Bundesfinanzhof, Beschluss vom 31.08.2012, Az. II B 9/12

2. Senat | REWIS RS 2012, 3497

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

(Maßgeblichkeit der Grundbesitzwerte in den Fällen des § 8 Abs. 2 GrEStG auch bei Vorhandensein einer Gegenleistung nicht verfassungswidrig)


Leitsatz

NV: Es ist nicht verfassungswidrig, dass die Grundbesitzwerte in den Fällen des § 8 Abs. 2 GrEStG der Bemessung der Grunderwerbsteuer auch dann zugrunde zu legen sind, wenn eine Gegenleistung vorhanden ist.

Gründe

1

Die Beschwerde ist unbegründet.

2

1. Der von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) aufgeworfenen Frage, ob § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des [X.]es ([X.]) deshalb verfassungswidrig ist, weil nach dieser Vorschrift die Steuer u.a. bei Einbringungen sowie bei anderen Erwerbsvorgängen auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage stets nach den [X.] 138 Abs. 2 bis 4 des Bewertungsgesetzes ([X.]) zu bemessen ist, ohne dass der Steuerpflichtige die Möglichkeit hat, eine niedrigere Gegenleistung nachzuweisen, kommt keine grundsätzliche Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zu. Die Frage bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren. Sie ist unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung des [X.] ([X.]) eindeutig dahingehend zu beantworten, dass die Vorschrift nicht aus dem von der Klägerin angeführten Grund verfassungswidrig ist.

3

a) Nach der Ansicht des [X.] ist § 11 [X.] in der im Jahr 2001 geltenden Fassung mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) allerdings insoweit unvereinbar, als er die Beteiligten an [X.]S. des § 8 Abs. 2 [X.], für die die Steuerbemessungsgrundlage nach § 138 Abs. 2 und 3 [X.] in der im Jahr 2001 geltenden Fassung zu ermitteln ist, mit einheitlichen Steuersätzen belastet ([X.]-Beschlüsse vom 2. März 2011 II R 23/10, [X.]E 232, 358, [X.] 2011, 932, und II R 64/08, [X.]/NV 2011, 1009). Die angefochtene Feststellung der Besteuerungsgrundlagen wurde insoweit für vorläufig erklärt.

4

b) Der [X.] hat aber die Vorlage ausdrücklich nicht auch auf die Frage gestützt, ob § 8 Abs. 2 [X.] zudem deshalb verfassungswidrig ist, weil die Vorschrift bei den in ihr genannten Fallgruppen auch dann anwendbar ist, wenn eine Gegenleistung vorliegt. Er hat vielmehr ausgeführt, § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 [X.] sei insoweit mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, als nach dieser Vorschrift in den Fällen des § 1 Abs. 2a und Abs. 3 [X.] anstelle der Regel-Bemessungsgrundlage des § 8 Abs. 1 [X.] (Gegenleistung) eine Ersatz-Bemessungsgrundlage anzuwenden sei.

5

Zur Begründung führte er aus, bei einer Anteilsvereinigung (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 [X.]) betreffe eine etwaige Gegenleistung nur die zuletzt hinzu erworbenen Anteile, so dass eine auf das ganze Grundstück bezogene Gegenleistung weder ersichtlich sei noch den wirtschaftlichen Gegebenheiten entspräche. Aufgrund der für die verfassungsrechtliche Beurteilung maßgeblichen generalisierenden Sicht des Gesetzgebers sei es unschädlich, dass die Vorschrift auch dann anzuwenden sei, wenn der Steuertatbestand des § 1 Abs. 3 [X.] durch die Begründung eines Anspruchs auf Übertragung des einzigen Geschäftsanteils einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 [X.]) verwirklicht werde.

6

Die Anwendung des § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 [X.] in den Fällen des § 1 Abs. 2a [X.] sei aus Gründen der Steuervereinfachung ebenfalls sachlich gerechtfertigt. Nach der früheren Rechtslage habe sich die Bemessungsgrundlage in den Fällen des § 1 Abs. 2a [X.] aus dem auf Grundstücke im Vermögen der Personengesellschaft entfallenden Teil der Gegenleistung ergeben. Die Ermittlung dieser Bemessungsgrundlage habe in der Praxis erhebliche Schwierigkeiten bereitet, die die nunmehr geltende Regelung vermeide.

7

c) Entsprechendes gilt auch für die in § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 [X.] geregelten Fallgruppen. Die Vorschrift ist abgesehen von der in den [X.]-Beschlüssen in [X.]E 232, 358, [X.] 2011, 932 und in [X.]/NV 2011, 1009 aufgeworfenen Fragestellung ebenfalls verfassungsgemäß, weil sie die Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Steuer deutlich vereinfacht. Es ist lediglich erforderlich, die [X.] der betroffenen Grundstücke festzustellen.

8

Wäre demgegenüber die in einem Gesellschaftsanteil bestehende Gegenleistung als Bemessungsgrundlage der Steuer heranzuziehen, wäre die häufig schwierige Bewertung des Unternehmens des Erwerbers erforderlich. In den Fällen, in denen sich --wie auch im [X.] ein in § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 [X.] genannter Vorgang nicht nur auf Grundstücke bezieht, sondern auch auf Gegenstände, die nicht unter den Grundstücksbegriff des § 2 [X.] fallen, müsste zudem das Gesamtentgelt, das auch die vom Erwerber übernommenen Schulden umfasst ([X.]-Urteil vom 29. Januar 1992 II R 36/89, [X.]E 167, 186, [X.] 1992, 418; Sack in [X.], [X.], 14. Aufl., § 9 Rz 536), im Verhältnis des Wertes der Grundstücke und der übrigen Vermögensgegenstände, deren Übertragung nicht der Grunderwerbsteuer unterliegt, aufgeteilt werden. Diese Aufteilung wäre wie nach der früheren Rechtslage nach der sog. [X.]'schen Formel vorzunehmen, wonach das Gesamtentgelt mit dem gemeinen Wert der Grundstücke zu vervielfachen und durch die Summe des gemeinen Werts der sonstigen Gegenstände und des gemeinen Werts der Grundstücke zu teilen ist ([X.]-Urteil in [X.]E 167, 186, [X.] 1992, 418). Der für diese Bewertungen erforderliche, unter Umständen sehr hohe Aufwand entfällt aufgrund der Bemessung der Steuer nach den [X.]n.

9

Die von der Klägerin als erforderlich und zutreffend angesehene Unternehmensbewertung nach dem [X.] Verfahren führt im Übrigen nach der Rechtsprechung des [X.] ([X.]) nicht zu verfassungsgemäßen Ergebnissen ([X.]-Beschluss vom 7. November 2006  1 BvL 10/02, [X.]E 117, 1, [X.] 2007, 192, unter C.II.3.). Sie kann daher entgegen der Ansicht der Klägerin nicht ihrerseits als Begründung dafür herangezogen werden, dass die Bemessung der Grunderwerbsteuer nach den [X.]n verfassungswidrig sei.

d) Die von der Klägerin angeführten Literaturstellen verleihen der Rechtssache ebenfalls keine grundsätzliche Bedeutung.

aa) Die verfassungsrechtlichen Bedenken von [X.] in [X.] (a.a.[X.], 17. Aufl., § 8 Rz 16) beziehen sich auf die Anwendung der Bewertungsvorschriften der §§ 138 ff. [X.], nicht aber darauf, dass in den Fällen des § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 [X.] die Steuer stets nach den [X.]n und nicht auf Antrag des Steuerpflichtigen nach der (niedrigeren) Gegenleistung bemessen wird.

bb) Auch die Ausführungen von [X.] (in [X.] Steuer-Zeitung 2010, 637, 640 f.) verleihen der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung. Er ist der Ansicht, dass die [X.] häufig weit unter dem gemeinen Wert lägen und sich daraus eine Ungleichbehandlung gegenüber dem Ansatz der regelmäßig dem gemeinen Wert entsprechenden Gegenleistung ergebe. Die Frage, ob die Heranziehung der Bewertungsvorschriften in § 138 Abs. 2 und 3 [X.] als solche verfassungsgemäß ist, ist indes bereits Gegenstand der [X.] in [X.]E 232, 358, [X.] 2011, 932 und in [X.]/NV 2011, 1009. Insoweit werden die berechtigten Interessen der Klägerin durch die Vorläufigkeit der angefochtenen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gewahrt. Im Übrigen konnte [X.] die Darlegungen in diesen Entscheidungen, wonach bei einer verfassungsgemäßen Grundbesitzbewertung die Bemessung der Grunderwerbsteuer nach den [X.]n statt nach einer etwa vorhandenen Gegenleistung jedenfalls in den Fällen des § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 [X.] verfassungsgemäß ist, noch nicht berücksichtigen.

Meta

II B 9/12

31.08.2012

Bundesfinanzhof 2. Senat

Beschluss

vorgehend Sächsisches Finanzgericht, 8. Dezember 2011, Az: 1 K 785/11, Urteil

§ 8 Abs 2 GrEStG

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 31.08.2012, Az. II B 9/12 (REWIS RS 2012, 3497)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 3497

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

II R 64/08 (Bundesfinanzhof)

Vorlage an BVerfG: Bemessung der Grunderwerbsteuer nach Grundbesitzwerten verfassungswidrig? - Bindungswirkung von Entscheidungen des BVerfG …


II R 23/10 (Bundesfinanzhof)

(Vorlage an BVerfG: Bemessung der Grunderwerbsteuer nach Grundbesitzwerten verfassungswidrig? - Geltendmachung der Verletzung eigener Rechte …


4 K 410/13 (FG Nürnberg)

Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer bei Schenkung unter Lebenden mit Nießbrauchsvorbehalt


II R 22/11 (Bundesfinanzhof)

Bedarfsbewertung eines erbbaurechtsbelasteten Grundstücks für Zwecke der Grunderwerbsteuer -- Nachweis eines geringeren gemeinen Werts


4 K 410/13 (FG Nürnberg)

(Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer bei Schenkung unter Lebenden mit Nießbrauchsvorbehalt)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.