutlich übersteigt, wasüblicherweise noch unentgeltlich geleistet wird. Eine solche auf den Ein-zelfall abstellende Beurteilung gemäß § 242 BGB hat bei der [X.] nach § 9 [X.] jedoch außer Betracht zu bleiben ([X.]Z 123,83, [X.]. [X.] Prof. [X.] Dr. [X.] [X.]

Meta

IV ZR 11/00

17.01.2001

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.01.2001, Az. IV ZR 11/00 (REWIS RS 2001, 3869)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 3869

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