Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.11.2004, Az. VIII ZR 21/04

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 600

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 22. November 2004 [X.] , Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

BGB § 476

Die Anwendung der Beweislastumkehr gemäß § 476 BGB wird nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil der Verbraucher die gekaufte Sache - hier: ein Teichbecken - durch einen [X.] hat einbauen lassen.

[X.], Urteil vom 22. November 2004 - [X.] - [X.]

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat im schriftlichen Verfahren mit Schriftsatzfrist bis zum 10. November 2004 durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richter [X.], [X.] und [X.] sowie die Rich-terin [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.] wird das Urteil der 6. Zivilkammer des [X.] vom 18. November 2003 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Der Kläger kaufte von dem [X.], der ein Fachhandelsgeschäft für Gartenartikel betreibt, am 11. Juli 2002 ein Teichbecken aus glasfaserverstärk-tem Kunststoff für seinen privaten Gebrauch. Das Teichbecken wurde dem Klä-ger am folgenden Tag durch Mitarbeiter des [X.] geliefert. Anschließend ließ der Kläger das Becken durch einen Fachbetrieb auf seinem Grundstück einbauen. Nach dem Befüllen des [X.] zeigte sich, daß dieses undicht war. Der Kläger ließ das Becken am 24. Juli 2002 in den Betrieb des [X.] zurückbringen. Zu diesem Zeitpunkt wies es einen Riß von 10 bis 15 cm Länge sowie weitere undichte Stellen auf. Der [X.] nahm - ohne Anerkennung - 3 - einer Rechtspflicht - Reparaturmaßnahmen vor. Das vom Kläger mit dem Ein-bau beauftragte Unternehmen holte das Teichbecken ab und baute es erneut ein; danach trat wiederum Wasser aus. Der [X.] lehnte die Lieferung eines neuen Beckens sowie weitere Reparaturmaßnahmen ab. Mit Schriftsatz seiner Prozeßbevollmächtigten vom 3. November 2002 erklärte der Kläger den Rück-tritt vom Kaufvertrag. Der Kläger hat Rückzahlung des Kaufpreises von 645 • nebst [X.] um Zug gegen Übergabe des [X.] verlangt und die Fest-stellung begehrt, daß sich der [X.] im Annahmeverzug befindet. Das Amtsgericht hat der Klage nach Durchführung einer Beweisaufnahme hinsicht-lich des Zahlungsanspruchs stattgegeben und sie hinsichtlich des [X.] abgewiesen. Auf die Berufung des [X.] hat das [X.] die Klage insgesamt abgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelasse-nen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet, weil der Kläger nicht bewiesen habe, daß das Teichbecken bereits bei Gefahrübergang undicht gewesen sei. Hierfür sei der Kläger beweispflichtig. Die Beweislastumkehr gemäß § 476 BGB n.F. sei nicht zugunsten des [X.] anwendbar, da der vorliegende Sachverhalt nicht der Fallkonstellation entspreche, die in § 476 BGB habe geregelt werden sollen. Hintergrund der gesetzlichen Vermutung, daß eine innerhalb von sechs [X.] 4 - ten aufgetretene Vertragswidrigkeit schon zur [X.] bestanden ha-be, sei, daß der Verkäufer im Zeitpunkt der Übergabe die beste Sachkenntnis in bezug auf das zu übergebende [X.] habe und zu prüfen gehalten sei, ob es vertragsgemäß sei. Demgegenüber habe der Verbraucher erheblich schlechtere Möglichkeiten des Beweises. Vor diesem Hintergrund erscheine es nicht als sachgerecht, eine Beweislastumkehr eingreifen zu lassen, wenn im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Übergabe der [X.] ein Dritter mit dieser befaßt werde, sie zum Beispiel einbaue oder sonst bearbeite, und somit die konkrete Möglichkeit bestehe, daß der Mangel auch von diesem [X.] verursacht worden sein könne. Die Beweislast dafür, daß der Mangel bei Übergabe vorgelegen habe, trage in diesem Fall der Käufer. I[X.] Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten der rechtlichen Nachprü-fung nicht stand. Die zulässige Revision des [X.] hat Erfolg und führt zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 1. Vergeblich rügt die Revision allerdings, das Berufungsurteil verstoße gegen § 540 ZPO, da es die [X.] nicht wiedergebe. Zutreffend geht die Revision zwar davon aus, daß nach § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO n.F. - der gemäß § 26 Nr. 5 EGZPO auf das Berufungsverfahren anzuwenden ist, da die mündliche Verhandlung vor dem Amtsgericht am 31. März 2003 [X.] wurde - die wörtliche oder zumindest sinngemäße Aufnahme der [X.] in das Berufungsurteil nicht entbehrlich ist (Senatsurteil [X.] 154, 99, 100 f.; Senatsurteil vom 26. Mai 2004 - [X.] ZR 314/03, zur Veröffentli-chung bestimmt, unter [X.], jeweils m.w.Nachw.). Dieser Anforderung wird das angefochtene Urteil, das im übrigen zulässigerweise auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug nimmt (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO), indes-- 5 - sen gerecht. Aus dem [X.] erschließt sich, daß der [X.] als Berufungskläger den Antrag gestellt hat, unter Abänderung des angefochte-nen Urteils die Klage abzuweisen. Dies ergibt sich bereits aus den Ausführun-gen des Berufungsgerichts, die Berufung habe in der Sache Erfolg und die [X.] sei abzuweisen. Dem entspricht der Tenor des Berufungsurteils. Daß der Kläger das erstinstanzliche Urteil verteidigt und er demgemäß die Zurückwei-sung der Berufung beantragt hat, ergibt sich ebenfalls aus dem Sinnzusam-menhang des angefochtenen Urteils. 2. Die Revision beanstandet dagegen mit Erfolg, daß das Berufungsge-richt die in § 476 BGB für den - hier vorliegenden - Verbrauchsgüterkauf (§ 474 Abs. 1 Satz 1 BGB) neu geregelte Beweislastumkehr mit der Begründung für unanwendbar gehalten hat, es sei nicht sachgerecht, die Beweislastumkehr eingreifen zu lassen, wenn im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Übergabe der [X.] ein Dritter mit dieser befaßt gewesen sei und somit die konkrete Möglichkeit bestehe, daß der Sachmangel auch von diesem [X.] verursacht worden sein könnte. Eine solche Einschränkung des § 476 BGB ist weder dem Wortlaut der Regelung zu entnehmen, noch ist sie unter [X.] gerechtfertigt. Gemäß § 476 BGB wird vermutet, daß die Sache bereits bei [X.] mangelhaft war, wenn sich innerhalb von sechs Monaten seit diesem Zeitpunkt ein Sachmangel zeigt, es sei denn, daß diese Vermutung mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar ist. Der Wortlaut des § 476 BGB bie-tet keinen Anhaltspunkt für die Annahme des Berufungsgerichts, die Regelung sei bereits dann nicht anzuwenden, wenn der Käufer, wie vorliegend der Kläger, den bestimmungsgemäßen Einbau der Sache einem [X.] überläßt. § 476 BGB setzt in seinem ersten Halbsatz lediglich voraus, daß sich innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang ein Sachmangel zeigt. Diese Vorausset-- 6 - zung ist nach den vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen, auf die das Be-rufungsgericht Bezug genommen hat, erfüllt, da das Teichbecken bereits [X.] nach der Anlieferung am 12. Juli 2002 undicht war. Feststellungen, daß die gesetzliche Vermutung im vorliegenden Fall mit der Art der Sache oder des Mangels nicht vereinbar ist (§ 476 BGB, 2. Halbsatz), hat das Berufungsge-richt nicht getroffen. Auch der Zweck des § 476 BGB rechtfertigt es nicht, die gesetzliche Vermutung und die damit einhergehende Umkehr der Beweislast von vornher-ein dann nicht anzuwenden, wenn der Käufer die Sache durch einen [X.] einbauen läßt. Die Vorschrift bezweckt den Schutz des Verbrauchers. Sie ent-hält eine in zeitlicher Hinsicht wirkende Vermutung, daß ein innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang aufgetretener Mangel bereits zu diesem Zeit-punkt vorlag (vgl. Senatsurteil vom 2. Juni 2004 - [X.] ZR 329/03, zur Veröffent-lichung in [X.] bestimmt, NJW 2004, 2299 = [X.], 1489 unter II 2 a). Nach den Gesetzesmaterialien liegt die Rechtfertigung der Beweislastumkehr, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, in den schlechteren [X.] des Verbrauchers und den - jedenfalls in engem zeitlichem Zusammenhang mit der Übergabe - ungleich besseren Erkenntnismöglichkeiten des Unternehmers (Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisie-rung des Schuldrechts, BT-Drucks. 14/6040, [X.]). Das Berufungsgericht hat nicht beachtet, daß der Verbraucher, der den bestimmungsgemäßen Einbau der Sache einem [X.] überläßt, hinsichtlich des Nachweises ihrer Beschaffenheit im Zeitpunkt des Gefahrübergangs in gleichem Maße schutzwürdig ist wie der Verbraucher, der die Sache selbst ein-baut. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, im Verhältnis zum Verkäufer den einen Verbraucher schlechter zu stellen als den anderen. Einerseits werden die in der Gesetzesbegründung aufgezeigten Beweisschwierigkeiten des Käufers [X.] 7 - sichtlich der Beschaffenheit der Sache im Zeitpunkt des Gefahrübergangs nicht dadurch verringert, daß er die Sache durch einen [X.] einbauen läßt; ande-rerseits begründet es für die Erkenntnismöglichkeiten des Verkäufers hinsicht-lich des Zustandes der Sache im Zeitpunkt des Gefahrübergangs regelmäßig keinen Unterschied, ob der Käufer die Sache nach ihrer Übergabe selbst ein-baut oder ob er einen [X.] damit betraut. 3. Das Berufungsgericht durfte daher dem Kläger die Beweislastumkehr des § 476 BGB nicht mit der gegebenen Begründung versagen. Da der [X.] nicht zur Endentscheidung reif ist, kann der Senat nicht in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Das Berufungsgericht wird auf der Grundlage der nach § 529 ZPO maßgeblichen Tatsachen zu prüfen haben, ob die [X.] die Vermutung des § 476 BGB ausgeräumt hat und ob danach eine vom erstinstanzlichen Urteil abweichende Entscheidung gerechtfertigt ist (§ 513 ZPO).

[X.] [X.] [X.]
[X.] [X.]

Meta

VIII ZR 21/04

22.11.2004

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.11.2004, Az. VIII ZR 21/04 (REWIS RS 2004, 600)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 600

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