Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.07.2011, Az. IX ZB 148/10

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 4506

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB
148/10

vom

21. Juli 2011

in dem Insolvenzverfahren

-
2
-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.]
Dr.
Kayser,
die Richter
Prof. Dr. Gehrlein und [X.], die Richterin [X.] und den Richter Dr. Fischer

am 21. Juli 2011
beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde des Schuldners wird der Beschluss der 5.
Zivilkammer des [X.] vom 10.
Juni 2010 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Entscheidung
-
auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens
-
an das Beschwerdegericht zu-rückverwiesen.

Der Gegenstandswert wird auf 13.528,20

.

Gründe:

I.

Auf den Antrag der D.

Geschäftsstelle B.

vom 11.
März 2001 wur-de am 10.
August 2001 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet und der weitere Beteiligte zum Verwalter bestellt.

1
-

3

-

Das Amtsgericht hat die Vergütung des weiteren Beteiligten als endgülti-ger Verwalter antragsgemäß auf
insgesamt
35.384,64

e-gen von dem Schuldner eingelegte Beschwerde ist zurückgewiesen worden. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Schuldner das Begehren, die Vergütung auf nicht mehr als 21.856,44

usetzen.

II.

Die gemäß §
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1 ZPO, §§
7, 6 Abs.
1, § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, §
64 Abs.
3 Satz
1 [X.] statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig (§
574 Abs.
2 Nr.
2
ZPO). Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Ent-scheidung und Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.

1. Das [X.] hat übereinstimmend mit dem Amtsgericht ausge-führt, bei der Berechnungsgrundlage nach §
1 [X.] seien von den Einnahmen in Höhe von 122.203,87
DM Kosten der Betriebsfortführung von 91.490,36
DM abzuziehen, was einen Betrag von 15.703,57

DM) ergebe. Die weiteren Einnahmen nach der Währungsumstellung von 608.361,48

um die Kosten der Betriebsfortführung von 548.762,04

ermäßigen. Auf die Berechnungsgrundlage von 75.303,01

che Regelsatz anzusetzen, der zu einer Nettovergütung von 18.021,21

Gesamtauslagen seien nach §
8 Abs.
3 [X.] auf 11.713,78

a-gen. Im Blick auf die vor dem 1.
Januar 2004 liegende Insolvenzeröffnung komme eine Deckelung der Pauschale nach §
8 Abs.
3 Satz
2 [X.] nF nicht in Betracht.

2
3
4
-

4

-

2. Die Entscheidung des [X.]s unterliegt bereits von Amts wegen der Aufhebung ([X.], Beschluss vom 5.
März 2009 -
IX ZB 141/08, [X.], 856 Rn.
4
mwN), weil den
Mindestanforderungen an die Begründung nicht ge-nügt ist (§
576 Abs.
3, §
547
Nr.
6 ZPO).

a) Beschlüsse, die der Rechtsbeschwerde unterliegen, müssen den maßgeblichen Sachverhalt, über den entschieden wird, wiedergeben und den Streitgegenstand und die Anträge der Parteien in beiden Instanzen erkennen lassen; andernfalls sind sie nicht mit gesetzmäßigen Gründen versehen. Fehlen tatsächliche Feststellungen, so ist das Rechtsbeschwerdegericht zu einer recht-lichen Überprüfung nicht in der Lage. Ausführungen des [X.], die eine solche Überprüfung nicht ermöglichen, sind keine Gründe im zivilpro-zessualen Sinne.
Sind neue rechtliche Gesichtspunkte aufgetreten, muss sich das Beschwerdegericht im Rahmen seiner rechtlichen Würdigung damit ausei-nandersetzen ([X.], [X.]O Rn.
5; Beschluss vom 12.

April 2011 -
VI [X.], Rn. 8 zVb).

b) Die Mindestanforderungen an die Darstellung des Sachverhalts und die rechtliche Begründung sind in vorliegender Sache nicht gewahrt.

[X.]) Die angefochtene Entscheidung, die sich sogleich der Frage der Zu-lässigkeit der sofortigen Beschwerde zuwendet, enthält bereits abgesehen von der konkreten Gebührenberechnung keine aus sich heraus verständliche Sach-verhaltsdarstellung. Auch wird nicht ersichtlich, inwieweit der Schuldner die
Erstentscheidung des Amtsgerichts bekämpft.

bb) Überdies setzt sich das Beschwerdegericht -
wie die Rechtsbe-schwerde zutreffend rügt
-
mit den von dem Schuldner im Beschwerdeverfah-5
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8
9
-

5

-
ren geltend gemachten rechtlichen Gesichtspunkten nicht auseinander. Die rechtliche Begründung erschöpft sich im Wesentlichen in der Wiederholung der von dem Amtsgericht vorgenommenen Gebührenberechnung.

Der Schuldner hat
gerügt, die Kosten der Betriebsfortführung seien mit 548.762,04

dem Beteiligten zunächst mit 583.532,92

diesen Be-trag verringert hätten. Ferner hat der Schuldner
beanstandet, Kosten der Steu-erberatung seien der Betriebsfortführung zuzuordnen; Wasser-
und Abwasser-gebühren sowie Grundsteuern müssten in einen betrieblichen und in einen pri-vaten Teil aufgespalten werden. Auf diese [X.] geht die angefochtene Ent-scheidung unter Verletzung von Art.
103 Abs.
1 GG überhaupt nicht ein.

Schließlich hat sich der Schuldner darauf berufen, im Streitfall sei
ein Abschlag nach §
3 Abs.
2 lit.
a [X.] gerechtfertigt, weil der weitere Beteiligte bereits als vorläufiger Verwalter in dem Verfahren tätig gewesen sei. Der [X.] Entscheidung kann schon nicht
entnommen werden, dass überhaupt ein vorläufiger Verwalter eingesetzt worden war. Auf
den regelmäßig vorzu-nehmenden Abschlag geht das Beschwerdegericht nicht ein.

c) Bei dieser Sachlage muss die Sache an das Beschwerdegericht zu-rückverwiesen werden, weil der Senat angesichts der lückenhaften
Begründung zu einer eigenen Entscheidung außerstande ist. Für das weitere Verfahren ist auf Folgendes hinzuweisen:

[X.]) Für die Anwendung des §
1 Abs.
2 Nr.
4 Satz
2 lit.
b [X.] ist maß-geblich, ob tatsächlich Ausgaben während und für die Betriebsfortführung [X.] sind. Soweit Ansprüche auf diese Ausgaben durch vom Insolvenzver-10
11
12
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-

6

-
walter abgeschlossene Verträge oder durch seine Erfüllungswahl begründet wurden, besteht hieran kein Zweifel. Soweit es sich um Verbindlichkeiten han-delt, die aus Dauerschuldverhältnissen entstehen, die noch vom Schuldner be-gründet worden und nach §
55 Abs.
1 Nr.
2 [X.] zu Masseverbindlichkeiten geworden sind, weil deren Erfüllung für die [X.] nach Eröffnung des [X.] erfolgen muss, gilt grundsätzlich nichts anderes. Deshalb müssen auch die während der Unternehmensfortführung anfallenden laufenden Kosten, mit denen der Gewinn erwirtschaftet werden soll, im Rahmen der Einnahmen -/Ausgabenrechnung als Ausgaben berücksichtigt werden ([X.], Beschluss vom 16.
Oktober 2008 -
IX [X.], [X.], 2299 Rn.
15
ff; vom 9. Juni 2011 -
IX ZB 47/10, Rn.
8
ff).
Aus §
1
Abs.
2
Nr.
4
[X.]
ergibt sich kein An-haltspunkt dafür, daß nur ein Teil der Ausgaben berücksichtigt werden soll. Maßgebend ist allein, ob die Gegenleistung für
die Unternehmensfortführung verwendet wurde
([X.], Beschluss vom 16.
Oktober 2008, [X.]O, Rn.
12
ff, 23; vom 9. Juni 2011 -
IX ZB 47/10, Rn.
9). Dabei obliegt es dem Verwalter, eine Abgrenzung der für die Unternehmensfortführung erforderlichen Kosten gegen-über denjenigen vorzunehmen, die nicht im Zusammenhang mit der Betriebs-fortführung entstanden sind (FK-[X.]/[X.], 6.
Aufl.,
§
1 [X.] Rn.
33). Auf dieser Grundlage wird das Beschwerdegericht im Blick auf das [X.], die Grundsteuer und die Wasserversorgung eine Abschichtung vorzunehmen haben, inwieweit diese Ausgaben durch die Unternehmensfort-führung angefallen sind.

bb) Zu-
und Abschlagstatbestände gemäß §
3 [X.] sind von dem Tatrichter im Einzelnen zu bewerten. Er muss in einer Gesamtschau unter Be-rücksichtigung von Überschneidungen der einzelnen Tatbestände und einer aufs Ganze bezogenen Angemessenheitsbetrachtung den Gesamtzuschlag 14
-

7

-
oder den [X.] festlegen ([X.], Beschluss vom 1.
März 2007 -
IX
ZB 280/05, [X.], 639 Rn.
14).

cc) Auf
den vorliegenden Fall findet §
8
Abs.
3
[X.]
in der bis zum 6.
Oktober 2004 geltenden Fassung Anwendung, weil das Insolvenzverfahren vor dem 1.
Januar
2004 eröffnet worden ist (§
19
Abs.
1
[X.]).
Soweit die Kostenpauschale in Rede steht, wird sich das Beschwerdegericht mit der Rüge des Schuldners zu befassen haben, der Beteiligte habe das Verfahren ohne sachlichen Grund verzögert. Der [X.]
nach §
8 Abs.
3 [X.] kann nur bis zu dem [X.]punkt verlangt werden, zu dem bei ordnungs-gemäßer Durchführung des Verfahrens die insolvenzrechtlich erforderliche Tä-tigkeit abgeschlossen worden wäre ([X.], Beschluss vom 23.
Juli 2004 -
IX ZB 255/03, [X.], 1881, 1882; vom 2.
Februar 2006 -
IX ZB 167/04, [X.], 630, 632 f; vom 30.
März 2006 -
IX
ZB 282/04, [X.]-Report 2006, 998
Rn. 6).
Die insoweit von dem Beschwerdegericht angeführten
Tätigkeiten, deren

15
-

8

-
Durchführung keinen besonderen [X.]aufwand erforderte,
lassen nicht konkret erkennen, warum das Verfahren mehrere Jahre nach Abschluss der Betriebs-fortführung nicht abgeschlossen werden konnte.

Kayser
Gehrlein
[X.]

[X.]
Fischer

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 13.12.2007 -
35 IN 615/01 -

LG [X.], Entscheidung vom 10.06.2010 -
5 [X.]/08 -

Meta

IX ZB 148/10

21.07.2011

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.07.2011, Az. IX ZB 148/10 (REWIS RS 2011, 4506)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 4506

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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