Bundesfinanzhof, Urteil vom 22.05.2019, Az. XI R 44/17

11. Senat | REWIS RS 2019, 7016

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Gegenstand

Gezahlte Optionsprämie als Teil der Anschaffungskosten der nach Optionsausübung zum Basispreis erworbenen Aktien


Leitsatz

Die für die Einräumung der Option ursprünglich angefallenen Anschaffungskosten sind bei Optionsausübung als Anschaffungsnebenkosten Teil der Anschaffungskosten der zum vereinbarten Basispreis erworbenen Aktien.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 29.11.2016 - 6 K 4005/14 K,F aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens trägt die Klägerin.

Tatbestand

I.

1

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), ein Unternehmen der [X.] ([X.]) in der Rechtsform der GmbH, erwirbt und verwaltet Beteiligungen an [X.] Unternehmen für Gesellschaften der [X.]. [X.]lleinige Gesellschafterin der Klägerin ist die im [X.] ansässige B.

2

Seit 1980 war die Klägerin mehrheitlich an der in der [X.] ansässigen [X.] beteiligt. Die Beteiligung, die in ihren Bilanzen im [X.]nlagevermögen ausgewiesen ist, wuchs bis 2013 auf … % an.

3

[X.]m 9. Dezember 1986 erwarb die Klägerin von [X.] emittierte Optionsanleihen im Nominalwert von … DM. Die mit den erworbenen [X.]nleihen verknüpften Optionsscheine berechtigten den jeweiligen Inhaber zum Erwerb von insgesamt 210 108 [X.]ktien der [X.] zum Preis von … DM je [X.]ktie (Basispreis). [X.]m 15. Dezember 1986 veräußerte die Klägerin die [X.]nleihen ohne die Optionsscheine, die sie zurückbehielt und in ihrem [X.]nlagevermögen zum 31. Dezember 1986 mit den anteiligen [X.]nschaffungskosten in Höhe von … DM erfasste. Die Optionsscheine schrieb sie zum 31. Dezember 1987 um … DM auf … DM ab. Nach einer Veräußerung im Jahre 1990 verblieben bei ihr noch 210 000 Optionsscheine zu einem Buchwert von … DM.

4

[X.] (Streitjahr) übte die Klägerin ihr Optionsrecht aus und erwarb 210 000 [X.]ktien der [X.] zu dem in den Optionsbedingungen festgelegten Basispreis für insgesamt … DM. Sie aktivierte die [X.]ktien im [X.]nlagevermögen zum 31. Dezember 1996 mit diesen [X.]nschaffungskosten zuzüglich dem Buchwert der Optionsscheine.

5

Der Beklagte und Revisionskläger (das [X.]inanzamt --[X.][X.]--) veranlagte die Klägerin für das Streitjahr zunächst erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 [X.]bs. 1 der [X.]bgabenordnung.

6

Nach einer [X.]ußenprüfung gelangte das [X.][X.] zu der [X.]uffassung, dass die erworbenen [X.]ktien mit den [X.]nschaffungskosten zuzüglich der ursprünglichen [X.]nschaffungskosten der Optionsscheine, insgesamt mit … DM, zu aktivieren seien. Die Differenz zwischen dem Buchwert der eingesetzten Optionsscheine und deren historischen [X.]nschaffungskosten sei steuerpflichtiger Ertrag. Es ergingen --unter [X.]ufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung-- auf dieser Grundlage unter dem 28. [X.]ugust 2013 Änderungsbescheide zur Körperschaftsteuer 1996, zur gesonderten [X.]eststellung des verbleibenden [X.] zur Körperschaftsteuer auf den 31. Dezember 1996 und zur gesonderten [X.]eststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 [X.]bs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes ([X.]) zum 31. Dezember 1996.

7

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gab das [X.] ([X.]) der Klage mit seinem in Entscheidungen der [X.]inanzgerichte (E[X.]) 2017, 369 veröffentlichten Urteil vom 29. November 2016 - 6 K 4005/14 K,[X.] statt. Es führte im Wesentlichen aus, mit der [X.] entfalle das bislang aktivierte Wirtschaftsgut "Option". [X.]ür den [X.]ktienerwerb entstehe ein zusätzlicher [X.]ufwand in Höhe des wegfallenden [X.]. Hierfür könne nur der Wert berücksichtigt werden, der nicht bereits durch wirtschaftliche [X.]bwertung substantiell verbraucht gewesen sei. [X.]ür das Streitjahr sei keine Vorschrift ersichtlich, die --wie § 6 [X.]bs. 1 Nr. 1 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.d.[X.]. des [X.] 1999/2000/2002 --StEntlG 1999/2000/ 2002-- ([X.], 402) mit Wirkung ab dem ersten nach dem 31. Dezember 1998 endenden Wirtschaftsjahr-- eine [X.] anordnen würde.

8

Mit seiner Revision rügt das [X.][X.] die Verletzung materiellen und formellen Rechts. Es ist im [X.] der [X.]nsicht, dass die Vorentscheidung nicht dem handelsrechtlichen [X.]nschaffungskostenbegriff [X.] von § 255 [X.]bs. 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB) entspreche, der auch für die steuerrechtliche Bewertung [X.] von § 6 [X.]bs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG gelte. Die ursprünglich gezahlten Optionsprämien seien [X.]nschaffungsnebenkosten. Diese stünden in einem unmittelbaren rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem [X.]ktienerwerb. Jedenfalls sei nicht der Buchwert, sondern der "aktuelle innere" Wert des aktivierten [X.] am 29. November 1996, dem Tag der [X.], zu berücksichtigen. Dieser dem Marktwert entsprechende Wert liege unstreitig über den historischen [X.]nschaffungskosten, durch die er begrenzt sei. [X.]ußerdem habe das [X.] sein Vorbringen, dass die Klägerin bereits beim [X.] beabsichtigt habe, nachfolgend [X.]ktien zu erwerben, nicht berücksichtigt.

9

Das [X.][X.] beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Sie meint, die [X.]usübung einer Option sei kein Tausch [X.] von § 6 [X.]bs. 6 Satz 1 EStG, der zur [X.]ufdeckung stiller Reserven führe. Die vom [X.][X.] vertretene Rechtsauffassung verstoße gegen das Prinzip der Erfolgsneutralität von [X.]nschaffungsvorgängen und den Grundsatz der [X.]bschnittsbesteuerung. Die Berücksichtigung der ursprünglich gezahlten Optionsprämien widerspreche zudem dem Realisationsprinzip und der "Zweivertragstheorie". Es bedürfe einer gesetzlichen Grundlage, soweit eine vorangegangene Teilwertabschreibung durch [X.] kompensiert werden solle; § 6 [X.]bs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. Nr. 1 Satz 4 EStG komme im Streitfall jedoch nicht zur [X.]nwendung. Erst eine spätere Veräußerung der erworbenen [X.]ktien führe über einen höheren Veräußerungsgewinn zur Realisierung der stillen Reserven des [X.]. Beim [X.] habe sie, die Klägerin, noch keine grundsätzliche Entscheidung darüber getroffen, nachfolgend [X.]ktien der [X.] zu erwerben.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

Das von der Klägerin für den Erwerb der Kaufoption ursprünglich gezahlte Entgelt gehört zu den Anschaffungsnebenkosten der im Streitjahr zum vereinbarten Basispreis erworbenen Aktien. Auf den aktuellen (teilwertberichtigten) Buchwert der Option, die als eigenständiger Vermögensgegenstand zu aktivieren ist und bei Optionsausübung untergeht, ist dagegen --an[X.] als das [X.] meint-- nicht abzustellen.

1. Im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 [X.] sind gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG Beteiligungen im Anlagevermögen regelmäßig mit den Anschaffungskosten anzusetzen.

a) Anschaffungskosten sind gemäß § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können. Zu den Anschaffungskosten gehören neben den nachträglichen Anschaffungskosten als Folgekosten auch die Nebenkosten des Erwerbsvorgangs (§ 255 Abs. 1 Satz 2 HGB).

b) Dieser handelsrechtliche Begriff der Anschaffungskosten ist in Ermangelung einer abweichenden Definition im EStG auch der [X.] Beurteilung zugrunde zu legen (vgl. z.B. Urteile des [X.] --[X.]-- vom 19. Dezember 2000 - IX R 100/97, [X.], 182, [X.] 2001, 345, unter [X.], Rz 9, m.w.[X.]; vom 17. Oktober 2001 - I R 32/00, [X.], 58, [X.] 2002, 349, unter [X.], Rz 17; vom 26. April 2006 - I R 49, 50/04, [X.], 374, [X.] 2006, 656, unter II.2., Rz 15; vom 29. März 2017 - I R 73/15, [X.], 38, [X.] 2017, 1065, Rz 10).

aa) Die Annahme von Anschaffungskosten i.S. des § 255 Abs. 1 HGB setzt Aufwendungen des bilanzierenden Steuerpflichtigen voraus (vgl. z.B. [X.]-Urteil in [X.], 38, [X.] 2017, 1065, Rz 10, m.w.[X.]). Erforderlich ist eine bilanzielle Belastung, etwa durch den Abgang oder die wertmäßige Verringerung eines Aktivpostens oder durch den Zugang eines Passivpostens (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/Schüppen, Bilanzrecht, § 255 HGB Rz 2, 22).

bb) Der Begriff der Anschaffungskosten ist wegen der Einbeziehung von Nebenkosten und nachträglichen Anschaffungskosten grundsätzlich umfassend. Er enthält --unter Ausschluss der [X.] alle mit dem [X.] verbundenen Kosten (vgl. z.B. [X.]-Urteil vom 14. Dezember 2011 - I R 108/10, [X.], 117, [X.] 2012, 238, Rz 29, m.w.[X.]), somit neben der Entrichtung des Kaufpreises alle sonstigen Aufwendungen des Erwerbers, die in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Anschaffung stehen, insbesondere zwangsläufig im Gefolge der Anschaffung anfallen (vgl. z.B. [X.]-Urteil in [X.], 117, [X.] 2012, 238, Rz 29, m.w.[X.]). Nicht entscheidend ist, ob diese Kosten bereits im Zeitpunkt des Erwerbs oder erst im [X.] hieran als Folgekosten des Erwerbsvorgangs entstehen (vgl. Beschluss des Großen Senats des [X.] vom 12. Juni 1978 - GrS 1/77, [X.]E 125, 516, [X.] 1978, 620; [X.]-Urteil in [X.], 117, [X.] 2012, 238, Rz 29).

cc) Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts können nur solche Kosten sein, die nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten dessen Beschaffung tatsächlich zuzuordnen sind. Hierzu ist ein bloßer kausaler oder zeitlicher Zusammenhang mit der Anschaffung nicht ausreichend. Vielmehr kommt es auf die Zweckbestimmung der Aufwendungen an (sog. finaler Begriff der Anschaffungskosten). Dieser Zweck muss --aus der Sicht des [X.] auf die beabsichtigte Funktion und Eigenschaft ("angestrebter Erfolg und betriebsbereiter Zustand") des angeschafften Wirtschaftsguts als Teil des Betriebsvermögens gerichtet sein (vgl. [X.]-Urteile vom 20. April 2011 - I R 2/10, [X.]E 233, 251, [X.] 2011, 761, Rz 15, m.w.[X.]; in [X.], 117, [X.] 2012, 238, Rz 30).

c) Gewinne sind nur zu berücksichtigen, wenn sie am Abschlussstichtag realisiert sind (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 HGB). Daraus folgt u.a., dass [X.] erfolgsneutral zu behandeln sind. Der Zugang von Wirtschaftsgütern zum Betriebsvermögen führt zu einer bloßen Umschichtung in der Bilanz in Höhe der Anschaffungskosten; ein unterschiedlicher Ansatz von Zu- und Abfluss ist ausgeschlossen. Eine Gewinnrealisierung kann nur aufgrund nachfolgender betrieblicher Umsatzakte erfolgen (vgl. z.B. [X.]-Urteil in [X.], 374, [X.] 2006, 656, unter II.2., Rz 14).

2. Nach diesen Maßgaben ist als Anschaffungskosten der erworbenen Aktien die Summe aus dem von der Klägerin geleisteten Basispreis und --entgegen der Auffassung des [X.] den Anschaffungskosten der Option (gezahlte Optionsprämie) anzusetzen. Dies hat im Streitfall eine Gewinnerhöhung zur Folge.

a) Bestandteil der Anschaffungskosten i.S. von § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB ist --wie das [X.] zu Recht erkannt hat und zwischen den Beteiligten nicht im Streit steht-- der von der Klägerin für den Erwerb der in Rede stehenden Aktien geleistete Basispreis in Höhe von insgesamt … DM.

b) Zu den Anschaffungskosten als Nebenkosten des [X.] von § 255 Abs. 1 Satz 2 HGB gehört außerdem das von der Klägerin am 9. Dezember 1986 im Rahmen des Erwerbs der von [X.] emittierten Optionsanleihe anteilig für die Option zum Erwerb von 210 000 Aktien gezahlte Entgelt in Höhe von … DM.

aa) Bei dem Optionsrecht handelt es sich --wie das [X.] zu Recht erkannt hat und zwischen den Beteiligten nicht im Streit steht-- um ein nicht abnutzbares immaterielles Wirtschaftsgut, für das eine Teilwertabschreibung i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG in Betracht kommt, wenn der Börsenwert der Option bzw. bei nicht börsengehandelten Optionen der innere Wert gesunken ist. Als Anschaffungskosten dieses Vermögensgegenstands gilt der Preis für den Erwerb der Option (vgl. z.B. [X.]/[X.], EStG, 38. Aufl., § 6 Rz 140 "Optionen"; [X.]/[X.]/[X.] in Handbuch der Rechnungslegung, § 255 HGB Rz 121; [X.], a.a.[X.], § 255 HGB Rz 24; [X.]/[X.], § 5 EStG Rz 740 "Optionsrechte" und Rz 1101).

(1) Die Klägerin hatte mit der im Rahmen des Erwerbs der Optionsanleihe erlangten Option noch kein festes Recht auf den nachfolgenden Erwerb der Aktien. Mit dem Optionsrecht hatte sie zwar ein Instrument zur Bestimmung des weiteren Geschehensablaufs in der Hand. Dieses war aber zunächst nur auf den Abschluss eines weiteren Vertrags zum Bezug der neuen Anteile der [X.] gerichtet (zur "Zweivertragstheorie", wonach zwischen dem Erwerb des Optionsrechts als solchem und der Ausübung der Option mit Abschluss des [X.] zu unterscheiden ist, vgl. z.B. [X.]-Urteile vom 18. Dezember 2002 - I R 17/02, [X.]E 201, 234, [X.] 2004, 126, unter [X.], Rz 23; vom 19. Dezember 2007 - VIII R 14/06, [X.]E 220, 249, [X.] 2008, 475, unter [X.]b, Rz 26; jeweils m.w.[X.]). Die Verpflichtung der [X.] stellt eine wirtschaftlich und rechtlich selbständige Leistung dar, die losgelöst von dem etwa nachfolgenden Effektengeschäft zu beurteilen ist. Es handelt sich nicht um eine Neben-, sondern um die eigentliche Hauptleistung aus der [X.], die inhaltlich spiegelbildlich dem Optionsrecht der Klägerin entspricht. Das von [X.] hierfür (anteilig) bezogene Entgelt dient ihrer Entschädigung für die Bindung und die Risiken, die sie durch die Begebung des Optionsrechts eingeht (vgl. [X.]-Urteil in [X.]E 201, 234, [X.] 2004, 126, unter [X.], Rz 18, m.w.[X.]). Die "Option" war als eigenständiger Vermögensgegenstand mit dem für die [X.] anteilig gezahlten Entgelt zu aktivieren. Dies ist vorliegend zum 31. Dezember 1986 geschehen.

(2) Die Klägerin hatte die dergestalt aktivierte "Option" zum 31. Dezember 1987 um … DM auf … DM i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG teilwertberichtigt. Da für das Streitjahr unstreitig keine Vorschrift ersichtlich ist, die (wie § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG i.d.F. des [X.] 1999/2000/2002 mit Wirkung ab dem ersten nach dem 31. Dezember 1998 endenden Wirtschaftsjahr) eine Teilwertaufholung anordnen würde, war der "Option" im Zeitpunkt ihrer Ausübung der zuletzt von der Klägerin ausgewiesene Buchwert beizumessen.

bb) Zutreffend geht das [X.] auch davon aus, dass sich die Ausübung eines Optionsrechts mit dem Erwerb des Wirtschaftsguts gegen die Hingabe des vereinbarten [X.] als die Ausübung eines Bezugsrechts (vgl. dazu [X.]-Urteil vom 21. September 2004 - IX R 36/01, [X.]E 207, 543, [X.] 2006, 12, unter [X.]c, Rz 27)-- nicht als partieller Tausch i.S. von § 6 Abs. 6 Satz 1 EStG darstellt, der als Realisationsakt zur Aufdeckung stiller Reserven eines hingegebenen Wirtschaftsguts führt; die Ausübung des Optionsrechts bedingt mithin keine Realisation der im Rahmen der Option vollzogenen Wertentwicklung. Die Ausübung einer Option ist weder Veräußerung noch Tausch (vgl. z.B. [X.] in [X.]/[X.]/[X.] --[X.]--, § 5 EStG Rz 1072; [X.], Die Unternehmensbesteuerung --[X.]-- 2008, 391; [X.]/Herr, Recht der Finanzinstrumente --RdF-- 2011, 267, 270 f.; a.[X.], Festschrift für [X.], 2009, 209, 219; [X.], Der Betrieb, 2006, 1642, 1644 f.; [X.]., [X.], 270, 271; [X.]/[X.] in [X.]., 11. Aufl., § 255 HGB Rz 74). Denn die Kaufoption wird bei ihrer Ausübung nicht auf den Stillhalter übertragen; sie geht unter (vgl. [X.], a.a.[X.], § 255 HGB Rz 24; [X.]/[X.], § 5 EStG Rz 740 "Optionsrechte"; s.a. Urteil des [X.] vom 24. August 1944 - I 21/44, [X.] 54, 128). Der Vermögensgegenstand "Option" wird bei Abgabe der Optionserklärung dahingehend verwendet, den Verpflichteten zu veranlassen, gegen Zahlung des vereinbarten Basispreises den vereinbarten Gegenstand --im Streitfall Aktien der [X.]-- zu liefern. Hierbei wird das Optionsrecht "verbraucht". Mit der Ausübung der Option entfällt mithin das bilanzierte Wirtschaftsgut, so dass ein Aufwand in Höhe des entfallenden [X.] entsteht.

cc) Im Falle der Ausübung der Option sind jedoch die von der Klägerin für die Einräumung der Option gezahlten Beträge als Anschaffungsnebenkosten der erworbenen Aktien zu erfassen (vgl. allgemein z.B. [X.], a.a.[X.], § 255 HGB Rz 24; [X.]/[X.], § 5 EStG Rz 740 "Optionsrechte"; [X.]/[X.]/[X.], a.a.[X.], § 255 HGB Rz 121; [X.]/[X.], a.a.[X.], § 5 Rz 144; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], Kommentar, §§ 4, 5 Rz 1323; a.A. [Buchwert] z.B. [X.] in [X.], § 5 EStG Rz 1072; [X.], [X.] 2008, 391, 397; [X.]/[X.], a.a.[X.], § 6 Rz 140 "Optionen"; [X.], E[X.] 2017, 371; [X.], [X.], 170; [X.]/ [X.] in [X.]/Kanzler, Handbuch Bilanzsteuerrecht, 3. Aufl., Rz 3714; [X.]/ [X.] in dies., Rechtshandbuch Finanzinstrumente, § 2 Rz 109; [X.]/Wagner, Betriebs-Berater 2002, 2431, 2432; zum [X.] s.a. die von der Vorentscheidung in Bezug genommenen Literaturnachweise in E[X.] 2017, 369, Rz 27).

(1) Der Erwerb der Option bewirkt, dass bereits in Höhe des hierfür aufgewendeten Betrags Anschaffungsnebenkosten des nachfolgenden Erwerbs vorliegen, auch wenn diese spezifische Bedeutung nur dann zum Tragen kommt, wenn das Optionsrecht tatsächlich ausgeübt wird und hierbei selbst untergeht. Diese Zuordnung (aufschiebend bedingt durch die nachfolgende Ausübung des Optionsrechts) ist dadurch gerechtfertigt, dass mit dem Erwerb der Option Bedingungen des späteren "[X.]" fixiert werden. Dies (ablehnend wohl Schmid/[X.], [X.], 815) wird durch die Qualifizierung der Option als eigenständiges Wirtschaftsgut nicht beeinträchtigt. Bis zum Zeitpunkt der Ausübung des Optionsrechts erleidet sie grundsätzlich ein "eigenes Schicksal". Wird das Recht an Dritte veräußert, findet eine Gewinnrealisierung statt, verbleibt es im Betriebsvermögen, kann eine Teilwertabschreibung möglich sein, wird es endgültig nicht genutzt, ist es erfolgswirksam auszubuchen. Insoweit berühren Werterhöhungen oder Wertminderungen, die während der Haltezeit der zu aktivierenden Option im Betriebsvermögen des [X.] möglicherweise eingetreten sind, die Qualifizierung ausgehend vom Ursprungsbetrag (der Höhe nach) nicht. Daher wirkt sich bei einer wertgeminderten Option die Differenz zu den historischen Anschaffungskosten dieses Rechts im Zeitpunkt der Ausübung des Rechts gewinnerhöhend aus.

(2) Auf dieser Grundlage kommt es auf die Frage, ob die Klägerin --woran das [X.] im Hinblick auf die ungewöhnlich lange Haltezeit der Option und der mehrmalig ungenutzt verstrichenen Ausübungsmöglichkeiten Zweifel hat-- bereits bei Erwerb der Option die konkrete Absicht hatte, diese nachfolgend zum Erwerb der Aktien zu verwenden, nicht an.

(3) Die Berücksichtigung der historischen Anschaffungskosten der Option wi[X.]pricht --an[X.] als das [X.] und die Klägerin meinen-- nicht dem [X.]ip der Erfolgsneutralität von [X.]n, die eine bloße Vermögensumschichtung abbilden.

Umfang und Höhe der Anschaffungskosten werden durch tatsächliche Gegebenheiten bestimmt. In dem Umfang und in der Höhe, in denen sie tatsächlich entstanden sind, gehen sie erfolgsneutral in die nachfolgende Bilanzierung ein; ihr [X.] darf dabei weder über- noch unterschritten werden (vgl. [X.]-Urteil vom 16. Dezember 2009 - I R 102/08, [X.]E 227, 478, [X.] 2011, 566, Rz 13). Beim Zugang von Wirtschaftsgütern zum Betriebsvermögen ist ein unterschiedlicher Ansatz von Zu- und Abgang daher ausgeschlossen. Die Klägerin hat im Rahmen des Erwerbs der Optionsanleihen im Jahr 1986 anteilig an [X.] einen Preis für das Optionsrecht und im Streitjahr den vereinbarten Basispreis für die [X.] gezahlt; dies ist in Summe der Betrag, der bei ihr für die Anschaffung insgesamt abgeflossen ist. Er ist in voller Höhe auch beim Zugang der Aktien anzusetzen, damit sich der [X.] erfolgsneutral vollziehen kann. Der zwischenzeitliche im Betriebsvermögen der Klägerin eingetretene Wertverlust des Optionsrechts berührt diesen Erwerbsaufwand indes nicht (s. vorstehend unter [X.] cc [1]). Entgegen der Vorentscheidung entspricht nur der Ansatz der historischen Anschaffungskosten für das Optionsrecht, nicht der seines [X.] dem [X.]ip der Erfolgsneutralität von [X.]n.

(4) Dieses Ergebnis verstößt --an[X.] als die Klägerin meint-- nicht gegen das Periodizitätsprinzip. Dieses [X.]ip der Abschnittsbesteuerung erfordert eine Jahresbetrachtung (vgl. z.B. [X.]-Urteil vom 13. Januar 2011 - VI R 61/09, [X.]E 232, 5, [X.] 2011, 479, Rz 23). Dem entspricht es, wenn das aktivierte Optionsrecht im Streitfall zum 31. Dezember 1987 mit dem niedrigeren Teilwert angesetzt wurde und die Aktien im Streitjahr mit dem dafür aufgewendeten Betrag aktiviert werden, auch wenn dadurch die Teilwertabschreibung aus 1987 im Ergebnis neutralisiert wird.

c) Zwar kann eine Teilwertabschreibung der erworbenen Aktien zum 31. Dezember des [X.] von § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG in Betracht kommen, wenn der Teilwert voraussichtlich dauernd unter die Anschaffungskosten gesunken ist. Diese Voraussetzung ist jedoch nicht erfüllt. Denn der Marktwert der erworbenen Aktien lag zu diesem Zeitpunkt oberhalb des vereinbarten Basispreises und der gezahlten Optionsprämien.

3. Da schon die Rüge der Verletzung materiellen Rechts revisionsrechtlich Erfolg hat, kommt es auf die vom [X.] ebenfalls erhobene Verfahrensrüge nicht an.

4. Die Sache ist --auch hinsichtlich der mit der Klage angefochtenen Feststellungsbescheide-- spruchreif. Zur Höhe des Basispreises der Aktien und der Anschaffungskosten der Option (Optionsprämie im Zeitpunkt der Anschaffung der Optionsanleihe) besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 [X.]O.

Meta

XI R 44/17

22.05.2019

Bundesfinanzhof 11. Senat

Urteil

vorgehend FG Düsseldorf, 29. November 2016, Az: 6 K 4005/14 K,F, Urteil

§ 4 Abs 1 EStG 1990, § 5 Abs 1 S 1 EStG 1990, § 6 Abs 1 Nr 1 S 4 EStG 1990, § 6 Abs 1 Nr 2 EStG 1990, § 252 Abs 1 Nr 4 Halbs 2 HGB, § 255 Abs 1 S 1 HGB

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 22.05.2019, Az. XI R 44/17 (REWIS RS 2019, 7016)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 7016

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