Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.09.2017, Az. X ZR 102/16

X. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 5522

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:120917UXZR102.16.0

BUN[X.]SGERI[X.]HTSHOF
IM NAMEN [X.]S [X.]LKES
VERSÄUMNISURTEIL
X [X.]
Verkündet am:
12. September 2017
Anderer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] Art. 2 Buchst. b, Art. 14 Abs. 2
a)
Das Luftfahrtunternehmen, bei dem der Fluggast einen bestimmten Flug gebucht hat, führt diesen Flug im Sinne der Fluggastrechteverordnung auch dann selbst durch, wenn es sich hierzu eines Flugzeugs bedient, das ihm im Rahmen einer vertraglichen Vereinbarung ("Wet Lease") nebst Besat-zung von einem anderen Luftfahrtunternehmen (Vermieter) überlassen worden ist.
b)
Hat das Luftfahrtunternehmen den Fluggast in diesem Fall gemäß Art. 11 der Verordnung ([X.]) Nr.
2111/2005 darüber zu unterrichten, dass der Flug im Sinne dieser Verordnung durch den Vermieter ausgeführt wird, ist es nach Art. 14 Abs. 2 [X.] verpflichtet, den Fluggast darüber zu belehren, dass es selbst Schuldner der Ansprüche bleibt, die dem Fluggast im Falle einer
Annullierung, Verspätung oder Nichtbeförderung nach der Fluggastrechteverordnung zustehen.
[X.], Versäumnisurteil vom 12. September 2017 -
X [X.] -
LG [X.]

AG [X.]

-
2
-

Der X.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 12. September 2017
durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr.
Meier-Beck, die Richter [X.] und Dr. Bacher
sowie
die Richterin-nen
Dr. [X.] und Dr. Marx
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das am 28. Oktober 2016 [X.] Urteil der 22. Zivilkammer des [X.] aufgehoben.
Auf die Berufung der Kläger wird das am 7. April 2016 verkündete Urteil des [X.] abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger jeweils 400

n Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 1. Januar 2015

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Von Rechts wegen
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Tatbestand:
Die Kläger verlangen von dem beklagten Luftfahrtunternehmen wegen einer Flugverspätung Ausgleichsleistungen entsprechend Art.
5 Abs.
1 Buchst.
c und Art. 7 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b der Verordnung ([X.]) Nr. 261/2004 des [X.] und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für
Ausgleichs-
und Unterstützungsleistungen für Flug-gäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Ver-spätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung ([X.]) Nr. 296/91 (Fluggastrechteverordnung oder [X.]).
Die Kläger buchten bei der [X.] je einen Platz für den Flug mit de-ren Flugnummer A.

am 25. Juli
2014 von [X.] nach [X.] (Marok-
ko). Der Flug wurde unter dem IATA-[X.]ode der [X.], jedoch mit einem Flugzeug durchgeführt, das
die Beklagte bei dem [X.] Luftfahrtunter-nehmen S.

aufgrund einer "[X.]" angemietet

hatte, nach der S.

auch die Besatzung zu stellen hatte. In der Buchungs-
bestätigung und im elektronischen Flugschein ist die Beklagte als ausführendes Luftfahrtunternehmen ausgewiesen. Der Flug erreichte [X.] mit einer Ver-spätung von mehr als sieben Stunden.
Mit Schreiben eines von ihnen bevollmächtigten [X.] [X.] die Kläger von der [X.] unter Fristsetzung Ausgleichsleistungen in Höhe von jeweils 400,00

antwortete und zahlte nicht. Deshalb beauftragten die Kläger ihre späteren Prozessbevollmächtigten aus den [X.] mit der Geltendmachung der Forderung, die die Beklagte mahnten.
Das Amtsgericht hat die auf Zahlung der Ausgleichsleistungen sowie Er-Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der 1
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vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger die in den Vorinstanzen gestellten Anträge weiter.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Revision hat Erfolg. Da die Beklagte im Termin zur mündli-chen Verhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht vertreten war, ist durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Das Urteil beruht aber nicht auf der Säumnis, sondern auf einer umfassenden Sachprüfung (vgl. [X.], Urteil vom 4. April 1962

V
ZR
110/60, [X.]Z 37, 79, 81
ff.; Versäumnisurteil vom 20.
Mai 2014

X
ZR
134/13, NJW 2014, 2955 Rn. 4).
I. Das Berufungsgericht
hat angenommen, dass die Beklagte nicht [X.] sei. Es liege ein "[X.]" vor, bei dem eine Fluggesellschaft zur Durchführung von Linienflügen das im Eigentum einer anderen Fluggesell-schaft stehende Fluggerät samt Personal über einen längeren Zeitraum [X.]. Bei solchen Vereinbarungen bleibe die technische bzw. operationelle [X.] (d.
h. Treibstoff, Landegebühren, Versicherung, Wartung) beim [X.]. Lediglich die wirtschaftliche Verantwortung (d.
h. die Kapazitätsauslas-tung) werde von dem Mieter übernommen. Der Vermieter mit seinem Personal vor Ort am [X.] sei am besten in der Lage, den Verpflichtungen nach Art.
8 und 9 [X.] nachzukommen und deshalb allein als ausfüh-rendes Luftfahrtunternehmen anzusehen.
[X.] Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen
Nachprüfung nicht stand.
Die Beklagte ist passivlegitimiert.
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1. Schuldnerin des Ausgleichsanspruchs ist nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. c [X.] das ausführende Luftfahrtunternehmen. Das ist nach der Legaldefinition in Art. 2 Buchst. b [X.] das Luftfahrtunternehmen, das im Rahmen eines Vertrages mit dem Fluggast oder im Namen einer ande-ren -
juristischen oder natürlichen -
Person, die mit dem betreffenden Fluggast in einer Vertragsbeziehung steht, einen Flug durchführt oder durchzuführen be-absichtigt.
2. Im Sinne dieser Begriffsbestimmung wird ein Flug, wenn das einge-setzte Flugzeug nebst Besatzung von einem Dritten (Vermieter) vertraglich überlassen
worden ist ("[X.]"), grundsätzlich nicht vom Vermieter, son-dern vom Mieter durchgeführt.
a) Das für die Definition des ausführenden Luftfahrtunternehmens we-sentliche Merkmal "einen Flug durchführen" ist nach der Systematik der Flug-gastrechteverordnung im Lichte der Erwägungsgründe auszulegen.
Nach Erwägungsgrund 7 [X.] sollten im Sinne einer wirk-samen Anwendung der Verordnung die durch diese geschaffenen Verpflichtun-gen dem ausführenden Luftfahrtunternehmen obliegen, das einen Flug durch-führt (...), "und zwar unabhängig davon, ob der Flug mit einem eigenen Luft-fahrzeug oder mit einem mit oder ohne Besatzung gemieteten Luftfahrzeug oder
in sonstiger Form durchgeführt wird". In der [X.], [X.], fran-zösischen, [X.] und [X.] Fassung der Verordnung
wird dabei für den Fall eines mit Besatzung gemieteten Luftfahrzeugs ausdrücklich der Begriff "wet lease" verwendet.
Der Erwägungsgrund greift das Merkmal "einen Flug durchführen" aus der Definition in Art. 2 Buchst. b [X.] auf, ohne es abschließend zu erläutern. Er offenbart jedoch im Rahmen der angeführten Beispiele, dass 8
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nach den der Verordnung zugrunde liegenden Vorstellungen ein Luftfahrtunter-nehmen einen Flug durchführen kann, ohne ein eigenes Flugzeug oder eigenes Flugpersonal einzusetzen,
sich
beides vielmehr auf Grund einer "[X.]" beschaffen
und gleichwohl selbst als ausführendes Luftfahrtun-ternehmen den Pflichten nach der Fluggastrechteverordnung unterliegen kann.
b) Dieses Verständnis entspricht dem mit der Verpflichtung gerade des ausführenden Luftfahrtunternehmens erklärtermaßen verfolgten Zweck einer wirksamen Anwendung der Verordnung.
Die Entstehungsgeschichte der Verordnung verdeutlicht, wie dieser Ef-fektivitätsgedanke zu verstehen ist. Nach dem ursprünglichen Vorschlag der [X.] vom
21. Dezember 2001 ([X.]. [X.] Nr. [X.] 103 E vom 30. April 2002, [X.]) sollte die Verordnung unmittelbar nur für das mit einem Fluggast ver-traglich verbundene Luftfahrt-
und Reiseunternehmen gelten (Art.
3 Abs.
3 Satz
1 des Vorschlags). Nachdem das Parlament vorgeschlagen hatte, die Pflichten nach der Verordnung in bestimmten Fällen auch auf ein von diesem Unternehmen beauftragtes [X.] auszudehnen (Art.
3 Abs.
3 Satz
2 gemäß Standpunkt des [X.] vom 24. Oktober 2002, [X.]. [X.] Nr. [X.] vom 11. Dezember 2003, [X.], 560), verwies die [X.] auf die mit einer geteilten Zuständigkeit einhergehenden Unge-wissheiten (Geänderter Vorschlag der [X.] vom 4. Dezember 2002, [X.]. [X.] Nr. [X.] vom 25. März 2003, [X.], 191). Die Regelung, die sämtli-che Verpflichtungen gegenüber den Fluggästen allein dem ausführenden Luft-fahrtunternehmen auferlegt, wurde vom Rat vorgeschlagen, weil dieses auf-grund seiner Präsenz auf den Flughäfen in der Regel am besten in der Lage sei, die Verpflichtungen zu erfüllen (Gemeinsamer Standpunkt ([X.]) Nr. 27/2003 vom 18. März 2003, [X.]. [X.] Nr. [X.] vom 27. Mai 2003, [X.], 70). Die gel-tende Regelung beruht demnach auf der Vorstellung, dass die Durchführung 13
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eines Fluges in der Regel mit einer tatsächlichen Anwesenheit vor Ort [X.] ist, die es dem ausführenden Luftfahrtunternehmen ermöglicht, den Flug-gast entsprechend den Vorgaben der Fluggastrechteverordnung
zu unterstüt-zen.
Mit einer solchen Anwesenheit vor Ort ist die Stellung des Vermieters im Rahmen einer "[X.]" nicht verbunden. Die vom [X.] angenommene und als technische bzw. operationelle Verantwor-tung bezeichnete Zuständigkeit des Vermieters für Treibstoff, Landegebühren, Versicherung und Wartung des vermieteten Flugzeugs verschafft diesem weder einen direkten Kontakt zu den Fluggästen noch die tatsächliche Möglichkeit, die in der Fluggastrechteverordnung vorgesehenen Leistungen zu erbringen. Dies gilt insbesondere im Hinblick
auf die in Art. 8 Abs. 1 [X.] genann-ten Unterstützungsleistungen (wahlweise Erstattung der Flugscheinkosten und Rückflug zum ersten [X.] zum frühestmöglichen Zeitpunkt oder [X.] Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zum frü-hestmöglichen Zeitpunkt oder zu einem späteren Zeitpunkt nach Wunsch des Fluggastes) und die in Art. 9 Abs. 1 und 2 [X.] genannten Be-treuungsleistungen (Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhält-nis zur Wartezeit, Hotelunterbringung und Beförderung zwischen dem [X.] und dem Ort der Unterbringung; Angebot,
unentgeltlich Telefonate führen oder [X.] oder Telefaxe oder Emails
versenden zu können).
Umgekehrt erfordert die nach den Feststellungen des Berufungsgerichts dem Mieter
obliegende Kapazitätsauslastung, die nicht nur die Vermarktung, sondern auch die [X.] im Verhältnis zu den Fluggästen um-fasst, regelmäßig eine Präsenz auf dem [X.], die den Mieter in die Lage versetzt, die vorgesehenen Unterstützungsleistungen zu erbringen.

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Dass gleichwohl der Vermieter im Regelfall am besten in der Lage sein soll, den Verpflichtungen nach Art. 8 und 9 [X.] adäquat nachzu-kommen, kann nicht mit dem Hinweis darauf begründet werden, dass der [X.] mit seinem Personal vor Ort am [X.] sei. Eine etwaige Präsenz des Vermieters am [X.] wäre nach der vom Berufungsgericht selbst an-genommenen Rollenverteilung keine notwendige Folge der im Rahmen der "[X.]" übernommenen Aufgaben.
Insgesamt erscheint
es daher gerade unter dem Gesichtspunkt einer wirksamen Anwendung der Verordnung folgerichtig, dass Erwägungsgrund 7 [X.] annimmt, dass ein Luftfahrtunternehmen auch dann die tat-sächliche Beförderungsleistung erbringt und damit als ausführendes Luftfahrt-unternehmen anzusehen ist, wenn es dafür ein Luftfahrzeug und eine Besat-zung einsetzt, die ihm ein
anderes
Luftfahrtunternehmen aufgrund einer "[X.]" zur Verfügung gestellt
hat ([X.], Urteil vom 29.
März 2012 -
31 [X.] 2809/11 (78), [X.], 235
Rn. 48; LG Kornneuburg, Urteil vom 19. Juni 2015 -
22 [X.]/15b, [X.], 158 f.).
c) Die in diesem Sinne nach Systematik, Entstehungsgeschichte und Zweck der Fluggastrechteverordnung eindeutige Auslegung der Definition des ausführenden Luftfahrtunternehmens in Art. 2 Buchst. b [X.] wird durch die Verordnung ([X.]) Nr.
2111/2005 des [X.] und des Rates vom 14.
Dezember 2005 über die Erstellung einer gemeinschaftli-chen Liste der Luftfahrtunternehmen, gegen die in der [X.] eine [X.] ergangen ist, sowie über die Unterrichtung von Fluggästen über die Identität des ausführenden Luftfahrtunternehmens und zur Aufhebung des Artikels 9 der Richtlinie 2004/36/[X.] ([X.] 2111/2005) nicht in Frage gestellt.
Erwägungsgrund 13 dieser Verordnung verweist auf eine selbst im Lini-enflugverkehr bestehende "[X.], etwa im Falle des [X.] oder 17
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[X.]ode-Sharing, dass das Luftfahrtunternehmen, das den Flug unter seinem [X.] verkauft hat, diesen nicht tatsächlich durchführt". Vor diesem Hintergrund verpflichtet Art. 11 [X.] 2111/2005 den Vertragspartner für die Beförderung im Luftverkehr, die Fluggäste unabhängig vom genutzten [X.] bei der Buchung über die Identität des ausführenden Luftfahrtunternehmens zu unter-richten.
Der Begriff des ausführenden Luftfahrtunternehmens ist in Art.
2 Buchst.
e [X.] 2111/2005 ebenso definiert wie in Art. 2 Buchst. b [X.][X.]. Aus dem übereinstimmenden Wortlaut der Definitionen folgt nicht, dass der Begriff des ausführenden Luftfahrtunternehmens in den beiden Ver-ordnungen in jeder Hinsicht deckungsgleich verwendet wird. Die beiden Defini-tionen stehen im Gesamtzusammenhang der jeweiligen Verordnung und sind wie alle
unionsrechtlichen Vorschriften unter Berücksichtigung des [X.] und des Ziels der jeweiligen Regelung auszulegen ([X.], Urteil vom 19. November 2009 -
[X.]-402/07, [X.], 282
Rn. 41 -
Sturgeon). Während Art. 2 Buchst. b [X.] im Lichte
von
Erwägungsgrund 7 [X.][X.] und des darin genannten Ziels einer wirksamen Anwendung der Fluggastrechte zu lesen ist, kann Art. 2 Buchst. e [X.] 2111/2005 nur vor dem Hintergrund des vorrangigen Zwecks dieser Verordnung, einen hohen Schutz der Fluggäste vor Sicherheitsrisiken zu gewährleisten (Erwägungsgrund
1 [X.]
2111/2005), verstanden werden. Dies kann dazu führen, dass die beiden Definitionen trotz des gleichlautenden Wortlauts in Teilbereichen voneinander abweichen.
So verhält es sich bei der Bestimmung des ausführenden Luftfahrtunter-nehmens in den Fällen des "[X.]", in denen nicht der Wortlaut der Defini-tion in Art. 2 Buchst. e [X.] 2111/2005, sondern der nur für diese Verordnung vorrangige Gesichtspunkt der Flugsicherheit es nahelegt, den insbesondere 21
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auch für die Wartung verantwortlichen Vermieter als ausführendes Luftfahrtun-ternehmen im Sinne der Verordnung 2111/2005 anzusehen. Vor diesem [X.] ist es folgerichtig, dass Erwägungsgrund 13 dieser Verordnung das "[X.]" als einen Fall betrachtet, in dem der das eingesetzte Flugzeug nebst Besatzung anmietende Vertragspartner des Fluggastes den Flug nicht selbst durchführt. Da diese Betrachtungsweise entscheidend auf der sicher-heitsbezogenen Zielsetzung der Verordnung 2111/2005 beruht, stellt sie die abweichende Bestimmung des ausführenden Luftfahrtunternehmens durch die Fluggastrechteverordnung, für die eine effektive Erfüllung der den Fluggästen eingeräumten Ansprüche im Vordergrund steht, nicht in Frage.
Die
danach in Fällen des "[X.]"
unterschiedliche
Bestimmung des ausführenden Luftfahrtunternehmens hat allerdings zur Folge, dass die in Art.
11 [X.] 2111/2005 vorgesehene Unterrichtung des Fluggastes über die Identität des ausführenden Luftfahrtunternehmens (anders als in den Fällen des [X.]ode-Sharing, vgl. dazu [X.], Urteil vom 26. November 2009
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Xa ZR 132/08, [X.], 1522
Rn. 11 [X.]) diesem nicht die Wahrnehmung seiner [X.] ermöglicht. Vielmehr kann die nach Art. 11 [X.] 2111/2005 gebotene Mit-teilung des Namens
des Vermieters
als "ausführendes Luftfahrtunternehmen" den Fluggast dazu verleiten, den Vermieter nach der Fluggastrechteverordnung in Anspruch zu nehmen, obwohl dieser insoweit nicht passivlegitimiert ist. Dies ist nach den Vorgaben
der Verordnung 2111/2005 hinzunehmen, weil sie dem Schutz vor Sicherheitsrisiken den Vorrang vor allgemeinen Erfordernissen des Verbraucherschutzes einräumt (Erwägungsgrund 1).
In derartigen Fällen ist jedoch der Mieter des eingesetzten Flugzeugs in seiner Eigenschaft als ausführendes Luftfahrtunternehmen im Sinne der Flug-gastrechteverordnung verpflichtet, den Fluggast im Rahmen des schriftlichen Hinweises gemäß Art. 14 Abs. 2 [X.], der dem Fluggast die wirk-23
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same Wahrnehmung seiner Rechte ermöglichen soll (Erwägungsgrund 20 [X.]),
konkret darüber zu belehren, dass er selbst Schuldner et-waiger Ansprüche nach der Fluggastrechteverordnung ist (vgl. [X.], Urteil vom 25. Februar 2016 -
X [X.], [X.], 183
Rn.
22). Wenn dem Fluggast bereits eine -
im Hinblick auf die Fluggastrechte möglicherweise irreführende -
Information nach Art. 11 [X.] 2111/2005 erteilt worden ist, muss dieser Hinweis nach Art. 14
Abs. 2 [X.] durch das Luftfahrtunternehmen, das den Flug auf der Grundlage
einer "[X.]"
mit einem gemie-teten Luftfahrzeug durchgeführt hat,
im Falle einer Nichtbeförderung, Annullie-rung oder erheblichen Verspätung ([X.], Urteil vom 19.
November 2009

[X.]402/07, [X.], 282 Rn. 69 -
Sturgeon) unaufgefordert gegenüber dem Fluggast erteilt
werden, damit er seinen Zweck erfüllen kann.
d) Ein Vorabentscheidungsersuchen an
den Gerichtshof der Europäi-schen Union
ist nicht veranlasst. Unter Berücksichtigung anderer Sprachfas-sungen, des Zwecks und der Entstehungsgeschichte der Fluggastrechteverord-nung bestehen keine Zweifel an deren
Auslegung im vorgenannten Sinne ([X.], Urteil vom 6.
Oktober 1982

Rs.
283/81, NJW 1983, 1257, 1258

[X.].I.L.F.I.T.).
I[X.] Der [X.] kann gemäß § 563 Abs. 3 BGB in der Sache selbst [X.], weil der im Berufungsurteil tatbestandlich festgestellte Sachverhalt eine verwertbare tatsächliche Grundlage für eine rechtliche Beurteilung bietet und ein anderes Ergebnis auch bei einer Zurückverweisung der Sache nicht möglich erscheint ([X.], Urteil vom 12. November 2009 -
Xa
ZR 76/07, [X.], 1070
Rn. 8).
1. Die Kläger haben gegen die Beklagte entsprechend Art. 5 Abs. 1 Buchst. c [X.] Anspruch auf Ausgleichsleistungen.
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a) Die Kläger verfügten über bestätigte Buchungen für den von der [X.] durchgeführten Flug.
b) Einer Annullierung im Sinne von Art. 5 [X.] steht es gleich, wenn Fluggäste infolge einer Verspätung ihr Endziel nicht früher als drei Stunden nach der geplanten Ankunftszeit erreichen ([X.], Urteil vom 19.
November 2009 -
[X.]-402/07, [X.], 282 Rn. 69 -
Sturgeon/[X.]ondor). Im Streitfall
erreichten die Kläger ihr Endziel [X.] mit einer Verspätung von mehr als sieben Stunden.
c) Nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b [X.] steht auf Grund der hier vorliegenden Flugentfernung von mehr als 1.500 km
jedem Kläger ein Aus-

2. Die Kläger haben nach §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 Abs. 1 Satz 1 BGB Anspruch auf Erstattung der durch die anwaltliche Mahnung vom 27. Mai 2015

a) Die Kläger haben die in den Vorinstanzen tätigen Rechtsanwälte [X.] der vorgelegten Vollmachtsurkunde mit außergerichtlicher Tätigkeit beauftragt.
b) Einem insoweit entstandenen Verzugsschaden steht nicht entgegen, dass nach dem unwidersprochenen Vorbringen der [X.] zwischen den Klägern und dem zunächst beauftragten [X.] eine Vereinbarung besteht, derzufolge dieser die Kläger gegen eine Beteiligung von 25 % an einer erfolgreich beigetriebenen Ausgleichsleistung von sämtlichen Kosten freistellt. Eine solche Freistellung kommt der Schuldnerin nicht zugute. Es handelt sich um einen Vorteil, der nicht ohne weiteres mit dem Zahlungsverzug verbunden ist, sondern den sich die Kläger dadurch erkauft haben, dass sie sich ihrerseits 28
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verpflichtet haben, dem [X.] einen Teil des etwaigen [X.] zu überlassen.
c) Die Beauftragung eines Rechtsanwalts mit der erneuten außergericht-lichen Geltendmachung der Forderung war den Umständen nach eine zweck-entsprechende Maßnahme der Rechtsverfolgung
und damit erstattungsfähig (vgl. [X.], Urteil vom 17. September 2015 -
IX ZR 280/14, NJW 2015, 3793, Rn. 8 mwN). Nachdem die Beklagte auf die zunächst von einem Rechtsdienst-leister ausgesprochene Zahlungsaufforderung nicht geantwortet
hatte, war für die Kläger nicht absehbar, wie sie auf eine anwaltliche Mahnung reagieren wür-de. Ungeachtet der unstreitigen Spezialisierung des zunächst beauftragten [X.] mussten die Kläger nicht davon ausgehen, dass eine au-ßergerichtliche Tätigkeit eines Rechtsanwalts von vornherein aussichtslos war. Sie waren auch nicht gehalten, den Auftrag zunächst auf ein Schreiben einfa-cher Art zu beschränken. Selbst wenn
sich die anwaltliche Mahnung, die von den Parteien nicht vorgelegt worden ist, in einer Wiederholung der ersten Zah-lungsaufforderung erschöpft haben sollte, ändert dies bereits wegen des Aus-bleibens einer Reaktion der [X.] nichts an der Zweckmäßigkeit des [X.].
3. Der Zinsanspruch folgt
aus §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 Satz 1 BGB.
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IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen dieses Versäumnisurteil steht der säumigen Partei der Einspruch zu. Dieser ist beim [X.] in [X.] von einem an diesem Gericht zugelassenen Rechtsanwalt binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab der Zu-stellung des Versäumnisurteils durch Einreichung einer Einspruchsschrift einzu-legen.
Meier-Beck
Grabinski
Bacher

[X.]
Marx
Vorinstanzen:
AG [X.], Entscheidung vom 07.04.2016 -
47 [X.] 390/15 -

LG [X.], Entscheidung vom 28.10.2016 -
22 [X.]/16 -

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Meta

X ZR 102/16

12.09.2017

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.09.2017, Az. X ZR 102/16 (REWIS RS 2017, 5522)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 5522

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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X ZR 102/16

X ZR 35/15

IX ZR 280/14

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