Bundesfinanzhof, Beschluss vom 18.11.2011, Az. VII S 32/11 (PKH)

7. Senat | REWIS RS 2011, 1278

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Gegenstand

Berücksichtigung von Einnahmen aus Nießbrauchnutzung im PKH-Verfahren


Leitsatz

1. NV: Im Zusammenhang mit der Nutzung eines Nießbrauchrechts stehende Bruttoeinnahmen sind im PKH-Verfahren als Vermietungseinkünfte zu berücksichtigen .

2. NV: In Ansatz gebrachte Verluste aus der Vermietung einer Immobilie können im PKH-Verfahren keine Berücksichtigung finden .

3. NV: Ebenfalls nicht zu berücksichtigen sind Raten zur Tilgung eines Darlehens, mit dem die Immobilie, an der das Nießbrauchrecht eingeräumt wurde, finanziert worden ist, sowie Abschreibungen .

Tatbestand

1

I. Der Antragsteller, Kläger und Revisionsbeklagte (Antragsteller) wurde vom Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt --[X.]--) mit Haftungsbescheid vom 21. Mai 2007 gemäß § 74 der Abgabenordnung für Umsatzsteuerschulden einer KG, an der er als Kommanditist beteiligt war, in Anspruch genommen. Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte teilweise Erfolg. Das Finanzgericht ([X.]) nahm diejenigen Gegenstände des beweglichen Anlagevermögens von der Haftung aus, die vor Erlass des angefochtenen Haftungsbescheids veräußert worden sind. Dagegen hat das [X.] die vom [X.] zugelassene Revision eingelegt.

2

Der Antragsteller beantragt, ihm für die Rechtsverteidigung im Revisionsverfahren Prozesskostenhilfe (PKH) zu bewilligen und ihm seinen Prozessbevollmächtigten beizuordnen.

Entscheidungsgründe

3

II. Der Antrag ist begründet.

4

1. Nach § 142 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) ist [X.] zu gewähren, wenn der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Abweichend von § 114 Satz 1 ZPO sind im Streitfall die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels nicht zu prüfen, da [X.] für die Revisionsinstanz begehrt wird und das [X.] Revision eingelegt hat (§ 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO).

5

Aufgrund der Angaben, die der Antragsteller in der nach § 117 Abs. 2 und 4 ZPO vorgelegten Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat, ist der Senat der Auffassung, dass der Antragsteller die Prozesskosten nicht tragen kann und ihm deshalb [X.] unter Bewilligung von Ratenzahlung zu bewilligen ist.

6

2. Die vom Antragsteller im Zusammenhang mit der Nutzung des [X.] angegebenen Bruttoeinnahmen sind nach § 115 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Nr. 1 ZPO i.V.m. § 82 Abs. 2 SGB XII als [X.] zu berücksichtigen. Der Ansatz des geltend gemachten Verlustes kommt nicht in Betracht (Beschluss des [X.] vom 28. September 1983 [X.], Juristisches Büro 1984, 51). Ebenso wenig können die Tilgung des Darlehens und die Abschreibung berücksichtigt werden ([X.] vom 11. April 1990 [X.]/89, [X.] 1991, 109). Sofern der Antragsteller als Werbungskosten einen pauschalen Betrag von [X.] für nicht belegte Reparaturen, Hausverwaltung und den Winterdienst geltend macht, kann auch dieser Betrag mangels näherer Substantiierung nicht abgezogen werden. Insgesamt ergibt sich danach ein monatlicher Vermietungsüberschuss in Höhe von insgesamt [X.].

7

3. Zwar schließt die Obliegenheit, das gesamte verwertbare Vermögen einzusetzen, im Falle eines Grundstücks oder damit verbundener Rechte das Gebot an den Beteiligten ein, den Vermögensgegenstand bis zur Erschöpfung der [X.] zu verwerten bzw. einzusetzen ([X.] in [X.] 1991, 109). Im Streitfall geht der Senat jedoch aufgrund des hohen Alters des Antragstellers und der gegenwärtigen Ertragslage davon aus, dass eine Verwertung bzw. Belastung des dem Antragsteller mit notariellem Vertrag vom 26. August 1996 eingeräumten [X.] zurzeit nicht in Betracht kommt.

8

4. Nach den Angaben des Steuerberaters des Antragstellers besteht ab dem [X.] die Möglichkeit der Einnahmenerzielung aus der Vermietung eines …. In diesem Zusammenhang weist der Senat auf die Regelungen in § 120 Abs. 4 ZPO hin, nach denen die Entscheidung über die Gewährung von [X.] nachträglich geändert werden kann.

9

5. Der Prozessbevollmächtigte ist dem Antragsteller nach § 142 FGO i.V.m. § 121 Abs. 1 ZPO beizuordnen, da für das Revisionsverfahren [X.] besteht (§ 62 Abs. 4 FGO).

Meta

VII S 32/11 (PKH)

18.11.2011

Bundesfinanzhof 7. Senat

Beschluss

§ 142 Abs 1 FGO, § 114 ZPO, § 115 Abs 1 ZPO, § 119 Abs 1 S 2 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 18.11.2011, Az. VII S 32/11 (PKH) (REWIS RS 2011, 1278)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 1278

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