Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.03.2008, Az. II ZR 312/06

II. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 5090

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/06 Verkündet am: 10. März 2008 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja GmbHG § 15 Abs. 4; BGB § 125 Das Verpflichtungsgeschäft zur Übertragung eines Gesellschaftsanteils an einer GbR, deren Gesellschaftsvermögen aus einem GmbH-Anteil besteht, bedarf nicht schlechthin der notariellen Beurkundung entsprechend § 15 Abs. 4 GmbHG. [X.] ist der Vertrag nur dann, wenn die Errichtung der GbR dazu dient, die Formvorschrift des § 15 Abs. 4 GmbHG zu umgehen. Bei einer der Mitarbeiterbeteili-gung dienenden GbR ist dies jedenfalls zu verneinen, wenn die Schutzzwecke der Formvorschrift nicht berührt sind. [X.], Urteil vom 10. März 2008 - [X.]/06 - [X.] - 2 - [X.] [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. März 2008 durch [X.] und [X.] für Recht erkannt: Die Revision des [X.] gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des [X.] vom 4. Oktober 2006 wird auf seine Kosten zurückgewiesen. Von Rechts wegen
Tatbestand: Die Beklagten, Gesellschafter der [X.]-O. GmbH (im Folgenden: [X.] GmbH), gründeten mit einer Beteiligung von je 50 % die [X.]-O.

GbR (im Folgenden: [X.] GbR). Die [X.] GbR ist mit einem Geschäftsanteil in Höhe von 5.000,00 • an der [X.] GmbH beteiligt. Gesellschaftszweck der [X.] GbR ist der Erwerb und die Verwaltung von Beteiligungen ausschließlich an der [X.] GmbH im Rahmen eines Mitarbeiterbeteiligungsmodell (§ 2 des [X.], im Folgenden: [X.]). Nach § 8 [X.] ("Stimmrechtspool") übt die Gesellschaft sämtliche Stimmrechte aus den an der [X.] GmbH gehaltenen Ge-schäftsanteilen einheitlich aus, und zwar durch einen ihrer Gründungsgesell-schafter. 1 - 3 - § 10 [X.] "Verfügungen über Gesellschaftsanteile" lautet wie folgt: 2 (1) Verfügungen, Übertragung und Belastung mit Rechten [X.] über/von Gesellschaftsanteile(n) an der GbR bedürfen der Zustimmung sämtlicher Gesellschafter. – (2) Ausgenommen von Abs. (1) ist die Abtretung (§§ 398, 413 BGB) durch einen Gründungsgesellschafter an einen (ge-genwärtigen oder künftigen) Mitarbeiter der GmbH, wofür die Zustimmung der zwei Gründungsgesellschafter erforderlich und ausreichend ist (solange diese Gesellschafter der [X.] sind). – (5) Die Gesellschafter der GbR sind mit Ausnahme der [X.] nicht berechtigt, über ihre Anteile ohne vorherige Zustimmung der Gesellschafterversammlung, die mit einfacher Mehrheit entscheidet, wobei der veräuße-rungswillige Gesellschafter kein Stimmrecht hat, zu verfü-gen. Die Zustimmung darf nur erteilt werden, wenn [X.] ist, dass die Anteile auch nach ihrer Veräußerung im bisherigen Gesellschafterkreis bleiben. (6) Unbeschadet der Bestimmung in Absatz 5 hat ein veräuße-rungswilliger Gesellschafter seine Veräußerungsabsicht [X.] am 30. September eines Jahres zuerst ausschließ-lich den Gründungsgesellschaftern der GbR mittels einge-schriebenem Brief anzuzeigen und ihnen seine Anteile zum Erwerb anzubieten. – Der Kläger, zu dieser Zeit Mitarbeiter der [X.] GmbH, erwarb mit privat-schriftlichem Vertrag vom 20. August/2. September 2002, ebenso wie zwei wei-tere Mitarbeiter, von den beiden Beklagten einen Anteil an der [X.] GbR in [X.] von 1.000,00 • zu einem Kaufpreis von 20.000,00 •. 3 § 1 des [X.]es lautet wie folgt: 4 1. Die Verkäufer verkaufen hiermit den Käufern den GbR-Anteil, einschließlich eines Guthabens auf den für sie bei der [X.] der Gesellschaft geführten [X.] (gemeint: Kapital-konten) I von je 1.000,00 •, d.h. insgesamt 3.000,00 • und treten diesen an die Käufer zu gleichen Teilen ab. Die [X.] nehmen diesen Verkauf und diese Abtretung an. 2. Nach dem übereinstimmenden Willen der Verkäufer und der Käufer entspricht der den Käufern zu übertragende Anteil ei-nem Anteil am Stammkapital der GmbH von insgesamt 3.000,00 • bzw. 1.000,00 • für jeden einzelnen der Käufer. 5 Der Kläger fordert den entrichteten Kaufpreis gemäß § 812 Abs. 1 BGB mit der Begründung zurück, der [X.] sei nach § 125 Satz 1 BGB nichtig, weil er nicht entsprechend § 15 Abs. 4 GmbHG notariell beurkundet worden sei. Das [X.] hat der Klage stattgegeben; das Berufungsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des [X.]. 6 Entscheidungsgründe: Die Revision ist nicht begründet. 7 [X.] Das Berufungsgericht (ZIP 2007, 2167) hat zur Begründung im [X.] ausgeführt: 8 Der [X.] sei nicht in entsprechender Anwendung des § 15 Abs. 4 GmbHG formbedürftig gewesen. Zweck der Vorschrift sei, einen schnel-len, spekulativen Handel mit Anteilen an einer GmbH zu erschweren. Die Ge-fahr eines solchen Handels bestehe bei den Anteilen an der [X.] GbR nicht. Deren Gesellschaftsvertrag gewährleiste durch seine Regelung in § 10, dass 9 - 5 - Anteile nur mit Zustimmung der Gesellschafterversammlung übertragen werden dürfen und im bisherigen Gesellschafterkreis verbleiben. 10 I[X.] Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision stand. Der [X.] ist wirksam. Der Schutzzweck des § 15 Abs. 4 GmbHG erfor-dert nicht schlechthin, die Verpflichtung zur Übertragung des Anteils an einer GbR, deren Gesellschaftsvermögen aus einem GmbH-Anteil besteht, notariell zu beurkunden. Ein [X.], in dem abweichend hiervon [X.] anzunehmen ist, liegt hier nicht vor. 1. Für den Fall der Verpflichtung zur Übertragung eines Gesellschaftsan-teils an einer Personengesellschaft, zu deren Vermögen ein [X.] gehört, wird von der im Schrifttum vorherrschenden Ansicht unter Heran-ziehung der Grundgedanken der Senatsentscheidung [X.] 86, 367 ff. (zu dem Fall einer Grundstücke haltenden GbR) die Ansicht vertreten, dieser Vertrag erfordere nicht die Form des § 15 Abs. 4 GmbHG, da der Erwerb der Mitberech-tigung an dem GmbH-Geschäftsanteil nur eine gesetzliche Folge des Erwerbs der Mitgliedschaft und die Konsequenz davon sei, dass das Gesellschaftsver-mögen auch bei einem Mitgliederwechsel stets der Gesellschaft zugeordnet bleibe (§ 738 Abs. 1 Satz 1 BGB). Anders wird dies - auch für eine GbR, die Grundstücke hält - allerdings teilweise dann beurteilt, wenn sich der Zweck der [X.] von GmbH-Geschäftsanteilen - bzw. von Grundstücken - beschränkt, weil dann ohne weiteres von einer objektiven Umgehung der Formvorschriften auszugehen sei ([X.]/Zutt, GmbHG 8. Aufl. § 15 [X.]. 21; Winter/[X.] in [X.].GmbHG § 15 [X.]. 53; [X.]/[X.] 4. Aufl. § 719 [X.]. 36; [X.]/[X.], [X.]. § 719 [X.]. 10; [X.], [X.] 1983, 1697, 1702; a.[X.]Weller, [X.] 49; wohl auch [X.]/[X.] in [X.], GmbHG 10. Aufl. § 15 [X.]. 50 i.V.m. [X.]. 93; nicht differenzierend [X.]/ 11 - 6 - Fastrich, GmbHG 18. Aufl. § 15 [X.]. 35 i.V.m. [X.]. 27; Rowedder/[X.], GmbHG 4. Aufl. § 15 [X.]. 38; [X.]/[X.] in [X.]/[X.], GmbHG 16. Aufl. § 15 [X.]. 15). 12 2. Dieser Ansicht folgt der Senat nicht. Es kann nicht anerkannt werden, dass in allen Fällen, in denen das Halten von GmbH-Anteilen der Haupt- oder alleinige Zweck einer GbR ist, ein derartiger [X.] vorliegt. Der Schutzzweck des § 15 Abs. 4 GmbHG, auf den es in diesem Zusammenhang allein ankommt, erfordert nicht die Einhaltung der notariellen Form für den Kauf eines solchen [X.]. Selbst wenn man im Ansatz der teilweise in der Li-teratur vertretenen Gegenansicht folgen wollte, wäre der [X.] hier schon deswegen nicht wegen Formverstoßes nichtig, weil der Zweck der GbR nicht auf das Halten und Verwalten des GmbH-Anteils beschränkt ist, vielmehr dem legitimen Ziel der Mitarbeiterbeteiligung dient. a) Der Schutzzweck des § 15 Abs. 4 GmbHG wird von einem Anteils-kaufvertrag wie dem vorliegenden nicht tangiert. 13 aa) Die Wahrung der Form des § 15 Abs. 4 GmbHG dient zwei Zielen: Da das Mitgliedschaftsrecht in einer GmbH in der Regel einer besonderen Ver-briefung in Gestalt eines Anteilsscheins ermangelt, dient es im Hinblick auf § 16 GmbHG der Beweiserleichterung, wenn die Rechtsübertragung dem Form-zwang unterstellt ist ([X.] 13, 49, 52). Weiterer - und nach dem Willen des historischen Gesetzgebers (stenografische Berichte über die Verhandlungen des [X.], 8. Legislaturperiode - I Zession 1890/92, 5. [X.] 1892, Aktenstück 660, 3729) vorrangiger - Zweck ist es, den leichten und spekulativen Handel mit GmbH-Anteilen zu unterbinden bzw. ihn jedenfalls zu erschweren. Die Anteilsrechte an einer GmbH sollen nicht Gegenstand des freien Handels-14 - 7 - verkehrs sein ([X.] 13 aaO S. 51; 127, 129, 135; 141, 207, 211 f. m.w.Nachw.; so auch schon [X.], 70, 71). 15 bb) [X.] des § 15 Abs. 4 GmbHG ist bei einem Gesell-schafterwechsel auf Seiten der den Anteil haltenden GbR nicht tangiert. Im [X.] des § 16 GmbHG Inhaberin des Geschäftsanteils ist unverändert die GbR aufgrund des auf sie übertragenen Geschäftsanteils. Ein Wechsel in der perso-nellen Zusammensetzung der GbR ändert hieran nichts. Ebenso wenig wird der GmbH-Anteil als solcher zum Gegenstand des freien Handelsverkehrs, wenn sich die Zusammensetzung der Gesellschafter auf Seiten der GbR ändert. Der GmbH-Anteil bleibt dadurch unverändert dem Rechtsträger, der GbR, zugeord-net. Mit ihm wird nicht "gehandelt". Deshalb bedarf nur der Vertrag, in dem sich die GbR zur Übertragung des von ihr gehaltenen GmbH-Geschäftsanteils an einen Dritten verpflichtet, der notariellen Form des § 15 Abs. 4 GmbHG. b) Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, dass nichts dafür ersicht-lich ist, dass die Gründung der [X.] GbR auf eine Umgehung der Formvorschrift des § 15 Abs. 4 GmbHG unter Ausnutzung der personengesellschaftsrechtli-chen Gestaltungsmöglichkeiten abzielt, also nach der konkreten Ausgestaltung des Vertragswerks kein [X.] vorliegt. 16 aa) Die Errichtung der [X.] GbR diente dem legitimen Ziel, einerseits die Mitarbeiter der [X.] GmbH durch eine - mittelbare - Beteiligung am Gewinn der GmbH in ihrer Leistungsbereitschaft zu motivieren, andererseits aber auch [X.], die schützenswerten Interessen der Gründungsgesellschafter zu wahren, indem den Mitarbeitern kein unmittelbarer Einfluss auf die Entscheidungen in der GmbH eingeräumt wird, um dadurch auf [X.] der GmbH unbeein-flusst die Geschäftspolitik bestimmen zu können. 17 - 8 - bb) Einem unkontrollierten "Handel" mit der Beteiligung beugt das [X.] vor: Anteile an der [X.] GbR können nur Mitarbeiter der [X.] GmbH und damit an dem wirtschaftlichen Erfolg der GmbH interessierte Personen er-werben. Im [X.] ist der freie Handel mit den Gesellschaftsanteilen der Mitar-beiter dadurch ausgeschlossen, dass eine Übertragung nur an Mitgesellschafter oder an Mitarbeiter der GmbH möglich ist, weil nur in diesen Fällen die für die Übertragung erforderliche Zustimmung durch die Gesellschafterversammlung erteilt wird. Hierdurch wird u.a. der Nachweis der Zusammensetzung der GbR-Gesellschafter und damit der Zusammensetzung des Inhabers des GmbH-Geschäftsanteils erleichtert. Zugleich wird sichergestellt, dass nur an dem geschäftlichen Erfolg der GmbH interessierte Personen mittelbar an dieser beteiligt sind. 18 cc) Entgegen der Ansicht der Revision spricht der Umstand, dass § 10 (8) [X.] für den Fall einer Missachtung des Zustimmungserfordernisses zu einer "Verfügung" über den Gesellschaftsanteil i.S. des § 10 [X.] eine Zahlungsverpflichtung des verfügenden Gesellschafters von mindestens 50.000,00 • vorsieht, nicht für, sondern gegen eine freie Handelbarkeit der [X.] und erst recht des von der [X.] GbR gehaltenen [X.]s. Auch das Erfordernis der notariellen Beurkundung in § 15 Abs. 4 GmbHG kann den Handel mit Geschäftsanteilen nicht ausschließen, sondern nur erschweren. Eine vergleichbare "Abschreckungswirkung" wird durch § 10 (8) [X.] bewirkt und zwar in dem Sinn, dass sogar der Versuch eines 19 - 9 - Mitarbeiters, über seinen Gesellschaftsanteil ohne die erforderliche Zustimmung zu verfügen, mit einer Vertragsstrafe belegt ist. Goette [X.] Strohn [X.] Reichart Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 17.01.2006 - [X.] - [X.], Entscheidung vom 04.10.2006 - 4 U 32/06 -

Meta

II ZR 312/06

10.03.2008

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.03.2008, Az. II ZR 312/06 (REWIS RS 2008, 5090)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 5090

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