Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.03.2006, Az. VI ZR 46/05

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 4277

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES [X.] Verkündet am: 28. März 2006 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja BGB § 823 Abs. 2 (Bf); [X.] § 3 Abs. 1 Der Importeur eines in großer Stückzahl aus [X.] importierten technischen Ar-beitsmittels (hier: Tapetenkleistermaschine) ist verpflichtet, das Gerät zu Beginn des Inverkehrbringens und sodann stichprobenartig darauf zu untersuchen, ob die Be-schaffenheit den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht. Eine Verlet-zung dieser Pflicht kann zur Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB führen, wenn es bei der bestimmungsgemäßen Verwendung des Geräts (hier: Reinigung) zu einem Körper-schaden des Verwen[X.] kommt. - 2 - ZPO §§ 513 Abs. 1, 529 Abs. 1 Nr. 1, 546 Auch nach der Reform des [X.] hat das Berufungsgericht die erstin-stanzliche Schmerzensgeldbemessung auf der Grundlage der nach § 529 ZPO maß-geblichen Tatsachen gemäß §§ 513 Abs. 1, 546 ZPO in vollem Umfang darauf zu überprüfen, ob sie überzeugt. Es darf sich nicht darauf beschränken, die [X.] der Vorinstanz auf Rechtsfehler zu überprüfen. [X.], Urteil vom 28. März 2006 - [X.] - [X.]

AG [X.]- 3 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 28. März 2006 durch die Vizepräsidentin Dr. [X.], [X.], die Richterin [X.] und [X.] und Zoll für Recht erkannt: Die Revision gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des [X.] vom 10. Februar 2005 wird auf Kosten der [X.] zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Der Kläger begehrt Ersatz materiellen Schadens und Schmerzensgeld wegen Schnittverletzungen an der linken Hand, die er sich nach seiner Behaup-tung beim Reinigen der [X.] einer bei der [X.] im Mai 2001 zugezogen habe. Die Beklagte importiert diese Maschinen aus [X.] und vertreibt sie in [X.] unter der Marke "[X.]". 1 Das Amtsgericht hat der Klage hinsichtlich des materiellen Schadens teilweise stattgegeben und dem Kläger ein Schmerzensgeld von 4.000 • zuer-kannt. Das [X.] hat die Berufung der [X.] zurückgewiesen und die 2 - 4 - Revision zugelassen. Mit dieser verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abwei-sung der Klage weiter. Entscheidungsgründe: [X.] 3 Das Berufungsgericht bejaht einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 [X.]. Es hat im Wesentlichen ausgeführt: Die nach Durchführung einer Beweisaufnahme vom Amtsgericht getroffene Feststellung, der Kläger habe sich beim Reinigen der Tapetenkleistermaschine verletzt, sei nicht zu [X.]. Die Beklagte sei als Quasi-Herstellerin verantwortlich nach § 3 Abs. 1 Satz 2 [X.]. Sie vertreibe unter der Marke "[X.]" die [X.] zum Weiterverkauf unter anderem an [X.].. Einen Hinweis auf den [X.] Hersteller wiesen die Tapetenkleistermaschine und deren Verpa-ckung nicht auf. Darüber hinaus sei die [X.] in § 3 Abs. 1 Satz 3 [X.] zu berücksichtigen. Danach gelte hilfsweise der Importeur als Herstel-ler. Der Hersteller verletze ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, wenn er gemäß § 4 Abs. 2 [X.] ein nicht im Sinne des § 6 Abs. 1 [X.] sicheres Produkt in den Verkehr gebracht habe. Nach dem Gutachten des Sachverständigen [X.] seien die Gratkanten der [X.], die nach innen ragten, messerscharf. Eine Reinigung entsprechend der auf dem Karton aufge-druckten Anleitung alleine durch [X.] sei nach den Ausführungen des Sachverständigen nicht möglich. Rechtswidrigkeit und Verschulden seien zu bejahen. Der [X.] sei vorzuwerfen, dass sie sich nicht durch eine einge-hende Überprüfung der frei zugänglichen Kanten der [X.] Gewissheit über die Sicherheit der Geräte verschafft habe. Auch habe sie es unterlassen, zusammen mit der Reinigungsanleitung der [X.] auf der Verpackung einen Warnhinweis auf die Möglichkeit der Verletzung beim Hineingreifen [X.] 5 - bringen. Die erstmals in der Berufungsinstanz erhobene Behauptung der [X.], bei der Tapetenkleistermaschine handele es sich um einen "Ausrei-ßer", sei aus prozessualen Gründen unbeachtlich. I[X.] 4 Die Revision der [X.] hat keinen Erfolg. 1. Zu Recht weist die Revision allerdings darauf hin, dass für die Beurtei-lung des Streitfalls nicht das Produktsicherheitsgesetz ([X.]), sondern das [X.] ([X.]) einschlägig ist. Das neue Geräte- und [X.] vom 6. Januar 2004 ([X.]), welches die vorgenannten Ge-setze außer [X.] gesetzt hat, findet auf den Vorfall aus 2001 noch keine An-wendung. Gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 2 g [X.] findet der zweite Abschnitt des Produktsicherheitsgesetzes über Produktsicherheit - mit Ausnahme der im Streitfall nicht relevanten Bestimmungen über Warnungen und Rückruf - keine Anwendung auf Produkte, deren sicherheitsrelevante Beschaffenheit im [X.] geregelt ist. 5 So liegt es hier. Das [X.] gilt für das Inverkehrbrin-gen technischer Arbeitsmittel (§ 1 Abs. 1 [X.]). Technische Arbeitsmittel sind unter anderem verwendungsfertige Arbeitseinrichtungen, vor allem Werkzeuge und Arbeitsgeräte (§ 2 Abs. 1 [X.]). Es muss sich um Einrichtungen handeln, die zu dem Zweck benutzt werden, Arbeit zu verrichten (vgl. [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 2 Rn. 5 f.). Jedes für die Erzielung eines Arbeits-erfolgs einsetzbare und nicht vollkommen ungefährliche Gerät ist ein techni-sches Arbeitsmittel im Sinne des [X.]es ([X.], [X.], 3. Aufl., §§ 1, 1a, 2 Rn. 14; zur weiteren Eingrenzung [X.]elbe Rn. 17 ff.; vgl. die Beispiele bei [X.] in [X.]/[X.], [X.] - 6 [X.], [X.]/97, 2450 S. 10). Nach der Absicht des Gesetzgebers sollen alle techni-schen Geräte erfasst werden, unabhängig davon, wo sie zum Einsatz gelangen: sei es im Betrieb, im Haushalt oder in einer Dienststelle ([X.], aaO, §§ 1, 1a, 2 Rn. 12). 7 Dazu zählt auch die von der [X.] importierte und vertriebene [X.]. Eine Ausnahme vom Anwendungsbereich nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 [X.] liegt nicht vor. [X.] für [X.] sind nicht ersichtlich (vgl. etwa die Beispiele bei [X.] in [X.]/[X.], aaO, S. 16 f.). 2. Das Urteil erweist sich jedoch im Ergebnis als richtig (§ 561 ZPO), da die Beklagte dem Kläger, der sich nach den verfahrensfehlerfrei getroffenen Feststellungen bei der Reinigung der Tapetenkleistermaschine verletzt hat, für die Verletzungsfolgen nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 2 [X.], § 847 Abs. 1 BGB a.F. haftet. 8 a) § 3 Abs. 1 und 3 [X.] ist Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB (Senat, Urteile vom 11. Dezember 1979 - [X.] ZR 141/78 - [X.], 380, 382 m.w.N. und vom 18. Januar 1983 - [X.] ZR 270/80 - VersR 1983, 346, 347; Beschlüsse vom 17. Januar 1984 - [X.] ZR 35/83 - [X.], 270 und vom 28. April 1987 - [X.] ZR 247/86 - [X.], 635, 636; vgl. auch [X.], [X.], 1158 mit Nichtannahmebeschluss des Senats vom 7. März 1989 - [X.] ZR 257/88 -; [X.], [X.], 207, 208 mit Nicht-zulassungsbeschluss des Senats vom 15. Juli 2003 - [X.] ZR 11/03 -; [X.] in [X.]/[X.], aaO, S. 3). 9 b) Die Beklagte hat den äußeren Tatbestand des § 3 Abs. 1 Satz 2 [X.] erfüllt, weil sie ein technisches Arbeitsmittel in den Verkehr gebracht hat, das nicht der von der Norm geforderten Beschaffenheit entsprach. 10 - 7 - aa) Die Tapetenkleistermaschine fällt nicht in den Regelungsbereich [X.] in § 3 Abs. 1 Satz 1 [X.] angesprochenen Rechtsverordnung. Die insoweit in Betracht kommende Neunte Verordnung zum [X.] (9. [X.]V = Maschinenverordnung; vgl. dort § 1 Abs. 2) gilt nicht für Maschinen, deren einzige [X.]quelle die unmittelbar angewandte menschliche Arbeitskraft ist (§ 1 Abs. 5 Nr. 1 der 9. [X.]V; vgl. [X.]/[X.], aaO, § 3 Rn. 32 f.). Es gilt also § 3 Abs. 1 Satz 2 [X.]. Danach dürfen technische Arbeitsmittel nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik sowie den Arbeitsschutz- und Unfallverhütungsvorschriften so be-schaffen sind, dass Benutzer oder Dritte bei ihrer bestimmungsgemäßen [X.] gegen Gefahren aller Art für Leben oder Gesundheit soweit geschützt sind, wie es die Art der bestimmungsgemäßen Verwendung gestattet (vgl. [X.], Urteil vom 11. Dezember 1979 - [X.] ZR 141/78 - aaO). 11 [X.]) Die Tapetenkleistermaschine war nicht dementsprechend beschaf-fen. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des [X.] sind die nach innen ragenden Gratkanten der [X.] messerscharf. Sämtliche Blechkanten sind nicht abgerundet, so dass eine er-höhte Verletzungsgefahr für den Benutzer besteht. Dieser Zustand entspricht nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik, denn die Blechkanten sind nach den auf sachverständiger Beratung beruhenden Feststellungen des Amtsgerichts, die sich das Berufungsgericht zu Eigen macht, bei der Produktion nach dem Abschneiden der Bleche zu entgraten. Bei dieser Sachlage liegt auch unter Berücksichtigung der hohen Anforderungen, die der erkennende Senat insoweit stellt (vgl. etwa Senat, Urteil vom 11. Dezember 1979 - [X.] ZR 141/78 - aaO; Beschluss vom 17. Januar 1984 - [X.] ZR 35/83 - aaO; [X.] in Kull-mann/[X.], aaO, S. 27 f.; [X.], aaO, § 3 Rn. 24 ff.), ein Verstoß gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik ersichtlich vor. 12 - 8 - cc) Entgegen der Auffassung der Revision scheidet eine Haftung der [X.] nicht deshalb aus, weil § 3 Abs. 1 Satz 2 [X.] an[X.] als § 6 Abs. 1 [X.] dem Wortlaut nach nur die bestimmungsgemäße Verwendung erfasst. 13 14 (1) Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 [X.] ist der gesetzlich gebotene Schutz bei "bestimmungsgemäßer Verwendung" zu gewährleisten. Bestimmungsgemäße Verwendung in diesem Sinne ist nach § 2 Abs. 5 [X.] die Verwendung, für die die technischen Arbeitsmittel nach den Angaben derjenigen, die sie in den [X.] bringen, insbesondere nach ihren Angaben zum Zwecke der Werbung, geeignet sind (Nr. 1) oder die übliche Verwendung, die sich aus der Bauart und Ausführung der technischen Arbeitsmittel ergibt (Nr. 2). Demgegenüber stellt das Produktsicherheitsgesetz nicht allein auf die bestimmungsgemäße [X.], sondern in § 6 Abs. 1 [X.] daneben auf die zu erwartende [X.] ab. Es wird nicht einheitlich beurteilt, ob es sich hierbei um mehr als einen sprachlichen Unterschied handelt (vgl. [X.]/[X.], aaO, § 3 Rn. 51), oder ob nicht der Schutzbereich des [X.]es, auch ohne dies ausdrücklich zu benennen, eine nahe liegende Fehlanwendung, einen üb-lichen Fehlgebrauch ([X.] in [X.]/[X.], aaO, S. 7 m.w.N.) oder eine für den Hersteller vorhersehbare Verwendung erfasst ([X.]/[X.], aaO, § 3 Rn. 55 im Hinblick auf [X.]/[X.] vgl. aaO § 2 Rn. 53 und § 3 Rn. 47, 49, 52; [X.] in [X.]/[X.], aaO, S. 7; [X.], aaO, § 3 Rn. 82 [für Spielzeug]). (2) Diese Frage bedarf im Streitfall keiner Beantwortung. Denn der Unfall hat sich bei bestimmungsgemäßer Verwendung ereignet. Der Kläger hat die Maschine entsprechend ihrer Bestimmung zum Einkleistern von Tapeten ver-wendet. Das Reinigen der [X.] nach dem Gebrauch ist zur Sicherstel-lung wiederholter Nutzung unerlässlich und gehört ebenso zum Verwendungs-vorgang wie das Einfüllen des Kleisters davor (vgl. auch [X.], [X.], 1133). Durch den Begriff der bestimmungsgemäßen Verwendung sollen 15 - 9 - die Nutzung zu anderen Zwecken, wie etwa die eines Rasenmähers zum [X.], oder offensichtlicher Fehlgebrauch ausgeschlossen werden (vgl. [X.] in [X.]/[X.], aaO, S. 7; [X.], NJW-RR 1986, 658, 659), nicht aber notwendige Nach- und Vorbereitungshandlungen an techni-schen Arbeitsmitteln. Diese sind Teil des einheitlichen Verwendungsbegriffs im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 2 [X.]. Auch die auf der Verpackung abgedruckte Reinigungsanleitung nimmt das Hineingreifen in die Wanne zum Zweck der Reinigung bereits dem Wort-sinn nach nicht aus dem Verwendungsbegriff heraus. Sie lautet: "[X.] ausgießen und die Wanne unter fließendem Wasser reinigen. [X.] an der Luft trocknen lassen und im Originalkarton aufbewahren". Eine Be-schränkung der Reinigung auf bloßes [X.] ohne manuelle Unterstützung ist hieraus nicht zu entnehmen. 16 [X.]) Die Beklagte hat die Tapetenkleistermaschine dadurch in den [X.] gebracht, dass sie diese aus [X.] importierte und an die Handelskette [X.]. weiterverkaufte, wo sie der Kläger erwarb (§ 3 Abs. 1 Satz 2 [X.]). [X.] § 2 Abs. 3 Satz 1 [X.] ist Inverkehrbringen jedes Überlassen technischer Arbeitsmittel an andere. Hierunter fällt die Lieferung des inländischen [X.] an den inländischen Händler oder Verbraucher (vgl. Senat, Urteil vom 11. Dezember 1979 - [X.] ZR 141/78 - aaO; [X.], Urteil vom 13. Mai 1981 - [X.]II ZR 113/80 - NJW 1981, 2640, 2641; [X.] in [X.]/[X.], aaO, S. 19 und 23; [X.]., Produkthaftungsrecht, 5. Aufl., Rn. 318). 17 ee) Das Berufungsgericht stellt verfahrensfehlerfrei fest, dass sich der Kläger beim Reinigen der [X.] verletzt hat. Die Kausalität der Schutz-gesetzverletzung für den beim Kläger eingetretenen Körperschaden wird von der Revision nicht in Frage gestellt. 18 c) Die Beklagte handelte auch schuldhaft. 19 - 10 - aa) Ein Verstoß gegen den objektiven bzw. äußeren Tatbestand des § 3 Abs. 1 Satz 2 [X.] begründet in einem Schadensfall noch keine Haftung. Eine Schadensersatzpflicht besteht für den [X.] nur, wenn ihn ein Verschulden an dem Gesetzesverstoß trifft (vgl. Senat, Urteil vom 11. Dezember 1979 - [X.] ZR 141/78 - aaO; [X.] in [X.]/[X.], aaO, S. 33; [X.]., aaO, Rn. 280 f.; [X.], aaO, § 3 Rn. 157). Bei dieser Prüfung ist zu beachten, dass § 3 Abs. 1 Satz 2 [X.] dem Importeur nicht dieselben [X.] wie einem Hersteller auferlegt. Jedem [X.] kann nur der Standard seines Berufskreises abverlangt werden (Senat, Urteil vom 11. Dezember 1979 - [X.] ZR 141/78 - aaO; [X.] in [X.]/[X.], aaO, S. 34, 35; [X.]., aaO, Rn. 325, 330; [X.], aaO, § 3 Rn. 159; BT-Drucks. 12/2693 S. 17, 21). 20 [X.]) Die Beklagte, die das von ihr aus [X.] importierte Produkt in hoher Stückzahl vertreibt, wäre jedenfalls verpflichtet gewesen, die Tapetenkleister-maschinen zu Beginn des Inverkehrbringens und sodann stichprobenartig dar-auf zu untersuchen, ob die Beschaffenheit den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht. Eine dahingehende Überprüfungspflicht des Importeurs hat der erkennende Senat bereits bejaht (Senat, Urteil vom 11. Dezember 1979 - [X.] ZR 141/78 - aaO). Sie ist auch in der Literatur anerkannt ([X.] in Kull-mann/[X.], aaO, S. 35 f.; [X.]., aaO, Rn. 330 f.; [X.], aaO, § 3 Rn. 159; [X.], [X.] 1985, Beilage 4, 10, 12; [X.], [X.] 1980, 445, 446; vgl. auch BT-Drucks. 12/2693 S. 17, 21). Der Fehler wäre bei pflichtgemäßer Unter-suchung ohne weiteres entdeckt worden (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 11. [X.] 1979 - [X.] ZR 141/78 - aaO). 21 cc) Es ist nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht hinsichtlich der Überprüfungspflicht der [X.] keine näheren Feststellungen getroffen hat. Da die Beklagte § 3 Abs. 1 Satz 2 [X.] objektiv verletzt hat, spricht eine Vermutung dafür, dass diese Verletzung des Schutzgesetzes auch schuldhaft 22 - 11 - erfolgt ist. Es lag an der [X.], Umstände darzulegen und zu beweisen, die geeignet sind, die Annahme zumindest fahrlässigen Verhaltens auszuräumen (vgl. Senat, Beschluss vom 17. Januar 1984 - [X.] ZR 35/83 - aaO, 271; [X.], [X.], 605, 606; [X.], [X.] 1980, 445, 446; alle zu § 3 Abs. 1 [X.]; [X.], NJW-RR 1992, 670, 671; [X.], aaO, Rn. 286 zu § 3 Abs. 3 Satz 2 [X.]). [X.]) Ohne Rechtsfehler geht das Berufungsgericht davon aus, die [X.] sei insoweit ihrer Darlegungspflicht nicht nachgekommen. 23 Welche Prüfungen der Importeur anstellen und in welchem Umfang er die importierten Geräte untersuchen oder untersuchen lassen muss, ist eine Frage des Einzelfalls ([X.] in [X.]/[X.], aaO, S. 36; [X.], aaO, Rn. 331; [X.], [X.] 1980, 445, 446). Die Häufigkeit der notwen-digen Stichproben hängt unter anderem davon ab, ob die importierten Maschi-nen aus einem Fertigungsvorgang stammen oder nicht. Im letztgenannten Fall sind häufigere Stichproben erforderlich, um die Entdeckung von Fehlern wahr-scheinlich zu machen. Ferner kann den Importeur bei Importen aus dem außer-europäischen Bereich eine besondere Verantwortung treffen ([X.], NJW 1997, 2015, 2017; [X.], [X.] 1980, 445, 446). 24 Die Revision legt nicht dar, dass die Beklagte insoweit erstinstanzlich in dem erforderlichen Maße vorgetragen habe. Das Berufungsgericht hat insoweit entgegen der Annahme der Revision auch nicht verfahrensfehlerhaft die [X.] entlastenden zweitinstanzlichen Sachvortrag übergangen. Es hat ausge-führt, die erstmals in der Berufungsinstanz erhobene Behauptung der [X.]n, bei der Tapetenkleistermaschine handele es sich um einen "Ausreißer", sei neu und unsubstantiiert. Es werde nicht vorgetragen, wie viele Stichproben in Anbetracht der nach Behauptung der [X.] mehr als zehntausendfach ver-25 - 12 - triebenen Maschinen die Beklagte selbst durchgeführt habe oder habe durch-führen lassen. 26 Das Berufungsgericht hat den zweitinstanzlichen Vortrag der [X.] entgegen der Auffassung der Revision zu Recht als neu angesehen und des-halb unberücksichtigt gelassen. Er war sowohl in tatsächlicher Hinsicht als auch aus rechtlichen Gründen neu im Sinne der §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO. Die Beklagte hatte im Schriftsatz vom 29. Juli 2004 an das Amtsgericht lediglich dargelegt, dass die Tapetenkleistermaschine zehntausendfach im [X.] vertrieben werde. Die Frage eines Ausreißers wird in diesem [X.] nur spekulativ behandelt. Zudem handelte es sich um Vorbringen in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz. Dieses ist in zweiter Instanz neu ([X.], Urteil vom 2. April 2004 - [X.]/03 - [X.], 2382; vgl. [X.]/[X.], ZPO, 4. Aufl., § 296 a Rn. 5 m.w.N.; [X.]/Ball, aaO, § 531 Rn. 14; [X.]/[X.], ZPO, 25. Aufl., § 296 a Rn. 3). Die Revision zeigt keine Gründe auf, die das Amtsgericht hätten veranlassen müssen, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen. Die Erheblichkeit eines erstmals in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz enthaltenen Vorbringens allein wäre nicht ausrei-chend (vgl. [X.]/[X.], aaO, § 156 Rn. 4; [X.]/[X.], aaO, § 156 Rn. 4). Das Amtsgericht war auch nicht verpflichtet, die Beklagte auf zuvor in ihrem Vortrag nicht andeutungsweise enthaltenes entlastendes Vorbringen [X.] (vgl. [X.] 156, 269, 270 f.; [X.], Urteil vom 23. November 2005 - [X.]II ZR 43/05 - NJW 2006, 434, 435; [X.]/[X.], aaO, § 139 Rn. 5, 7, 9; [X.]/[X.], aaO, § 139 Rn. 3, 17), so dass auch insoweit kein zwingender Grund zur Wiedereröffnung bestand (hierzu [X.]/[X.], aaO, § 156 Rn. 3; § 283 Rn. 5). Dass die Berücksichtigung der neuen Tatsachen durch das Berufungsge-richt hier ausnahmsweise zulässig gewesen sein könnte (§§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO), legt die Revision nicht dar. Auf ihre im Zusammenhang mit 27 - 13 - der vom Berufungsgericht angenommenen fehlenden Substantiierung des [X.] erhobenen [X.] kommt es danach nicht mehr an. 28 3. Die Revision macht auch ohne Erfolg geltend, das Berufungsgericht habe sich hinsichtlich der Höhe des zuerkannten Schmerzensgeldes darauf beschränkt zu prüfen, ob eine Ermessensüberschreitung des [X.]. Zwar wäre es fehlerhaft gewesen, wenn sich das Berufungsgericht auf eine bloße Überprüfung der Ermessensausübung des Amtsgerichts beschränkt hätte. So sind seine Ausführungen indes nicht zu verstehen. a) Die Frage, inwieweit das Berufungsgericht nach der Neuregelung des [X.] die Bemessung des Schmerzensgeldes durch die [X.] überprüfen kann, wird nicht einheitlich beurteilt. Einerseits wird vertreten, eine Überprüfung sei auf Rechtsfehler beschränkt. Lägen solche nicht vor, dürfe die Berufungsinstanz nicht eigenes Ermessen an die Stelle der Bestimmung durch die Vorinstanz setzen ([X.], [X.], 924, 925; [X.], [X.], 398, 399; [X.], [X.], 134, 135; vgl. auch [X.], [X.], 757; [X.], [X.], 959). Nach der Ge-genmeinung darf und muss das Berufungsgericht ohne Bindung an die [X.] des erstinstanzlichen Gerichts, allerdings im Rahmen seiner Bindung an die Tatsachenfeststellungen gemäß § 529 Abs. 1 ZPO, selbst über die Bemessung des im Einzelfall angemessenen Schmerzensgeldes befinden ([X.], [X.], 953, 954). 29 b) Die letztgenannte Auffassung trifft zu. Eine Beschränkung der Prü-fungskompetenz des Berufungsgerichts - entsprechend der des Revisionsge-richts - hat der [X.] bereits für den Bereich der Vertragsausle-gung abgelehnt ([X.] 160, 83 ff.) und darauf hingewiesen, dass im Bereich der rechtlichen Bewertung festgestellter Tatsachen eine Bindung des [X.] an eine lediglich mögliche, aber nicht überzeugende Wertung der 30 - 14 - Vorinstanz nicht besteht ([X.] 160, 83, 92). Die insoweit angestellten [X.] gelten für die Überprüfung der Schmerzensgeldbemessung in gleicher Weise (vgl. [X.], aaO; [X.], jurisPR-[X.]ivilR 33/2004 [X.]). Auch nach der Reform des [X.] hat das Berufungsgericht die erstinstanzliche Schmerzensgeldbemessung auf der Grundlage der nach § 529 ZPO maßgeblichen Tatsachen gemäß §§ 513 Abs. 1, 546 ZPO in vollem [X.] darauf zu überprüfen, ob sie überzeugt. Hält das Berufungsgericht sie für zwar vertretbar, letztlich aber bei Berücksichtigung aller Gesichtspunkte nicht für sachlich überzeugend, so darf und muss es nach eigenem Ermessen einen eigenen, dem Einzelfall angemessenen Schmerzensgeldbetrag finden. Das Be-rufungsgericht darf es nicht dabei belassen zu prüfen, ob die Bemessung Rechtsfehler enthält, insbesondere ob das Gericht sich mit allen maßgeblichen Umständen ausreichend auseinandergesetzt und um eine angemessene Be-ziehung der Entschädigung zu Art und Dauer der Verletzungen bemüht hat (vgl. Senat [X.] 138, 388, 391 m.w.N.). d) Hier hat das Berufungsgericht ausgeführt, das zuerkannte Schmer-zensgeld von 4.000 • bewege sich an der oberen Grenze des zuzubilligenden Rahmens. Eine Abänderung sei jedoch nicht gerechtfertigt, da das Amtsgericht das ihm eingeräumte Ermessen nicht überschritten habe. Auch wenn dieser Satz missverständlich sein könnte, lassen die nachfolgenden Ausführungen erkennen, dass das Berufungsgericht sich selbst mit den für die Schmerzens-geldbemessung maßgebenden Faktoren auseinandergesetzt hat und das vom [X.] zuerkannte Schmerzensgeld als angemessenen Ausgleich für den immateriellen Schaden des [X.] ansieht. Es heißt nämlich, 4.000 • seien angesichts der Art der Verletzung, der Dauer der Arbeitsunfähigkeit und des Dauerschadens vertretbar. Die Sehnen des linken Handgelenks seien ebenso teilweise durchtrennt gewesen, wie Nerven der Hand. An der Daumenwurzel des [X.] seien eine sichtbare Narbe sowie Gefühlsminderungen geblieben. 31 - 15 - Der Kläger sei vom 19. Mai 2001 bis zum 10. Juni 2001 zu 100 % arbeitsunfä-hig gewesen. 32 Diese Ausführungen sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. [X.]

Greiner

[X.] Pauge Zoll Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 19.08.2004 - 3 C 55/04 - [X.], Entscheidung vom 10.02.2005 - 6 S 242/04 -

Meta

VI ZR 46/05

28.03.2006

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.03.2006, Az. VI ZR 46/05 (REWIS RS 2006, 4277)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 4277

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