Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 06.04.2017, Az. 3 C 24/15

3. Senat | REWIS RS 2017, 12753

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Gegenstand

Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach einer einmaligen Trunkenheitsfahrt mit einer Blutalkoholkonzentration von weniger als 1,6 Promille


Leitsatz

Ist nach einer einmaligen Trunkenheitsfahrt mit einer Blutalkoholkonzentration von weniger als 1,6 Promille die Fahrerlaubnis durch das Strafgericht entzogen worden, darf die Fahrerlaubnisbehörde die Neuerteilung nicht allein wegen dieser Fahrerlaubnisentziehung von der Beibringung eines positiven medizinisch-psychologischen Gutachtens abhängig machen. Anders liegt es, wenn zusätzliche Tatsachen die Annahme künftigen Alkoholmissbrauchs begründen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt na[X.]h strafgeri[X.]htli[X.]her Entziehung ihrer Fahrerlaubnis deren Neuerteilung, ohne hierfür ein positives medizinis[X.]h-psy[X.]hologis[X.]hes Guta[X.]hten beibringen zu müssen.

2

Mit Urteil vom 11. Februar 2014 verurteilte das [X.] die Klägerin wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr (Blutalkoholkonzentration von 1,28 Promille) na[X.]h § 316 StGB zu einer Geldstrafe, entzog ihr gemäß § 69 StGB die Fahrerlaubnis, da sie si[X.]h dur[X.]h die Tat als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen habe, und bestimmte eine Sperrfrist von drei Monaten für die Neuerteilung.

3

Im März 2014 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis. Sie hat, na[X.]hdem die Fahrerlaubnisbehörde dies von der Vorlage eines positiven medizinis[X.]h-psy[X.]hologis[X.]hen Guta[X.]htens abhängig ma[X.]hte, (Untätigkeits-)Klage beim Verwaltungsgeri[X.]ht erhoben.

4

Mit S[X.]hreiben vom 30. September 2014 forderte die Beklagte die Klägerin gestützt auf § 13 Satz 1 Nr. 2 Bu[X.]hst. [X.]. Bu[X.]hst. a der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) auf, das Guta[X.]hten einer amtli[X.]h anerkannten medizinis[X.]h-psy[X.]hologis[X.]hen Untersu[X.]hungsstelle zur Frage beizubringen, ob zu erwarten sei, dass sie au[X.]h zukünftig ein (Kraft-)Fahrzeug unter Alkoholeinfluss führen werde und/oder ob als Folge eines unkontrollierten Alkoholkonsums Beeinträ[X.]htigungen vorlägen, die das si[X.]here Führen eines Kraftfahrzeugs der [X.] (hier [X.]) in Frage stellten.

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Das Verwaltungsgeri[X.]ht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung heißt es: Eine frühere Trunkenheitsfahrt mit einer Blutalkoholkonzentration unter 1,6 Promille könne na[X.]h dem Sinn und Zwe[X.]k sowie dem [X.] des § 13 Satz 1 Nr. 2 FeV für si[X.]h allein ohne das Hinzutreten weiterer Umstände ni[X.]ht die Anforderung eines medizinis[X.]h-psy[X.]hologis[X.]hen Guta[X.]htens re[X.]htfertigen. Do[X.]h gebe es im Falle der Klägerin weitere gewi[X.]htige Gründe, um ihre Fahreignung dur[X.]h eine medizinis[X.]h-psy[X.]hologis[X.]he Beguta[X.]htung zu klären. Die zeitli[X.]hen Zusammenhänge bei ihrer Trunkenheitsfahrt legten bei einer Rü[X.]kre[X.]hnung ni[X.]ht nur eine deutli[X.]h höhere Blutalkoholkonzentration zum Tatzeitpunkt, sondern au[X.]h einen sorglosen, wenn ni[X.]ht gar missbräu[X.]hli[X.]hen Umgang mit [X.] nahe. Der Konsum von mehreren Gläsern [X.] innerhalb kurzer Zeit liege derart weit außerhalb des vom Hersteller vorgesehenen Anwendungsrahmens, dass si[X.]h der Gedanke aufdränge, die Klägerin setze das Mittel gezielt wegen seiner alkoholspezifis[X.]hen Wirkungen ein. Ihr hätte si[X.]h aufdrängen müssen, dass der hohe Alkoholgehalt und die konsumierte Menge Auswirkungen auf ihre Fahreignung haben mussten. Wenn sie si[X.]h trotzdem für fahrtü[X.]htig gehalten habe, deute das auf ein sogenanntes Spiegeltrinken hin. Offen sei außerdem, ob die Klägerin seit dem damaligen Vorfall tatsä[X.]hli[X.]h keinen [X.] mehr zu si[X.]h nehme, wie sie behaupte. Die si[X.]h daraus ergebenden Zweifel an ihrer Fahreignung könnten nur dur[X.]h ein medizinis[X.]h-psy[X.]hologis[X.]hes Guta[X.]hten ausgeräumt werden.

6

Die Berufung der Klägerin hat der [X.] zurü[X.]kgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt: Die Behörde habe die Fahrerlaubniserteilung von der Vorlage eines positiven medizinis[X.]h-psy[X.]hologis[X.]hen Guta[X.]htens abhängig ma[X.]hen müssen. Entgegen dem Verwaltungsgeri[X.]ht habe die [X.] allerdings ni[X.]ht auf § 13 Satz 1 Nr. 2 Bu[X.]hst. a FeV gestützt werden dürfen. Für die Annahme von Alkoholmissbrau[X.]h im Sinne der Nr. 8.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung genüge ni[X.]ht, dass die Klägerin mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,28 Promille gefahren sei. Um einen Wertungswiderspru[X.]h zu § 13 Satz 1 Nr. 2 Bu[X.]hst. b und [X.] FeV zu vermeiden, müssten für die Anwendung des Bu[X.]hstabens a bei einer einmaligen Trunkenheitsfahrt mit einer Blutalkoholkonzentration unter 1,6 Promille Umstände hinzutreten, denen eine annähernd glei[X.]he Aussagekraft für das Fehlen des Trennungsvermögens wie den in den Bu[X.]hstaben b und [X.] genannten Umständen zukomme. Das sei bei der Klägerin ni[X.]ht der Fall. Weder das Vorhalten von [X.] in großen Mengen no[X.]h die Vermutung, dass sie ihn eventuell zur [X.] missbrau[X.]hen könne, rei[X.]hten als Zusatztatsa[X.]hen aus. Au[X.]h ein sogenanntes Spiegeltrinken könne ni[X.]ht angenommen werden. Das teilweise Fehlen von Ausfallers[X.]heinungen bei der Blutabnahme genüge ebenfalls ni[X.]ht. Do[X.]h sei die Fahrerlaubnisbehörde na[X.]h § 13 Satz 1 Nr. 2 Bu[X.]hst. d FeV zur Anforderung eines medizinis[X.]h-psy[X.]hologis[X.]hen Guta[X.]htens verpfli[X.]htet gewesen. In der Re[X.]htspre[X.]hung des [X.] sei geklärt, dass [X.] im Sinne dieser Vors[X.]hrift au[X.]h die strafgeri[X.]htli[X.]he Entziehung auf der Grundlage von § 69 StGB sei. Das Strafgeri[X.]ht habe der Klägerin die Fahrerlaubnis wegen (fahrerlaubnisre[X.]htli[X.]hen) Alkoholmissbrau[X.]hs und damit aus einem der in § 13 Satz 1 Nr. 2 Bu[X.]hst. a bis [X.] FeV genannten Gründe entzogen. Na[X.]h einer strafgeri[X.]htli[X.]hen Entziehung der Fahrerlaubnis, die auf der Teilnahme am Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss (hier: § 316 StGB) beruhe, sei im [X.] unabhängig von der Blutalkoholkonzentration die Anforderung eines medizinis[X.]h-psy[X.]hologis[X.]hen Guta[X.]htens erforderli[X.]h. Insoweit halte der Senat an seiner bisherigen Re[X.]htspre[X.]hung ni[X.]ht fest. Für § 13 Satz 1 Nr. 2 Bu[X.]hst. d FeV bliebe kein eigenständiger Anwendungsberei[X.]h, wenn für eine medizinis[X.]h-psy[X.]hologis[X.]he Untersu[X.]hung au[X.]h na[X.]h einer strafgeri[X.]htli[X.]hen [X.] wegen Alkoholmissbrau[X.]hs stets no[X.]h zusätzli[X.]h die Voraussetzungen der Bu[X.]hstaben a, b oder [X.] vorliegen müssten. § 13 Satz 1 Nr. 2 FeV sei so zu verstehen, dass die Bu[X.]hstaben a bis e voneinander unabhängige Fälle normierten, in denen wegen ähnli[X.]h gewi[X.]htiger Hinweise auf eine alkoholbedingte Straßenverkehrsgefährdung ein medizinis[X.]h-psy[X.]hologis[X.]hes Guta[X.]hten beizubringen sei. Der Bu[X.]hstabe d habe nur dann einen eigenständigen Anwendungsberei[X.]h, wenn als Sa[X.]hgrund für die Anordnung einer medizinis[X.]h-psy[X.]hologis[X.]hen Untersu[X.]hung die vorangegangene strafgeri[X.]htli[X.]he [X.] wegen Alkoholmissbrau[X.]hs genüge. Das entspre[X.]he der Vorrangstellung, die § 3 Abs. 3 und 4 StVG einer [X.] dur[X.]h das Strafgeri[X.]ht beimesse. Die gegenteilige Annahme stehe im Widerspru[X.]h zu Nr. 8.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung. Sei es in der Vergangenheit zu Alkoholmissbrau[X.]h im fahrerlaubnisre[X.]htli[X.]hen Sinne gekommen, führe das na[X.]h Nr. 8.1 dieser Anlage zum Auss[X.]hluss der Fahreignung. Na[X.]h Nr. 8.2 der Anlage 4 bestehe die Fahreignung erst wieder, wenn der Missbrau[X.]h beendigt und die Änderung des Trinkverhaltens gefestigt sei. Gegenstand des medizinis[X.]h-psy[X.]hologis[X.]hen Guta[X.]htens sei daher au[X.]h das künftige Verhalten des Betroffenen, insbesondere ob zu erwarten sei, dass er ni[X.]ht oder ni[X.]ht mehr ein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss führen werde. Zu einem Wertungswiderspru[X.]h zwis[X.]hen § 13 Satz 1 Nr. 2 Bu[X.]hst. [X.]. 2 und Bu[X.]hst. d FeV führe dies ni[X.]ht. Die dort geforderte Zusatztatsa[X.]he liege mit der strafgeri[X.]htli[X.]hen [X.] wegen Alkoholmissbrau[X.]hs vor. Der Begriff der Ungeeignetheit in § 69 StGB stimme inhaltli[X.]h mit dem entspre[X.]henden Begriff im Fahrerlaubnisre[X.]ht überein. Die strafgeri[X.]htli[X.]he Feststellung der Ni[X.]hteignung berü[X.]ksi[X.]htige ni[X.]ht nur die Tat, sondern beziehe au[X.]h das Verhalten na[X.]h der Tat ein. Zwar bestünden [X.] zwis[X.]hen den strafre[X.]htli[X.]hen Vors[X.]hriften, die zur [X.] wegen Alkoholmissbrau[X.]hs führten, und den fahrerlaubnisre[X.]htli[X.]hen Vors[X.]hriften, sie würden dur[X.]h die Regelvermutung des § 69 Abs. 2 StGB no[X.]h verstärkt. Do[X.]h au[X.]h diese Regelvermutung entbinde den Strafri[X.]hter ni[X.]ht davon, si[X.]h von der Ungeeignetheit des [X.] zu überzeugen; er habe stets au[X.]h zu prüfen, ob eine Ausnahme von der Regel vorliege. Au[X.]h bei einer relativen Fahruntü[X.]htigkeit, also bei einem Blutalkoholwert zwis[X.]hen 0,3 und unter 1,1 Promille in Verbindung mit einem alkoholbedingten Fahrfehler, habe der Täter gezeigt, dass er ein Problem mit dem Trennungsvermögen habe.

7

Zur Begründung ihrer Revision ma[X.]ht die Klägerin geltend: Zu Re[X.]ht gehe das Berufungsgeri[X.]ht davon aus, dass die Guta[X.]htensanforderung ni[X.]ht auf § 13 Satz 1 Nr. 2 Bu[X.]hst. [X.]. 2 FeV gestützt werden könne. Zusätzli[X.]he Tatsa[X.]hen für die Annahme von Alkoholmissbrau[X.]h lägen in ihrem Fall ni[X.]ht vor. Dafür rei[X.]hten weder der Umstand, dass sie eine Flas[X.]he [X.] vorhalte, no[X.]h fehlende Ausfallers[X.]heinungen bei der Blutabnahme aus. Anders als das Berufungsgeri[X.]ht meine, re[X.]htfertige aber au[X.]h § 13 Satz 1 Nr. 2 Bu[X.]hst. d FeV ni[X.]ht, von ihr die Vorlage eines medizinis[X.]h-psy[X.]hologis[X.]hen Guta[X.]htens zu fordern. Die Motivlage des [X.] sei eindeutig; er wolle ni[X.]ht, dass si[X.]h Ersttäter s[X.]hon na[X.]h einer Fahrt mit einem Blutalkoholpegel von weniger als 1,6 Promille einer medizinis[X.]h-psy[X.]hologis[X.]hen Untersu[X.]hung unterziehen müssten. Ein Fahrerlaubnisinhaber könne vom Strafgeri[X.]ht bereits bei einem Alkoholpegel von 0,3 Promille na[X.]h § 316 StGB oder § 315[X.] StGB verurteilt und ihm die Fahrerlaubnis entzogen werden, wenn er bei der Tat Ausfallers[X.]heinungen gezeigt habe. In sol[X.]hen Fällen könnten aber keinesfalls, zumindest ni[X.]ht generell, Anzei[X.]hen für Alkoholabhängigkeit oder Alkoholmissbrau[X.]h angenommen werden. Bei einer strafgeri[X.]htli[X.]hen [X.] gehe es nur darum, ob der Täter bei der Tatbegehung fahruntü[X.]htig gewesen sei. Mit Alkoholabhängigkeit oder Alkoholmissbrau[X.]h und fehlendem Trennungsvermögen im Sinne des Fahrerlaubnisre[X.]hts habe das ni[X.]hts zu tun. Zudem werde die Ents[X.]heidung des Strafgeri[X.]hts zur Dauer der Sperrfrist für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis entwertet.

8

Die Beklagte tritt der Revision entgegen: Na[X.]h den berufungsgeri[X.]htli[X.]hen Feststellungen habe die Klägerin ein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss geführt. Eine [X.] na[X.]h § 69 StGB setze ungea[X.]htet der in Absatz 2 genannten Regelbeispiele eine positive Feststellung des Strafgeri[X.]hts voraus, dass der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet sei. Das sei hier erfolgt. In den von der Klägerin angeführten Fällen niedriger [X.] komme es ni[X.]ht zu einer strafgeri[X.]htli[X.]hen Entziehung der Fahrerlaubnis, sondern es bleibe bei einem Fahrverbot. Ob von [X.] wie der Klägerin au[X.]h künftig ein Gefährdungspotenzial ausgehe, könne dur[X.]h das angeforderte medizinis[X.]h-psy[X.]hologis[X.]he Guta[X.]hten geklärt werden. Selbst wenn man dem Berufungsgeri[X.]ht in seiner Auslegung von § 13 Satz 1 Nr. 2 Bu[X.]hst. d FeV ni[X.]ht folgte, fände die Anforderung des Guta[X.]htens ihre re[X.]htli[X.]he Grundlage hier jedenfalls in § 13 Satz 1 Nr. 2 Bu[X.]hst. [X.]. 2 FeV. Zur Gewährleistung der Verkehrssi[X.]herheit sei zu fordern, dass vorgeahndete Trunkenheitsfahrer ihre Fahreignung na[X.]hwiesen, bevor sie wieder ein Kraftfahrzeug führen dürften. Die Auffassung des Berufungsgeri[X.]hts bringe die strafre[X.]htli[X.]hen und die fahrerlaubnisre[X.]htli[X.]hen Vorgaben in Einklang. Sie ermögli[X.]he, einen Na[X.]hweis der Fahreignung zu verlangen, wenn ein Strafgeri[X.]ht beim Betroffenen zu dem Ergebnis gekommen sei, dass ihm die Fahrerlaubnis wegen fehlender Fahreignung entzogen werden müsse.

9

Die [X.] ma[X.]ht geltend: Dem Normgeber könne ni[X.]ht unterstellt werden, er habe mit § 13 Satz 1 Nr. 2 Bu[X.]hst. d FeV eine Vors[X.]hrift ohne eigenen Anwendungsberei[X.]h s[X.]haffen wollen. Bei einer Blutalkoholkonzentration von 0,3 Promille bis 1,1 Promille in Verbindung mit einem alkoholbedingten Fahrfehler möge der Betroffene zwar oft kein Alkoholproblem in dem Sinne haben, dass er Alkohol in gesundheitss[X.]hädli[X.]hem Umfang konsumiere. Do[X.]h zeige au[X.]h eine strafgeri[X.]htli[X.]he Verurteilung wegen relativer Fahruntü[X.]htigkeit, dass er zwis[X.]hen dem Fahren und einem die Fahrsi[X.]herheit beeinträ[X.]htigenden Alkoholkonsum ni[X.]ht trennen könne.

Der Vertreter des [X.] beim [X.] trägt in Übereinstimmung mit dem [X.] und digitale Infrastruktur vor: § 13 Satz 1 Nr. 2 FeV liege der fahrerlaubnisre[X.]htli[X.]he Begriff des Alkoholmissbrau[X.]hs zugrunde. Ein sol[X.]her Missbrau[X.]h könne bei Wiederholungstätern (Bu[X.]hst. b) und bei [X.] na[X.]h einer Trunkenheitsfahrt mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille und mehr (Bu[X.]hst. [X.]) angenommen werden. Zwar könne gemäß § 13 Satz 1 Nr. 2 Bu[X.]hst. [X.]. 2 FeV au[X.]h bei einer Trunkenheitsfahrt mit weniger als 1,6 Promille von Alkoholmissbrau[X.]h ausgegangen werden, wenn dafür zusätzli[X.]he Tatsa[X.]hen sprä[X.]hen. Do[X.]h sei eine strafgeri[X.]htli[X.]he [X.] auf der Grundlage von § 69 StGB keine sol[X.]he Zusatztatsa[X.]he. Diese Regelung stelle auf eine relative oder absolute Fahruntü[X.]htigkeit und damit auf andere Voraussetzungen ab. Sie ziele auf einen auf die Tat bezogenen Istzustand; dagegen gehe es bei dem auf Prävention ausgeri[X.]hteten fahrerlaubnisre[X.]htli[X.]hen Eignungssystem um einen Dauerzustand. Die Regelvermutung des § 69 Abs. 2 StGB gebe keinen ausrei[X.]henden Anhalt für die Eignungsbeurteilung dur[X.]h die Fahrerlaubnisbehörde. § 3 Abs. 4 StVG und § 13 Satz 1 Nr. 2 Bu[X.]hst. [X.] FeV in Verbindung mit den Anlagen 4 und 4a sowie den Beguta[X.]htungsleitlinien für Kraftfahreignung gäben als Grundlinie für die Annahme von Alkoholmissbrau[X.]h vor, dass bei einer Erstbegehung mindestens ein Promillewert von 1,6 errei[X.]ht sein müsse oder gemäß § 13 Satz 1 Nr. 2 Bu[X.]hst. a FeV andere Anzei[X.]hen für Missbrau[X.]h bestünden. Wenn im strafgeri[X.]htli[X.]hen Urteil sol[X.]he über die Regelvermutung hinausgehende Anzei[X.]hen oder Tatsa[X.]hen aufgezeigt würden, könne au[X.]h bei einer einmaligen Trunkenheitsfahrt mit einer Blutalkoholkonzentration von weniger als 1,6 Promille die Anforderung eines medizinis[X.]h-psy[X.]hologis[X.]hen Guta[X.]htens angemessen sein. Derzeit werde dur[X.]h die [X.] untersu[X.]ht, ob s[X.]hon bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,1 Promille Zweifel an der Fahreignung wegen Alkoholmissbrau[X.]hs gere[X.]htfertigt seien.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist begründet. Das angefo[X.]htene Urteil beruht auf einer Verletzung von Bundesre[X.]ht (§ 137 Abs. 1 VwGO) und erweist si[X.]h au[X.]h ni[X.]ht aus anderen Gründen als ri[X.]htig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die vorinstanzli[X.]hen Urteile sind deshalb zu ändern; die Beklagte ist zu verpfli[X.]hten, die begehrte Fahrerlaubnis ohne vorherige Beibringung eines medizinis[X.]h-psy[X.]hologis[X.]hen Guta[X.]htens zu erteilen.

1. Für die Beurteilung des Verpfli[X.]htungsbegehrens der Klägerin ist auf die Sa[X.]h- und Re[X.]htslage zum Zeitpunkt der geri[X.]htli[X.]hen Ents[X.]heidung abzustellen; Anwendung finden die re[X.]htli[X.]hen Regelungen, die au[X.]h das Berufungsgeri[X.]ht zugrunde zu legen hätte, wenn es zum Zeitpunkt des revisionsgeri[X.]htli[X.]hen Urteils ents[X.]hiede (stRspr, vgl. u.a. [X.], Urteil vom 13. Februar 2014 - 3 [X.] 1.13 - [X.]E 149, 74 Rn. 13 m.w.N.). Anzuwenden sind dana[X.]h das [X.] (StVG) i.d.F. der Bekanntma[X.]hung vom 5. März 2003 ([X.]), zuletzt geändert dur[X.]h Art. 1 des Gesetzes vom 28. November 2016 ([X.]), sowie die Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV) vom 13. Dezember 2010 ([X.]), zuletzt geändert dur[X.]h Art. 2 der Verordnung vom 21. Dezember 2016 ([X.] S. 3083).

Na[X.]h § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 StVG müssen Fahrerlaubnisbewerber zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet sein. Die Eignung besitzt na[X.]h § 2 Abs. 4 Satz 1 StVG sowie § 11 Abs. 1 Satz 1 und 3 FeV, wer die notwendigen körperli[X.]hen und geistigen Anforderungen erfüllt und ni[X.]ht erhebli[X.]h oder wiederholt gegen verkehrsre[X.]htli[X.]he Vors[X.]hriften oder gegen Strafgesetze verstoßen hat. Die Anforderungen sind insbesondere dann ni[X.]ht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel na[X.]h Anlage 4 oder 5 zur Fahrerlaubnis-Verordnung vorliegt, wodur[X.]h die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausges[X.]hlossen wird (§ 11 Abs. 1 Satz 2 FeV). § 13 FeV konkretisiert die Fälle, in denen die Fahrerlaubnisbehörde im Zusammenhang mit einer Alkoholproblematik die Fahreignung dur[X.]h ein ärztli[X.]hes oder medizinis[X.]h-psy[X.]hologis[X.]hes Guta[X.]hten zu klären hat. Na[X.]h Nr. 8.1 der Anlage 4 zu den §§ 11, 13 und 14 FeV ist die Eignung bei Alkoholmissbrau[X.]h ausges[X.]hlossen; er liegt vor, wenn das Führen von Fahrzeugen und ein die Fahrsi[X.]herheit beeinträ[X.]htigender Alkoholkonsum ni[X.]ht hinrei[X.]hend si[X.]her getrennt werden kann. Gemäß Nr. 8.2 dieser Anlage kann von einer Eignung erst dann wieder ausgegangen werden, wenn der Missbrau[X.]h beendet und die Änderung des Trinkverhaltens gefestigt ist. Für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis na[X.]h vorangegangener Entziehung gelten die Vors[X.]hriften für die Ersterteilung (§ 20 Abs. 1 Satz 1 FeV).

2. Das Berufungsgeri[X.]ht ist der Auffassung, na[X.]h einer strafgeri[X.]htli[X.]hen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 StGB), die auf einer Teilnahme am Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss beruht, sei im [X.] unabhängig von der Blutalkoholkonzentration die Beibringung eines medizinis[X.]h-psy[X.]hologis[X.]hen Guta[X.]htens anzuordnen (im [X.] an die Re[X.]htspre[X.]hung des [X.], Urteile vom 18. Juni 2012 - 10 S 452/10 - [X.] 2013, 19 und vom 7. Juli 2015 - 10 S 116/15 - ZfS 2015, 539 sowie Bes[X.]hluss vom 15. Januar 2014 - 10 S 1748/13 - [X.] 2014, 348; diesem folgend au[X.]h [X.], Bes[X.]hluss vom 22. Mai 2013 - 1 M 123/12 - [X.], 269 = juris Rn. 14 ff.; zustimmend [X.], in: [X.]/[X.], [X.] im Fahrerlaubnisre[X.]ht, 2. Aufl. 2017, [X.]; offen lassend OVG Münster, Bes[X.]hluss vom 21. Januar 2015 - 16 B 1374/14 - [X.], 606 = juris Rn. 10 sowie [X.], Bes[X.]hluss vom 17. Juli 2015 - [X.] 123.14 - VerkMitt 2015 Nr. 55 = juris Rn. 4; ablehnend [X.], Bes[X.]hluss vom 21. Juli 2014 - W 6 E 14.606 - [X.], 541; [X.], Bes[X.]hluss vom 12. November 2014 - RO 8 K 14.1624 - [X.], 40; VG Mün[X.]hen, Urteil vom 9. Dezember 2014 - M 1 K 14.2841 - [X.], 154; Dauer, in: [X.]/[X.]/Dauer, Straßenverkehrsre[X.]ht, 44. Aufl. 2017, § 13 FeV Rn. 26b; [X.], [X.], 47; [X.], [X.], 419 und 603; Zwerger, [X.], 157; kritis[X.]h au[X.]h [X.]/[X.], [X.], 191). Diese Auffassung ist mit § 13 Satz 1 Nr. 2 [X.]. [X.]. [X.]. a bis [X.] FeV ni[X.]ht vereinbar. Lag die Blutalkoholkonzentration unter 1,6 Promille, so bedarf es bei einer einmalig gebliebenen Zuwiderhandlung im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss zusätzli[X.]her Tatsa[X.]hen, die die Annahme von Alkoholmissbrau[X.]h begründen. Die Entziehung der Fahrerlaubnis dur[X.]h das Strafgeri[X.]ht genügt für si[X.]h gesehen ni[X.]ht.

a) Na[X.]h § 13 Satz 1 Nr. 2 FeV ist zur Vorbereitung von Ents[X.]heidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis zur Klärung von Eignungszweifeln bei einer Alkoholproblematik ein medizinis[X.]h-psy[X.]hologis[X.]hes Guta[X.]hten beizubringen, wenn na[X.]h dem ärztli[X.]hen Guta[X.]hten zwar keine Alkoholabhängigkeit, jedo[X.]h Anzei[X.]hen für Alkoholmissbrau[X.]h vorliegen oder sonst Tatsa[X.]hen die Annahme von Alkoholmissbrau[X.]h begründen ([X.]. a). Glei[X.]hes gilt, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen wurden ([X.]. b), ein Fahrzeug im Straßenverkehr bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr oder einer Atemalkoholkonzentration von 0,8 mg/l oder mehr geführt wurde ([X.]. [X.]), die Fahrerlaubnis aus einem der unter den [X.]aben a bis [X.] genannten Gründe entzogen war ([X.]. d) oder sonst zu klären ist, ob Alkoholmissbrau[X.]h oder Alkoholabhängigkeit ni[X.]ht mehr besteht ([X.]. e).

Zutreffend geht das Berufungsgeri[X.]ht auf der Grundlage seiner bisherigen Re[X.]htspre[X.]hung davon aus, dass eine Guta[X.]htensanforderung nur dann auf § 13 Satz 1 Nr. 2 [X.]. [X.]. 2 FeV gestützt werden kann, wenn Zusatztatsa[X.]hen vorliegen, die unter Berü[X.]ksi[X.]htigung der Wertungen des § 13 Satz 1 Nr. 2 [X.]. b und [X.] FeV geeignet sind, die Annahme von Alkoholmissbrau[X.]h zu begründen. Mit den Tatbeständen des § 13 Satz 1 Nr. 2 FeV erfasst der Verordnungsgeber vers[X.]hiedene Lebenssa[X.]hverhalte, die je selbständig zur Anordnung der Beibringung eines medizinis[X.]h-psy[X.]hologis[X.]hen Guta[X.]htens verpfli[X.]hten. Diese Tatbestände stehen jedo[X.]h ni[X.]ht beziehungslos nebeneinander. Vielmehr hat der Verordnungsgeber mit ihnen einen Rahmen ges[X.]haffen, bei dessen Ausfüllung au[X.]h die jeweils anderen Tatbestände und die ihnen zugrunde liegenden Wertungen zu berü[X.]ksi[X.]htigen sind. Das gilt namentli[X.]h für die Tatbestände des § 13 Satz 1 Nr. 2 [X.]. b und [X.] FeV. Lag die Blutalkoholkonzentration, mit der ein Fahrzeug geführt wurde, unter 1,6 Promille und wurde keine wiederholte Zuwiderhandlung im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen, so ist na[X.]h diesen Bestimmungen die Anforderung eines medizinis[X.]h-psy[X.]hologis[X.]hen Guta[X.]htens ni[X.]ht ohne weiteres gere[X.]htfertigt. Diese Grundents[X.]heidung des Verordnungsgebers ist ni[X.]ht anders als im Rahmen eines Regelbeispielskatalogs bei der Auslegung des Tatbestands des § 13 Satz 1 Nr. 2 [X.]. [X.]. 2 FeV zu bea[X.]hten. Eine einmalig gebliebene Trunkenheitsfahrt mit einer Blutalkoholkonzentration unter 1,6 Promille genügt ohne zusätzli[X.]he aussagekräftige Umstände ni[X.]ht, um als sonstige Tatsa[X.]he im Sinne dieses Tatbestands die Annahme von Alkoholmissbrau[X.]h zu begründen.

b) Na[X.]h § 13 Satz 1 Nr. 2 [X.]. d FeV ist ein medizinis[X.]h-psy[X.]hologis[X.]hes Guta[X.]hten au[X.]h dann beizubringen, wenn die Fahrerlaubnis aus einem der unter den [X.]aben a bis [X.] genannten Gründe entzogen war. In der Re[X.]htspre[X.]hung des erkennenden [X.]s ist geklärt, dass Entziehung der Fahrerlaubnis im Sinne von § 13 Satz 1 Nr. 2 [X.]. d FeV au[X.]h die strafgeri[X.]htli[X.]he Entziehung auf der Grundlage von § 69 StGB ist ([X.], Bes[X.]hluss vom 24. Juni 2013 - 3 [X.] - [X.] 442.10 § 3 StVG Nr. 13 Rn. 6). Hiervon geht das Berufungsgeri[X.]ht ebenfalls zutreffend aus. Soweit es aus dem Bes[X.]hluss des [X.]s allerdings ableiten mö[X.]hte, mit der strafgeri[X.]htli[X.]hen Fahrerlaubnisentziehung wegen einer Trunkenheitsfahrt sei der Tatbestand des § 13 Satz 1 Nr. 2 [X.]. d FeV ohne weiteres erfüllt, so ist dies ni[X.]ht tragfähig. Der [X.] hat si[X.]h in seinem Bes[X.]hluss auf die Aussage bes[X.]hränkt, dass eine strafgeri[X.]htli[X.]he Fahrerlaubnisentziehung na[X.]h § 13 Satz 1 Nr. 2 [X.]. d FeV in dem dur[X.]h die [X.]aben a bis [X.] gezogenen Rahmen zur Anforderung eines Fahreignungsguta[X.]htens führe (a.a.[X.] Rn. 6).

[X.]) Die Anforderung eines medizinis[X.]h-psy[X.]hologis[X.]hen Guta[X.]htens setzt na[X.]h dem klaren Wortlaut der Vors[X.]hrift voraus, dass die Fahrerlaubnis aus einem der unter [X.]abe a bis [X.] genannten Gründe entzogen wurde. Aus dieser Rü[X.]kbindung folgt, dass au[X.]h im Zusammenhang mit dem Tatbestand des § 13 Satz 1 Nr. 2 [X.]. d FeV die Systematik und Wertung dieser Gründe zu bea[X.]hten ist. Mit der Vors[X.]hrift ni[X.]ht vereinbar ist es, si[X.]h hiervon zu lösen und die strafgeri[X.]htli[X.]he Fahrerlaubnisentziehung im Falle einer Trunkenheitsfahrt zum eigenständigen Sa[X.]hgrund für die Anordnung einer medizinis[X.]h-psy[X.]hologis[X.]hen Untersu[X.]hung zu ma[X.]hen.

d) Das Berufungsgeri[X.]ht meint, gegen dieses Verständnis der Vors[X.]hrift spre[X.]he, dass § 13 Satz 1 Nr. 2 [X.]. d FeV überflüssig werde; eine überflüssige Regelung könne dem Verordnungsgeber ni[X.]ht unterstellt werden. Ri[X.]htig ist, dass es bedenkli[X.]h wäre, einer Regelung dur[X.]h Auslegung ihre praktis[X.]he Bedeutung zu nehmen. Dem Verordnungsgeber ist es aber unbenommen, im Interesse der Re[X.]htssi[X.]herheit Regelungen zu treffen, die der Klarstellung dienen. So wären beispielsweise auf die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis au[X.]h ohne die ausdrü[X.]kli[X.]he Regelung in § 20 Abs. 1 Satz 1 FeV die Vors[X.]hriften über die Ersterteilung anzuwenden, denn au[X.]h die Neuerteilung ist eine Erteilung der Fahrerlaubnis. Eine klarstellende Regelung ma[X.]ht gerade au[X.]h im hier streitigen Zusammenhang Sinn, in dem die Tragweite einer strafri[X.]hterli[X.]hen Fahrerlaubnisentziehung in Frage steht.

e) Zu Unre[X.]ht beruft si[X.]h das Berufungsgeri[X.]ht für seine Auffassung auf den Vorrang des Strafverfahrens und die Bindung an das Strafurteil. Na[X.]h § 3 Abs. 3 StVG darf die Fahrerlaubnisbehörde den Sa[X.]hverhalt, der Gegenstand eines anhängigen Strafverfahrens ist, in einem Entziehungsverfahren ni[X.]ht berü[X.]ksi[X.]htigen; ordnet das strafgeri[X.]htli[X.]he Urteil eine Sperre für die (Neu-)Erteilung einer Fahrerlaubnis an, so darf innerhalb der Sperrfrist keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden (§ 69a Abs. 1 StGB). Unter wel[X.]hen Voraussetzungen na[X.]h Ablauf der Sperrfrist die Fahrerlaubnis neu erteilt werden darf, ergibt si[X.]h daraus ni[X.]ht. Au[X.]h die weiteren Bindungen an das strafgeri[X.]htli[X.]he Urteil führen ni[X.]ht weiter. Gemäß § 3 Abs. 4 StVG darf die Fahrerlaubnisbehörde in einem Entziehungsverfahren insoweit ni[X.]ht zum Na[X.]hteil des Fahrerlaubnisinhabers vom Inhalt des Urteils abwei[X.]hen, als es si[X.]h auf die Feststellung des Sa[X.]hverhalts oder die Beurteilung der S[X.]huldfrage oder der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bezieht. Diese eng umrissene Bindungswirkung, die si[X.]h in der komplementären Begründungspfli[X.]ht des § 267 Abs. 6 Satz 2 StPO spiegelt, ist in vorliegendem Zusammenhang ebenfalls ohne Bedeutung. Es geht weder um die Entziehung der Fahrerlaubnis no[X.]h darum, von dem strafri[X.]hterli[X.]hen Urteil zum Na[X.]hteil des Betroffenen abzuwei[X.]hen. [X.] der Sperrfrist hat der Gesetzgeber eine Bindung an die auf strafgesetzli[X.]hen Bestimmungen beruhende negative Eignungsbeurteilung ni[X.]ht vorgesehen.

Aus den Grenzen der Bindungswirkung ergibt si[X.]h im Übrigen zuglei[X.]h, dass die Sperrfrist, die für deren Dauer und Ende gegebene Begründung und ihr Ablauf die Fahrerlaubnisbehörde im na[X.]hfolgenden (Neu-)Erteilungsverfahren ni[X.]ht binden (in diesem Sinne bereits [X.], Urteil vom 20. Dezember 1963 - 7 [X.] 30.63 - [X.]E 17, 347 <348 ff.>). Die Sperrfrist gibt nur den Mindestzeitraum vor, während dessen der Betroffene als ungeeignet anzusehen ist. Ob die eignungsauss[X.]hließende Gefährli[X.]hkeit darüber hinaus anzunehmen ist, ist im [X.] daran von der Fahrerlaubnisbehörde eigenständig zu beurteilen (vgl. [X.], Urteil vom 20. Februar 1987 - 7 [X.] 87.84 - [X.]E 77, 40 <44 f.>).

f) Weiter ist das Berufungsgeri[X.]ht der Auffassung, die strafgeri[X.]htli[X.]he Feststellung der Fahrungeeignetheit sei als Zusatztatsa[X.]he zu berü[X.]ksi[X.]htigen, auf deren Grundlage au[X.]h bei einer Blutalkoholkonzentration unter 1,6 Promille gemäß § 13 Satz 1 Nr. 2 [X.]. [X.]. 2 FeV die Beibringung eines medizinis[X.]h-psy[X.]hologis[X.]hen Guta[X.]htens anzuordnen sei. Eine sol[X.]he Bedeutung kommt der strafgeri[X.]htli[X.]hen Feststellung ni[X.]ht zu.

aa) Ni[X.]ht weiter zweifelhaft ist, dass ein strafgeri[X.]htli[X.]hes Urteil tatsä[X.]hli[X.]he Feststellungen enthalten kann, die als Zusatztatsa[X.]hen im Falle einer Blutalkoholkonzentration, die für si[X.]h gesehen die Anforderung eines Guta[X.]htens ni[X.]ht re[X.]htfertigt (§ 13 Satz 1 Nr. 2 [X.]. [X.] FeV), die Annahme von Alkoholmissbrau[X.]h gemäß § 13 Satz 1 Nr. 2 [X.]. [X.]. 2 FeV begründen können. Derartige tatsä[X.]hli[X.]he Feststellungen können - wie das Berufungsgeri[X.]ht zutreffend festgestellt hat - grundsätzli[X.]h dem Erteilungsverfahren zugrunde gelegt werden. Tatsä[X.]hli[X.]he Feststellungen, die jenseits der strafgeri[X.]htli[X.]hen Eignungsbeurteilung geeignet wären, die Annahme von Alkoholmissbrau[X.]h zu begründen, enthält der Strafbefehl des Amtsgeri[X.]hts jedo[X.]h ni[X.]ht.

bb) Folgli[X.]h bezieht si[X.]h das Berufungsgeri[X.]ht auf die Eignungsbeurteilung als sol[X.]he, die als wertende Erkenntnis des Strafgeri[X.]hts der Fahrerlaubnisentziehung zugrunde liegt. Die auf der Grundlage des § 69 StGB getroffene Eignungsbeurteilung kann für si[X.]h gesehen ni[X.]ht als eine Zusatztatsa[X.]he im Sinne von § 13 Satz 1 Nr. 2 [X.]. [X.]. 2 FeV herangezogen werden. Hierdur[X.]h würde die in § 13 Satz 1 Nr. 2 [X.]. d FeV vorges[X.]hriebene Bindung an die Gründe des § 13 Satz 1 Nr. 2 [X.]. a bis [X.] FeV und namentli[X.]h die Wertung des § 13 Satz 1 Nr. 2 [X.]. [X.] FeV weitgehend unterlaufen, was au[X.]h das Berufungsgeri[X.]ht einräumt. An die Stelle der Voraussetzungen der Fahrerlaubnis-Verordnung für die Anordnung der Beibringung eines medizinis[X.]h-psy[X.]hologis[X.]hen Guta[X.]htens im [X.] träte die auf dem System des Strafre[X.]hts beruhende, hinter der Fahrerlaubnisentziehung stehende strafgeri[X.]htli[X.]he Eignungsbeurteilung. Das ist weder im Strafgesetzbu[X.]h no[X.]h in § 13 Satz 1 Nr. 2 [X.]. d FeV vorgesehen.

Ri[X.]htig ist allerdings, dass die strafgeri[X.]htli[X.]he Fahrerlaubnisentziehung ni[X.]ht anders als die Fahreignungsprüfung im Verwaltungsverfahren dem S[X.]hutz der Verkehrssi[X.]herheit dient, also präventiv ausgeri[X.]htet ist. Entgegen den Ausführungen des Vertreters des [X.] zielt die strafgeri[X.]htli[X.]he Fahrerlaubnisentziehung ni[X.]ht auf die Sanktionierung der jeweiligen Trunkenheitsfahrt. Na[X.]h der Re[X.]htspre[X.]hung des Bundesgeri[X.]htshofs stimmt der in § 69 StGB verwendete Begriff der Ungeeignetheit inhaltli[X.]h mit demselben in den eins[X.]hlägigen Vors[X.]hriften des Straßenverkehrs- und Fahrerlaubnisre[X.]hts verwendeten Begriff überein. Das folge s[X.]hon daraus, dass - wie die Materialien zum ersten Straßenverkehrssi[X.]herungsgesetz 1952 belegten (vgl. [X.]. 1/2674 S. 8 und 12) - mit der Übertragung der zuvor auss[X.]hließli[X.]h den Verwaltungsbehörden zugewiesenen Aufgabe der Entziehung der Fahrerlaubnis "au[X.]h" auf den Strafri[X.]hter letzterer der Sa[X.]he na[X.]h eine Ordnungsaufgabe der Fahrerlaubnisbehörde wahrnehme. Maßstab für die Entziehung der Fahrerlaubnis sei deshalb entspre[X.]hend der verwaltungsgeri[X.]htli[X.]hen Re[X.]htspre[X.]hung au[X.]h hier die in die Zukunft geri[X.]htete Beurteilung der Gefährli[X.]hkeit des Kraftfahrers für den öffentli[X.]hen Straßenverkehr (vgl. [X.], Großer [X.] für Strafsa[X.]hen, Bes[X.]hluss vom 27. April 2005 - [X.] - [X.]St 50, 93 <100> = juris Rn. 22).

Trotz dieses Glei[X.]hlaufs ist jedo[X.]h ni[X.]ht zu übersehen, dass die Spru[X.]hpraxis der Strafgeri[X.]hte von der Regelvermutung des § 69 Abs. 2 StGB geprägt ist. Na[X.]h dieser Vors[X.]hrift ist bei einer Trunkenheitsfahrt (§ 316 StGB) insbesondere in Fällen absoluter Fahruntü[X.]htigkeit (ab 1,1 Promille, vgl. [X.], Bes[X.]hluss vom 28. Juni 1990 - 4 [X.] - [X.]St 37, 89) und selbst bei relativer Fahruntü[X.]htigkeit (ab 0,3 Promille in Verbindung mit einer alkoholbedingten Ausfallers[X.]heinung) in der Regel die Fahrerlaubnis zu entziehen. Entspre[X.]hend ist ni[X.]ht die Fahrerlaubnisentziehung weiter begründungsbedürftig, sondern das Absehen hiervon (vgl. § 267 Abs. 6 Satz 2 StPO). Im [X.] bedarf es hingegen bei einer Blutalkoholkonzentration unter 1,6 Promille na[X.]h der Wertung des § 13 Satz 1 Nr. 2 [X.]. [X.] FeV zusätzli[X.]her tatsä[X.]hli[X.]her Anhaltspunkte für einen Alkoholmissbrau[X.]h im Sinne des Fahrerlaubnisre[X.]hts. Au[X.]h im vorliegenden Fall bes[X.]hränkt si[X.]h das Urteil des Amtsgeri[X.]hts auf die Feststellung, die Klägerin habe infolge Alkoholkonsums fahruntü[X.]htig einen Pkw geführt, eine Blutprobe habe eine Alkoholkonzentration von 1,28 Promille ergeben.

g) S[X.]hließli[X.]h lässt si[X.]h das Regelungssystem des § 13 Satz 1 Nr. 2 [X.]. [X.]. [X.]. a bis [X.] FeV ni[X.]ht unter Hinweis auf die Anlage 4 zu den §§ 11, 13 und 14 FeV in Frage stellen. Sie enthält eine Aufstellung häufiger vorkommender Erkrankungen und Mängel, die die Fahreignung länger beeinträ[X.]htigen oder aufheben können und nimmt für diese eine Bewertung des [X.] vor, die für Abwei[X.]hungen im Einzelfall offen ist (vgl. Vorbemerkung der Anlage). Nr. 8.1 der Anlage verneint die Fahreignung im Falle des Alkoholmissbrau[X.]hs und fügt in Klammern hinzu, Missbrau[X.]h liege vor, wenn das Führen von Fahrzeugen und ein die Fahrsi[X.]herheit beeinträ[X.]htigender Alkoholkonsum ni[X.]ht hinrei[X.]hend si[X.]her getrennt werden könne. Ob und gegebenenfalls unter wel[X.]hen Voraussetzungen na[X.]h einer einmaligen Trunkenheitsfahrt zu erwarten ist, dass der Betroffene das Führen von Fahrzeugen und einen die Fahrsi[X.]herheit beeinträ[X.]htigenden Alkoholkonsum au[X.]h künftig ni[X.]ht hinrei[X.]hend si[X.]her wird trennen können, ergibt si[X.]h hieraus ni[X.]ht. Der Verordnungsgeber hat 1998 auf der Grundlage seines damaligen [X.] angenommen, dass von einem fehlenden Trennungsvermögen na[X.]h einer einmaligen Trunkenheitsfahrt erst bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr ohne weiteres auszugehen ist. Dass diese Annahme heute gänzli[X.]h unvertretbar wäre, ist ni[X.]ht ersi[X.]htli[X.]h. Es ist Sa[X.]he des Verordnungsgebers, diesen Grenzwert gegebenenfalls neu zu bestimmen. Wie der Vertreter des [X.] in Übereinstimmung mit dem für eine Verordnungsänderung zuständigen [X.] und digitale Infrastruktur mitgeteilt hat, prüft die [X.], ob es gere[X.]htfertigt ist, die Beibringung eines medizinis[X.]h-psy[X.]hologis[X.]hen Guta[X.]htens bereits na[X.]h einer einmaligen Trunkenheitsfahrt mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,1 Promille oder mehr zwingend vorzusehen.

3. Die Ents[X.]heidung des Berufungsgeri[X.]hts stellt si[X.]h au[X.]h ni[X.]ht aus anderen Gründen im Ergebnis als ri[X.]htig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). [X.] der strafgeri[X.]htli[X.]hen Fahrerlaubnisentziehung hat es das Vorliegen von Zusatztatsa[X.]hen im Sinne von § 13 Satz 1 Nr. 2 [X.]. [X.]. 2 FeV verneint. Das ist mit Bundesre[X.]ht vereinbar. Na[X.]h seinen tatsä[X.]hli[X.]hen Feststellungen lassen si[X.]h aus dem Umgang der Klägerin mit [X.] keine sonstigen Tatsa[X.]hen im Sinne dieser Vors[X.]hrift entnehmen. Au[X.]h im Übrigen hat das Berufungsgeri[X.]ht das Vorliegen relevanter Anhaltspunkte, etwa das Fehlen von alkoholbedingten Ausfallers[X.]heinungen, die auf eine gewisse Giftfestigkeit s[X.]hließen lassen, verneint ([X.] f.). Diese tatsä[X.]hli[X.]hen Feststellungen hat die Beklagte im Revisionsverfahren ni[X.]ht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen, sie sind daher bindend (§ 137 Abs. 2 VwGO). Es ist au[X.]h ni[X.]ht zu erkennen, dass das Berufungsgeri[X.]ht bei der Würdigung des Sa[X.]hverhalts einen unzutreffenden re[X.]htli[X.]hen Maßstab zugrunde gelegt hat.

4. Na[X.]h der vom erkennenden [X.] ausgespro[X.]henen Verpfli[X.]htung der Beklagten ist es ihr verwehrt, die Neuerteilung der beantragten Fahrerlaubnis wegen der von der Klägerin begangenen Trunkenheitsfahrt, deren Begleitumständen und der im [X.] daran vom Strafgeri[X.]ht angeordneten Fahrerlaubnisentziehung von der Vorlage eines medizinis[X.]h-psy[X.]hologis[X.]hen Guta[X.]htens abhängig zu ma[X.]hen. Ob die Beklagte aus einem anderen der in § 2 Abs. 4 StVG und § 11 Abs. 1 FeV genannten Gründe an einer sofortigen Fahrerlaubniserteilung gehindert sein könnte, war ni[X.]ht Streitgegenstand.

Die Kostenents[X.]heidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Meta

3 C 24/15

06.04.2017

Bundesverwaltungsgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 17. November 2015, Az: 11 BV 14.2738, Urteil

§ 11 FeV 2010, § 13 S 1 Nr 2 Buchst a FeV 2010, § 13 S 1 Nr 2 Buchst b FeV 2010, § 13 S 1 Nr 2 Buchst c FeV 2010, § 13 S 1 Nr 2 Buchst d FeV 2010, § 20 Abs 1 S 1 FeV 2010, § 2 StVG, § 3 Abs 3 StVG, § 3 Abs 4 StVG, § 69 StGB, § 70 StGB, § 316 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 06.04.2017, Az. 3 C 24/15 (REWIS RS 2017, 12753)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 12753

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Referenzen
Wird zitiert von

Au 7 K 19.621

B 1 K 18.572

B 1 K 18.692

Au 7 K 18.306

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