Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.04.2012, Az. XII ZR 65/10

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 7186

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
XII ZR 65/10
Verkündet am:

18. April 2012

Küpferle,

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja

BGB §§ 1570, 1573, 1578, 1578 b
a) Beim Unterhaltsanspruch wegen Betreuung von Kindern ab der Altersgrenze von drei Jahren ist zunächst der individuelle Umstand zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Kindesbetreuung auf andere Weise gesichert ist oder gesichert werden könnte (im [X.] an [X.]surteil [X.], 170 = [X.], 770).

b) An die für eine Verlängerung des [X.] insbesondere aus kindbezogenen Gründen erforderlichen Darlegungen (hier: bei drei minderjährigen Kindern und von der [X.] zu leistenden Fahrdiensten an den Nachmittagen) sind keine überzogenen Anforderungen zu stellen (im [X.] an [X.]surteil vom 15.
Juni
2011 -
XII
ZR 94/09
-
FamRZ
2011, 1375).
c) Zur Beurteilung einer überobligationsmäßigen Belastung im Rahmen der Verlängerung des [X.] ist auch der Aspekt einer gerechten Lastenverteilung zwischen unterhaltsberechtig-tem und unterhaltspflichtigem Elternteil
zu berücksichtigen (im [X.] an [X.]surteile [X.], 170 = [X.], 770; [X.], 272 = [X.], 1739 und vom 21.
April 2010 -
XII
ZR 134/08
-
FamRZ
2010, 1050).

d) Hat der Unterhaltspflichtige nach dem -
unterhaltsrechtlich nicht vorwerfbaren
-
Verlust seines Ar-beitsplatzes eine Abfindung erhalten und hat er im [X.] daran eine neue Arbeitsstelle mit dauerhaft geringerem Einkommen
gefunden, so ist die Abfindung bis zur Höchstgrenze des [X.] aufgrund des früheren Einkommens grundsätzlich für den Unterhalt
zu verwenden (im [X.] an [X.]surteile [X.]Z 172, 22 = [X.], 983 und vom 2.
Juni 2010 -
XII
ZR
138/08
-
FamRZ 2010, 1311;
teilweise Aufgabe von [X.]surteil [X.], 358 = FamRZ 2003, 590).
e) Ob eine Aufstockung bis zum bisherigen Einkommen
geboten ist und der bisherige Lebensstandard vollständig aufrechterhalten werden muss, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen, insbesondere auch nach der vom [X.] zu erwartenden weiteren Einkommensentwicklung.
[X.], Urteil vom 18. April 2012 -
XII ZR 65/10 -
OLG [X.]

[X.]
-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 18. April 2012 durch [X.], Weber-Monecke, [X.], Schilling und Dr. Nedden-Boeger
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 5.
[X.]s für Familiensachen des [X.] in [X.] vom 31.
März 2010 wird auf Kosten des Antragstellers zurückge-wiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Parteien sind geschiedene Eheleute und streiten über nachehelichen Unterhalt.

Sie schlossen 1992 die Ehe. Aus der Ehe sind drei Kinder hervorgegan-gen, die im September 1992 (S.), im Dezember 1994 ([X.]) und im September 1997 ([X.]) geboren
wurden. Sämtliche Kinder waren zum [X.]punkt der mündli-chen Verhandlung vor dem Berufungsgericht, im März 2010, noch minderjährig und lebten im Haushalt der Antragsgegnerin. Über den Unterhalt der Kinder streiten die Parteien in einem weiteren Verfahren, das ebenfalls bei dem [X.] anhängig ist (XII
ZR 66/10).
1
2
-
3
-
Die Parteien
trennten sich im Oktober 2006. Die Ehe ist im vorliegenden Verbundverfahren auf den im Oktober 2007
zugestellten Antrag geschieden worden. Die Scheidung ist seit
dem 1.
Oktober
2009
rechtskräftig.
Der 1965 geborene Antragsteller war
Verkaufsleiter.
Nach einer von sei-nem Arbeitgeber erklärten Kündigung
zum Ende August 2009 und einer
im Kündigungsschutzverfahren vereinbarten Abfindung ist er seit Oktober 2009 bei seinem neuen Arbeitgeber als Ingenieur im technischen Vertrieb mit Außen-dienst mit einem deutlich geringeren Einkommen
tätig. Die 1964 geborene [X.] hatte vor der Eheschließung
eine Ausbildung zur Kranken-schwester abgebrochen. Sie erteilt in den Nachmittagsstunden Klavierunter-richt. Außerdem hat sie nach der Trennung eine Zusatzausbildung
zur Rhyth-miklehrerin absolviert.
Die Antragsgegnerin macht nachehelichen Unterhalt geltend. Die [X.] streiten über den Umfang der die Antragsgegnerin treffenden Erwerbsoblie-genheit sowie das auf Seiten des Antragstellers
bei der Bedarfsermittlung zu berücksichtigende Einkommen, insbesondere über dessen
Aufstockung aus Mitteln der von ihm erhaltenen Abfindung. Das Amtsgericht hat die Ehe der [X.] durch Verbundurteil geschieden und den Antragsteller zu
einem Unterhalt in Höhe von monatlich 938

Außerdem hat es den Antragsteller -
insoweit durch "Versäumnis-Teil-Urteil"
-
zu einem Zugewinnausgleich von rund 7.321

Der Versorgungsausgleich
ist abgetrennt worden. Das [X.] hat die gegen die Entscheidung zum Unterhalt eingelegte Berufung des Antragstellers zurückgewiesen.
Dagegen richtet sich dessen zu-gelassene Revision.

3
4
5
-
4
-
Entscheidungsgründe:

Die Revision
hat
keinen Erfolg.
Auf das Verfahren ist gemäß Art.
111 Abs.
1 [X.] noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor [X.] [X.]punkt eingeleitet worden ist (vgl. [X.]sbeschluss vom 3.
November 2010 -
XII
ZB 197/10
-
FamRZ 2011, 100 Rn.
10).

I.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht der Antragsgegnerin ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach §
1570 Abs.
1 BGB zu. Bei Rechtskraft der Scheidung seien die Kinder zwar deutlich älter als drei Jahre gewesen. Es bestehe trotzdem
ein zumindest teilweiser Betreuungsbedarf. Die Kinder kämen am (frühen)
Nachmittag aus der Schule. Die Söhne übten nachmittags sportli-che Aktivitäten aus, die 5 km bzw. 15 km vom Wohnort stattfänden. Da die [X.] mit den Kindern in einer ländlichen Lage mit entsprechenden Ab-strichen bei der Infrastruktur, wie beim öffentlichen Nahverkehr,
wohne, seien die Kinder darauf angewiesen, dass die Antragsgegnerin sie zu diesen [X.] fahre. Die Antragsgegnerin sei zwar mit den Kindern umgezogen. Dass sie mit den Kindern in derselben Straße wohnhaft geblieben sei, sei ihr aber nicht vorzuwerfen, da sie zum einen den Kindern den Lebensmittelpunkt erhalten habe, zum anderen zugleich ihre Klavierschüler habe behalten können. [X.] dieser Umstände bestehe zumindest in den Nachmittagsstunden nach Heimkehr der Kinder aus der Schule weiterhin Bedarf für die Betreuung und Erziehung der drei Kinder. Diese
stelle weiterhin erhebliche Anforderungen an 6
7
8
-
5
-
die Antragsgegnerin, die über das normale Maß hinausgingen
und neben einer vollschichtigen Tätigkeit nicht zu bewältigen seien. Zu berücksichtigen sei, dass die Möglichkeiten der Fremdbetreuung aufgrund der ländlichen Lage einge-schränkt seien und die Antragsgegnerin eine fehlende verlässliche Fremdbe-treuung unbestritten vorgetragen habe. Soweit sie allerdings das Bestehen [X.] psychischen Erkrankung mit H[X.]rausfall beim Sohn [X.] behauptet habe, sei den eingereichten Attesten keine psychische Erkrankung zu entnehmen, die einen besonders erhöhten Betreuungsbedarf rechtfertige.
Im Ergebnis sei der
Antragsgegnerin
unter Berücksichtigung aller Umstände eine Teilzeitbeschäfti-gung mit 30 Wochenstunden zumutbar. Sie könne in den Vormittagsstunden, während sich die Kinder in der Schule befänden, grundsätzlich einer Beschäfti-gung mit ca. sechs Stunden pro Tag zuzüglich Fahrzeiten nachgehen.
Die Antragsgegnerin könne lediglich eine Festanstellung als [X.] finden, z.B. im Verkaufsbereich, in dem sie bereits -
wie schon früher
-
tätig sei. Unter Berücksichtigung der Einnahmen aus ihrer Tätigkeit als Klavier-
und Rhythmiklehrerin sei davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin insge-samt ca. 1.200

Im Hinblick auf die lange Tren-nungszeit bestehe
die entsprechende Verpflichtung der Antragsgegnerin ab Rechtskraft der Scheidung.
Bei dem Einkommen
des Antragstellers sei zu berücksichtigen, dass er zwischenzeitlich den Arbeitgeber gewechselt habe und kurzfristig arbeitslos gewesen sei. Allerdings habe er im Oktober 2009 eine Abfindung seines Arbeit-gebers von
brutto
70.000

(netto jedenfalls 33.663

)
erhalten.
Mit der [X.] müsse er sein durch den Arbeitsplatzwechsel und die kurzfristige [X.] gesunkenes
Einkommen
auf das bisherige Niveau aufstocken.
Eine Abfindung sei dem Arbeitseinkommen hinzuzurechnen, wenn sie im Rahmen einer Einzelmaßnahme des Arbeitgebers anlässlich der Beendigung des Ar-9
10
-
6
-
beitsverhältnisses gezahlt worden sei, soweit sie dem Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes diene und somit den [X.] Besitzstand wahren solle, d.h. eine Entschädigungsfunktion habe, die den durch den Wegfall des [X.] entstehenden Lohnverlust ausgleichen und insbesondere den [X.]raum bis zur Aufnahme eines neuen Beschäftigungsverhältnisses überbrücken solle. Das sei im vorliegenden Fall verwirklicht, weil dem (seinerzeit) 44 Jahre alten An-tragsteller nach langjähriger [X.] sein Arbeitsverhältnis in leitender Funktion gekündigt worden sei und ihm die Abfindung aufgrund des in dem von ihm angestrengten Kündigungsschutzprozess geschlossenen [X.] gezahlt worden sei. Sie habe demnach eine Entschädigungsfunktion für den Wegfall des Arbeitsplatzes gehabt. Auf die Frage, ob dem Antragsteller der Verlust des Arbeitsplatzes vorzuwerfen sei, komme es nicht an. Habe der Un-terhaltspflichtige schon vor Ablauf des prognostizierten Überbrückungszeit-raums eine neue Arbeitsstelle gefunden, sei mit dem nicht verbrauchten Teil der Abfindung im Einzelfall unterschiedlich zu verfahren. Wenn das Einkommen
aus der neuen Arbeitsstelle geringer sei als das frühere, werde in der Rechtspre-chung
unterschiedlich beurteilt, ob die Abfindung weiter zur Aufstockung diene oder wie sonstiges Vermögen zu behandeln sei. Letzteres sei vom [X.] bei einer
annähernd gleichwertigen Erwerbstätigkeit und einer Ge-haltseinbuße von 25
% angenommen worden.
Dann komme es maßgeblich darauf an, ob der Arbeitsplatzverlust dem Unterhaltspflichtigen unterhaltsrecht-lich vorzuwerfen sei. Hier liege der Fall anders. Der Arbeitsplatzwechsel sei mit einer Einkommenseinbuße von ca. einem Drittel verbunden, so dass es sich nicht um eine der Vergütung nach gleichwertige Tätigkeit handele. Unter den hier vorliegenden Umständen habe die Abfindung unterhaltsrechtlich eine Lohnersatzfunktion. Das ergebe sich insbesondere aus der Rechtsprechung
zu den wandelbaren Lebensverhältnissen und der ihr zugrunde liegenden Annah-me, dass die Familienmitglieder von einer Änderung der wirtschaftlichen Ver--
7
-
hältnisse in gleicher Weise betroffen wären, wenn sie weiter zusammen gelebt hätten. Wenn eine nicht vorwerfbare Einkommensminderung zu Einbußen füh-re, dürften andererseits die aus solchen Veränderungen resultierenden wirt-schaftlichen Vorteile nicht dem Unterhaltspflichtigen verbleiben, wenn diese bei Fortsetzung der [X.] von Eltern mit Kindern [X.] zugute gekommen wären.
Auch angesichts der Höhe sei die Abfindung hier einzusetzen, um die bisherigen Lebensverhältnisse einstweilen -
für einen [X.]raum von eineinhalb bis zwei Jahren
-
beizubehalten und die Anpassung an die veränderten [X.] vorzubereiten.
Das Berufungsgericht ist bei seiner Unterhaltsberechnung von dem fort-geschriebenen Einkommen
des Antragstellers ausgegangen, in das es den Nutzungsvorteil für
einen dem Antragsteller -
auch an seiner neuen Arbeitsstel-le
-
zustehenden Dienstwagen einbezogen hat.

Eine Befristung des Unterhalts scheide aus, weil es sich um
Betreuungs-unterhalt handele. Eine Herabsetzung des Unterhalts auf den angemessenen Lebensbedarf komme jedenfalls für eine Übergangszeit nicht in Betracht, weil bis zum Wegfall des Betreuungsbedarfs der Kinder eine fortdauernde Teilhabe der Antragsgegnerin
an den ehelichen Lebensverhältnissen nicht unbillig sei. Dabei sei nicht zu verkennen, dass die Antragsgegnerin keine dauerhaften ehebedingten Nachteile erlitten habe.

II.
Die Revision ist in vollem Umfang zulässig. Das Berufungsgericht hat die im Urteilsausspruch enthaltene Zulassung der Revision nicht eingeschränkt. Zwar ist in den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils ausgeführt, die Zu-11
12
13
-
8
-
lassung der Revision betreffe die Frage, ob und inwieweit die Abfindung zur Aufstockung auf das bisherige Einkommensniveau zu nutzen sei. Dies betrifft indessen einen einzelnen Rechnungsposten der Unterhaltsbemessung, aus dem sich eine eindeutige zeitliche oder höhenmäßige Begrenzung der Revisi-onszulassung nicht ohne weiteres ergibt
(vgl. [X.]surteil vom 30.
Juli 2008 -
XII
ZR 126/06
-
[X.], 2104 Rn.
11 [X.]). Zwar wäre in zeitlicher Hin-sicht eine Begrenzung möglich auf den [X.]raum, für den die Abfindung berück-sichtigt worden ist. [X.] liegt der Beginn der Berücksichtigung (September 2009) vor Rechtskraft
der Scheidung (1.
Oktober
2009), mit welcher der zuge-sprochene Unterhaltsanspruch entstanden ist.

III.
In der Sache hält das Berufungsurteil
einer rechtlichen Nachprüfung
im Ergebnis stand.
1. Der Unterhaltsanspruch ergibt sich allerdings entgegen
der Auffas-sung des Berufungsgerichts nicht in vollem Umfang aus §
1570 BGB (Betreu-ungsunterhalt), sondern zum Teil aus §
1573 Abs.
2 BGB
([X.]). Da die Antragsgegnerin aufgrund der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen durch die
Betreuung der Kinder nicht an einer Teilzeiterwerbstä-tigkeit gehindert ist, beruht der Anspruch nur insoweit
auf §
1570 BGB, als sie durch die Kinderbetreuung an der Erwerbstätigkeit gehindert ist. Da neben der Kinderbetreuung kein anderes Erwerbshindernis besteht, ergibt sich der [X.] im Übrigen somit aus §
1573 Abs.
2 BGB
(vgl. insoweit [X.]surteile vom 13.
Dezember 1989 -
IVb
ZR 79/89
-
FamRZ 1990, 492, 493 f.; vom 26.
November 2008 -
XII
ZR 131/07
-
[X.], 406, 407
f. [zu §
1572 14
15
-
9
-
BGB]
und
vom 3.
Februar 1999 -
XII
ZR 146/97
-
FamRZ 1999, 708, 709 [zu §
1571 BGB]).
2. Das Berufungsgericht hat eine Erwerbsobliegenheit der Antragsgegne-rin im Umfang einer
vollschichtigen
Tätigkeit verneint, weil eine Betreuung der gemeinsamen Kinder diese nicht
zulasse. Das hält den Angriffen der Revision stand.
a) Nach der seit Inkrafttreten des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes
vom 21.
Dezember
2007 am 1.
Januar
2008 ergangenen Rechtsprechung
des [X.]s (seit [X.], 170 = [X.], 770)
bestimmt sich die Erwerbsob-liegenheit des kinderbetreuenden Ehegatten im Rahmen von §
1570 BGB nach den folgenden Grundsätzen:
[X.]) Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung über eine Verlängerung des [X.] über das vollendete dritte Lebensjahr hinaus aus [X.] Gründen nach §
1570 Abs.
1 Satz
2 und 3 BGB kann sich der betreu-ende Elternteil nicht mehr auf die Notwendigkeit einer persönlichen Betreuung des Kindes berufen, wenn und soweit das Kind eine kindgerechte Betreuungs-einrichtung besucht oder unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse besuchen könnte. Dem stehen verfassungsrechtliche Gründe nicht entgegen.
Ein
nur bis zum Alter von drei Jahren begrenzter Vorrang der persönlichen Be-treuung durch einen Elternteil verletzt insbesondere nicht das Elternrecht
des betreuenden Elternteils (vgl. [X.]
[X.], 965
Rn.
72
f.; BT-Drucks. 16/6980 S.
8
f.; [X.]surteil [X.], 170 = [X.], 770 Rn. 24; [X.] FPR 2012, 129, 130;
aA OLG Frankfurt
a.M.
FamRZ
2010, 1449).
Auch aus allgemeinen
Erwägungen des Kindeswohls (vgl. etwa [X.], 77, 80) ergibt sich nichts anderes. Insoweit hat der Gesetzgeber von der ihm im Hinblick auf das Kindeswohl zustehenden [X.] 16
17
18
-
10
-
Gebrauch gemacht und in Anlehnung an die vor der Unterhaltsreform nur für nichteheliche Kinder geltende Regelung einen Vorrang der persönlichen Be-treuung nur bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres festgelegt. Damit hat
er insbesondere die ihm vom [X.] ([X.] [X.], 965
Rn.
75) aufgegebene Gleichbehandlung von ehelich und nichtehelich gebo-renen Kindern im Hinblick auf eine Gewährung des [X.] im Kindesinteresse umgesetzt. Da sich die Regelung in §
1570 BGB auf Kinder aus Scheidungsfamilien bezieht, kann aus der Tatsache, dass die betroffenen Kinder unter der Elterntrennung regelmäßig leiden, für sich genommen noch nicht ohne weiteres hergeleitet werden, dass bestehende Betreuungsmöglich-keiten nicht oder nur eingeschränkt in Anspruch genommen werden müssten. Einschränkungen ergeben sich hier nur dann, wenn das Kind unter der Tren-nung "besonders leidet und daher der persönlichen Betreuung durch einen El-ternteil bedarf"
(BT-Drucks. 16/6890 S.
9), was als kindbezogener Grund im Einzelfall vom unterhaltsberechtigten Elternteil darzulegen und ggf. zu bewei-sen ist.
Im [X.] ist demnach zunächst der individuelle Umstand zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Kindesbetreuung auf andere Weise gesichert ist oder gesichert werden könnte ([X.]surteil [X.], 170 = FamRZ
2009, 770
Rn.
27). Ein Altersphasenmodell, das bei der Frage der Ver-längerung des [X.] aus kindbezogenen Gründen allein auf das Alter des Kindes abstellt, wird diesen Anforderungen nicht gerecht
(ständige [X.]srechtsprechung, vgl. [X.]surteile [X.], 170 = [X.], 770 Rn.
28
und vom 15.
Juni
2011 -
XII
ZR 94/09
-
FamRZ
2011, 1375 Rn.
22).
Auf das Alter des Kindes kommt es demnach nur an, soweit eine anderweitige Be-treuung des Kindes nicht zur Verfügung steht und die Berufstätigkeit des [X.] Elternteils davon abhängt, dass das Kind -
vorübergehend
-
auch ohne Aufsicht bleiben kann. Schließlich ist -
insbesondere zur Überbrückung 19
-
11
-
von Betreuungsengpässen
-
grundsätzlich auch ein dem Kindeswohl nicht [X.] ernsthaftes und verlässliches Betreuungsangebot des [X.] wahrzunehmen ([X.]surteile vom 1.
Juni
2011 -
XII
ZR 45/09
-
FamRZ 2011, 1209 Rn.
24 und
vom 15.
September
2010 -
XII
ZR 20/09
-
FamRZ
2010, 1880
Rn.
28).
[X.]) Der Unterhaltsberechtigte trägt die Darlegungs-
und Beweislast für die Voraussetzungen einer Verlängerung des [X.] über die Dauer von drei Jahren hinaus. Er hat also zunächst darzulegen und zu bewei-sen, dass keine kindgerechte Einrichtung für die Betreuung des gemeinsamen Kindes zur Verfügung steht oder dass aus besonderen Gründen eine persönli-che Betreuung erforderlich ist. Auch Umstände, die aus elternbezogenen Grün-den zu einer eingeschränkten Erwerbspflicht und damit zur Verlängerung des [X.] führen können, hat der Unterhaltsberechtigte darzulegen und zu beweisen ([X.]surteile vom 17.
Juni 2009 -
XII
ZR 102/08
-
[X.], 1391, 1393 [X.]; [X.], 272, 304 = [X.], 1739, 1748; vom 13.
Januar
2010 -
XII ZR 123/08
-
FamRZ 2010, 444;
vom 16.
Dezember
2009
-
XII
ZR 50/08
-
FamRZ 2010, 357
und vom 21.
April 2010 -
XII
ZR 134/08
-
FamRZ 2010, 1050 Rn.
35).

Insbesondere an die Darlegung kindbezogener Gründe sind nach der [X.]srechtsprechung keine überzogenen Anforderungen zu stellen
([X.]sur-teil
vom 15.
Juni
2011 -
XII
ZR 94/09
-
FamRZ 2011, 1375; anders zu Unrecht [X.]/Preisner
FamRZ 2011, 1537). Dabei sind auch besondere Bedürfnisse des Kindes, die etwa sportliche, musische oder andere
Beschäftigungen betref-fen, zu beachten. Sofern diese vom Kind nicht selbständig wahrgenommen werden können, sind vom Unterhaltsberechtigten etwa zu erbringende Fahr-
und Betreuungsleistungen in Rechnung zu stellen. Die gesetzliche Regelung bietet außerdem Raum für die Berücksichtigung schulischer Anforderungen an 20
21
-
12
-
die Mitarbeit der Eltern (etwa Hausaufgabenbetreuung, Klassenpflegschaft usw.), deren Notwendigkeit und Üblichkeit vom Unterhaltsberechtigten konkret vorzutragen sind. Bei der Frage, ob die Aktivitäten unverändert fortgesetzt wer-den können, ist im Ausgangspunkt darauf abzustellen, in welcher Form diese
vom
Kind und den Eltern
schon zur [X.] durchgeführt wurden. Dies wird allerdings dadurch begrenzt, dass die vom El-ternteil
zu erbringenden Betreuungsleistungen und sonstigen Tätigkeiten nicht außer Verhältnis zu der dadurch gehinderten Erwerbstätigkeit stehen dürfen. Gegebenenfalls ist vom betreuenden Elternteil
(und vom Kind) in Kauf zu [X.], dass die Abläufe abweichend organisiert oder Aktivitäten teilweise einge-schränkt werden, damit sie mit einer Erwerbstätigkeit des Elternteils in Einklang gebracht werden können.
[X.]) Steht der Umfang einer -
möglichen
-
anderweitigen Kinderbetreuung fest, ist zu berücksichtigen, wie eine ausgeübte oder mögliche Erwerbstätigkeit mit den [X.]en der Kinderbetreuung (einschließlich der Fahrzeiten) vereinbar ist und in welchem Umfang dem Unterhaltsberechtigten in dem dadurch vorgege-benen zeitlichen Rahmen eine Erwerbstätigkeit zumutbar ist. Daraus können sich insbesondere bei mehreren Kindern Einschränkungen ergeben. Auch ist die Eigenart der
jeweiligen Erwerbstätigkeit zu berücksichtigen, wenn es sich hierbei etwa um Schichtarbeit handelt oder diese sich ansonsten mit den [X.]en der Kinderbetreuung nur teilweise überschneidet. Inwiefern in diesen Fällen etwa die Hilfe Dritter, z.B. der Großeltern, in Anspruch genommen werden kann, ist schließlich im jeweiligen Einzelfall zu beurteilen und bei freiwilligen Betreuungsleistungen durch einen an Billigkeitskriterien orientierten Abzug vom Einkommen
des Unterhaltsberechtigten zu berücksichtigen (zur überobligatori-schen Tätigkeit vgl. [X.]surteil
vom 21.
April
2010 -
XII
ZR 134/08
-
FamRZ 2010, 1050 Rn.
36
f. [X.];
zur Berücksichtigung von Betreuungskosten vgl. [X.]surteil vom 26.
November
2008 -
XII
ZR 65/07
-
[X.], 962).
22
-
13
-
dd) Wenn der -
zeitliche
-
Umfang einer möglichen Erwerbstätigkeit fest-steht, verlangt die gesetzliche Neuregelung auch bei gegebener Erwerbsmög-lichkeit keinen abrupten Wechsel von der elterlichen Betreuung zu einer Voll-zeiterwerbstätigkeit (vgl. auch BT-Drucks. 16/6980 S.
9). Nach Maßgabe der im Gesetz genannten kindbezogenen (§
1570 Abs.
1 Satz
3 BGB) und elternbezo-genen (§
1570 Abs.
2 BGB) Gründe ist vielmehr ein gestufter Übergang bis hin zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit möglich ([X.]surteile
vom 17.
Juni
2009 -
XII
ZR 102/08
-
[X.], 1391 Rn.
19 ff.
und
vom
30.
März 2011 -
XII
ZR 3/09
-
FamRZ 2011, 791 Rn.
20 [X.]).
Für
die Übergangszeit ist auch die [X.] von der Trennung bis zur Scheidung zu berücksichtigen, soweit hier -
etwa nach Ablauf des sog. Trennungsjahres
-
aufgrund der Umstände des Einzelfalls bereits dem nachehelichen Unterhalt
entsprechende Anforderungen an die Er-werbsobliegenheit des Unterhaltsberechtigten bestehen.
ee) Soweit die Betreuung des Kindes auf andere Weise sichergestellt oder in einer kindgerechten Einrichtung möglich ist, kann einer Erwerbsoblie-genheit des betreuenden Elternteils schließlich -
teilweise
-
entgegenstehen, dass die von ihm daneben zu leistende Betreuung und Erziehung des Kindes zu einer überobligationsmäßigen Belastung führen kann ([X.]surteile
[X.], 170 = [X.], 770 Rn.
31; [X.], 272 =
[X.], 1739 Rn.
99
und vom 21.
April 2010 -
XII
ZR 134/08
-
FamRZ 2010, 1050).
Dabei ist unter anderem zu
berücksichtigen, dass am Morgen oder am späten [X.] und Abend regelmäßig weitere Erziehungs-
und Betreuungsleistungen zu erbringen sind, die je nach dem individuellen Betreuungsbedarf des Kindes oder
der Kinder in unterschiedlichem Umfang anf[X.]
können. Zwar wird der
dem Kind zu leistenden
Betreuung nach der gesetzlichen Konzeption durch ei-ne Entlastung des betreuenden Elternteils von der [X.] Rech-nung getragen (§
1606 Abs.
3 Satz
2
BGB). Diese Wirkung wird indessen bei der [X.] nach Quoten teilweise dadurch aufgehoben, dass der 23
24
-
14
-
betreuende Elternteil
bei Vorwegabzug des Kindesunterhalts über eine Redu-zierung seines Unterhalts im wirtschaftlichen Ergebnis einen Teil des Barunter-halts mit zu tragen hat.
Die vom Gesetz angeordnete Billigkeitsabwägung nach §
1570 Abs.
1 Satz
2, 3
BGB
lässt Raum für eine Einbeziehung dieses [X.] unter dem Gesichtspunkt einer gerechten Lastenverteilung zwischen unterhaltsberechtigtem und unterhaltspflichtigem Elternteil
im Einzelfall.
b) Das Berufungsgericht
hat diese Grundsätze im Ausgangspunkt beach-tet und ist bei der Bemessung der die Antragsgegnerin
treffenden Erwerbsob-liegenheit davon jedenfalls nicht zum Nachteil des Antragstellers (als [X.])
abgewichen.
Nach der zutreffenden Auffassung des Berufungsge-richts
gebieten kindbezogene Gründe eine Verlängerung des Betreuungsunter-halts.
[X.]) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts besuchen alle drei Kinder die Schule und kommen in der Regel am frühen Nachmittag oder am Nachmittag aus der Schule. Damit hat das Berufungsgericht
in zulässiger Wei-se festgestellt, dass die Antragsgegnerin
die bestehenden Betreuungsmöglich-keiten ausgenutzt hat. Das wird von der Revision
auch nicht beanstandet.
[X.])
Im Hinblick auf die kindbezogenen Gründe macht die Revision
gel-tend, das Berufungsgericht
habe sich nicht damit auseinandergesetzt, welches Kind in welchem zeitlichen Umfang und aus welchen Gründen bei den [X.] betreut werden müsse. Die als Begründung für die [X.] herangezogene psychische Erkrankung habe es gerade als nicht nachgewiesen erachtet. Auch dies stellt das vom [X.]
gefundene Ergebnis aber nicht in Frage.
Das Berufungsgericht
hat hier neben dem verbleibenden [X.] für die drei Kinder auf die sportlichen Aktivitäten der beiden Söhne abge-25
26
27
28
-
15
-
stellt, die wegen des unzureichenden öffentlichen Nahverkehrs von der [X.]
gefahren werden müssten. Damit hat es in zulässiger Weise ei-nen nach der Schule bestehenden besonderen Betreuungsbedarf der Kinder berücksichtigt. Bei den
Aktivitäten im Sportverein konnte das Berufungsgericht
auch davon ausgehen, dass im Regelfall an der während des Zusammenlebens praktizierten Organisation festgehalten werden kann, zumal den Kindern da-nach in Anbetracht des unzureichenden Nahverkehrs im ländlichen Gebiet auch noch nicht zuzumuten ist, die Fahrten selbständig durchzuführen. Entgegen der Auffassung der Revision
war hier auch nicht zu verlangen, dass die Kinder ih-ren Sport
vor Ort oder an einem mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbaren Ort wahrnehmen. Ein Missverhältnis zu der durch die Betreuung gehinderten Erwerbstätigkeit entsteht in Anbetracht des vom Berufungsgericht
angenomme-nen zeitlichen Umfangs der von der Antragsgegnerin
zu leistenden Erwerbstä-tigkeit nicht.
Soweit das Berufungsgericht
die von der Antragsgegnerin
vorgetragene Hausaufgabenbetreuung des jüngsten [X.] akzeptiert hat, ist auch dies nicht zu beanstanden. Dass ein zwölfjähriger Junge -
wie die Revision
meint
-
in den
Nachmittagsstunden nach Rückkehr aus der Schule nach der Lebenserfahrung die Hausaufgaben selbständig erledigen könne oder von den älteren [X.] Hilfe zu erwarten habe, trifft jedenfalls als Erfahrungssatz nicht zu. [X.] ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht
insoweit dem Vortrag der Antragsgegnerin
gefolgt ist.
Ob die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen zur Dauer der Betreuung letztendlich hinreichend genau sind oder nicht, kann deswegen da-hinstehen, weil die von ihm angenommene Erwerbsobliegenheit und deren zeit-licher Umfang unter den Umständen des vorliegenden Falles jedenfalls im Er-gebnis ausreichend sind.
29
30
-
16
-
[X.]) Das Berufungsgericht ist aufgrund der von ihm getroffenen
Feststel-lungen zum Umfang der Betreuungsbedürftigkeit der Kinder davon ausgegan-gen, dass die Antragsgegnerin eine Erwerbstätigkeit im Umfang von 30 Wo-chenstunden
ausüben könne. Sie könne lediglich eine Anstellung als [X.] finden. Zusammen mit ihrer zeitlich flexiblen Tätigkeit als Klavier-
und Rhythmiklehrerin könne sie ein monatliches Einkommen
von brutto 1.200

netto 910

Damit hat das Berufungsgericht in zeitlicher Hinsicht jedenfalls keine zu gerin-gen Anforderungen an die von der Antragsgegnerin in Anbetracht der Betreu-ung mögliche Tätigkeit gestellt.
dd)
Das Berufungsgericht
hat eine Erwerbsobliegenheit der Antragsgeg-nerin
bereits mit Rechtskraft der Scheidung eingreifen lassen. Das ist für den Antragsteller
als Revisionskläger günstig. Dass das Berufungsgericht
hier auf-grund der Trennungszeit von etwa drei Jahren bis zur Rechtskraft der Schei-dung der Antragsgegnerin
keine weitere Übergangszeit zugestanden hat, steht auch mit den zum gestuften Übergang dargestellten Grundsätzen im Einklang.
ee)
Schließlich fällt im vorliegenden Fall auch der Gesichtspunkt der überobligationsmäßigen Belastung ins Gewicht. Denn es ist zu beachten, dass die Antragsgegnerin
mit einer Erwerbstätigkeit von 30
Wochenstunden neben der Betreuung von drei Kindern trotz des Alters der Kinder erheblich belastet ist und diese Belastung durch die Befreiung vom Barunterhalt bei gleichzeitiger Bemessung des [X.] nach Quoten -
wie ausgeführt
-
nur unzu-reichend aufgewogen wird. Das verdeutlicht, dass der vom Berufungsgericht
angenommene Umfang der Erwerbsobliegenheit im Ergebnis jedenfalls nicht zu gering ausgef[X.] ist.

31
32
33
-
17
-
3. Das Berufungsgericht hat den Bedarf ab Rechtskraft der Scheidung (1.
Oktober
2009) in der Weise ermittelt, dass es vom verringerten Einkommen
des Antragstellers aus seiner aktuellen Erwerbstätigkeit ausgegangen ist. [X.] hat es die Abfindung zur Aufstockung auf das bisherige [X.] herangezogen und den Unterhalt
entsprechend fortgeschrieben.
a) Das begegnet im Ausgangspunkt keinen rechtlichen Bedenken. Nach ständiger Rechtsprechung
des [X.]s ist ein auf Seiten des Unterhaltspflichti-gen gesunkenes Einkommen
zu berücksichtigen, wenn der [X.] auf keinem unterhaltsrechtlich vorwerfbaren
Verhalten beruht (ständige Rechtsprechung; vgl. [X.]surteile
[X.], 358 = FamRZ 2003, 590, 591 f.; [X.]Z 188, 50 = FamRZ 2011, 454 Rn.
17
und
vom 23.
Dezember 1987 -
IVb [X.]/86
-
FamRZ 1988, 256, 257; zur Rechtslage nach der Entscheidung des [X.]
vom 25.
Januar 2011
-
FamRZ 2011, 437
-
s. [X.]surteil vom 7.
Dezember 2011 -
XII
ZR
151/09
-
FamRZ 2012, 281 Rn.
24). Ob die [X.] dem Antragsteller unterhaltsrechtlich vorzuwerfen ist, hat das Berufungsgericht offengelassen.
Demnach ist
in der Revisionsinstanz davon auszugehen, dass den Antragsteller keine Obliegen-heitsverletzung trifft.
b) Auch die vom Berufungsgericht vorgenommene Heranziehung der Ab-findung zur Aufstockung
des verringerten Einkommens aus dem vom [X.] im Oktober 2009 angetretenen neuen Arbeitsverhältnis hat im Ergebnis Bestand.
[X.]) Allerdings sind bei der Behandlung einer Abfindung die Besonderhei-ten zu beachten, die sich daraus ergeben, dass es sich
um Einkommen im Zu-sammenhang mit der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses
handelt. Die Ab-findung kann je nach ihrem arbeitsrechtlichen Hintergrund unterschiedlichen 34
35
36
37
-
18
-
Zwecken dienen, so der zukunftsbezogenen Entschädigung für Lohneinbußen (etwa bei Sozialplanabfindungen), als Gegenleistung für den Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage oder als Entschädigung für den Verlust des Arbeits-platzes und des
mit diesem verbundenen sog. [X.] Besitzstandes
(vgl. Kai-ser Festschrift [X.] 2005 S.
495, 500 ff. [X.]). Aus der arbeitsrechtlichen Qualifikation der Abfindung lässt sich indessen noch keine zwingende Vorgabe für deren unterhaltsrechtliche Behandlung entnehmen. Die Heranziehung der Abfindung ist vielmehr vorwiegend nach unterhaltsrechtlichen
Regeln zu beur-teilen.
Einer Heranziehung der Abfindung bedarf es demnach nicht, wenn der Unterhaltspflichtige im [X.] an das beendete Arbeitsverhältnis sogleich eine neue Arbeitsstelle erlangt, die ihm ein der früheren Tätigkeit vergleichbares Einkommen einbringt. Für diesen Fall hat der [X.] entschieden, dass eine nach Ehescheidung zusätzlich zu dem in unveränderter Höhe bezogenen Ein-kommen erhaltene Abfindung bei der Bemessung des [X.] bleibt ([X.]surteil vom 2.
Juni 2010 -
XII
ZR 138/08
-
FamRZ 2010, 1311 Rn.
28
f.).
Kann der Unterhaltspflichtige hingegen sein früheres Einkommen nicht mehr erzielen, so ist die Abfindung grundsätzlich zur Aufstockung des verringer-ten Einkommens einzusetzen. Das gilt zum einen, wenn der Unterhaltspflichtige nur noch Lohnersatzleistungen, etwa Arbeitslosengeld, bezieht, die erheblich hinter dem bisherigen Einkommen zurückbleiben. Dementsprechend hat der [X.] entschieden, dass die Abfindung als Ersatz des fortgef[X.]en [X.] in solchen Fällen dazu
diene, die bisherigen wirtschaftlichen [X.] bis zum Eintritt in das Rentenalter aufrechterhalten zu können (Se-natsurteil [X.]Z 172, 22 = [X.], 983; vgl. auch [X.]surteil vom 38
39
-
19
-
14.
Januar 1987 -
IVb
[X.]/85
-
FamRZ 1987, 359, 360; [X.]/[X.] Das [X.] in der familienrichterlichen Praxis 8.
Aufl. §
1 Rn.
29
f., 93).
Für den Fall, dass der Unterhaltspflichtige zwar ein neues Arbeitsverhält-nis erlangt hat, das daraus bezogene Einkommen
aber hinter dem früheren zu-rückbleibt, hat der [X.] hingegen entschieden, dass eine Abfindung und die Erträge daraus nicht für den Unterhalt zu verwenden seien ([X.]surteil [X.], 358 = FamRZ 2003, 590
m. Anm. [X.] FamRZ 2003, 746). Der [X.] hat dies damit begründet, dass der Unterhaltsbedarf ausschließlich nach dem aktuellen Arbeitseinkommen zu bemessen und die Abfindung hierfür nicht zu berücksichtigen sei. Daran hält der [X.] nicht fest.
Vielmehr ist eine andere Betrachtung geboten, weil die Quelle der Abfindung in dem beendeten [X.] liegt und dadurch der notwendige Bezug zu den ehelichen [X.] hergestellt ist. Daraus folgt zwar -
wie ausgeführt
-
nicht, dass aus der Abfindung bei ansonsten gleich gebliebenem
Einkommen
eine Erhöhung des Bedarfs hergeleitet werden kann. Für eine Aufstockung auf das bisherige Einkommensniveau mangelt es indessen nicht an einem Bezug zu den -
früher gelebten
-
ehelichen Lebensverhältnissen. Aus diesem Grund ist die Abfindung bereits bei der Bedarfsermittlung zu berücksichtigen (vgl. [X.]surteil vom 14.
Januar 1987 -
IVb [X.]/85
-
FamRZ 1987, 359, 360).
Damit steht allerdings noch nicht fest, dass die Abfindung unabhängig von ihrer Höhe notwendig zur kompletten Aufstockung
zu verwenden ist
und stets das frühere Einkommens-
und [X.] erreicht werden muss. Vielmehr kann je nach den Umständen des Falles, insbesondere bei [X.] oder aber bei nicht bestehenden Aussichten auf eine [X.] Steigerung des Einkommens, auch eine nur teilweise
Aufstockung [X.] sein, um die
Abfindung auf einen längeren [X.]raum zu verteilen. Auf 40
41
-
20
-
welchen [X.]raum die Abfindung im Einzelfall umzulegen ist, unterliegt der tat-richterlichen Angemessenheitsprüfung.
Dabei ist neben den genannten Grundsätzen
schließlich noch zu [X.], dass sich Unterhalt
und Zugewinnausgleich, soweit unter dem Gesichts-punkt der Halbteilung Berührungspunkte bestehen,
nicht widersprechen dürfen (vgl. [X.]surteil vom 21.
April 2004 -
XII
ZR 185/01
-
FamRZ 2004, 1352 [X.]; "Verbot der Doppelberücksichtigung").
[X.]) Das Berufungsurteil entspricht diesen Anforderungen. Das [X.] ist davon ausgegangen, dass das Einkommen des Antragstellers gegenüber seinem früheren Einkommen um etwa ein Drittel gesunken ist. [X.] ist eine Aufstockung des gesunkenen Einkommens angezeigt. Dass der Antragsteller die Abfindung ungeschmälert als [X.], [X.] von vornherein nicht gerechtfertigt, weil er damit entgegen dem der [X.] nach Quoten zugrunde liegenden Halbteilungsgrundsatz aus seinem Einkommen Vermögensbildung auf Kosten der Antragsgegnerin betrei-ben würde.
Auch der Umfang der Heranziehung hält sich im Rahmen einer zulässi-gen tatrichterlichen Angemessenheitsbetrachtung. Zwar erscheint der [X.]raum
der Umlegung auf (nur) eineinhalb bis zwei Jahre und die dadurch bewirkte vollständige Aufrechterhaltung des bisherigen Lebensstandards
als recht kurz
bemessen. [X.] hat der Antragsteller auch in seinem neuen Arbeitsver-hältnis die Möglichkeit einer künftigen Verbesserung seines Einkommens. Die
Dauer der Aufstockung, über die im vorliegenden Verfahren nicht abschließend zu entscheiden ist, kann dann gegenüber dem vorläufig veranschlagten [X.]-raum durchaus länger
ausf[X.]. In Anbetracht des vom Berufungsgericht zu Recht angenommenen (jedenfalls) unterhaltsrechtlichen Zwecks der Abfindung, 42
43
44
-
21
-
den Einkommensrückgang
ganz oder teilweise aufzufangen, bewegt sich seine Unterhaltsbemessung
insoweit noch im zulässigen Rahmen tatrichterlicher Be-urteilung, die nach revisionsrechtlichen Maßstäben nicht zu beanstanden ist. Um den vollständigen Verbrauch der Abfindung geltend zu machen, steht dem Antragsteller ein Abänderungsantrag nach §
238 FamFG offen.
Ein Widerspruch zum vom Amtsgericht zugesprochenen Zugewinnaus-gleich
kann schließlich nicht entstehen, weil die Abfindung erst nach dem [X.] versprochen und gezahlt wurde, so dass sie kein Endvermögen des [X.]s dargestellt hat.
4. Schließlich hat das Berufungsgericht auch zu Recht eine Befristung
und Herabsetzung
des Unterhalts nach §
1578
b BGB abgelehnt.
Zwar ist es, wie ausgeführt, zu Unrecht davon ausgegangen, dass es sich bei dem Unterhalt allein um Betreuungsunterhalt nach §
1570 BGB hande-le, der nach der Rechtsprechung des [X.]s jedenfalls einer Befristung nach §
1578
b Abs.
2 BGB nicht zugänglich ist (vgl. [X.]surteile
vom 6.
Mai 2009 -
XII ZR 114/08
-
[X.], 1124
und vom 17.
Juni 2009 -
XII
ZR 102/08
-
[X.], 1391 Rn.
48). Das Berufungsurteil hält sich aber auch in [X.] einer grundsätzlich möglichen Herabsetzung des [X.] nach §
1578
b Abs.
1 BGB sowie einer etwaigen Befristung oder Herabsetzung des Aufstockungsunterhalts im Rahmen der [X.]srechtsprechung. Das [X.] ist davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen einer Herab-setzung derzeit nicht vorliegen. Dabei hat es in zulässiger Weise die fortwäh-rende Kinderbetreuung berücksichtigt und (abgesehen von der derzeit aufgrund der Kinderbetreuung eingeschränkten Erwerbsmöglichkeit) trotz fehlender ehe-bedingter Nachteile insbesondere in Anbetracht der Ehedauer und der erst seit Oktober 2009 rechtskräftigen Scheidung mit Recht von einer Herabsetzung 45
46
47
-
22
-
(und Befristung) abgesehen. Es entspricht der [X.]srechtsprechung, dass auch bei fehlenden ehebedingten Nachteilen bei der Entscheidung über die Herabsetzung oder Befristung des Unterhalts zudem die nacheheliche Solidari-tät zu berücksichtigen ist (vgl. [X.]surteile vom 6.
Oktober 2010 -
XII
ZR 202/08
-
FamRZ 2010, 1971 und vom 2.
März 2011 -
XII
ZR
63/09
-
FamRZ 2011, 713).
[X.]

Weber-Monecke

Klinkhammer

Schilling

Nedden-Boeger

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 03.07.2009 -
13a [X.]/07 -

OLG [X.], Entscheidung vom [X.] -
15 UF 110/09 -

Meta

XII ZR 65/10

18.04.2012

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.04.2012, Az. XII ZR 65/10 (REWIS RS 2012, 7186)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7186

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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XII ZR 65/10

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