Bundessozialgericht, Urteil vom 29.08.2023, Az. B 1 KR 25/22 R

1. Senat | REWIS RS 2023, 9552

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 26. August 2021 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 20 026,18 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Vergütung stationärer Krankenhausbehandlung.

2

Die Klägerin ist Trägerin eines nach § 108 [X.] zugelassenen Krankenhauses (im Folgenden: Krankenhaus), in dem die bei der beklagten Krankenkasse (im Folgenden: [X.]) versicherte H (im Folgenden: Versicherte) vom 22.11.2013 bis 2.1.2014 stationär behandelt wurde. Dem vorausgegangen war eine notfallmäßige Erstaufnahme in ein anderes Krankenhaus wegen neu aufgetretener Schwäche des Nervus facialis links und Dysarthrie (kombinierte Sprech- und Stimmstörung) bei [X.] mit Verlegung am selben Tag in das Krankenhaus der Klägerin. Der Versicherten wurde dort zunächst zur Entfernung eines [X.], unter der harten Hirnhaut liegenden [X.] die Schädeldecke eröffnet und der Bluterguss entfernt. Wegen eines Sturzes der Versicherten vor der Aufnahme ins Krankenhaus bestand der Verdacht einer Synkope (kurzzeitige Ohnmacht). Im weiteren Verlauf der stationären Behandlung wurde bei ihr am 9.12.2013 eine hochgradige Enge der Aortenklappe diagnostiziert. Sie wurde deshalb am [X.] in die kardiologische Abteilung verlegt. Am 18.12.2013 wurde eine Transkatheter-Aortenklappenimplantation ([X.]) durchgeführt. Das Krankenhaus kodierte als Hauptdiagnose [X.] I35.0 (Aortenklappenstenose), steuerte unter Berücksichtigung zahlreicher Nebendiagnosen und Prozeduren die Fallpauschale ([X.]) [X.] (Komplexe minimalinvasive Operationen an Herzklappen) an und stellte der [X.] 39 086,29 Euro in Rechnung, die die [X.] zunächst beglich. Die [X.] ging nach Prüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung ([X.]) davon aus, dass zutreffende Hauptdiagnose [X.] I62.02 (Subdurale Blutung chronisch) sei, weil die Versicherte zur Behandlung des chronischen Subduralhämatoms im Krankenhaus vollstationär aufgenommen worden sei. Diese Hauptdiagnose steuert die deutlich geringer vergütete Fallpauschale [X.] (Komplexe Kraniotomie …) an. Den Differenzbetrag von 20 026,17 Euro verrechnete die [X.] mit unstreitigen Vergütungsforderungen. Das [X.] hat die [X.] nach Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Zahlung von 20 026,18 Euro nebst Zinsen verurteilt (Urteil vom 15.2.2018). Das L[X.] hat nach Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens die Berufung der [X.] zurückgewiesen. Die Kodierung der Hauptdiagnose richte sich hier nach [X.] D002f. Unter Berücksichtigung der hierzu ergangenen Rechtsprechung des B[X.] (Hinweis auf B[X.] vom 5.7.2016 - [X.] KR 40/15 R - [X.] 4-2500 § 109 [X.] RdNr 14 ff) seien der Zeitpunkt der Krankenhausaufnahme und die zu diesem Zeitpunkt bestehenden Diagnosen und deren stationäre Behandlungsbedürftigkeit entscheidend. Dafür genüge auch, dass die Diagnosen erst "nach Analyse" aufgrund einer objektiv zu treffenden [X.] benannt werden könnten. Die Aortenklappenstenose mit hochgradiger Einschränkung der linksventrikulären Pumpfunktion sei am 9.12.2013 erkannt worden. Die Stenose habe nach den überzeugenden Gutachten schon viele Jahre zuvor bestanden und sei bei Aufnahme der Versicherten am 22.11.2013 stationär behandlungsbedürftig gewesen. Aufgrund des größeren Ressourcenverbrauchs sei die Aortenklappenstenose die zu kodierende Hauptdiagnose (Urteil vom 26.8.2021).

3

Die [X.] rügt die Verletzung von [X.] D002f. Sie verweist auf deren Wortlaut und die Urteile des erkennenden Senats vom [X.] ([X.] KR 9/15 R - B[X.]E 118, 225 = [X.] 4-2500 § 109 [X.]), vom 5.7.2016 ([X.] KR 40/15 R - [X.] 4-2500 § 109 [X.]) und vom [X.] ([X.] KR 25/17 R - [X.] 4-5562 § 9 [X.]). Daraus ergebe sich, dass eine im Zeitpunkt der Aufnahme eines Patienten in das Krankenhaus nicht erkannte, aber stationär behandlungsbedürftige Erkrankung auch dann nicht als Hauptdiagnose kodiert werden dürfe, wenn sie im Laufe des Krankenhausaufenthalts diagnostiziert und behandelt werde. Denn es komme auf die Diagnose an, die Veranlassung für die stationäre Aufnahme gegeben habe. Dies könne nur die Erkrankung sein, die entweder unmittelbar oder aber aufgrund ihrer bereits vorliegenden, respektive diagnostizierten Symptome maßgeblich für die Entscheidung des [X.] sei, den Patienten stationär aufzunehmen. Eine später diagnostizierte Erkrankung, die bei Aufnahme nicht bekannt gewesen sei, könne die stationäre Aufnahme nicht begründet haben.

4

In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin die Klage in Höhe von 0,01 Euro zurückgenommen.

5

Die Beklagte beantragt,

        

die Urteile des Thüringer Landessozialgerichts vom 26. August 2021 und des [X.] vom 15. Februar 2018 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Die Klägerin beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

7

Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der beklagten [X.] ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Das [X.] hat deren Berufung gegen das [X.] zu Recht zurückgewiesen. Die vom klagenden Krankenhaus erhobene (echte) Leistungsklage ist im hier bestehenden [X.] zulässig ([X.]; vgl BSG vom 16.12.2008 - [X.] KN 1/[X.] R - [X.], 172 = [X.]-2500 § 109 [X.], RdNr 9; BSG vom [X.] - [X.] KR 18/20 R - [X.], 24 = [X.]-2500 § 2 [X.], RdNr 7) und begründet. Dem Krankenhaus steht der zuletzt streitig gebliebene Vergütungsanspruch von 20 026,17 Euro für die Behandlung anderer Versicherter zu (dazu 1.). Der Vergütungsanspruch ist nicht durch Aufrechnung mit einer Gegenforderung erloschen (dazu 2.). Dem Krankenhaus steht auch der geltend gemachte Zinsanspruch zu (dazu 3.).

9

1. Es ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig, dass das Krankenhaus aufgrund stationärer Behandlung anderer Versicherter der [X.] gemäß § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V iVm § 17b [X.], § 7 Abs 1 Satz 1, Abs 2 und § 9 Abs 1 KHEntgG sowie der maßgeblichen Fallpauschalenvereinbarung ([X.]) einen fälligen und erfüllbaren Anspruch auf die Vergütung in der streitgegenständlichen Höhe hatte. Eine nähere Prüfung zur Höhe der streitigen Beträge erübrigt sich (vgl zur Zugrundelegung bei unstrittiger Berechnungsweise BSG vom 26.5.2020 - [X.] KR 26/18 R - juris RdNr 11 mwN).

2. Dieser Vergütungsanspruch ist nicht durch Aufrechnung mit einer aus dem Behandlungsfall der Versicherten resultierenden Gegenforderung der [X.] erloschen. Ein Erstattungsanspruch wegen überzahlter Vergütung für die Behandlung der Versicherten, mit der die [X.] aufrechnete, bestand nicht. Das Krankenhaus hatte dem Grunde nach Anspruch auf Vergütung für die stationäre Behandlung der Versicherten (dazu a). Die stationäre Behandlung erfüllte auch die Voraussetzungen der [X.] F98Z. Das Krankenhaus rechnete [X.] richtig 39 086,29 Euro ab, die die [X.] zu Recht zahlte (dazu b).

a) Die Zahlungsverpflichtung einer [X.] entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und iS von § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist ([X.]; vgl zB BSG vom 8.11.2011 - [X.] KR 8/11 R - [X.], 236 = [X.]-5560 § 17b [X.], Rd[X.], 15; [X.] [X.] KR 33/18 R - [X.]-2500 § 109 [X.] Rd[X.] mwN; BSG vom 19.3.2020 - [X.] KR 20/19 R - [X.], 73 = [X.]-2500 § 12 [X.], RdNr 11). Diese Grundvoraussetzungen waren nach dem Gesamtzusammenhang der [X.], den Senat bindenden Feststellungen des [X.] (§ 163 SGG) hinsichtlich des neurochirurgischen und des kardiologischen Eingriffs erfüllt.

b) Das Krankenhaus hatte Anspruch auf die von ihr berechneten und von der [X.] bezahlten 39 086,29 Euro. Das Krankenhaus durfte nach dem maßgeblichen Recht (dazu aa) und den dabei anzuwendenden Auslegungsgrundsätzen (dazu [X.]) gemäß der [X.] (dazu [X.]) [X.] I35.0 (Aortenklappenstenose) iS einer von zwei Diagnosen, die gleichermaßen der Definition der Hauptdiagnose entsprechen, als Hauptdiagnose kodieren (dazu [X.]). Diese Hauptdiagnose steuert hier die [X.] F98Z an (dazu ee).

aa) Welche [X.]-Position abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich aus der Eingabe und Verarbeitung von Daten in einem automatischen Datenverarbeitungssystem, das auf einem zertifizierten Programm ([X.]) basiert (vgl § 1 Abs 6 Satz 1 [X.] 2013; vgl für die [X.] zum rechtlichen Rahmen der Klassifikationssysteme und des Groupierungsvorgangs: BSG vom 19.6.2018 - [X.] KR 39/17 R - [X.]-5562 § 9 [X.] Rd[X.] und 17 mwN). Dieser [X.] greift auf Daten zurück, die entweder als integrale Bestandteile des Programms mit vereinbart sind oder an anderer Stelle vereinbarte Regelungen wiedergeben. Zu Letzteren gehören die Fallpauschalen selbst, die von den Vertragspartnern auf Bundesebene getroffene Vereinbarung zu den [X.] (hier Version 2013) für das G-[X.]-System‎ gemäß § 17b [X.], aber auch die Klassifikation des vom [X.] ([X.]) - bzw jetzt [X.] ([X.]) - im Auftrag des [X.] herausgegebenen [X.] und [X.].

[X.]) [X.] sind wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems eng am Wortlaut orientiert und allenfalls unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht (vgl BSG vom 8.11.2011 - [X.] KR 8/11 R - [X.], 236 = [X.]-5560 § 17b [X.], Rd[X.]7; BSG vom 16.7.2020 - [X.] KR 16/19 R - [X.]-5562 § 9 [X.] Rd[X.], jeweils mwN). Zu den [X.] gehören insbesondere auch die [X.]. Dabei kommt auch den in den [X.] enthaltenen Erläuterungen zu den einzelnen Kodierrichtlinien normative Wirkung zu, soweit sie ergänzende Regelungen enthalten (vgl BSG vom [X.] - [X.] KR 9/15 R - [X.], 225 = [X.]-2500 § 109 [X.], RdNr 15; BSG vom 5.7.2016 - [X.] KR 40/15 R - [X.]-2500 § 109 [X.] RdNr 14).

[X.]) [X.] formuliert - impliziert, dass es überhaupt nur eine, nicht aber zugleich mehrere "[X.]" geben kann. Dies steht in Einklang mit der Eingabemaske der zertifizierten, in das Normanwendungsprogramm mit normativer Wirkung einbezogenen [X.]. Hiernach ist die ersteinzutragende Diagnose immer die Hauptdiagnose (vgl BSG vom 8.11.2011 - [X.] KR 8/11 R - [X.], 236 = [X.]-5560 § 17b [X.], RdNr 42; BSG vom [X.] - [X.] KR 9/15 R - [X.], 225 = [X.]-2500 § 109 [X.], Rd[X.]).

Die Hauptdiagnose wird nach der [X.] definiert als die Diagnose, die nach Analyse als diejenige festgestellt wurde, die hauptsächlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthalts des Patienten verantwortlich ist. Zentraler Begriff ist für die [X.] die "Veranlassung" des stationären Krankenhausaufenthalts. Sie meint die ursächliche Auslösung des stationären [X.]. Das zeitliche Moment als ein wesentliches Definitionsmerkmal grenzt dabei von später hinzugetretenen Diagnosen ab, die ebenfalls stationäre Behandlungsbedürftigkeit bedingen. Ein bereits - objektiv zutreffend - veranlasster stationärer Krankenhausaufenthalt kann nicht später, nach Aufnahme in das Krankenhaus nochmals veranlasst, sondern allenfalls aufrechterhalten werden. Diagnosen, die erst nachfolgend Behandlungsbedürftigkeit begründen, sind irrelevant. Insbesondere kommt es nicht darauf an, dass die den stationären Krankenhausaufenthalt veranlassende Diagnose zugleich den größeren Anteil am Ressourcenverbrauch hat. Wie die Anmerkung 1 zu [X.] zeigt, war dem Normgeber bewusst, dass Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthalts nicht notwendig Veranlassung des überwiegenden Teils des Ressourcenverbrauchs bedeutet (vgl BSG vom [X.] - [X.] KR 9/15 R - [X.], 225 = [X.]-2500 § 109 [X.], Rd[X.]).

Das zweite wesentliche Definitionsmerkmal der Hauptdiagnose ist der Begriff "nach Analyse". Er verdeutlicht, dass es nicht auf die subjektive oder objektiv erzielbare [X.] oder Aufnahmediagnose ankommt, sondern allein auf die objektive [X.] der Aufnahmegründe am Ende der Krankenhausbehandlung. Es ist für die Bestimmung der Hauptdiagnose ohne Belang, dass eine fehlerhafte Diagnose des einweisenden Arztes und des aufnehmenden Krankenhausarztes unter Berücksichtigung der [X.] vorhandenen Informationen bei Aufnahme des Patienten objektiv lege [X.] erfolgte. Maßgeblich ist allein die objektiv zutreffende [X.] (vgl BSG vom [X.] - [X.] KR 9/15 R - [X.], 225 = [X.]-2500 § 109 [X.], RdNr 19; BSG vom 5.7.2016 - [X.] KR 40/15 R - [X.]-2500 § 109 [X.] Rd[X.]).

Bedingen anfänglich zwei oder mehrere Diagnosen den stationären Krankenhausaufenthalt, sieht die Erläuterung zu [X.] - vorbehaltlich spezieller Regelungen - eine Auffangregelung vor. Sie stellt ausnahmsweise auf den quantitativen Aspekt des Ressourcenverbrauchs ab: "Wenn zwei oder mehrere Diagnosen in Bezug zu Aufnahme, [X.] und/oder der durchgeführten Therapie gleichermaßen die Kriterien für die Hauptdiagnose erfüllen und ICD-10-Verzeichnisse und Kodierrichtlinien keine Verschlüsselungsanweisungen geben, ist … diejenige auszuwählen, die für Untersuchung und/oder Behandlung die meisten Ressourcen verbraucht hat. Hierbei ist es unerheblich, ob die Krankheiten verwandt sind oder nicht." Soweit die Erläuterung hierbei darauf verweist, dass "der behandelnde Arzt" die Hauptdiagnose auszuwählen hat, ist dies nur in einem tatsächlichen Sinn zu verstehen. Die Beurteilung, ob eine Diagnose als Hauptdiagnose zu kodieren ist, bemisst sich nach objektiven Maßstäben. Sie erfordert kein an eine bestimmte Person gebundenes höchstpersönliches Fachurteil, sondern kann jederzeit durch einen unabhängigen Sachverständigen nachvollzogen werden. Sie unterliegt im Streitfall der vollen richterlichen Nachprüfung (vgl BSG vom [X.] - [X.] KR 9/15 R - [X.], 225 = [X.]-2500 § 109 [X.], Rd[X.]; BSG vom 5.7.2016 - [X.] KR 40/15 R - [X.]-2500 § 109 [X.] Rd[X.]). Maßgeblich ist dabei allein der Ressourcenverbrauch. Die zeitliche Abfolge der stationären Behandlung zweier oder mehrerer im Zeitpunkt der Krankenhausaufnahme stationär [X.] Diagnosen spielt keine Rolle (vgl BSG vom 5.7.2016 - [X.] KR 40/15 R - [X.]-2500 § 109 [X.] Rd[X.]).

Ausgehend hiervon präzisiert der Senat seine Rechtsprechung wie folgt: Liegen - ex-post betrachtet - schon bei Aufnahme ins Krankenhaus mehrere Leiden objektiv vor, die stationär behandlungsbedürftig sind, sind diese - vorbehaltlich spezieller Regelungen - immer nach dem Grad ihres Ressourcenverbrauchs zu gewichten. Das gilt unabhängig davon, welche Leiden bei der Aufnahmeuntersuchung erkannt wurden oder erkennbar waren. Es spielt deshalb keine Rolle, ob der Patient bei der Aufnahme ins Krankenhaus Symptome aufwies, anhand derer die zunächst unerkannt gebliebene Diagnose erkennbar gewesen wäre. Dies ergibt sich aus der hier maßgeblichen Auslegung nach Wortlaut und unterstützenden systematischen Erwägungen.

Die "Veranlassung des stationären Aufenthalts" ist nach der oben dargestellten ständigen Rechtsprechung des [X.] nicht subjektiv [X.], sondern objektiv ex post zu verstehen. Dass es niemals auf die (subjektive) Handlungstendenz des Krankenhauses ankommen kann, ergibt sich aus dem Wortlaut "nach Analyse". Würde die stationäre Behandlungsbedürftigkeit aufgrund einer bestimmten Aufnahmediagnose fehlerhaft angenommen, fehlte es anderenfalls an einer die Aufnahme begründenden Hauptdiagnose, die kodiert werden könnte, wenn eine weitere, die stationäre Aufnahme begründende Diagnose im Zeitpunkt der Aufnahme nicht erkannt würde oder gar nicht erkennbar wäre. Auch dieses Ergebnis wäre mit der Festlegung der Hauptdiagnose "nach Analyse" nicht vereinbar. Nichts anderes ergibt sich aus den Fallbeispielen zur [X.] (vgl jetzt auch Schlichtungsausschuss nach § 19 [X.], [X.] <2023> D002u, "Entscheidung zu der [X.] 294").

[X.]) Nach diesen Maßstäben kodierte das Krankenhaus zu Recht [X.] I35.0 (Aortenklappenstenose) als Hauptdiagnose. Nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen Feststellungen des [X.] litt die Versicherte schon bei ihrer Aufnahme in das Krankenhaus unter einer seit Jahren bestehenden, jedenfalls im Zeitpunkt der Aufnahme ins Krankenhaus mittels [X.] behandlungsbedürftigen Aortenklappenstenose mit hochgradiger Einschränkung der linksventrikulären Pumpfunktion. Nach den weiteren Feststellungen des [X.] verbrauchte das Krankenhaus für die [X.] mehr Ressourcen als für die Bohrlochtrepanation mit Hämatomevakuation.

ee) Nach der Groupierungslogik steuert die Diagnose [X.] I35.0 die vom Krankenhaus abgerechneten [X.] F98Z an. Hieraus und aus den weiteren - zwischen den Beteiligten im Übrigen nicht streitigen - [X.] ergibt sich der vom Krankenhaus in Rechnung gestellte Betrag.

3. Das Krankenhaus hat auch Anspruch auf Verzugszinsen im Umfang der von den Vorinstanzen zuerkannten Zinsen auf den nicht erfüllten Vergütungsanspruch nach Maßgabe des § 288 Abs 1 BGB (vgl BSG vom [X.] - [X.] KR 10/15 R - juris Rd[X.] mwN).

4. [X.] beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 155 Abs 1 Satz 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 3 Satz 1 sowie § 47 Abs 1 Satz 1 GKG.

Schlegel

Geiger

Estelmann

Meta

B 1 KR 25/22 R

29.08.2023

Bundessozialgericht 1. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Gotha, 15. Februar 2018, Az: S 9 KR 3024/16

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 29.08.2023, Az. B 1 KR 25/22 R (REWIS RS 2023, 9552)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 9552

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