Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.01.2018, Az. VII ZB 65/17

7. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 15890

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Gegenstand

Zwangsvollstreckungsverfahren: Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde im Verfahren gegen die Anordnung eines Gerichtsvollziehers zur Vorschusszahlung vor Durchführung eines Vollstreckungsauftrags; Umdeutung in eine weitere Beschwerde


Leitsatz

1. Die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof ist im Verfahren betreffend die Anordnung eines Gerichtsvollziehers, die Durchführung eines Vollstreckungsauftrags von der Zahlung eines Vorschusses abhängig zu machen, auch dann nicht statthaft, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht sie in dem angefochtenen Beschluss zugelassen hat (Anschluss an BGH, Beschluss vom 11. September 2008, I ZB 22/07, DGVZ 2008, 187).

2. Eine derartige unstatthafte Rechtsbeschwerde kann regelmäßig in eine weitere Beschwerde umgedeutet und die Sache an das zuständige Oberlandesgericht abgegeben werden.

Tenor

Die Sache wird zur Entscheidung über die weitere Beschwerde des Gläubigers gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des [X.] vom 12. Juli 2017 an das [X.] abgegeben.

Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

Gründe

I.

1

Der Gläubiger, der die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner betreibt, wendet sich dagegen, dass die [X.] M. die Durchführung eines Vollstreckungsauftrags von der Zahlung eines Vorschusses in Höhe von 150 € abhängig gemacht hat.

2

Der Gläubiger, der die Bezeichnung "Sondervermögen Studienfonds im [X.]" trägt, ist der Ansicht ist, als Teil des [X.] von der Zahlung von [X.] befreit zu sein. Er hat daher gegen die [X.] Erinnerung eingelegt.

3

Mit Beschluss vom 28. November 2016 hat das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - [X.] die Erinnerung des Gläubigers gegen die [X.] der [X.] M. vom 30. März 2016 zurückgewiesen.

4

Die sofortige Beschwerde des Gläubigers gegen diesen Beschluss hat das [X.] mit Beschluss vom 12. Juli 2017 zurückgewiesen.

5

Mit der vom [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Gläubiger sein vorinstanzliches Begehren weiter.

II.

6

1. Gegen die Beschwerdeentscheidung des [X.]s bezüglich der Anforderung eines Kostenvorschusses seitens der [X.] ist die Rechtsbeschwerde zum [X.] nicht statthaft.

7

a) Auf die Erinnerung des [X.] gegen die Anordnung des Gerichtsvollziehers, die Durchführung des Auftrags von der Zahlung eines Vorschusses abhängig zu machen (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 GvKostG), und auf die Beschwerde ist § 5 Abs. 2 GvKostG entsprechend anzuwenden, § 5 Abs. 3 GvKost[X.] Für die Erinnerung und die Beschwerde gilt nach § 5 Abs. 2 Satz 2 GvKostG die Regelung in § 66 Abs. 2 bis 8 GKG entsprechend. Nach § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG findet eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des [X.] nicht statt. Damit ist auch eine Rechtsbeschwerde an den [X.] ausgeschlossen ([X.], Beschluss vom 11. September 2008 - [X.], [X.] 2008, 187, juris Rn. 7 m.w.N.; Beschluss vom 17. September 2014 - [X.], [X.] 2014, 257, juris Rn. 3). Dieser Ausschluss gilt auch hinsichtlich der Anforderung eines Kostenvorschusses seitens eines Gerichtsvollziehers im Zusammenhang mit der Durchführung eines Vollstreckungsauftrags. Aus dem in § 5 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 GvKostG geregelten Vorrang des § 766 Abs. 2 ZPO folgt nicht, dass damit der gegen die Entscheidung über die Erinnerung nach § 766 Abs. 2 ZPO vorgesehene [X.] eröffnet wäre. Soweit § 5 Abs. 3 i.V.m. § 5 Satz 2 Satz 1 GvKostG auf § 766 Abs. 2 ZPO verweist, ist damit allein die Zuständigkeit für die Entscheidung über die Erinnerung geregelt, nicht hingegen der [X.] (vgl. [X.], Beschluss vom 11. September 2008 - [X.], aaO S. 187 f., juris Rn. 8 ff.; Beschluss vom 17. September 2014 - [X.], [X.] 2014, 257, juris Rn. 4, jeweils zum Ansatz von [X.], bei denen es sich um [X.] handelt).

8

Danach findet gegen die Entscheidung über die Erinnerung des [X.] die (unbefristete) Beschwerde statt. Ferner ist gegen die Entscheidung über die Beschwerde unter den Voraussetzungen des § 66 Abs. 4 GKG die weitere Beschwerde zulässig, ohne dass es darauf ankommt, ob sich die Erinnerung oder die Beschwerde gegen den Ansatz von [X.] oder gegen den Ansatz von anderen Kosten richtet. Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts - Vollstreckungsgericht - über eine Erinnerung gegen die Anordnung des Gerichtsvollziehers, die Durchführung des Auftrags von der Zahlung eines Vorschusses abhängig zu machen, ist daher weder nach § 567 Abs. 1 Nr. 1, § 793 ZPO die sofortige Beschwerde zum [X.] (§ 72 GVG) statthaft, noch kann das [X.] gegen seine Beschwerdeentscheidung nach § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 1 ZPO die Rechtsbeschwerde zum [X.] (§ 133 GVG) zulassen (vgl. [X.], Beschluss vom 11. September 2008 - [X.], aaO [X.], juris Rn. 12).

9

b) Die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das [X.] bindet den [X.] nicht. Die Bindungswirkung des § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO tritt nur hinsichtlich des Vorliegens eines Zulassungsgrundes nach § 574 Abs. 2 ZPO ein, eröffnet aber nicht ein gesetzlich nicht vorgesehenes Rechtsmittel (vgl. [X.], Beschluss vom 11. September 2008 - [X.], aaO [X.], juris Rn. 15; Beschluss vom 7. Februar 2013 - [X.]/12, NJW-RR 2013, 1081 Rn. 8).

2. Gegen die Beschwerdeentscheidung des [X.]s ist nach § 5 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 GvKostG i.V.m. § 66 Abs. 4 GKG die weitere Beschwerde zum [X.] zulässig, weil das [X.] sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat.

3. Die Rechtsbeschwerde ist mit Rücksicht darauf, dass gegen die Beschwerdeentscheidung des [X.]s nicht die Rechtsbeschwerde zum [X.], sondern nur die weitere Beschwerde zum [X.] Stuttgart statthaft ist, nicht als unzulässig zu verwerfen, sondern in eine weitere Beschwerde umzudeuten. Bei [X.] ist eine Umdeutung unter der Voraussetzung zulässig, dass es sich um vergleichbare Prozesserklärungen handelt, die sich in ihrer Intention und rechtlichen Wirkung entsprechen (vgl. [X.], Beschluss vom 11. September 2008 - [X.], aaO [X.], juris Rn. 17; Beschluss vom 7. Februar 2013 - [X.]/12, aaO Rn. 9). So verhält es sich hier. Die weitere Beschwerde zielt ebenso wie die Rechtsbeschwerde auf die Änderung einer Beschwerdeentscheidung des [X.]s durch ein übergeordnetes Gericht; die weitere Beschwerde setzt zudem wie die Rechtsbeschwerde voraus, dass das [X.] die Beschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Die Sache ist danach zur Entscheidung über die weitere Beschwerde an das [X.] Stuttgart abzugeben, dem auch die Entscheidung darüber obliegt, ob die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Vollstreckungsgericht - [X.] vom 28. November 2016 unbeschadet des Umstands zulässig ist, dass die Anforderung der [X.] M. einen Kostenvorschuss zum Gegenstand hat, der 200 € nicht übersteigt (vgl. die Verweisung gemäß § 5 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 GvKostG auf § 66 Abs. 2 GKG sowie [X.]/[X.], [X.] der Gerichtsvollzieher, 13. Aufl., § 4 GvKostG Rn. 64, der bei derartigen Anforderungen eines Vorschusses seitens eines Gerichtsvollziehers von einer Wertgrenze für die Beschwerde entsprechend § 67 GKG absehen will).

4. Wegen der im Rechtsbeschwerdeverfahren angefallenen Gerichtskosten macht der Senat von der Möglichkeit des § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG Gebrauch.

[X.]     

      

Kartzke     

      

Graßnack

      

Borris     

      

Brenneisen     

      

Meta

VII ZB 65/17

10.01.2018

Bundesgerichtshof 7. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Ulm, 12. Juli 2017, Az: 4 T 103/16

§ 4 Abs 1 S 2 GvKostG, § 5 Abs 2 S 2 GvKostG, § 5 Abs 3 GvKostG, § 66 Abs 3 S 3 GKG, § 66 Abs 4 GKG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.01.2018, Az. VII ZB 65/17 (REWIS RS 2018, 15890)

Papier­fundstellen: MDR 2018, 426-427 REWIS RS 2018, 15890

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