Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.09.2014, Az. I ZR 201/12

I. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 2823

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I [X.]
Verkündet am:

18. September
2014

Bürk

Amtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

Preis zuzüglich Überführung
[X.]/[X.] Art.
1, 2 Buchst. a, Art. 3 Abs. 1 Satz 1, Art. 4 Abs. 1, Art. 9 Abs. 2, Art. 10, 11 Abs. 1; Richtlinie 2005/29/[X.] Art. 2 Buchst. i, Art. 3 Abs. 4, 5 Satz 1, Art. 7 Abs. 1, 4 Buchst. [X.]; Richtlinie 79/581/[X.]. 1 Abs. 1; Richtlinie 88/314/[X.] Art. 1 Abs. 1; [X.] § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 11; [X.] § 1 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 Unterfall 1, Abs. 6 Satz 2
Dem Gerichtshof der [X.] werden zur Auslegung der Art.
1 und 3 Abs.
1 Satz
1 der [X.]/[X.] des [X.] und des Rates vom 16.
Februar 1998 über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse (ABl. Nr.
L 80 vom 18.
März 1998, S.
27) und des Art.
7 Abs.
4 Buchst.
c Fall
1 der Richtlinie 2005/29/[X.] des [X.] und des Rates vom 11.
Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unter-nehmen und Verbrauchern und zur Änderung der Richtlinie 84/450/[X.] des Rates, der Richtlinien 97/7/[X.], 98/27/[X.] und 2002/65/[X.] des [X.] und des Rates sowie der Verordnung ([X.]) Nr.
2006/2004 des [X.] und des Rates (ABl. [X.] Nr.
L
149 vom 11.
Juni 2005, S.
22) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
-
2
-
1.
Stellt eine Werbung für ein Erzeugnis unter Angabe des dafür zu zahlenden Preises ein Anbieten im Sinne des Art.
1 der [X.]/[X.] dar?
Falls die erste Frage zu bejahen ist:
2.
Muss der bei einem Anbieten im Sinne des Art.
1 der [X.]/[X.] gemäß Art.
1 und 3 Abs.
1 Satz
1 anzugebende [X.] auch obligatorisch anfallende Kosten der Überfüh-rung eines [X.]fahrzeugs vom Hersteller zum Händler ein-schließen?
Falls die erste oder die zweite Frage zu verneinen ist:
3.
Muss der bei einer Aufforderung zum Kauf im Sinne von Art.
2 Buchst.
i der Richtlinie
2005/29/[X.] gemäß deren Art.
7 Abs.
4 Buchst.
c Fall
1 anzugebende "Preis einschließlich aller Steuern und Abgaben" bei einem [X.]fahrzeug auch obligatorisch [X.] Kosten der Überführung des Fahrzeugs vom Hersteller zum Händler einschließen?
[X.], Beschluss vom 18. September 2014 -
I [X.] -
[X.]

[X.]

-
3
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 8.
Mai 2014 durch [X.] Dr.
Büscher,
Pokrant, Prof. Dr.
Schaffert, Dr.
Kirchhoff und Dr.
Löffler

beschlossen:

[X.]
Das Verfahren wird ausgesetzt.

I[X.]
Dem Gerichtshof der [X.] werden zur Ausle-gung der Art.
1 und 3 Abs.
1 Satz
1 der [X.]/[X.] des [X.] und des Rates vom 16.
Februar 1998 über den Schutz der
Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse (ABl. Nr.
L 80 vom 18.
März 1998, S.
27)
und des Art.
7 Abs.
4 Buchst.
c Fall
1 der Richtlinie 2005/29/[X.] des [X.] und des Rates vom 11.
Mai 2005 über unlautere Geschäftsprakti-ken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Un-ternehmen und Verbrauchern und zur Änderung der Richtlinie 84/450/[X.] des Rates, der Richtlinien 97/7/[X.], 98/27/[X.] und 2002/65/[X.] des [X.] und des Rates sowie der Verordnung ([X.]) Nr.
2006/2004 des [X.] und des Rates (ABl. [X.] Nr.
L 149 vom 11.
Juni 2005, S.
22) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorge-legt:

1.
Stellt eine Werbung für ein Erzeugnis unter Angabe des [X.] zu zahlenden Preises ein Anbieten im Sinne des Art.
1 der [X.]/[X.] dar?

-
4
-
Falls die erste Frage zu bejahen ist:

2.
Muss der bei einem Anbieten im Sinne des Art.
1 der [X.]/6/[X.] gemäß Art.
1 und
3 Abs.
1 Satz
1 anzugeben-de Verkaufspreis auch obligatorisch anfallende Kosten der Überführung eines [X.]fahrzeugs vom Hersteller zum Händler einschließen?

Falls die erste oder die zweite Frage zu verneinen ist:

3.
Muss der bei einer Aufforderung zum Kauf im Sinne von Art.
2 Buchst.
i der Richtlinie 2005/29/[X.] gemäß deren Art.
7 Abs.
4 Buchst.
c Fall
1 anzugebende "Preis ein-schließlich aller Steuern und Abgaben" bei einem [X.]fahr-zeug auch obligatorisch anfallende Kosten der Überführung des Fahrzeugs vom Hersteller zum Händler einschließen?

Gründe:

[X.] Die Beklagte, eine [X.], ließ in der Ausgabe der "[X.]" vom 30.
März 2011 die nachstehend
wiedergegebe-ne Anzeige veröffentlichen, in der sie unter anderem mit den Angaben "z.B. Citroen
C4 VTI
120 Exclusive: 21.800

1" und "Maximaler Preisvorteil: 6.170,00

1" warb, wobei die hochgestellte "1" zu der Angabe im unteren Be-reich der Anzeige "1Preis zuzüglich Überführung in Höhe von 790,00

r-te. Der Gesamtpreis, den der
Kunde danach einschließlich diese
obligatorisch 1
-
5
-
anfallenden

Kosten der Überführung
des Wagens vom Hersteller zur Beklag-ten zu zahlen
hatte,
war in der Anzeige nicht angegeben.

Die Klägerin, die Zentralvereinigung des [X.]fahrzeuggewerbes zur Auf-rechterhaltung
lauteren Wettbewerbs e.V. ([X.]), hat die Beklagte gestützt auf §§
8, 3, 4 Nr.
11 [X.] in Verbindung mit §
1 Abs.
1 Satz
1, Abs.
6 der Preisan-gabenverordnung ([X.])
auf Unterlassung in Anspruch genommen.
2
-
6
-

Mit ihrer Klage hat die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurteilen,

es zu unterlassen, für den Verkauf von [X.]fahrzeugen unter Angabe von [X.] zu werben, ohne den tatsächlichen Endpreis einschließlich der anfallenden Überführungskosten anzugeben.

Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die im Berufungsverfahren auf die konkrete Verletzungsform beschränkte Klage als begründet angesehen ([X.], [X.], 192).

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

I[X.] Der Erfolg der Revision hängt von der Auslegung der Art.
1 und 3 Abs.
1 Satz
1 der [X.]/[X.] über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse vom 16.
Februar 1998 und des Art.
7 Abs.
4 Buchst.
c Fall
1 der Richtlinie 2005/29/[X.] über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unter-nehmen und Verbrauchern vom 11.
Mai 2005 ab. Vor einer Entscheidung ist deshalb das Verfahren auszusetzen und gemäß Art.
267 Abs.
1 Buchst.
b und Abs.
3 AEUV eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der [X.] einzuholen.

1. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die streitgegenständli-che Werbung mangels Angabe des Endpreises gemäß §§
3, 4 Nr.
11 [X.] in Verbindung mit
§
1 Abs.
1 Satz
1, Abs.
6 [X.]
wettbewerbswidrig ist. Zur [X.]
hat es ausgeführt:

3
4
5
6
7
-
7
-

Für eine Endpreisangabe genüge es nicht, einen [X.] und einen wei-teren Betrag anzugeben, den der Kunde zur Bestimmung des tatsächlichen Endpreises hinzurechnen müsse. Das gelte auch für die Überführungskosten, da der Verbraucher diese als Bestandteil des Endpreises auffasse. Der Um-stand, dass in Art.
7 Abs.
4 Buchst.
c der
Richtlinie 2005/29/[X.] über unlautere Geschäftspraktiken neben dem Preis unter anderem alle zusätzlichen Fracht-, Liefer-
und Zustellkosten aufgeführt seien, erfordere keine andere
Auslegung.
Die Regelungen in §
1 Abs.
1 Satz
1
und
Abs.
6 Satz
2 [X.]
hätten
ihre uni-onsrechtliche Grundlage in Art.
4 Abs.
1 der [X.]/[X.] über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen [X.].
Danach müsse der Verkaufspreis unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar sein.
Diese Richtlinie habe Vorrang gegenüber der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken.
Die Überführungskosten stellten zudem keine Frachtkosten dar. Die beanstandete Werbung beeinträchtige die Interessen der Marktteilnehmer auch spürbar im Sinne von §
3 Abs.
1 [X.].

2. Nach
§
1 Abs.
1 Satz
1 Fall
2 Unterfall
1 [X.] hat
derjenige, der als Anbieter von Waren gegenüber Letztverbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt, die einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile zu zahlenden
Endpreise anzugeben.
Diesen Anforderungen genügt die streitge-genständliche Werbung nicht, weil dort zwar neben dem Preis für das [X.] Fahrzeug in Höhe von 21.800

der Überführung
des Wagens vom Hersteller zur Beklagten
in Höhe von 790

nicht aber der einschließlich dieser Kosten für den Wagen
zu zahlende Ge-samtpreis angegeben war
(vgl. nachstehend unter II
2
a).
Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt allerdings davon ab, ob die genannte Bestimmung auch noch nach dem Ablauf der in Art.
3 Abs.
5 Satz
1 der Richtlinie 2005/29/[X.] be-stimmten Frist am 12.
Juni 2013 mit dem Unionsrecht vereinbar ist. In diesem Zusammenhang erscheint es fraglich, ob
eine Werbung für ein Erzeugnis unter 8
9
-
8
-
Angabe des dafür zu zahlenden Preises ein Anbieten im Sinne des
Art.
1 der [X.]/[X.] darstellt
(Vorlagefrage
1). Falls
diese Frage zu bejahen ist, stellt sich weiterhin
die Frage, ob der bei einem solchen Anbieten gemäß Art.
1 und
3 Abs.
1 Satz
1 dieser Richtlinie anzugebende Verkaufspreis auch obligato-risch anfallende Kosten der Überführung eines [X.]fahrzeugs vom Hersteller zum Händler einschließen muss
(Vorlagefrage
2).
Für den Fall, dass entweder die Vorlagefrage
1 oder die Vorlagefrage
2 zu verneinen ist, stellt sich schließ-lich die Frage, ob der bei einer Aufforderung zum Kauf im Sinne von Art.
2 Buchst.
i der Richtlinie 2005/29/[X.] gemäß Art.
7 Abs.
4 Buchst.
c Fall
1 dieser Richtlinie anzugebende "Preis einschließlich aller Steuern und Abgaben" bei einem [X.]fahrzeug auch obligatorisch anfallende Kosten der Überführung ein-schließen muss (Vorlagefrage
3).

a)
Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats, die dieser
fortführen möchte, muss ein Kfz-Einzelhändler bei der Werbung für [X.]fahrzeuge grund-sätzlich auch die Kosten der Überführung der Fahrzeuge vom Hersteller zum Händler in den Endpreis aufnehmen, weil der Verkehr solche Nebenkosten nicht als zusätzliche Frachtkosten, sondern als Bestandteil des Endpreises auf-fasst ([X.], Urteil vom 16.
Dezember 1982

I
ZR 155/80, [X.], 443, 445 =
[X.], 385
[X.]; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 32.
Aufl., §
1 [X.] Rn.
18 mwN). Die gesonderte Angabe der Überführungs-kosten ist nur dann zulässig, wenn der Händler dem Kunden die Wahl zwischen Selbstabholung und Überführung überlässt ([X.], Urteil vom 23.
Juni 1983

I
ZR
75/81, [X.], 658, 661 =
[X.], 556
[X.] in Kfz-Händlerwerbung) oder
wenn die Höhe der [X.] im Einzelfall unterschiedlich ist und ein umfassender Endpreis daher noch nicht angegeben werden kann ([X.] in [X.]/[X.] aaO §
1 [X.] Rn.
18).
Im Streitfall sind diese Voraussetzungen für eine gesonderte
Angabe der Überführungskosten nicht gegeben.

10
-
9
-
b)
Nach dem 12.
Juni 2013 steht diese Sichtweise nur dann mit dem Unionsrecht in Einklang, wenn sie
entweder
in der [X.]/[X.]
oder in der Richtlinie 2005/29/[X.]
eine entsprechende Grundlage hat.

aa) Da der im Streitfall in Rede stehende Unterlassungsanspruch in die Zukunft gerichtet ist, kommt es für die Frage, ob die Klage begründet ist, auch auf das Recht an, das im Zeitpunkt der [X.] gilt (st.
Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 24.
September
2013

I
ZR
73/12, [X.], 405
Rn.
8
=
WRP 2014, 429

Atemtest
II, mwN).

bb) Die Beurteilung der vorliegenden Sache hängt maßgeblich davon ab, inwieweit die Bestimmungen der [X.]/[X.], soweit sie die Angabe des Verkaufspreises bei Erzeugnissen zum Gegenstand haben, die Händler [X.] anbieten,
Rechtsvorschriften sind, die im Sinne von Art.
3 Abs.
4 der Richtlinie 2005/29/[X.] besondere Aspekte unlauterer Geschäftspraktiken regeln und die deshalb nach
dieser Vorschrift bei einer Kollision mit der diese Aspekte allgemein regelnden Bestimmung
des Art.
7 Abs.
4 Buchst.
c der Richtlinie 2005/29/[X.] den Vorrang haben.
Hinweise auf die Reichweite des insoweit [X.]den Spezialitätsprinzips ergeben sich etwa aus Erwägungsgrund
10 und Er-wägungsgrund
14 Satz
8 der Richtlinie 2005/29/[X.] (vgl. [X.].[X.]/[X.], 2.
Aufl., [X.]
D Art.
3 [X.] Rn.
33
f.).

cc) Nach der Bestimmung des Art.
3 Abs.
5 Satz
1 der Richtlinie 2005/29/[X.] können die Mitgliedstaaten in dem durch diese Richtlinie angegli-chenen Bereich nach dem 12.
Juni 2013 keine nationalen Vorschriften beibe-halten, die restriktiver

das heißt
weniger streng
oder strenger als diese Richt-linie sind und zur Umsetzung von Richtlinien erlassen wurden, die Klauseln über eine Mindestangleichung enthalten (vgl. [X.].[X.]/[X.] aaO [X.]
D
Art.
3 [X.] Rn.
38; [X.], [X.], 568, 573; [X.], [X.], 723).
Zu den in Art. 3 Abs.
5 Satz
1 der Richtlinie 2005/29/[X.] angespro-11
12
13
14
-
10
-
chenen [X.] über eine Mindestangleichung gehört nach Ansicht des Senats auch die Vorschrift des Art.
10
der [X.]/[X.] (vgl. [X.] in [X.]/[X.], [X.], 6.
Aufl., § 4 Rn.
11/7a; [X.], [X.], 723, 724; [X.], [X.], 755; vgl. auch [X.] in [X.]/[X.] aaO Einf [X.] Rn.
13 mwN; aA [X.], [X.], 568, 575).

dd) Die Frage, ob nationale Vorschriften "in dem durch diese Richtlinie angeglichenen Bereich"
im Sinne von Art.
3 Abs.
5 Satz
1 der Richtlinie 2005/29/[X.]
restriktiver
oder strenger
sind
als die Richtlinie, ist durch einen Vergleich des [X.] in den jeweiligen Regelungen festzu-stellen, wobei die Anforderungen der Richtlinie 2005/29/[X.] an entsprechende Preisangaben in Art.
7 Abs.
4 Buchst.
c
dieser Richtlinie enthalten sind (vgl. [X.], [X.], 723, 724). Danach gelten im Falle der Aufforderung zum Kauf neben dem Preis einschließlich aller Steuern und Abgaben und der Art der Preisberechnung grundsätzlich auch alle gegebenenfalls anfallenden zusätzli-chen Fracht-, Liefer-
und Zustellkosten als wesentlich im Sinne von Art.
7 Abs.
1 dieser Richtlinie. Abweichendes gilt nur dann, wenn diese Kosten sich unmittelbar aus den Umständen ergeben oder sie sich vernünftigerweise nicht im Voraus berechnen lassen.
Im letzteren Fall ist über die Tatsache zu [X.], dass solche zusätzlichen Kosten anfallen können. Eine Aufforderung zum Kauf liegt dann vor, wenn der Verkehr über das beworbene Produkt und dessen Preis hinreichend informiert ist, um eine geschäftliche Entscheidung treffen zu können, ohne dass die kommerzielle Kommunikation auch eine tatsächliche Möglichkeit bieten muss, das Produkt zu kaufen, oder dass sie im [X.] mit einer solchen Möglichkeit steht (vgl. [X.], Urteil vom 12.
Mai 2011

C-122/10, Slg. 2011, [X.] =
GRUR 2011, 930 Rn.
33
und 49

Ving Sverige).

ee) Soweit danach Fracht-, Liefer-
und Zustellkosten anzugeben sind, müssen sie nach einer in der Rechtsprechung und im Schrifttum mit der [X.] vertretenen Ansicht nicht in den Endpreis eingerechnet werden,
sie 15
16
-
11
-
seien
in Art.
7 Abs.
4 Buchst.
c der Richtlinie 2005/29/[X.] gesondert aufgeführt, ohne dass
insoweit anders als bei den Steuern und Abgaben
ihre Einbezie-hung angeordnet sei
([X.], [X.], 736, 739;
Dreyer in [X.]/[X.], [X.], 3.
Aufl., §
5a Rn.
110; differenzierend Großkomm.[X.]/[X.], 2.
Aufl., §
5a Rn.
59
und 56, wonach auf jeden Fall und ohne Wahl-möglichkeit des Kunden anfallende Nebenleistungselemente in den Preis ein-zubeziehen sind). Legt
man diese Auslegung des Art.
7 Abs.
4 Buchst.
c der Richtlinie 2005/29/[X.] den weiteren Überlegungen zugrunde, ist die Regelung des §
1 Abs.
1 Satz
1 Fall
2 [X.], wie sie der Senat bislang angewandt hat und auch weiterhin anwenden möchte (vgl. oben Rn.
10),
strenger als die ent-sprechende Regelung in der Richtlinie 2005/29/[X.].

ff) Es kommt mithin
darauf an, ob die so verstandene Vorschrift des §
1 Abs.
1 Satz
1 Fall
2 Unterfall
1 [X.] der Regelung in der [X.]/[X.]
entspricht, weil Art.
10 dieser Richtlinie nach dem 12.
Juni 2013 gemäß Art.
3 Abs.
5 Satz
1 der Richtlinie 2005/29/[X.] keine Grundlage für eine strengere na-tionale Vorschrift mehr darstellt.

(1) Im Schrifttum ist umstritten, ob die Bestimmung des §
1 Abs.
1 Satz
1 Fall
2 Unterfall
1 [X.], wonach ein Anbieter, der für seine Waren gegenüber Letztverbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt, die Endpreise anzugeben hat, über die Vorgaben des Art.
3 Abs.
4 der [X.]/[X.] hinausgeht, der den Fall einer Werbung regelt, bei der der Verkaufspreis der Erzeugnisse ge-mäß Art.
1 dieser Richtlinie genannt wird (so [X.], [X.], 723, 725
f.; [X.], [X.], 1561, 1562
f.). Dagegen spricht die Entwicklung der Bestimmungen über Preisangaben auf Unionsebene. In Art.
1 Abs.
1 der [X.]/581/[X.] über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der [X.] und in Art.
1 Abs.
1 der Richtlinie 88/314/[X.] über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise von anderen Erzeugnissen als Lebensmitteln, die am 17.
März 2000 außer [X.] getreten sind
(Art.
9 17
18
-
12
-
Abs.
2 in Verbindung mit Art.
11 Abs.
1 der [X.]/[X.]), war bestimmt, dass die Pflicht zur Angabe des Verkaufspreises und des Preises je Maßeinheit
auch in der Werbung erforderlich war. Der Umstand, dass die Erwägungsgrün-de der [X.]/[X.] nicht erkennen lassen, dass das zuvor bestehende Verbraucherschutzniveau mit dieser Richtlinie abgesenkt werden sollte, deutet darauf hin, dass der im dortigen Artikel
1 verwandte Begriff des Anbietens
von Produkten
auch die Werbung für Produkte unter Angabe von Preisen umfasst.

(2) Erfasst das Anbieten im Sinne von Art.
1 der [X.]/[X.] auch die Werbung für ein Erzeugnis unter Angabe des Preises, stellt sich die weitere Frage, ob in den nach Art.
1 und 3 Abs.
1 der Richtlinie anzugebenden [X.] auch die in Rede stehenden Überführungskosten einzurechnen sind. Nach Art.
2 Buchst.
a der [X.]/[X.] ist der Verkaufspreis der Endpreis für eine Produkteinheit oder eine bestimmte Erzeugnismenge, der
die Mehr-wertsteuer und alle sonstigen Steuern einschließt. Der Umstand, dass Art.
7 Abs.
4 Buchst.
c der Richtlinie 2005/29/[X.] im Falle der Aufforderung zum Kauf einerseits den
Preis einschließlich aller Steuern und Abgaben und andererseits Liefer-
und Zustellkosten anführt, könnte dafür sprechen, dass diese Kosten nach der [X.]/[X.] nicht in den Verkaufspreis eingerechnet werden müssen.
Dies könnte gleichermaßen für die fraglichen Überführungskosten [X.]. Dann
wäre
die Bestimmung des §
1 Abs.
1
Satz
1 [X.], soweit ihr ent-nommen wird, dass bei einer Werbung für [X.]fahrzeuge unter Angaben von Preisen die obligatorischen Überführungskosten in den Endpreis einzurechnen sind, strenger als die entsprechende Regelung in
der [X.]/[X.].

gg) Für den Fall, dass die Vorlagefrage
1 oder die Vorlagefrage
2 zu ver-neinen ist, stellt sich die Frage, ob nicht
entgegen der oben in Rn.
16
darge-stellten und nachfolgend in Rn.
17 bis 19 zugrunde gelegten Ansicht
der Preis einschließlich aller Steuern und Abgaben im Sinne von Art.
7 Abs.
4 Buchst.
c Fall
1 der Richtlinie 2005/29/[X.] auch alle im Voraus berechenbaren
Frach 19
20
-
13
-
Liefer-
und Zustellkosten sowie gegebenenfalls sonstige Nebenkosten zu [X.] hat, die zwangsläufig in bestimmter Höhe anfallen. Die Beantwortung dieser Frage hängt davon ab, ob
sich die Wortfolge in Art.
7 Abs.
4 Buchst.
c der Richtlinie 2005/29/[X.] "sowie gegebenenfalls alle zusätzlichen Fracht-, Lie-fer-
oder Zustellkosten"
auf den gesamten vorangegangenen Text dieser Vor-schrift
oder aber allein auf die unmittelbar vorangegangene Passage "oder in den Fällen, in denen der Preis aufgrund der Beschaffenheit des Produkts ver-nünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden kann, die Art der Preisbe-rechnung" bezieht. Im zweiten Fall
wären zusätzliche Fracht-, Liefer-
oder Zu-stellkosten, deren Höhe sich im Voraus berechnen lässt, in den "Preis ein-schließlich aller Steuern und Abgaben" im Sinne von Art.
7 Abs.
4 Buchst.
c Fall
1 der Richtlinie 2005/29/[X.] einzurechnen.
Dies würde dann auch für die Überführungskosten gelten. Denkbar ist aber auch, die Überführungskosten vom Hersteller zum Händler unabhängig von der vorstehenden Auslegung nicht den Frachtkosten im Sinne von Art.
7 Abs.
4 Buchst.
c der Richtlinie zuzurech-nen. Dafür könnte sprechen, dass gesondert ausgewiesene Frachtkosten nor-malerweise nur diejenigen Kosten für die Verbringung an einen anderen Ort als den Erfüllungsort sind. Dagegen betreffen die fraglichen Überführungskosten Aufwendungen für den Transport zum Erfüllungsort. Für deren gesonderten Ausweis ohne Einrechnung in den Gesamtpreis besteht bei obligatorisch [X.]n Kosten unter dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes kein Anlass.

c)
Die Entscheidungserheblichkeit der
Vorlagefragen
1 und 2
folgt dar-aus, dass
die beanstandete Werbung
dann, wenn diese Fragen beide bejaht werden,
ein nach §
4 Nr.
11 [X.] in Verbindung mit §
1 Abs.
1 Satz
1 Fall
2 [X.] unlauteres und
nach §
3 Abs.
1 [X.] unzulässiges Verhalten darstellt, da
ein entsprechender Rechtsverstoß geeignet ist, die Interessen der [X.] spürbar zu beeinträchtigen
(vgl. [X.], Urteil vom 18.
März 2010
I
ZR
16/08, [X.], 1110 Rn.
28 = [X.], 1498

Versandkosten bei Froogle
II; Urteil vom 29.
April 2010
I
ZR
99/08, GRUR 21
-
14
-
2011, 82 Rn.
27 = WRP 2011, 55
[X.] ohne
Umsatzsteuer; vgl. auch [X.], Urteil vom 5.
Juli 2001
I
ZR
104/99, [X.], 1166, 1168 = [X.], 1301
Fernflugpreise, mwN zur Beurteilung von Verstößen gegen §
1 Abs.
1 Satz
1 [X.] in Fällen, in denen dem Verbraucher das Zusammen-rechnen von [X.] zugemutet wurde, unter der Geltung des §
1 [X.] aF).
Die Revision der Beklagten wäre in diesem Fall
daher unbegründet.

Wenn dagegen die Vorlagefrage
1
oder auch die Vorlagefrage
2
verneint wird, fehlte
es
-
sofern nicht die für diesen Fall gestellte Vorlagefrage
3 bejaht

22
-
15
-

wird
-
an einem Rechtsverstoß.
Die Klage wäre dann unter Aufhebung des [X.] und Abänderung des landgerichtlichen Urteils abzuweisen.
Da-nach
ist auch die Vorlagefrage
3 entscheidungserheblich.

Büscher
Pokrant
Schaffert

Kirchhoff
Löffler
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 11.01.2012 -
84 [X.]/11 -

[X.], Entscheidung vom 21.09.2012 -
6 U 14/12 -

Meta

I ZR 201/12

18.09.2014

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.09.2014, Az. I ZR 201/12 (REWIS RS 2014, 2823)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 2823

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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I ZR 29/15 (Bundesgerichtshof)


I ZR 123/12 (Bundesgerichtshof)


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I ZR 201/12

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