Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 08.04.2014, Az. 8 B 47/13

8. Senat | REWIS RS 2014, 6459

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Gegenstand

Zurückweisung einer Nichtzulassungsbeschwerde


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] vom 16. Mai 2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 70 605 € festgesetzt.

Gründe

1

Die [X.]eteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit des [X.]escheids der [X.]eklagten vom 7. Juni 2011, durch den u.a. festgestellt wurde, dass die [X.]eigeladene wegen der Entziehung der [X.]eteiligung des [X.] [X.]ankhauses [X.] an der ehemaligen [X.] [X.]erechtigte im Sinne der § 2 Abs. 1 Satz 3, § 3 Abs. 1 Satz 4 und 5 i.V.m. § 1 Abs. 6 [X.] in Höhe von 2 081/10 000 [X.]ruchteilen des Stammkapitals ist (Nr. 1), dass die Rück-Übertragung des früher im Eigentum der [X.] stehenden Grundstücks [X.] [X.] ausgeschlossen ist (Nr. 2) und die [X.]eigeladene dem Grunde nach einen Anspruch auf [X.] von 2 081/10 000 [X.]ruchteilen des Erlöses aus dem Verkauf des in Ziffer 2 des [X.]escheids genannten Grundstücks hat (Nr. 3).

2

Auf die Klage der Klägerin hat das Verwaltungsgericht die Nummern 1 und 3 des [X.]escheids vom 7. Juni 2011 insoweit aufgehoben, als dort die Erlösauskehrberechtigung der [X.]eigeladenen in Höhe von mehr als 1 569/10 000 [X.]ruchteilen festgestellt wurde, und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Revision gegen sein Urteil hat das Verwaltungsgericht nicht zugelassen.

3

Die hiergegen gerichtete [X.]eschwerde der Klägerin, die sich auf eine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 [X.] und auf die grundsätzliche [X.]edeutung der Rechtssache nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 [X.] beruft, hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.

4

1. Die von der Klägerin erhobene [X.] (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 [X.]) rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht.

5

a) Soweit die Klägerin eine Abweichung von dem Urteil des [X.] vom 22. April 2009 - [X.]VerwG 8 [X.] 5.08 - ([X.] 2009, 204 = [X.] 428 § 1 [X.] Nr. 50) rügt, genügt die [X.] nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 [X.].

6

Der Zulassungsgrund der Divergenz ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn die [X.]eschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des [X.] oder eines anderen der in § 132 Abs. 2 Nr. 2 [X.] aufgeführten Gerichte aufgestellten ebensolchen (abstrakten) Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Das Aufzeigen einer - tatsächlich oder vermeintlich - fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das [X.] oder der Gemeinsame Senat der obersten [X.]undesgerichte oder das [X.] in der Rechtsprechung aufgestellt haben, genügt den Anforderungen einer [X.] nicht ([X.]eschluss vom 9. September 2011 - [X.]VerwG 8 [X.] 15.11 - [X.] 2011, 226). So liegt der Fall hier.

7

Die Klägerin trägt vor, das [X.] habe in dem Urteil vom 22. April 2009 den die Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz aufgestellt, der räumliche Anwendungsbereich des § 1 Abs. 6 [X.] sei bei einer Aktienanteilsschädigung nur dann eröffnet, wenn das die Aktien ausgebende Unternehmen seinen Sitz im [X.]eitrittsgebiet habe, während das Verwaltungsgericht den abstrakten Rechtssatz aufgestellt habe, dass der räumliche Anwendungsbereich des § 1 Abs. 6 [X.] bei einer Aktienanteilsschädigung unabhängig vom Sitz des die Aktien ausgebenden Unternehmens im [X.]eitrittsgebiet eröffnet sei, falls der begehrte, früher zum Unternehmensvermögen gehörende Vermögensgegenstand im [X.]eitrittsgebiet belegen sei.

8

Entgegen der Ansicht der Klägerin lässt sich ein derartiger abstrakter Rechtssatz der Entscheidung des [X.] nicht entnehmen. Zwar bejaht das Verwaltungsgericht den Anspruch auf [X.] unabhängig davon, ob die entzogene Unternehmensbeteiligung an einem Unternehmen mit Sitz im [X.]eitrittsgebiet oder an einem Unternehmen in [X.] bestand. Damit hat es jedoch keine Aussage zur räumlichen Anwendbarkeit des [X.]es auf die Anteilsentziehung selbst getroffen. Vielmehr unterscheidet es zwischen der [X.] einerseits und dem daran anknüpfenden Anspruch auf [X.] „weggeschwommener" Vermögensgegenstände des Unternehmens andererseits. Es versteht die Verweisung des § 3 Abs. 1 Satz 4 Teilsatz 2 [X.] auf § 1 Abs. 6 [X.] erkennbar dahin, dass die Anteilsentziehung sich als verfolgungsbedingter Vermögensverlust im Sinne dieser Vorschrift darstellen muss ([X.]), ohne zu verlangen, dass das [X.] auch auf die Anteilsentziehung selbst anzuwenden und diese nach § 1 Abs. 6 i.V.m. § 3 Abs. 1 [X.] restituiert worden oder rückgängig zu machen sein muss. Stattdessen genügt seiner Auffassung nach - wie bei der [X.] nach [X.] gemäß § 3 Abs. 1 Satz 4 Teilsatz 1 [X.] -, dass die entzogenen Anteile nach dem [X.] oder nach einem anderen Gesetz zurückgegeben wurden oder zurückzugeben sind. Als anderes Gesetz kommt auch das für Unternehmens- und [X.]en in [X.] geltende Rückerstattungsrecht in [X.]etracht. Der Unternehmenssitz in [X.] schloss daher aus der Sicht des [X.] den Anspruch auf [X.] des im [X.]eitrittsgebiet belegenen früheren Vermögensgegenstands des Unternehmens nicht aus. Der Anspruch auf Anteilsrestitution, für den es auf die [X.]elegenheit der Unternehmensbeteiligung angekommen wäre, war nicht Gegenstand der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung.

9

Darüber hinaus muss sich die Abweichung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 [X.] auf eine Rechtsfrage beziehen, die sich bei der Anwendung ein und derselben Rechtsvorschrift stellt ([X.]zybulka, in: [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl. 2010, § 132 Rn. 91 m.w.N.). Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. In dem der Entscheidung des [X.] vom 22. April 2009 - [X.]VerwG 8 [X.] 5.08 - (a.a.[X.]) zugrunde liegenden Fall war über einen Anspruch auf anteilige Entschädigungsberechtigung wegen der Entziehung von Aktien gemäß § 6 Abs. 5b [X.], § 4 EntSchG i.V.m. § 1 Abs. 6 [X.] zu befinden; der zu restituierende Vermögenswert war der Anteil an dem Unternehmen selbst. Demgegenüber ist im streitgegenständlichen Verfahren der zu restituierende (bzw. zu entschädigende) Vermögenswert nicht die Aktienbeteiligung der [X.] an der [X.], sondern der anteilige Erlös für das Grundstück der [X.] in der [X.] dem ehemaligen [X.] Sektor von [X.]. Anspruchsgrundlage ist insoweit § 3 Abs. 1 Satz 4 [X.] i.V.m. § 1 Abs. 6 [X.].

Der von dem [X.] in dem Urteil vom 22. April 2009 aufgestellte Rechtssatz, der [X.] des § 1 Abs. 6 [X.] setze voraus, dass eine Vermögensentziehung im [X.]eitrittsgebiet vorgelegen habe, bezieht sich dabei nicht auf den im vorliegenden Fall geltend gemachten Anspruch auf ergänzende Einzelrestitution nach § 3 Abs. 1 Satz 4 ff. [X.].

b) Auch soweit die Klägerin eine Abweichung von dem Urteil des [X.] vom 28. April 2004 - [X.]VerwG 8 [X.] 12.03 - ([X.]VerwGE 120, 362 = [X.] 428 § 1 Abs. 6 [X.] Nr. 25 = [X.] 2004, 192) rügt, wird den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 [X.] nicht Genüge getan.

Die Klägerin trägt vor, das Urteil vom 28. April 2004 (a.a.[X.]) enthalte den tragenden abstrakten Rechtssatz, dass die geschädigten Gesellschafter im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 5 [X.] bei einem sogenannten [X.], bei dem die [X.]eteiligung der Muttergesellschaft einem schädigenden Ereignis unterlag, die Gesellschafter der Muttergesellschaft seien und nicht die Muttergesellschaft selbst. Demgegenüber werde in dem verwaltungsgerichtlichen Urteil (jedenfalls konkludent) der abstrakte Rechtssatz aufgestellt, geschädigter Gesellschafter im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 5 [X.] seien bei einem sogenannten [X.] nicht die Gesellschafter der Muttergesellschaft, sondern die Muttergesellschaft selbst.

Dem verwaltungsgerichtlichen Urteil lässt sich indes ein derartiger abstrakter Rechtssatz nicht entnehmen. Vielmehr ergibt sich aus dem Zusammenhang seiner Ausführungen, dass es von einer [X.]erechtigung der Gesellschafter der [X.] nach § 3 Abs. 1 Satz 5 [X.] (auch) wegen einer Schädigung einer unmittelbaren [X.]eteiligung der [X.] an der ehemaligen [X.] durch die Aktienverkäufe ausgeht. Es unterscheidet lediglich diese [X.] vom Verlust der Anteile an der [X.]-Gesellschaft selbst und verneint einen Gesamtvorsatz, der für die Annahme einer gestreckten Schädigung erforderlich wäre.

Im Übrigen ergibt sich auch aus dem von der Klägerin angeführten Urteil des [X.] vom 28. April 2004 (a.a.[X.]) kein grundsätzlicher Ausschluss der in ihren Anteilsrechten geschädigten Gesellschafter, die zugleich Unternehmensträger sind, als [X.]erechtigte einer [X.] (vgl. hierzu: [X.]eschluss vom 29. Juli 2010 - [X.]VerwG 8 [X.] 105.09 - [X.] 2010, 225).

2. Die Rechtssache hat auch nicht die grundsätzliche [X.]edeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 [X.]), die ihr die [X.]eschwerde beimisst.

Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer [X.]edeutung über den der [X.]eschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden entscheidungserheblichen und klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 [X.]) zu erwarten ist (stRspr, vgl. [X.]eschluss vom 9. September 2011 - [X.]VerwG 8 [X.] 15.11 - ([X.] 2011, 226). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

Die Klägerin erachtet die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig:

„Ist der räumliche Anwendungsbereich von § 3 Abs. 1 Satz 4 Halbs. 2 i.V.m. § 1 Abs. 6 [X.] auch dann eröffnet, wenn das Unternehmen, an dem eine unmittelbare oder mittelbare [X.]eteiligung entzogen worden ist, seinen Sitz zum Schädigungszeitpunkt nicht im [X.]eitrittsgebiet hatte?"

Diese Frage ist indes nicht mehr klärungsbedürftig, da sie höchstrichterlich bereits entschieden ist. Das [X.] hat in seinem [X.]eschluss vom 13. Oktober 2005 - [X.]VerwG 7 [X.] 47.05 - ([X.] 428 § 3 [X.] Nr. 58) ausgeführt, dass § 3 Abs. 1 Satz 4 [X.] auch für Unternehmen im Westen [X.] gilt, denen Vermögensgegenstände im [X.]eitrittsgebiet gehörten. In derartigen Fallkonstellationen bezweckt die Vorschrift, die [X.] zu schließen, die in [X.]ezug auf das im [X.]eitrittsgebiet gelegene [X.]etriebsvermögen dadurch entstanden ist, dass hierfür seinerzeit keine Rückerstattungsleistungen gewährt worden sind. Dass § 3 Abs. 1 Satz 4 [X.] gerade auch die in diesem Sinne ergänzende Einzelrestitution bei „[X.]" erfasst, ist mit ihrer Neufassung durch das Wohnraummodernisierungssicherungsgesetz klargestellt worden (vgl. auch zur alten Fassung des § 3 Abs. 1 Satz 4 [X.]: Urteil vom 26. Juni 1997 - [X.]VerwG 7 [X.] 53.96 - [X.] 1997, 358 = [X.] 428 § 3 [X.] Nr. 18). Die höchstrichterliche Rechtsprechung ist insoweit auch nicht uneinheitlich. Insbesondere ergibt sich aus den von der Klägerin dazu angeführten Entscheidungen nicht, dass der Anspruch auf ergänzende [X.] wegen einer [X.] nach § 3 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 6 [X.] nur in [X.]etracht käme, wenn das Unternehmen, an dem die entzogene [X.]eteiligung bestand, im Zeitpunkt der Entziehung im [X.]eitrittsgebiet belegen war. Soweit die Klägerin sich für ihre gegenteilige Auffassung auf das Urteil vom 22. April 2009 (a.a.[X.]) beruft, kann auf die Darlegungen oben unter 1.a) verwiesen werden. Aus der weiteren Rechtsprechung ergibt sich nichts anderes. Dass ein vermögensrechtlicher Anspruch auf Rückübertragung entzogener Aktien nach § 3 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 6 [X.] die räumliche Anwendbarkeit des [X.]es bezüglich der [X.] voraussetzt, lässt noch nicht darauf schließen, dass § 3 Abs. 1 Satz 4 Teilsatz 2 [X.] auch den Anspruch auf ergänzende [X.] von der Anwendbarkeit des [X.]es auf die Anteilsrestitution abhängig machen und damit insoweit eine andere Regelung treffen wollte als für die [X.] nach [X.] gemäß § 3 Abs. 1 Satz 4 Teilsatz 1 [X.]. Dieser stellt ausdrücklich klar, dass eine ergänzende [X.] auch nach Schädigungen in [X.]etracht kommt, die nicht nach dem [X.], sondern nach einem anderen Gesetz rückgängig gemacht wurden oder zu machen waren.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und 3, § 162 Abs. 3 [X.]. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Meta

8 B 47/13

08.04.2014

Bundesverwaltungsgericht 8. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend VG Berlin, 16. Mai 2013, Az: 29 K 328.11, Urteil

§ 132 Abs 2 Nr 1 VwGO, § 132 Abs 2 Nr 2 VwGO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 08.04.2014, Az. 8 B 47/13 (REWIS RS 2014, 6459)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6459

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