Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.10.2002, Az. IV ZR 60/01

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2002, 955

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/01Verkündet am:30. Oktober 2002FritzJustizangestellteals Urkundsbeamtinder Geschäftsstellein dem [X.]: ja[X.]Z: ja_____________________[X.] f. Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung (MB/KK 94)§ 4 (6) MB/KK 94 hält einer Inhaltskontrolle nach § 9 [X.], § 307 Abs. 1 und [X.] stand.[X.], Urteil vom 30. Oktober 2002 - [X.]/01 - [X.] LG Hamburg- 2 -Der IV. Zivilsenat des [X.] hat durch den [X.], [X.], [X.] und die [X.] [X.] und [X.] auf die mündliche [X.] 30. Oktober 2002für Recht erkannt:Auf die Rechtsmittel des Beklagten werden das [X.] [X.], vom 23. Januar 2001 aufgehoben und [X.] des [X.], Zivilkammer 24, vom20. August 1999 abgeändert.Die Klage wird abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.Von Rechts [X.]:Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der nach seiner [X.] wahrnimmt und in die Liste der qualifizierten Ein-richtungen nach §§ 13 Abs. 2 Nr. 1, 22a [X.], §§ 4, 16 Abs. 4 [X.] ist. Der Beklagte ist ein bundesweit tätiges Krankenversi-cherungsunternehmen. Er verwendet [X.] für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung- 3 -([X.]). In deren Teil I heißt es unter anderem (insoweit wortgleich mitentsprechenden Bestimmungen in den empfohlenen [X.] die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung/MB/KK94):"§ 1 Gegenstand, Umfang und Geltungsbereich des [X.]) Der Versicherer bietet Versicherungsschutz für [X.], Unfälle und andere im Vertrag genannte Ereignisse.Er gewährt im [X.]) in der Krankheitskostenversicherung Ersatz von [X.] für Heilbehandlung und sonst vereinbarte [X.]...[X.] Versicherungsfall ist die medizinisch notwendige Heil-behandlung einer versicherten Person wegen [X.] Unfallfolgen ...(3) Der Umfang des Versicherungsschutzes ergibt sich ausdem Versicherungsschein, späteren schriftlichen Vereinba-rungen, den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (Mu-sterbedingungen mit Anhang, Tarif mit Tarifbedingungen)sowie den gesetzlichen Vorschriften ...§ 4 Umfang der [X.] ...[X.] Der versicherten Person steht die Wahl unter den nie-dergelassenen approbierten Ärzten und Zahnärzten frei.Soweit die Tarifbedingungen nichts anderes bestimmen,dürfen Heilpraktiker im Sinne des [X.] Heilpraktiker-gesetzes in Anspruch genommen werden ...- 4 -(6) Der Versicherer leistet im vertraglichen Umfang für [X.] oder Behandlungsmethoden und Arzneimittel,die von der Schulmedizin überwiegend anerkannt sind. [X.] darüber hinaus für Methoden und Arzneimittel, diesich in der Praxis als ebenso erfolgversprechend bewährthaben oder die angewandt werden, weil keine schulmedizi-nischen Methoden oder Arzneimittel zur Verfügung [X.] Versicherer kann jedoch seine Leistungen auf den [X.] herabsetzen, der bei der Anwendung vorhandenerschulmedizinischer Methoden oder Arzneimittel angefallenwäre."Der Kläger hält § 4 I (6) [X.] mit Ausnahme des letzten Halbsatzeswegen Verstoßes gegen § 9 [X.] für unwirksam und nimmt den [X.] im Wege der Verbandsklage auf Unterlassung in Anspruch. [X.] (NVersZ 2000, 274) und das [X.] ([X.], 849) haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt [X.] seinen Klageabweisungsantrag weiter.Entscheidungsgründe:Die Revision des Beklagten führt zur Aufhebung des [X.] und zur Abweisung der Klage. Die beanstandete [X.] ist wirk-sam. Sie hält einer Inhaltskontrolle nach § 9 [X.], § 307 Abs. 1 und [X.] n.F. stand.[X.] Das Berufungsgericht nimmt an, die beanstandete [X.] [X.] gemäß § 8 [X.] der Inhaltskontrolle entzogen. Bei der im [X.] vorzunehmenden kundenfeindlichsten Auslegung sei § 4 I- 5 -(6) Satz 2 Halbs. 1 Alt. 2 [X.] ("oder die angewandt werden, weil keineschulmedizinischen Methoden oder Arzneimittel zur Verfügung [X.] zu verstehen, daß bei unheilbaren und/oder wenig [X.] die Kosten alternativer Methoden nur dann übernommenwürden, wenn keine schulmedizinischen Ansätze vorhanden seien. [X.] vorstellbar sei, daß es Krankheiten gebe, zu deren [X.] kein schulmedizinischer Ansatz vorhanden sei, führe die [X.] bei den genannten Krankheiten praktisch zu einem Ausschluß [X.] auf Kosten alternativer Methoden. Dies stelle eine wesentli-che Einschränkung der vertraglichen Rechte des Versicherungsnehmersdar, die den Vertragszweck im Sinne von § 9 Abs. 2 Nr. 2 [X.] gefähr-de. Die [X.] verstoße auch gegen das Transparenzgebot. Für dendurchschnittlichen Versicherungsnehmer sei nicht durchschaubar, daßder Beklagte entgegen der umfassenden Leistungszusage in § 1 I (1), [X.][X.] eine Leistungspflicht uneingeschränkt nur bei Kosten schulmedizini-scher Behandlungen übernehmen, Kosten alternativ-medizinischer Me-thoden jedoch nur bei vom Versicherungsnehmer zu beweisenderGleichwertigkeit, bei unheilbaren und/oder unerforschten Krankheitendagegen überhaupt nicht erstatten wolle.I[X.] Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Nachprüfung im [X.] nicht stand.1. Zuzustimmen ist dem Berufungsgericht darin, daß § 8 [X.],jetzt § 307 Abs. 3 BGB n.F., die Kontrolle nicht hindert, weil die [X.]das schon in § 1 I (1), [X.] [X.] gegebene Hauptleistungsversprechendurch nähere Konkretisierung ausgestaltet. Solche [X.]n sind [X.] 6 -trollfähig (vgl. Senatsurteile vom 17. März 1999 - [X.] - [X.], 745 unter [X.] a und 2 und vom 22. November 2000 - [X.]/99 - VersR 2001, 184 unter [X.] 1).2. Das Berufungsgericht hat auch richtig gesehen, daß vor [X.] der [X.] ihr Inhalt durch Auslegung zu ermitteln [X.]) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sind [X.] so auszulegen, wie ein durchschnittlicherVersicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamerDurchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangsverstehen muß. Dabei kommt es auf die [X.] einesVersicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche [X.] damit - auch - auf seine Interessen an ([X.]Z 123, 83, 85). Auch [X.] rechtfertigen danach theoretisch denkbare,praktisch aber völlig fernliegende und nicht ernstlich in Betracht zu zie-hende Auslegungsmöglichkeiten kein [X.]verbot (vgl. [X.], Urteil vom5. November 1998 - [X.] - NJW 1999, 276 unter 3 b, [X.] m.w.N.;[X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]. § 5 Rdn. 6, 26).b) Danach ist die [X.] wie folgt auszulegen.[X.]) § 4 I (6) Satz 1 [X.] regelt die Leistungspflicht für [X.] oder Behandlungsmethoden und Arzneimittel, die von [X.] überwiegend anerkannt sind. Nach Satz 2 Halbs. 1 umfaßtdie Leistungspflicht "darüber hinaus" in zwei Fällen auch andere [X.] und [X.] -bb) Die 1. Alternative in Satz 2 betrifft die Erstattung von [X.], die bei einer Heilbehandlung unter Anwendung von [X.] Arzneimitteln der alternativen Medizin entstehen. Das ergibt sich fürden verständigen Versicherungsnehmer ohne weiteres schon aus [X.] von Satz 1 und der nunmehr gewählten Umschrei-bung der Leistungspflicht für Methoden und Arzneimittel, die sich in [X.] als ebenso erfolgversprechend bewährt haben. Aus dem Erfor-dernis der auf Satz 1 verweisenden "ebenso erfolgversprechenden" Be-währung in der Praxis entnimmt der Versicherungsnehmer zweierlei.Zum einen müssen Methoden und Arzneimittel der [X.] ihrem jeweiligen Anwendungsbereich aufgrund praktischer Erfahrunggrundsätzlich geeignet sein, den angestrebten Erfolg der Heilbehandlungim Sinne des § 1 (1), [X.] [X.] (vgl. dazu [X.]Z 133, 208, 211) ebenso zubewirken wie Methoden und Arzneimittel der Schulmedizin. Zum anderenkommt es nur auf die gleiche Erfolgsprognose ("erfolgversprechend")und nicht darauf an, daß sich die Heilbehandlungen etwa in Art, Ausfüh-rung und Dauer gleichen.cc) Die 2. Alternative bezieht sich demgemäß auf [X.], für die zum einen keine schulmedizinischen Methoden und Arznei-mittel im Sinne von Satz 1 und zum anderen keine ebenso [X.] anderen Methoden und Arzneimittel im Sinne der [X.]. 1 zur Verfügung stehen. Gibt es aber weder schulme-dizinisch überwiegend anerkannte noch andere ebenso erfolgverspre-chende Methoden und Arzeimittel, wird der Versicherungsnehmer [X.] der 2. Alternative auf Methoden und Arzneimittelbeziehen, die insbesondere im Bereich der unheilbaren oder uner-forschten Krankheiten angewandt werden, gleichviel ob die [X.] -lungsansätze der Schulmedizin oder der Alternativmedizin [X.].Danach ist für den vom Berufungsgericht gewählten Auslegungs-ansatz von vornherein kein Raum. Denn seine Auslegung würde zu [X.] durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht mehr verständli-chen und sinnwidrigen Ergebnis führen, daß das in Satz 2 Halbsatz 1enthaltene Leistungsversprechen für Methoden und Arzneimittel der al-ternativen Medizin für die 2. Alternative ohne jeden Inhalt wäre.3. In dieser Auslegung hält die [X.] einer Inhaltskontrolle stand.Der Prüfung ist einerseits § 307 Abs. 1 und 2 BGB in der ab [X.] geltenden Fassung zugrunde zu legen, weil der erhobene Unterlas-sungsanspruch in die Zukunft gerichtet ist (vgl. [X.], Urteil vom [X.]/00 - [X.], 1989 unter [X.]). Andererseits ist auch § 9[X.] noch zu beachten, da eine Verurteilung, die Verwendung der[X.] zu unterlassen, den Beklagten auch daran hindern würde, [X.] der Abwicklung früher geschlossener Verträge auf die [X.] zu be-rufen (vgl. [X.]Z 127, 35, 38; [X.], Urteil vom 18. April 2002 - [X.]/01 - NJW 2002, 2386 unter II). Die beanstandete [X.] hat [X.] Gefährdung des Vertragszwecks noch sonst eine unangemesseneBenachteiligung des Versicherungsnehmers zur Folge (ebenso [X.] 2001, 851; für eine Wirksamkeit der [X.] ferner [X.] 2001, 848 und [X.], 180), auch nicht inForm eines Verstoßes gegen das [X.]) Die Regelung über die Leistungspflicht für Methoden und Arz-neimittel, die von der Schulmedizin überwiegend anerkannt sind oder die- 9 -sich in der Praxis als ebenso erfolgversprechend bewährt haben, [X.] zu beanstanden. Sie beachtet die Anforderungen im [X.] 23. Juni 1993 ([X.]Z 123, 83, 88, [X.] entspricht es dem billigenswerten Interesse des [X.] wie den berechtigten Erwartungen des Versicherungsnehmers, daßnur Kosten für diejenigen Behandlungsmethoden erstattet werden, diesich in der Praxis als erfolgversprechend bewährt haben, wenn [X.] für die zu behandelnde Krankheit zur Verfügung stehen. Dassind einerseits Methoden, die in der Schulmedizin zumindest überwie-gende Anerkennung gefunden haben, andererseits Methoden der alter-nativen Medizin, die sich in der Praxis als ebenso erfolgversprechendbewährt haben.Eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmersliegt auch nicht darin, daß er darlegen und beweisen muß, daß die an-gewandten Methoden und Arzneimittel der alternativen Medizin sich inder Praxis als ebenso erfolgversprechend bewährt haben wie die [X.]. Seiner Darlegungslast kann er zunächst dadurch genü-gen, daß er eine Stellungnahme des behandelnden Arztes vorlegt. [X.] wird der Versicherer, der dennoch die Leistung verweigert,dies redlicherweise zu begründen haben. Beweisen muß der Versiche-rungsnehmer im Streitfall nur das, was er auch ohne die beanstandete[X.] zu beweisen hätte, daß nämlich die Heilbehandlung [X.] war im Sinne von § 1 I [X.] [X.] (vgl. [X.]Z 133, 208, 211). [X.] darüber hinaus auch sonst zu beweisen, daß seine Aufwendungenfür die Behandlung unter den Umfang des Versicherungsschutzes fallen- 10 -(§ 1 I (3) [X.] und die dort genannten weiteren Vereinbarungen und Be-stimmungen).b) Die Regelung über die Leistungspflicht für den Fall, daß [X.] der Schulmedizin überwiegend anerkannte Methoden und Arznei-mittel noch ebenso erfolgversprechende der Alternativmedizin zur [X.] stehen (Satz 2 Halbs. 1 Alt. 2), ist ebenfalls nicht zu [X.]. Danach besteht bei unheilbaren und noch nicht erforschten [X.] dann ein Erstattungsanspruch, wenn eine medizinisch notwendigeHeilbehandlung durchgeführt worden ist, und zwar unabhängig davon, obihr schulmedizinische oder alternativmedizinische Ansätze zugrunde lie-gen. Die [X.] entspricht den Grundsätzen, die in den Senatsentschei-dungen vom 23. Juni 1993 ([X.]Z 123, 83, 89, 90, 92) und vom 10. Juli1996 ([X.]Z 133, 208 ff.) für die Leistungspflicht bei derartigen [X.] ausgesprochen worden [X.] 11 -c) Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt nicht vor. Die[X.] enthält bei zutreffender Auslegung nach dem Verständnis desdurchschnittlichen Versicherungsnehmers eine auch für ihn durchschau-bare abgestufte Regelung der Leistungspflicht für schulmedizinische undnicht schulmedizinische Behandlungen (so zutreffend OLG Köln [X.], 851 ff.).Terno [X.] [X.] Frau Ri[X.] [X.] kann [X.] wegen Krankheit nicht unter- schreiben. Terno

Meta

IV ZR 60/01

30.10.2002

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.10.2002, Az. IV ZR 60/01 (REWIS RS 2002, 955)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 955

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