Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 02.03.2017, Az. 2 C 26/15

2. Senat | REWIS RS 2017, 14782

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Gegenstand

Maßgeblicher Stichtag nach dem Berliner Besoldungsüberleitungsgesetz


Leitsatz

Maßgeblicher Stichtag für die Zuordnung zu den Erfahrungs- und Überleitungsstufen nach dem Berliner Besoldungsüberleitungsgesetz vom 29. Juni 2011 (GVBl. 306) (juris: BesÜblG BE) ist der 31. Juli 2011. Berliner Beamte der Besoldungsordnung A mit dem Geburtsmonat August, die nach alter Rechtslage erst ab dem Monat August 2011 in eine höhere Dienstaltersstufe aufgerückt wären, haben daher keinen Anspruch darauf, ab dem 1. August 2011 auf der Grundlage der dem entsprechenden Überleitungsstufe besoldet zu werden.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Zuordnung einer höheren Erfahrungsstufe bei der Überleitung in das ab 1. August 2011 geltende Besoldungsrecht des beklagten Landes.

2

Die im August 1958 geborene Klägerin - eine Lehrerin - steht als Beamtin auf Lebenszeit der Besoldungsgruppe [X.] im Dienst des [X.]. Ihr [X.] wurde auf den 1. August 1979 festgesetzt. Entsprechend der bis zum 31. Juli 2011 geltenden Rechtslage erhielt die Klägerin zuletzt ein Grundgehalt nach der [X.] 11. Hätte diese Rechtslage weitergegolten, wäre die Klägerin im August 2011 in die [X.] 12 aufgestiegen.

3

Im November 2011 informierte die [X.] die Klägerin darüber, dass sie der neuen Rechtslage entsprechend mit Wirkung vom 1. August 2011 von der [X.] 11 in die Erfahrungsstufe 7 übergeleitet worden sei und auf dieser Grundlage besoldet werde. Den Antrag der Klägerin, sie ab August 2011 gemäß der Überleitungsstufe zu Erfahrungsstufe 8 zu besolden, lehnte die Senatsverwaltung ab.

4

Widerspruch, Klage und Berufung der Klägerin sind erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat die Berufung mit der Begründung zurückgewiesen, der Klägerin stehe kein Anspruch auf Besoldung nach der Überleitungsstufe zur Erfahrungsstufe 8 zu. Für ihre Überleitung sei die von ihr zum Stichtag des 31. Juli 2011 erreichte [X.] maßgebend. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut der einschlägigen Vorschrift, der gesetzlichen Systematik, der Entstehungsgeschichte der Norm sowie aus ihrem Sinn und Zweck.

5

Zur Begründung der vom Berufungsgericht zugelassenen und von ihr erhobenen Revision hat die Klägerin ausgeführt, für eine Überleitung der Besoldung zum Stichtag 1. August 2011 spreche besonders der Wortlaut der maßgeblichen Vorschrift. Danach seien die Beamten auf Grundlage des am 31. Juli 2011 maßgeblichen Amtes mit dem Grundgehalt, das ihnen am 1. August 2011 zustehen würde, den neuen [X.] zuzuordnen. Mit dieser Wortwahl verknüpfe der Gesetzgeber das Datum 31. Juli nur mit dem vom Beamten innegehabten Amt. Für die betragsmäßige Überleitung des [X.] werde aber das Datum 1. August angeführt. Deshalb komme es für die Überleitung auf den konkreten Grundgehaltssatz an diesem Tag an.

6

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des [X.] vom 14. Oktober 2015 und des [X.] vom 7. Mai 2015 sowie den Bescheid der [X.] vom 30. Dezember 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids derselben Behörde vom 3. Mai 2012 aufzuheben und den [X.] zu verpflichten, der Klägerin ab dem 1. August 2011 Besoldung auf Grundlage der Überleitungsstufe zur Erfahrungsstufe 8 der Besoldungsgruppe [X.] zu gewähren.

7

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Berufungsurteil verletzt kein revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO). [X.] Beamte der [X.] mit dem Geburtsmonat August, die nach alter Rechtslage erst ab dem Monat August 2011 in eine höhere Dienstaltersstufe aufgerückt wären, haben keinen Anspruch darauf, ab dem 1. August 2011 auf Grundlage der dem entsprechenden Überleitungsstufe besoldet zu werden (1.). Dies ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar (2.).

9

1. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 [X.] Besoldungsüberleitungsgesetz ([X.]) vom 29. Juni 2011, [X.]. 306) werden Beamte des [X.] am 1. August 2011 auf der Grundlage des am 31. Juli 2011 maßgeblichen Amtes mit dem Grundgehalt, das ihnen gemäß dem [X.] für [X.] 2010/2011 vom 8. Juli 2010 (BerlBVAnpG 2010/2011, [X.]. S. 362) am 1. August 2011 zustehen würde, nach Maßgabe der folgenden Absätze den Stufen oder Überleitungsstufen des Grundgehaltes der Anlage 3 zugeordnet. Nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Systematik und Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist der 31. Juli 2011 der maßgebliche Stichtag für die [X.]e Überleitung der [X.] Beamten.

Der Wortlaut von § 2 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist zwar nicht eindeutig, lässt aber mehr Anhaltspunkte für den 31. Juli 2011 als maßgeblichen Stichtag für die [X.]e Überleitung der Dienstalters- in die Erfahrungsstufen erkennen. Die Vorschrift benennt den 31. Juli 2011 als Zeitpunkt, an den die grundgehaltsbezogene Besoldungsüberleitung anknüpft. Der daneben in derselben Vorschrift im selben Satz enthaltene Hinweis auf den 1. August 2011 bezieht sich hingegen auf das die Besoldungserhöhung anordnende [X.] (BerlBVAnpG 2010/2011), nicht aber auf das alte - die Dienstaltersstufen beinhaltende - Besoldungsrecht. Dies deutet darauf hin, für die Überleitung des Grundgehalts an den 31. Juli 2011 anzuknüpfen, ergänzt um die Besoldungserhöhung zum 1. August 2011.

Ein weiteres Argument für die Bestimmung des [X.] 31. Juli 2011 zur Besoldungsüberleitung nach § 2 Abs. 1 [X.] ergibt sich aus der Normsystematik. Bereits der dem § 2 Abs. 1 Satz 1 [X.] unmittelbar folgende Satz 2 sieht vor, dass in Fällen der Beurlaubung ohne Dienstbezüge das Amt mit demjenigen Grundgehalt zu Grunde zu legen ist, das bei einer Beendigung der Beurlaubung am 31. Juli 2011 maßgebend wäre. [X.] Beamte sind also stets zum Stichtag des 31. Juli 2011 [X.] von den Dienstalters- in die Erfahrungsstufen überzuleiten. Der enge [X.] zwischen den beiden Sätzen des § 2 Abs. 1 [X.] legt es nahe, in den Fällen des Satzes 1 gleichfalls auf diesen Stichtag abzustellen, zumal ein sachlicher Grund für eine unterschiedliche Überleitung von beurlaubten und nicht beurlaubten Beamten nicht erkennbar ist. Damit korrespondiert die Sonderregelung für den Aufstieg bei Zuordnung zu einer Stufe des Grundgehaltes oder zu einer Überleitungsstufe des Grundgehaltes in den Besoldungsgruppen der Besoldungsordnungen A in § 3 [X.]. Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 [X.] ist diejenige Stufe des Grundgehalts maßgebend, zu der das Grundgehalt in der bis zum 31. Juli 2011 geltenden Fassung gestiegen wäre. Auch im Übrigen sieht das [X.] Besoldungsüberleitungsgesetz grundsätzlich eine Geltung der bisherigen Besoldungsregelungen nur bis zum 31. Juli 2011 und deren Ablösung durch neue Regelungen ab dem 1. August 2011 vor. So bestimmt etwa die Sonderregelung in § 3 Abs. 4 Satz 2 [X.] für Beamte der [X.] bis [X.], dass sich der Anrechnungszeitraum nach Satz 1 der Norm aus einem dort näher definierten Zeitraum ergibt, zu dem das Grundgehalt nach § 27 Abs. 2 [X.] in der Überleitungsfassung für [X.] in der bis zum 31. Juli 2011 geltenden Fassung gestiegen wäre.

Auch die Entstehungsgeschichte von § 2 Abs. 1 [X.] spricht dafür, für die Überleitung der Dienstalters- in Erfahrungsstufen die [X.]e Gesetzeslage des 31. Juli 2011 für maßgeblich zu halten. Denn in der Gesetzesbegründung zu § 2 Abs. 1 [X.] findet sich ein Hinweis darauf, dass die Besoldungsempfänger "auf der Grundlage der bisherigen Dienstbezüge" übergeleitet werden (Abgeordnetenhaus [X.] Drs. 16/4078 vom 27. April 2011, [X.] f.). Zwar wird sodann in dem Klammerzusatz ergänzt "[X.] mit Stand vom 1. August 2011", doch daran schließt sich wiederum unmittelbar in demselben Satz weiter an "[X.] für [X.] 2010/2011". Dies legt es nahe, auch diesen Zusatz allein auf die außer [X.] getretene [X.] zu beziehen. Weiter heißt es in der Gesetzesbegründung, dass für die Zuordnung "das bisherige Grundgehalt ('betragsmäßige' Überleitung)" maßgebend ist. Auch diese Wortwahl spricht dafür, dass der Gesetzgeber als maßgeblichen Stichtag für die Besoldungsüberleitung den 31. Juli 2011 angesehen hat. Denn ein „bisheriges“ Grundgehalt setzt einen vorangegangenen Zeitraum voraus. Würde man mit der Klägerin den 1. August 2011 als Anknüpfungspunkt wählen, könnte man nicht von einem "bisherigen" Grundgehalt sprechen, sondern nur von dem punktuell am 1. August 2011 maßgeblichen Grundgehalt.

Auch Sinn und Zweck der Regelung sprechen dafür, als Stichtag für die Besoldungsüberleitung den 31. Juli 2011 anzusehen. Der Anspruch auf Besitzstandswahrung der Laufbahnbeamten, die nach altem Recht ab August 2011 in eine höhere Dienstaltersstufe aufgerückt wären, hat sich nicht auf die Berücksichtigung des an sich zum 1. August 2011 anstehenden Aufstiegs in die vormalige Dienstaltersstufe beziehen können, denn bis zum Außer-[X.]-Treten der bisherigen Regelung am 31. Juli 2011 hatten sie diese Stufe gerade noch nicht erreicht.

Somit ergibt die Auslegung von § 2 Abs. 1 Satz 1 [X.], dass die [X.]e Überleitung der Dienstalters- in die Erfahrungsstufen an den Stichtag 31. Juli 2011 anknüpft, ergänzt um die lineare Besoldungserhöhung am 1. August 2011.

2. Der vom Gesetzgeber festgelegte Stichtag zur Besoldungsüberleitung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist auch mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.

Eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung ist nicht darin zu sehen, dass nach § 2 Abs. 1 Satz 1 [X.] Beamte, die bis zu dem Stichtag des 31. Juli 2011 eine besoldungsrelevante Dienstaltersstufe erreicht hatten, am 1. August 2011 im Verhältnis zu solchen Beamten [X.] günstiger standen, bei denen dies erst ab dem 1. August 2011 der Fall war. Bei der von der Revision angegriffenen Rechtsänderung handelt es sich um eine zulässige Stichtagsregelung. Es ist dem Gesetzgeber nicht durch Art. 3 Abs. 1 GG verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, auch wenn jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt. Voraussetzung ist allerdings, dass sich die Einführung des Stichtags und die Wahl des Zeitpunkts am gegebenen Sachverhalt orientieren und damit sachlich vertretbar sind (stRspr, [X.], Urteil vom 5. Juli 1989 - 1 BvL 11/87 u.a. - [X.]E 80, 297 <311>; Beschluss vom 27. Februar 2007 - 1 BvL 10/00 - [X.]E 117, 272 <301>; Kammerbeschluss vom 19. Mai 2015 - 2 BvR 1170/14 - FamRZ 2015, 1263 Rn. 41 und [X.], Urteil vom 19. November 2015 - 2 [X.] 48.13 - NVwZ-RR 2016, 467 Rn. 22). Unter Berücksichtigung der unionsrechtlich zur Vermeidung von Altersdiskriminierung zulässigen [X.]en Überleitung der Dienstalters- in Erfahrungsstufen bei Besitzstandswahrung zugunsten der angestellten Lebenszeitbeamten (vgl. [X.], Urteil vom 19. Juni 2014 - [X.]/12 u.a. - NVwZ 2014, 1294; [X.], Urteil vom 30. Oktober 2014 - 2 [X.] 6.13 - [X.]E 150, 234) besteht kein Anlass an der Sachgerechtigkeit der getroffenen Regelung zu zweifeln.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Meta

2 C 26/15

02.03.2017

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, 14. Oktober 2015, Az: OVG 4 B 17.15, Urteil

§ 2 Abs 1 S 2 BesÜblG BE, § 2 Abs 1 S 1 BesÜblG BE, § 3 Abs 2 S 1 BesÜblG BE, § 3 Abs 4 S 2 BesÜblG BE, Art 3 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 02.03.2017, Az. 2 C 26/15 (REWIS RS 2017, 14782)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 14782

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