Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.09.2020, Az. II ZR 399/18

2. Zivilsenat | REWIS RS 2020, 809

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Gegenstand

Aktiengesellschaft: Auflösung der konzernrechtlichen Verknüpfung eines Tochterunternehmens mit seinem Mutterunternehmen durch Entherrschungsvertrag


Leitsatz

Die konzernrechtliche Verknüpfung eines Tochterunternehmens mit seinem Mutterunternehmen im Sinne des § 24 Abs. 1 WpHG aF wird durch einen schuld-rechtlichen Entherrschungsvertrag in der Kette der beteiligten Gesellschaften nicht aufgelöst.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 18. Zivilsenats des [X.] vom 15. November 2018 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Beklagte ist eine börsennotierte Aktiengesellschaft. Die Klägerin ist mit etwa 8 % der Aktien an der [X.] beteiligt. Die im Hinblick auf ihren Aktienbesitz notwendige Stimmrechtsmitteilung gab nicht die Klägerin selbst, sondern             [X.]als Konzernmitteilung ab. [X.]war mittelbar mehrheitlich an der [X.] beteiligt, die ihrerseits mehr als die Hälfte der Aktien der Klägerin hielt. Zwischen der Klägerin und der [X.] bestand seit Dezember 2009 ein Entherrschungsvertrag.

2

An der Hauptversammlung der [X.] vom 24. Mai 2017 nahm neben der Klägerin und weiteren zum Konzern der Klägerin gehörenden Aktionären u.a. die [X.] (im Folgenden: M.     GmbH) teil. Diese hatte ihre Beteiligung an der [X.] im Rahmen einer Kapitalerhöhung aus einem genehmigten Kapital im [X.] 2016 ausgebaut und hielt seither rund 20 % der Aktien. Bei dieser Kapitalerhöhung, bei der das Bezugsrecht der Aktionäre nicht ausgeschlossen war, war die [X.] aufgrund einer zwischen ihr und der [X.] geschlossenen Vereinbarung als Backstop-Investorin aufgetreten.

3

Zur Abstimmung bei der Hauptversammlung der [X.] am 24. Mai 2017 standen u.a. der Tagesordnungspunkt 2 über die Entlastung des [X.] und der Tagesordnungspunkt 6 über die Ermächtigung des Vorstands zur Erhöhung des Grundkapitals mit der Möglichkeit zum Ausschluss des Bezugsrechts für Spitzenbeträge und entsprechend § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG. Die Beschlüsse kamen mit einer Mehrheit von jeweils mehr als drei Viertel der anwesenden Stimmen zustande.

4

Die Klägerin hat gegen beide Beschlüsse Anfechtungs- und Nichtigkeitsfeststellungsklage erhoben. Das [X.] hat die Klage wegen fehlender Anfechtungsbefugnis der Klägerin abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht die Beschlüsse für nichtig erklärt. Dagegen richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision der [X.].

Entscheidungsgründe

5

Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

6

I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

7

Der Klägerin fehle nicht deshalb die [X.], weil sie wegen einer unzutreffenden Konzernmitteilung nach dem Wertpapierhandelsgesetz einem [X.] unterlegen habe. Dabei könne offenbleiben, ob die Klägerin ihrer Meldepflicht durch die Konzernmitteilung nachgekommen sei oder sie wegen des zwischen ihr und der [X.] bestehenden Entherrschungsvertrags nicht als Tochterunternehmen zu behandeln gewesen sei, so dass sie eine eigene Mitteilung habe abgeben müssen. Denn der Klägerin fehle es an dem für den [X.] erforderlichen Verschulden. Ihr Vorgehen bzw. dasjenige ihrer Konzernmutter habe dem [X.] der [X.] (im Folgenden: [X.]), dem [X.], der ständigen, bis heute anhaltenden Praxis der [X.] und der obergerichtlichen Rechtsprechung zu der Frage der Nichtberücksichtigung eines schuldrechtlichen Entherrschungsvertrags bei der Abgabe einer Konzernmitteilung entsprochen. Zwar gebe es diesbezüglich abweichende Stimmen in der Literatur, aber keine entgegenstehende höchstrichterliche Rechtsprechung. Die Klägerin habe unter Berücksichtigung drohender Zwangsmaßnahmen der [X.] auf deren Vorgaben und auf die obergerichtliche Rechtsprechung vertrauen dürfen.

8

Der Beschluss über die Entlastung des Vorstands sei für nichtig zu erklären. Es liege ein eindeutiger und schwerwiegender Gesetzesverstoß im Entlastungszeitraum vor, da der Vorstand der Beklagten unter Verletzung des Gleichbehandlungsgebots nicht sämtlichen Altaktionären dieselbe Chance gewährt habe, an der Durchführung einer Kapitalerhöhung im [X.] 2016 ebenfalls durch Abschluss einer Backstop-Vereinbarung mitzuwirken. Die Eindeutigkeit der Rechtsverletzung ergebe sich daraus, dass die maßgebliche Bestimmung des § 53a [X.] in ihrer Bedeutung hinreichend klar sei und der entscheidungserhebliche Sachverhalt unstreitig sei.

9

Der Beschluss über die Ermächtigung des Vorstands zur Kapitalerhöhung sei für nichtig zu erklären. Mit der Beschlussfassung habe die Hauptversammlung der Beklagten die ihr gegenüber der Klägerin obliegende Treuepflicht verletzt. Wegen des vorangegangenen Verstoßes gegen das Gleichbehandlungsgebot bei der Kapitalerhöhung im [X.] 2016 sei die Hauptversammlung gehalten gewesen, dafür zu sorgen, dass eine zukünftige gegen § 53a [X.] verstoßende Benachteiligung von [X.]. Dem sei sie nicht nachgekommen, da der Beschluss nicht mit entsprechenden, den Handlungsspielraum des Vorstands begrenzenden Bestimmungen verbunden gewesen sei.

II. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1. Im Ergebnis zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Klägerin keinem [X.] gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 [X.] in der Fassung des [X.] ([X.]) (im Folgenden: [X.] aF) unterlag und daher gemäß § 245 [X.] [X.] zur Anfechtung der auf der Hauptversammlung der Beklagten vom 24. Mai 2017 gefassten Beschlüsse befugt ist.

Der in § 28 Abs. 1 [X.] aF angeordnete [X.] umfasst auch die [X.] nach § 245 [X.] [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 25. September 2018 - [X.]/17, [X.], 2214 Rn. 7, 10 zu § 245 Nr. 2 [X.]). Es kann dahinstehen, ob, wie das Berufungsgericht meint, die Klägerin an einem etwaigen Verstoß gegen eine Meldepflicht kein für den [X.] nach § 28 Abs. 1 [X.] aF erforderliches Verschulden traf. Denn die Klägerin war von der sie nach § 21 Abs. 1 [X.] aF treffenden Meldepflicht hinsichtlich der ihr gehörenden Aktien der Beklagten durch die Konzernmitteilung des [X.]nach § 24 [X.] aF befreit. Daran änderte auch der zwischen der Klägerin und der [X.] bestehende Entherrschungsvertrag nichts. Die konzernrechtliche Verknüpfung eines Tochterunternehmens mit seinem(Groß-)Mutterunternehmen im Sinne des § 24 Abs. 1 [X.] aF wird durcheinen schuldrechtlichen Entherrschungsvertrag in der Kette der beteiligten Gesellschaften nicht aufgelöst.

a) Gemäß § 24 Abs. 1 [X.] aF ist ein meldepflichtiges Tochterunternehmen von den Meldepflichten nach § 21 Abs. 1 und 1a, § 25 Abs. 1 und § 25a Abs. 1 [X.] aF befreit, wenn die Mitteilung von seinem Mutterunternehmen oder, falls das Mutterunternehmen selbst ein Tochterunternehmen ist, durch dessen Mutterunternehmen erfolgt. Nach § 22a Abs. 1 [X.] aF sind Tochterunternehmen vorbehaltlich des § 22a Abs. 2 bis 4 [X.] aF Unternehmen, die als Tochterunternehmen im Sinne des § 290 [X.] gelten oder auf die ein beherrschender Einfluss ausgeübt werden kann, ohne dass es auf die Rechtsform oder den Sitz ankommt. Nach § 290 Abs. 1 Satz 1 [X.] stehen zwei Unternehmen dann im Verhältnis von Mutterunternehmen und Tochterunternehmen, wenn das Mutterunternehmen auf das Tochterunternehmen unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann. Dieser beherrschende Einfluss wird nach § 290 Abs. 2 [X.] [X.] unwiderlegbar vermutet, wenn dem Mutterunternehmen in einem anderen Unternehmen die Mehrheit der Stimmrechte der Gesellschafter zusteht.

b) Ob die aus § 290 Abs. 2 [X.] [X.] folgende unwiderlegbare Vermutung der Stimmrechtsmehrheit für einen beherrschenden Einfluss und damit zugleich für die Eigenschaft als Tochter- und Mutterunternehmen im Sinne der § 22a Abs. 1 [X.], § 24 Abs. 1 [X.] aF auch dann besteht, wenn sich die über eine Stimmrechtsmehrheit verfügende natürliche oder juristische Person im Rahmen eines sogenannten Entherrschungsvertrags schuldrechtlich verpflichtet hat, von ihren Stimmrechten keinen Gebrauch zu machen, ist umstritten.

Teilweise wird in der Literatur allein auf die formale Rechtsinhaberschaft abgestellt, weshalb [X.] unbeachtlich seien (zu § 22a [X.] aF bzw. § 35 [X.]: [X.], [X.] 1995, 2069, 2074; [X.]/[X.], [X.] 2013, 1247, 1251; BeckOGK [X.]/[X.], Stand: 1. Juli 2020, § 22 Rn. 74; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 7. Aufl., § 35 Rn. 11; [X.] in [X.]/[X.], Kapitalmarktgesetze, 2. Aufl., Stand: Oktober 2010, § 22 [X.] Rn. 13; zu § 290 [X.]; [X.]/[X.], [X.] 2013, 514, 547; [X.]/[X.], [X.] 2010, 2124, 2125 f.; [X.], Festschrift [X.], 1987, [X.], 641; BeckOGK [X.]/[X.]/Hoehne, Stand: 15. Februar 2020, § 290 Rn. 60 f.; [X.] in [X.], [X.], 3. Aufl., § 290 Rn. 22; [X.]/[X.]/[X.] in [X.]/Boujong/[X.]/Strohn, [X.], 4. Aufl., § 290 Rn. 21; [X.]/[X.], [X.], 5. Aufl., § 290 Rn. 38; zu §§ 2 Abs. 6, 30 Abs. 1 [X.] [X.]; [X.], [X.], 864, 866 f.; AG 2008, 87, 88; [X.] in [X.], [X.], 4. Aufl., § 2 Rn. 34; [X.] in [X.], [X.], 4. Aufl., § 30 Rn. 5; KK-[X.]/Versteegen, 2. Aufl., § 2 Rn. 205; [X.]/Favoccia in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 2 Rn. 127).

Die Gegenauffassung stellt eine materielle Betrachtungsweise an, nach der bei einem wirksamen Entherrschungsvertrag eine Stimmrechtsmehrheit im Sinne des § 290 Abs. 2 [X.] [X.] verneint werden könne ([X.]/[X.], [X.] 2008, 1955, 1956; [X.]/[X.] in [X.]/[X.], Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 9. Aufl., § 35 [X.] Rn. 6; von [X.] in Schwark/[X.], Kapitalmarktrechtskommentar, 5. Aufl., § 35 [X.] Rn. 6; [X.] in Bürgers/Körber, [X.], 4. Aufl., § 22a [X.] Rn. 2; MünchKomm[X.]/[X.], 5. Aufl., § 35 [X.] Rn. 6; KK-[X.]/von [X.], 2. Aufl., § 22 Rn. 304; [X.] in [X.], [X.] zum [X.] mit UN-Kaufrecht, 8. Aufl., § 290 [X.] Rn. 25; [X.] in [X.][X.], [X.], 38. Aufl., § 290 Rn. 10).

c) Die erstgenannte Auffassung ist richtig. Die Eigenschaft als Tochterunternehmen im Sinne des § 22a Abs. 1 [X.] [X.] aF und damit als befreiter Meldepflichtiger im Sinne des § 24 Abs. 1 [X.] aF wird durch einen schuldrechtlichen Entherrschungsvertrag in der Kette der nach § 24 Abs. 1 [X.] aF beteiligten Gesellschaften nicht beseitigt.

aa) Im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 290 [X.] besteht bei Stimmrechtsmehrheit gemäß § 290 Abs. 2 [X.] [X.] ein beherrschender Einfluss im Sinne des § 290 Abs. 1 Satz 1 [X.] auch dann, wenn mit einem Tochterunternehmen ein schuldrechtlicher Entherrschungsvertrag geschlossen wurde.

Der Wortlaut des § 290 Abs. 2 [X.] [X.] stellt allein darauf ab, ob dem Mutterunternehmen bei einem anderen Unternehmen die Mehrheit der Stimmrechte der Gesellschafter zusteht, ohne dass es auf die konkrete Ausübungsmöglichkeit ankommt (BeckOGK [X.]/[X.]/Hoehne, Stand: 15. Februar 2020, § 290 Rn. 60 f.). Die schuldrechtliche Vereinbarung über ein bestimmtes Stimmverhalten bzw. über die Nichtausübung des Stimmrechts berührt nicht den Bestand der Rechte desjenigen, dem die Anteile gehören, sondern die für § 290 Abs. 2 [X.] [X.] nicht maßgebliche Ebene der tatsächlichen Ausübung der Rechte ([X.]/[X.]/[X.], § 290 [X.] Rn. 42). Eine materielle Betrachtungsweise liefe im Ergebnis darauf hinaus, § 290 Abs. 2 [X.] [X.] als widerlegliche Vermutung aufzufassen, obgleich nach dem Wortlaut des § 290 Abs. 2 [X.] ein beherrschender Einfluss "stets" gegeben ist, wenn einer der in den [X.] bis 4 genannten Fälle vorliegt.

Auch die gesetzliche Systematik der bilanzrechtlichen Konsolidierungsvorschriften spricht dafür, schuldrechtliche Beschränkungen der Stimmrechtsausübung im Rahmen des § 290 Abs. 2 [X.] [X.] unberücksichtigt zu lassen. Denn § 296 Abs. 1 [X.] [X.] sieht vor, dass ein Tochterunternehmen in den Konzernabschluss nicht einbezogen zu werden braucht, wenn erhebliche und andauernde Beschränkungen, wie ein Entherrschungsvertrag sie mit sich bringen kann, die Ausübung der Rechte des Mutterunternehmens in Bezug auf das Vermögen oder die Geschäftsführung dieses Unternehmens nachhaltig beeinträchtigen. Der Verzicht auf die Einbeziehung nach § 296 Abs. 1 [X.] [X.] führt aber gerade nicht dazu, dass das Unternehmen kein Tochterunternehmen im Sinne des § 290 [X.] mehr wäre (BeckOGK [X.]/[X.]/Hoehne, Stand: 15. Februar 2020, § 290 Rn. 61 f.; [X.] in [X.]/[X.], Kapitalmarktgesetze, 2. Aufl., Stand: Oktober 2010, § 22 [X.] Rn. 13). Dieses Einbeziehungswahlrecht des Mutterunternehmens entkräftet zugleich den Einwand der Gegenauffassung, durch eine rein formale Betrachtung könne es zur Pflicht zur Konsolidierung von Tochterunternehmen nach § 290 Abs. 2 Satz 1 [X.] kommen, ohne dass der in § 290 Abs. 1 Satz 1 [X.] vorausgesetzte beherrschende Einfluss gegeben sei (Küting/[X.], [X.] 2010, 1459, 1461) bzw. zur Pflicht zur Konsolidierung in mehreren Muttergesellschaften (so [X.]/[X.], [X.] 2009, 1230 f.; dagegen [X.]/[X.], [X.] 2010, 2124, 2125 f.).

Der Entstehungsgeschichte des § 290 [X.] lässt sich nicht entnehmen, dass nach dem Willen des Gesetzgebers § 290 Abs. 2 [X.] [X.] ein materielles Begriffsverständnis zugrunde gelegt werden sollte. Die Formulierung des § 290 Abs. 2 [X.] [X.] geht zurück auf Art. 1 Nr. 8 des [X.], Siebten und Achten Richtlinie des [X.] ([X.]) vom 19. Dezember 1985 ([X.]), mit dem Art. 1 Abs. 1 der [X.]/[X.] des Rates vom 13. Juni 1983 aufgrund von Art. 54 Abs. 3 Buchst. g) des Vertrages über den konsolidierten Abschluss, [X.].[X.] Nr. L 193 [X.] (Siebte Richtlinie), nahezu wortgleich übernommen wurde. Hierdurch sollte das der Richtlinie zugrundeliegende [X.] übernommen, aber zusätzlich mit Aufgreifen des Mitgliedstaatenwahlrechts des Art. 1 Abs. 2b der Richtlinie in § 290 Abs. 1 [X.] aF das dem Aktiengesetz 1965 entsprechende Konzept der einheitlichen Leitung aufrechterhalten werden ([X.]/[X.], [X.], 5. Aufl., § 290 Rn. 1). Das [X.] Bilanzrechts (BilMoG) vom 25. Mai 2009 ([X.] I [X.]102) ging von den bisherigen Konsolidierungskonzepten "einheitliche Leitung" und "tatsächliche Kontrolle" auf das international übliche Konsolidierungskonzept "mögliche Beherrschung" über. Nach der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses, auf die dieser Konzeptwechsel und die spätere Gesetzesfassung zurückgehen, sollten allerdings die typisierenden Tatbestände nach § 290 Abs. 2 [X.] bis Nr. 3 [X.] beibehalten werden, um "die Rechtsanwendung zu erleichtern" (BT-Drucks. 16/12407, [X.]). Daraus folgt, dass in Bezug auf § 290 Abs. 2 [X.] [X.] nicht von der hergebrachten formalen Betrachtungsweise, die anders als nach Absatz 1 den [X.] unabhängig von der tatsächlichen [X.] bestimmt, abgerückt werden sollte (vgl. [X.]/[X.], [X.] 2010, 2124, 2125; [X.]/[X.], [X.], 5. Aufl., § 290 Rn. 38; BeckOGK [X.]/[X.]/Hoehne, Stand: 15. Februar 2020, § 290 Rn. 61 f.).

bb) Bei der Bestimmung eines Tochterunternehmens im Sinne des § 22a Abs. 1 [X.] [X.] aF und folglich des befreiten Meldepflichtigen im Sinne des § 24 Abs. 1 [X.] aF bleiben schuldrechtliche [X.] in gleicher Weise wie bei § 290 Abs. 1 [X.] [X.] außer Betracht.

Nach § 22a Abs. 1 [X.] [X.] aF sind Tochterunternehmen im Sinne des Abschnitts über die Überwachung des Verbots der Marktmanipulation vorbehaltlich hier nicht einschlägiger Ausnahmen Unternehmen, die als Tochterunternehmen im Sinne des § 290 des Handelsgesetzbuchs gelten. § 22a Abs. 1 [X.] [X.] aF verweist nicht auf die §§ 291, 292, 293 und 296 [X.] und damit auch nicht auf die Vorschrift des § 296 Abs. 1 [X.] [X.], in deren Regelungsbereich gerade auch schuldrechtliche [X.] fallen ([X.] in [X.]/[X.], Kapitalmarktgesetze, 2. Aufl., Stand: Oktober 2010, § 22 [X.] Rn. 13). Die Entwicklung des Wertpapierhandelsgesetzes bietet ebenfalls keine Anhaltspunkte für ein materielles Begriffsverständnis. § 22 Abs. 3 [X.] in seiner ursprünglichen Fassung des Gesetzes vom 26. Juli 1994 ([X.] I [X.]749) enthielt hinsichtlich der die Meldepflicht des Mutterunternehmens auslösenden Stimmrechtszurechnung nach § 21 Abs. 1, § 22 Abs. 1 [X.] noch einen eigenständigen Begriff des "kontrollierten Unternehmens", der Art. 8 Abs. 1 Buchst. a) der Richtlinie 88/627/[X.] des Rates vom 12. Dezember 1988 über die bei Erwerb und Veräußerung einer bedeutenden Beteiligung an einer börsennotierten Gesellschaft zu veröffentlichenden Informationen, [X.]. [X.] Nr. L 348 [X.] ([X.]), entnommen war. Gleichzeitig verwies § 24 [X.] in seiner ursprünglichen Fassung hinsichtlich der Mitteilung durch Konzernunternehmen auf §§ 290, 340i [X.], was dem Verweis in Art. 6 [X.]/627/[X.] auf Art. 1 RL 83/349/[X.] entsprach. Durch Art. 2 Nr. 2 des [X.] von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen vom 20. Dezember 2001 ([X.] I [X.]22) wurde in § 22 Abs. 3 [X.] aF zur Angleichung an § 2 Abs. 6 [X.] der Begriff des „kontrollierten Unternehmens“ durch den des "Tochterunternehmens" ersetzt und der Verweis auf § 290 [X.] übernommen. Nach den Gesetzesmaterialien sollte hierdurch die Definition des Tochterunternehmens über den Begriff des kontrollierten Unternehmens hinausgehen, indem das [X.] fortgeführt und um Elemente des [X.] erweitert werden sollte (Regierungsentwurf BT-Drucks. 14/7034, [X.]). Mit der Neufassung der Transparenz-Richtlinie durch die Richtlinie 2004/109/[X.] des [X.] und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/[X.], [X.]. [X.] Nr. L 390 [X.] ([X.]), entfiel der Verweis in Art. 12 Abs. 3 RL 2004/109/[X.] auf Art. 1 RL 83/349/[X.]. Hierdurch erwies sich § 24 [X.] aF als zu eng, da es nach den §§ 290, 340i [X.] aF auf einen Sitz des Mutterunternehmens in [X.] ankam (vgl. Regierungsentwurf BT-Drucks. 18/5010, [X.]). Im Zuge der Umsetzung der Richtlinie 2013/50/[X.] des [X.] und des Rates vom 22. Oktober 2013 zur Änderung der Richtlinie 2004/109/[X.] des [X.] und des [X.] in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, der Richtlinie 2003/71/[X.] des [X.] und des Rates betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, sowie der Richtlinie 2007/14/[X.] der Kommission mit Durchführungsbestimmungen zu bestimmten Vorschriften der Richtlinie 2004/109/[X.] ([X.]I), [X.]. [X.] Nr. L 294 [X.], durch das Gesetz zur Umsetzung der [X.]-Änderungsrichtlinie vom 20. November 2015 ([X.]) wurde der Verweis auf die §§ 290, 340i [X.] in § 24 [X.] gestrichen. Die Tochterunternehmenseigenschaft wurde in dem neu geschaffenen § 22a [X.] aF zentral geregelt. Der Verweis auf § 290 [X.] wurde in § 22a Abs. 1 [X.] [X.] aF beibehalten. Dass der Gesetzgeber dabei im Rahmen der kapitalmarkrechtlichen Beteiligungstransparenz eine Änderung des [X.] im Anwendungsbereich des § 290 Abs. 2 [X.] [X.] hin zu einer materiellen Betrachtungsweise beabsichtigt hätte, lässt sich den Gesetzesmaterialien nicht entnehmen (vgl. Regierungsentwurf BT-Drucks. 18/5010, S. 45 f.).

Ein materielles Verständnis des Begriffs Mehrheit der Stimmrechte ist auch nicht im Hinblick auf den Zweck der Zurechnungsvorschrift des § 22 Abs. 1 [X.] aF veranlasst. Soweit die Gegenauffassung, die bei Vorliegen eines Entherrschungsvertrags im Wege der teleologischen Reduktion die Eigenschaft als Tochterunternehmen verneinen möchte, damit argumentiert, es bestehe keine Umgehungsgefahr, der das Gesetz durch die Zurechnung des § 22 [X.] aF begegnen wolle (MünchKomm[X.]/[X.], 5. Aufl., § 35 [X.] Rn. 6; von [X.] in Schwark/[X.], Kapitalmarktrechtskommentar, 5. Aufl., § 35 [X.] Rn. 6), übersieht sie, dass der Ausschluss der Stimmrechtausübung durch Vertrag nicht die tatsächliche Ausübung hindert, mag dies auch vertraglich unzulässig sein ([X.], [X.], 864, 866 f.; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 7. Aufl., § 35 Rn. 11; von [X.]/[X.] in [X.]/[X.]/Thiele, Bilanzrecht, Stand: August 2015, § 290 [X.] Rn. 78). Dies gilt umso mehr, soweit es - wie vorliegend - nicht um die Zurechnung von Stimmrechten des Tochterunternehmens gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 [X.] [X.] aF und damit die Begründung einer etwaig zu umgehenden Meldepflicht bei dem Mutterunternehmen geht, sondern um die Befreiung des Tochterunternehmens durch die Mitteilung des Mutterunternehmens nach § 24 Abs. 1 [X.] aF.

Auch aus Sinn und Zweck des Gesetzes folgt kein anderes Ergebnis. Mit den Mitteilungspflichten nach den §§ 21 ff. [X.] aF soll die Funktionsfähigkeit des [X.] Finanzmarkts gestärkt und dazu für die Anleger Transparenz über die wesentliche Eigentümerstruktur der börsennotierten Gesellschaft (Begr. [X.], BT-Drucks. 12/6679, [X.], 33) und die sonstigen Einwirkungsmöglichkeiten geschaffen werden ([X.], Urteil vom 19. Juli 2011 - [X.], [X.]Z 190, 291 Rn. 32; Urteil vom 25. September 2018 - [X.]/17, [X.], 2214 Rn. 36). Dieses Ziel wird durch eine Konzernmitteilung nach § 24 Abs. 1 [X.] aF in gleicher Weise erreicht wie durch eine Mitteilung durch das Tochterunternehmen selbst.

Die formale Betrachtungsweise entspricht im Übrigen der bisherigen Bilanzierungspraxis nach dem [X.] [X.]9 [X.]. 23 (BAnz. [X.] vom 18. Februar 2011), wonach schuldrechtliche [X.] unbeachtlich sind, sowie dem [X.] der [X.] ([X.] 2013: [X.]. 2.5; [X.] 2018: Modul B I. 2.5).

d) Nachdem [X.] für die Klägerin am 26. April 2016 eine Beteiligung von 8,28 % am Grundkapital der Beklagten gemeldet hatte, musste die Klägerin keine eigene Mitteilung nach § 21 Abs. 1 [X.] aF mehr abgeben. Die Mehrheit der Stimmrechte der Klägerin standen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts der [X.] zu. [X.]  war nach der von der Revision nicht in Frage gestellten Feststellung des Berufungsgerichts mittelbar an der [X.] beteiligt und deren Mutterunternehmen im Sinne des § 24 Abs. 1, § 22a Abs. 1 [X.] aF.

2. Nicht frei von [X.] ist die angefochtene Entscheidung, soweit das Berufungsgericht den zu Tagesordnungspunkt 2 gefassten Beschluss über die Entlastung des [X.] für nichtig erklärt hat. Es lag kein eindeutiger und schwerwiegender, die Entlastung verbietender Gesetzesverstoß vor, weil sich der Vorstand der Beklagten nicht über eine zweifelsfreie Gesetzeslage hinweggesetzt hat. Das vom Berufungsgericht vor Abschluss einer Backstop-Vereinbarung für notwendig erachtete Ausschreibungs- und Angebotsverfahren wurde bis zu der angefochtenen Entscheidung weder im Schrifttum oder in der oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung vertreten noch gab es eine solche allgemeine Praxis bei Kapitalerhöhungen. Es kann daher dahinstehen, ob der Vorstand der Beklagten bei der Kapitalerhöhung [X.] durch die Nichteinhaltung dieses Verfahrens gegen das Gleichbehandlungsgebot verstoßen hat.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats verstößt ein Beschluss der Hauptversammlung über die Entlastung des Vorstands und des Aufsichtsrats gegen § 120 Abs. 2 Satz 1 [X.] und ist deshalb nach § 243 Abs. 1 [X.] anfechtbar, wenn durch die Entlastung ein Verhalten gebilligt wird, das einen schwerwiegenden und eindeutigen Gesetzes- oder [X.] darstellt ([X.], Urteil vom 25. November 2002 - [X.]/01, [X.]Z 153, 47, 51 - [X.]; Urteil vom 18. Oktober 2004 - [X.], [X.]Z 160, 385, 388 - [X.]; Beschluss vom 9. November 2009 - [X.], [X.], 2436 f.; Urteil vom 10. Juli 2012 - [X.], [X.]Z 194, 14 Rn. 9 - [X.]; Beschluss vom 7. Februar 2012 - [X.], [X.], 515). Ein solches Verhalten kann, wovon das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zutreffend ausgegangen ist, auch in einem Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot des § 53a [X.] bestehen.

b) Die Nichtigerklärung des Entlastungsbeschlusses kann nicht auf die Begründung gestützt werden, der Vorstand der Beklagten habe bei der Kapitalerhöhung im [X.] 2016 unter Verletzung des § 53a [X.] mit der [X.] eine Backstop-Vereinbarung geschlossen, ohne sämtlichen Altaktionären durch das vom Berufungsgericht verlangte Angebots- bzw. Ausschreibungsverfahren dieselbe Möglichkeit einzuräumen. Ein zur Anfechtung berechtigender eindeutiger und schwerwiegender Gesetzesverstoß liegt nur vor, wenn der Vorstand sich über eine zweifelsfreie Gesetzeslage hinweggesetzt hat (vgl. [X.], Beschluss vom 9. November 2009 - [X.], [X.], 2436 f.; Urteil vom 10. Juli 2012 - [X.], [X.]Z 194, 14 Rn. 23 - [X.]; Beschluss vom 7. Februar 2012 - [X.], [X.], 515).

Eine zweifelsfreie Gesetzeslage liegt dann nicht vor, wenn die Rechtslage, die der Vorstand missachtet haben soll, umstritten ist. Gleiches gilt, wenn es sich bei der betreffenden Gesetzesbestimmung um einen offenen Tatbestand handelt, dessen abstrakt-begrifflicher Bedeutungsgehalt zwar geklärt sein mag, bei dessen Anwendung auf den konkreten Einzelfall sich jedoch Wertungsfragen stellen, zu deren Beantwortung verlässliche Maßstäbe in Rechtsprechung und Literatur bislang nicht herausgearbeitet worden sind. Auch in diesem Fall kann von einer zweifelsfreien Gesetzeslage, über die sich die Verwaltung hinwegsetzt und bei der sich eine gleichwohl durch die Hauptversammlung getroffene Entlastungsentscheidung als Ermessensüberschreitung darstellen würde, jedenfalls dann keine Rede sein, wenn Anforderungen nicht eingehalten werden, die weder in der Rechtsprechung oder im Schrifttum aufgestellt werden noch einer gängigen Praxis entsprechen.

So liegt es hier. Die Frage, ob der Vorstand der Beklagten bei der Kapitalerhöhung [X.] gegen das Gleichbehandlungsgebot verstoßen hat, war entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht eindeutig zu beantworten. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Vorstand der Beklagten habe zum einen versäumt, vor dem Abschluss einer Backstop-Vereinbarung mit der [X.] das Interesse der Beklagten am Abschluss einer Backstop-Vereinbarung auch mit allen anderen Aktionären allgemein bekannt zu geben, eingehende Angebote abzuwarten, dieselben nach den angebotenen Konditionen zu bewerten und im erforderlichen Umfang anzunehmen (Ausschreibungsverfahren). Zum anderen habe der Vorstand der Beklagten vor dem Abschluss der Backstop-Vereinbarung mit der [X.] nicht allen Altaktionären den Abschluss einer Backstop-Vereinbarung und den damit verbundenen Erwerb nicht bezogener Aktien aus der Kapitalerhöhung zu den mit der [X.] vereinbarten Konditionen angeboten (gleichmäßiges Angebot einer bestimmten Backstop-Vereinbarung). Ob ein solches Verfahren im Hinblick auf § 53a [X.] erforderlich und praktikabel ist, erscheint zweifelhaft, bedarf jedoch keiner Entscheidung. In der Nichtbeachtung dieses Verfahrens läge jedenfalls kein eindeutiger Gesetzesverstoß. Denn solche Anforderungen wurden bisher weder im Schrifttum noch in der oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung vertreten. Auch eine allgemeine Praxis, wonach üblicherweise ein Ausschreibungs- und Angebotsverfahren vor Abschluss einer Backstop-Vereinbarung durchgeführt würde, ist nicht ersichtlich. In der Literatur wird zwar zu Recht darauf hingewiesen, dass die Ausgabe nicht bezogener Aktien aus einer Bezugsrechtskapitalerhöhung an einen Altaktionär als Backstop-Investor an § 53a [X.] zu messen ist ([X.]/[X.], [X.] 2011, 410, 416; [X.], Festschrift [X.], 2011, [X.]261, 1271; KK-[X.]/Ekkenga, 3. Aufl., § 186 Rn. 255; Ekkenga/[X.] in Ekkenga, Handbuch der [X.], 2. Aufl., [X.] Rn. 271; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, 4. Aufl., § 5 Rn. 5.51, Rn. 5.112; [X.]/[X.], 5. Aufl., § 57 Rn. 110; vgl. auch BeckOGK [X.]/[X.], Stand: 1. Juli 2020, § 186 Rn. 28). Nicht verlangt wird indes, dass der Vorstand eine solche Vereinbarung regelmäßig allen Altaktionären in der vom Berufungsgericht beschriebenen Weise anzudienen habe.

3. Der zu Tagesordnungspunkt 6 gefasste Beschluss über die Ermächtigung des Vorstands zur Kapitalerhöhung durfte nicht mit der Begründung für nichtig erklärt werden, die Hauptversammlung der Beklagten habe die ihr gegenüber der Klägerin obliegende Treuepflicht verletzt, weil sie nach dem Verstoß des Vorstands gegen das Gleichbehandlungsgebot bei der Kapitalerhöhung [X.] keine Maßnahmen gegen einen erneuten Verstoß des Vorstands beschlossen habe. Eine Verletzung der Treuepflicht lag bereits deshalb nicht vor, weil die Hauptversammlung den vom Berufungsgericht angenommenen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot bei der Ausnutzung des genehmigten Kapitals [X.] nicht erkennen konnte.

a) Der Beschluss über die Ermächtigung des Vorstands zur Kapitalerhöhung nach § 202 Abs. 2 [X.] kann der Anfechtung nach § 243 Abs. 1 [X.] wegen eines Verstoßes der Hauptversammlungsmehrheit gegen die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht unterliegen (vgl. [X.], Urteil vom 1. Februar 1988 - [X.], [X.]Z 103, 184, 193 ff. - [X.]; Urteil vom 20. März 1995 - [X.], [X.]Z 129, 136, 142 ff. - Girmes; Urteil vom 5. Juli 1999 - [X.], [X.]Z 142, 167, 169 ff.). Eine treuepflichtwidrige Stimmrechtsausübung setzt voraus, dass die Aktionäre bei der Beschlussfassung die den Vorwurf der [X.] begründenden Umstände kennen (vgl. [X.], Urteil vom 25. November 2002 - [X.], [X.]Z 153, 32, 43 f.). Betrachtet man die mitgliedschaftliche Treuepflicht in Richtung auf die [X.], hat sie den Inhalt, dass auf die mitgliedschaftlichen Interessen anderer Gesellschafter angemessen Rücksicht zu nehmen ist ([X.], Urteil vom 1. Februar 1988 - [X.], [X.]Z 103, 184, 195 - [X.]; Urteil vom 20. März 1995 - [X.], [X.]Z 129, 136, 143 f. - Girmes; Urteil vom 5. Juli 1999 - [X.], [X.]Z 142, 167, 170). Gegen das [X.] kann nur verstoßen, wer zumindest erkennen kann, dass er die Interessen der Mitgesellschafter beeinträchtigt.

b) Eine Begrenzung des Ermessens der Hauptversammlung dahingehend, dass sie nach einem früheren Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot bei der Ausnutzung eines genehmigten Kapitals Schutzmaßnahmen gegen einen erneuten Verstoß vorsehen muss, scheidet vorliegend bereits deshalb aus, weil der vom Berufungsgericht angenommene Verstoß gegen § 53a [X.] durch den Vorstand der Beklagten für die Teilnehmer der Hauptversammlung vom 24. Mai 2017 nicht erkennbar war. Die vom Berufungsgericht aufgestellten Anforderungen wurden weder im Schrifttum oder in der oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung vertreten noch bestand eine allgemeine Übung, das vom Berufungsgericht angenommene Ausschreibungs- und Angebotsverfahren vor Abschluss einer Backstop-Vereinbarung durchzuführen. War der vom Berufungsgericht angenommene Verstoß des Vorstands indes nicht erkennbar, bestand für die Hauptversammlung kein Anlass, Maßnahmen zur Vermeidung eines "neuerlichen" Verstoßes zu treffen. Es kann daher dahinstehen, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen es die Treuepflicht überhaupt gebieten kann, dass die Hauptversammlung nach einem Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot bei der Ausnutzung eines genehmigten Kapitals bei einer neuen Ermächtigung des Vorstands Schutzmaßnahmen gegen einen Verstoß vorsehen muss.

III. Das Berufungsurteil ist danach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Klägerin hat ihre Anfechtungsklage auf weitere Gründe gestützt, mit denen sich das Berufungsgericht bislang nicht auseinandergesetzt hat.

[X.]     

      

Wöstmann     

      

Born   

      

Bernau     

      

V. Sander     

      

Meta

II ZR 399/18

22.09.2020

Bundesgerichtshof 2. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Köln, 15. November 2018, Az: 18 U 182/17, Urteil

§ 245 Nr 1 AktG, § 21 Abs 1 WpHG vom 20.11.2015, § 22a Abs 1 Nr 1 WpHG vom 20.11.2015, § 24 Abs 1 WpHG vom 20.11.2015, § 290 HGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.09.2020, Az. II ZR 399/18 (REWIS RS 2020, 809)

Papier­fundstellen: MDR 2020, 1383-1384 WM2020,2068 REWIS RS 2020, 809


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. II ZR 399/18

Bundesgerichtshof, II ZR 399/18, 22.09.2020.


Az. 18 U 182/17

Oberlandesgericht Köln, 18 U 182/17, 15.11.2018.


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