Bundesfinanzhof, Beschluss vom 13.02.2014, Az. VII B 122/13

7. Senat | REWIS RS 2014, 7912

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Gegenstand

Tarifierung von Schmelzmagnesiachrom


Leitsatz

1. NV: Schmelzmagnesiachrom ist eine Ware im Sinne der Position 6815 KN (Waren aus mineralischen Stoffen, anderweit weder genannt noch inbegriffen). Unter dem Begriff "Waren" sind nicht nur Fertigerzeugnisse zu verstehen.

2. NV: Die Aufführung eines Erzeugnisses unter einer Code-Nummer in der Zollaussetzungsverordnung (EU) Nr. 1344/2011 ist keine verbindliche Einreihungsregelung i.S.d. Art. 9 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87.

Tatbestand

1

I. Auf Antrag der Klägerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin) hatte die seinerzeit zuständige [X.] eine verbindliche Zolltarifauskunft ([X.]) für [X.] erteilt.

2

[X.] wird hergestellt, indem geschmolzenes oder kaustisch gebranntes Magnesit und Chromit in einem bestimmten Verhältnis gemischt und in einem Lichtbogen geschmolzen werden. Das Produkt erstarrt in harten Brocken zementgrauer Färbung mit einem Durchmesser von ca. 1 bis 5 cm. Das Erzeugnis wird zur Herstellung feuerfester Steine verwendet.

3

Mit der [X.] wurde das [X.] in die [X.]. 6815 91 00 der Kombinierten Nomenklatur ([X.]) eingereiht ("Waren aus Steinen oder anderen mineralischen Stoffen (einschließlich Kohlenstofffasern, Waren aus Kohlenstofffasern und Waren aus Torf), anderweit weder genannt noch inbegriffen: andere, Magnesit, Dolomit oder Chromit enthaltend").

4

Diese Einreihung widerrief der nunmehr bundesweit für [X.] zuständige Beklagte und Beschwerdeführer (das Hauptzollamt --[X.]--) mit der Begründung, das [X.] sei unregelmäßig geformt und damit keine Ware i.S. der Pos. 6815 [X.]. Es handele sich auch nicht um einen mineralischen Stoff, sondern um ein chemisches, synthetisches Erzeugnis. Zutreffend sei es in die [X.]. 3824 90 97 [X.] einzureihen.

5

Das Finanzgericht (FG) hob den Widerrufsbescheid auf die Klage der Klägerin auf. Das [X.] sei --wie in der [X.] zu Recht entschieden-- eine Ware i.S. der Pos. 6815 [X.], die keine besondere Form haben müsse und aus mineralischen Stoffen bestehe.

6

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht das [X.] die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend.

Entscheidungsgründe

7

II. [X.] ist unbegründet. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, weil die vom [X.] aufgeworfenen Fragen nicht klärungsbedürftig sind. An der Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage fehlt es, wenn sich die Antwort auf die Rechtsfrage ohne Weiteres aus dem klaren Wortlaut und Sinngehalt der anzuwendenden Regelungen ergibt oder diese offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das [X.] getan hat (Beschlüsse des [X.] vom 18. August 2005 II B 90/04, [X.], 62; vom 26. Mai 2004 III B 89/03, [X.], 1221; vom 10. Oktober 1994 [X.], [X.] 1995, 472, m.w.[X.]).

8

1. Die als klärungsbedürftig bezeichnete Frage, ob "die Formgebung Voraussetzung für die Einreihung einer Ware in das [X.]. 68 [X.]" ist, beantwortet sich in Anwendung der Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung der [X.] ([X.]) und der dazu ergangenen Rechtsprechung (s. Urteil des Gerichtshofs der [X.] vom 15. November 2012 [X.]/11, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern 2013, 41, Rz 29, m.w.[X.]). Danach ist das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der [X.]itionen der [X.] und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder [X.]iteln festgelegt sind ([X.] 1 und 6). Die [X.]ition und [X.]ition mit der genaueren Warenbezeichnung gehen der [X.]ition und [X.]ition mit allgemeiner Warenbezeichnung vor ([X.] 3 Buchst. a und 6).

9

[X.]. 6815 [X.] bezeichnet "Waren aus Steinen oder anderen mineralischen Stoffen (...), anderweit weder genannt noch inbegriffen", von der [X.]. 6815 91 00 [X.] werden "andere" Waren aus mineralischen Stoffen erfasst, "Magnesit, Dolomit oder Chromit enthaltend". Von einer bestimmten "Formgebung" der Ware ist nicht die Rede. Auch die Anmerkungen zu [X.]. 68 [X.] und die von der [X.] zur [X.] (Erl[X.]) und von der Weltzollorganisation zum Harmonisierten System ([X.]) ausgearbeiteten Erläuterungen (Erl[X.]), die ein wichtiges, wenn auch nicht rechtsverbindliches Hilfsmittel zur Auslegung der einzelnen Tarifpositionen sind, enthalten keine solchen Vorgaben für die Einreihung.

Die Auffassung des [X.], das [X.] sei noch nicht als "Ware" i.S. der [X.]. 6815 [X.] anzusehen, weil darunter nur weiterverarbeitete Erzeugnisse, nicht aber Vorerzeugnisse wie das [X.] fielen, ist nicht zu folgen. Der vom [X.] für seine Auslegung angeführte Vergleich mit den in Erl[X.] zu [X.]. 6815 [X.] Rz 02.0 bis 12.0 aufgeführten Waren erlaubt einen solchen Schluss nicht, denn es handelt sich hierbei nur um eine beispielhafte Aufzählung, aus der sich nicht herleiten lässt, unter einer "Ware" i.S. der [X.]. 6815 [X.] seien nur Fertigerzeugnisse zu verstehen.

Nach dem in erster Linie maßgeblichen Wortlaut der Tarifpositionen ist zwischen einem mineralischen Stoff des Abschn. V [X.] einerseits und einer Ware aus einem solchen Stoff andererseits zu unterscheiden. Sowohl Magnesit als auch Chromit sind von Abschn. V [X.] erfasste mineralische Stoffe. Dass eine Verarbeitung durch ein Verschmelzen dieser Stoffe zu einem neuen, anderen Erzeugnis und damit zu einer "Ware aus [...] mineralischen Stoffen" führt, ist nicht zweifelhaft. Das [X.] hat dies zutreffend erkannt. Ob in diesem Erzeugnis Magnesit und Chromit noch i.S. der [X.]. 6815 91 00 [X.] "enthalten" sind (was das [X.] allerdings nicht bezweifelt) oder stattdessen die [X.]. 6815 99 00 [X.] einschlägig ist, kann offenbleiben; eine grundsätzliche klärungsbedürftige Rechtsfrage ergibt sich jedenfalls insoweit nicht.

2. Die Frage, ob "in die [X.]. 6815 [X.] einfache Mischungen von mineralischen Erzeugnissen der [X.]. 25 und 26 bzw. des [X.]. 28 [X.]" gehören, stellt sich im Streitfall nicht, denn es handelt sich nach den Feststellungen des [X.] bei dem [X.] nicht um eine "einfache" Mischung, sondern um ein durch Schmelzen der Ausgangsprodukte Magnesit und Chromit in einem Lichtbogen gewonnenes Zwischenprodukt.

3. Ob das streitige Erzeugnis auch die Voraussetzung für eine Einreihung in die [X.]. 3824 [X.] erfüllt, kann offenbleiben. Wäre dies der Fall, müsste das Erzeugnis gleichwohl gemäß [X.] 3 Buchst. c der [X.]. 6815 [X.] zugewiesen werden.

4. Ein Grund für die Zulassung der Revision ergibt sich auch nicht daraus, dass in der Zollaussetzungsverordnung ([X.]) Nr. 1344/2011 des Rates vom 19. Dezember 2011 ([X.] Nr. 1344/2011) --Amtsblatt der [X.] Nr. L 349/1-- ein als "Schmelzmagnesia mit einem Gehalt an [X.] von 15 GHT oder mehr" bezeichnetes Erzeugnis unter dem [X.]-Code 3824 90 97 aufgeführt ist. Zum einen ist nicht festgestellt --und im Revisionsverfahren könnten entsprechende Feststellungen auch nicht nachgeholt werden--, dass das streitgegenständliche [X.] und die in der [X.] Nr. 1344/2011 erfasste Ware identisch sind. Zum anderen handelt es sich bei der [X.] Nr. 1344/2011 nicht um eine verbindliche Einreihungsregelung [X.]. 9 Abs. 1 der Verordnung ([X.]) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif ([X.] Nr. L 256/1), mit der von einer nach den Regeln der [X.] gebotenen Einreihung abgewichen werden könnte. Vielmehr zielt sie ausweislich ihres 1. und 6. [X.] ausschließlich ab auf die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der [X.]-Unternehmen, weil und solange --u.a.-- bestimmte gewerbliche Waren nicht oder nur in unzureichender Menge hergestellt werden können.

5. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung.

Meta

VII B 122/13

13.02.2014

Bundesfinanzhof 7. Senat

Beschluss

vorgehend FG Hamburg, 24. Mai 2013, Az: 4 K 42/12, Urteil

Pos 6815 UPos 9100 KN, Pos 3824 UPos 9097 KN, EUV 1344/2011, Art 9 Abs 1 EWGV 2658/87

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 13.02.2014, Az. VII B 122/13 (REWIS RS 2014, 7912)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7912

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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