Bundesfinanzhof, Beschluss vom 26.02.2014, Az. VII B 115/13

7. Senat | REWIS RS 2014, 7537

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Gegenstand

Rechtskraftwirkung eines Urteils


Leitsatz

1. NV: Die Rechtskraft eines Urteils, das einen Steuerbescheid bestätigt, mit dem ein wegen Steuerhehlerei verurteilter Täter nach § 19 Satz 1 TabStG a.F. für eine bestimmte Teilmenge an von ihm eingelagerte und von ihm nachweislich gegen ein Entgelt abgegebene Zigaretten als Tabaksteuerschuldner in Anspruch genommen worden ist, steht einer späteren haftungsrechtlichen Inanspruchnahme nach § 71 AO wegen Hilfeleistung beim Absatz der Restmenge nicht entgegen.

2. NV: Für die Bindungswirkung nach § 110 Abs. 1 Satz 1 FGO ist maßgebend, in welchem Umfang die behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts aufgrund des Vorbringens des Klägers vom Gericht tatsächlich überprüft worden ist.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) stellte einem [[[X.].].] gegen Entgelt eine Lagerhalle für die Lagerung unversteuerter Zigaretten zur Verfügung. Nach den Feststellungen der Zollfahndung waren in diese [[[X.].].] 3 000 Stangen unversteuerter Zigaretten eingelagert worden, die zuvor aus [[[X.].].] in das [[[X.].].] Steuergebiet verbracht worden waren. Mit der Begründung, er habe Hilfe beim Absatz der unversteuerten Zigaretten geleistet, wurde der Kläger vom Amtsgericht wegen Steuerhehlerei zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. In dem Urteil, mit dem [[X.].] wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei verurteilt worden ist, wurde diesem vorgeworfen, dem Kläger für 500 Stangen Zigaretten insgesamt 7.000 € gezahlt zu haben.

2

Mit Bescheid vom 3. September 2008 setzte das Hauptzollamt [[X.].] gegen den Kläger 68.700 € Tabaksteuer fest, wobei es davon ausging, dass aufgrund der Anwendung des Art. 202 Abs. 2 und 3 des Zollkodex eine Inanspruchnahme als Haftungsschuldner nach § 71 der Abgabenordnung ([[[X.].].]) nicht in Betracht komme. In dem nach erfolglosem Einspruch angestrengten Klageverfahren änderte das Hauptzollamt [[X.].] den Bescheid dahingehend ab, dass die Festsetzung der Steuer lediglich für die 500 Stangen Zigaretten aufrechterhalten wurde, für die [[X.].] dem Kläger 7.000 € bezahlt hat. Mit dem Hinweis, dass die Tabaksteuer nach § 19 Satz 1 des Tabaksteuergesetzes a.F. entstanden sei, wies das Finanzgericht (FG) [[X.].] die Klage ab.

3

Nach Beendigung des Verfahrens übertrug das Hauptzollamt [[X.].] die weitere Bearbeitung dem Beklagten und Beschwerdegegner ([X.]). Mit Haftungsbescheid vom 10. Januar 2012 nahm das [X.] den Kläger hinsichtlich der restlichen Menge von 2 500 Stangen Zigaretten auf Zahlung von 57.240 € Tabaksteuer in Anspruch.

4

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das [X.] urteilte, der Kläger sei nach § 191 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 71 [[[X.].].] aufgrund seiner Hilfeleistung beim Absatz der Zigaretten, die eine Steuerhehlerei nach § 374 Abs. 1 [[[X.].].] sei, zu Recht als Haftungsschuldner in Anspruch genommen worden. Aufgrund der teilweisen Aufhebung des [X.] des Hauptzollamts [[X.].] sei das [X.] an einer haftungsrechtlichen Inanspruchnahme des [X.] nicht gehindert gewesen, denn die Rechtskraft dieses Urteils erstrecke sich nicht auf die streitgegenständlichen 2 500 Stangen Zigaretten.

5

Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen eines [X.] (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Es sei schlicht unzutreffend, dass die Rechtskraft des Urteils des FG [[X.].] der erneuten Inanspruchnahme des [X.] nicht entgegenstehe. Denn die weiteren 2 500 Stangen unversteuerter Zigaretten seien sehr wohl Gegenstand des vom Hauptzollamt [[X.].] erlassenen [X.] gewesen. Tatsächlich habe das Hauptzollamt [[X.].] dem Einspruch des [X.] stattgegeben, worauf ein anderes Hauptzollamt gemeint habe, über denselben Sachverhalt eine neue Entscheidung treffen zu müssen.

Entscheidungsgründe

6

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil der vom Kläger behauptete Verfahrensmangel ungeachtet der Mängel in seiner nach § 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O erforderlichen Darlegung jedenfalls nicht vorliegt.

7

Wie das [X.] zutreffend ausgeführt hat, war nach der Abänderung der Steuerfestsetzung nur noch der Steuerbescheid vom 13. April 2011 nach § 68 Abs. 1 [X.]O Gegenstand des Klageverfahrens vor dem [X.] Bremen. Nach dieser Vorschrift wird im Fall der Änderung eines angefochtenen Verwaltungsakts nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Der neue Verwaltungsakt betraf jedoch lediglich die Inanspruchnahme des [X.] als Steuerschuldner für eine bestimmte Menge an Zigaretten, die Teil einer eingelagerten Menge von insgesamt 3 000 Stangen Zigaretten waren und für die der Kläger ausweislich eines Strafurteils von X eine finanzielle Gegenleistung erhalten hatte. Im Änderungsbescheid hat das [X.] ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Bescheid nur noch hinsichtlich dieser Menge Bestand habe. Deshalb konnte das [X.] Bremen über die Restmenge von 2 500 Stangen Zigaretten keine Entscheidung treffen. Dagegen wurde der Kläger mit dem streitgegenständlichen, vom [X.] erlassenen Bescheid nicht als Steuerschuldner, sondern aufgrund einer anderen Rechtsgrundlage als Haftungsschuldner nach § 71 AO für die Menge an Zigaretten in Anspruch genommen, auf die sich der Steueränderungsbescheid ausdrücklich nicht bezogen hat. Deshalb ist die Ansicht des [X.] Düsseldorf zutreffend, dass sich die Rechtskraft des Urteils des [X.] Bremen nicht auf den Streitgegenstand "haftungsrechtliche Inanspruchnahme wegen einer Menge von 2.500 Stangen unversteuerter Zigaretten" erstrecken konnte (§ 110 Abs. 1 Satz 1 [X.]O), denn entscheidend für die Bindungswirkung ist die Frage, inwieweit die Rechtsfolgebehauptung des [X.], der angefochtene Verwaltungsakt sei rechtswidrig, tatsächlich vom Gericht überprüft worden ist (Lange in [X.]/[X.]/[X.], § 110 [X.]O Rz 60).

Meta

VII B 115/13

26.02.2014

Bundesfinanzhof 7. Senat

Beschluss

vorgehend FG Düsseldorf, 22. Mai 2013, Az: 4 K 851/12 Z,EU,H, Urteil

§ 115 Abs 2 Nr 3 FGO, § 110 Abs 1 FGO, § 19 S 1 TabStG, § 71 AO, § 191 Abs 1 AO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 26.02.2014, Az. VII B 115/13 (REWIS RS 2014, 7537)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7537

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