Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.07.2011, Az. II ZR 246/09

II. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 4629

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen



BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
Versäumnisurteil
II ZR 246/09
Verkündet am:
19. Juli 2011
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
ZPO § 240 Satz 1; [X.] § 35 Abs.
1; [X.] § 21 Abs. 1 Satz 1, § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2
a)
Eine aktienrechtliche [X.] wird durch die Eröffnung des [X.] über das Vermögen der Aktiengesellschaft nur dann nach §
240 ZPO unterbrochen, wenn der angefochtene Beschluss zu einer Vergrößerung der Insolvenzmasse führt.
b)
Im Rahmen eines fremdnützigen [X.] werden dem Treuhänder Stimmrechte eines Dritten, der sein Verhalten mit dem Treugeber [X.] hat, nicht nach §
22 Abs.
2 [X.] zugerechnet.
[X.], Versäumnisurteil vom 19. Juli 2011 -
II ZR 246/09 -
[X.]

LG [X.] I
-
2
-

Der II. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 19.
Juli
2011 durch [X.]
[X.], [X.]
Strohn, die Richterin Dr.
Reichart und [X.]
Drescher und Born

für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.] zu
3 wird das Urteil des 7.
Zivilsenats des [X.] vom 9.
September 2009 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.

Von Rechts wegen
Tatbestand:
I.
Die drei Kläger sind Aktionäre der [X.], einer börsennotierten Ak-tiengesellschaft. Sie haben Anfechtungs-
und Nichtigkeitsklagen gegen ver-schiedene Beschlüsse der Hauptversammlung der [X.] vom 26.
August 2008 erhoben.
Der
Kläger zu 3, P.

E.

, hielt treuhänderisch für L.

V.

52.262 von insgesamt 4.130.633 Stückaktien bei einem Grundkapital der [X.] in Höhe von 4.130.633

T.

[X.]

und S.

[X.]

hielten 93.411 bzw. 93.410 Aktien. Sie hatten ihr [X.] mit L.

V.

abgestimmt. Der Kläger zu 3 hatte der [X.] und der 1
2
-
3
-

Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ([X.]) mitgeteilt, dass ihm 52.262 Aktien direkt zustünden und weitere 186.830 Aktien gemäß §
22 Abs.
2 [X.] zuzurechnen seien. Nachdem L.

V.

diese Mitteilung gegenüber der [X.] und der [X.] zurückgenommen hatte, lagen zuletzt noch
Mel-dungen von L.

V.

, Dr.
T.

[X.]

und S.

[X.]

folgen-den Inhalts vor:

direkt
zugerechnet
durch wen
Zurechnungsnorm nach [X.]
Dr.
T.

[X.]

93.411
93.410
S.

[X.]

§ 22 Abs. 2
S.

[X.]

93.410
93.411
52.262
Dr. T.

[X.]
P.

E.
§ 22 Abs. 2

L.

V.
0
52.262

93.410
(richtig: 93.411)
93.411
(richtig: 93.410)
P.

E.

Dr. T.

[X.]

S.

[X.]
§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2

§ 22 Abs. 2

§ 22 Abs. 2
P.

E.
0
0

Die Beklagte, die mit den Klägern zu 1 und 2 einen Vergleich geschlos-sen hat, ist der Auffassung, der Kläger zu 3 habe seine Mitteilungspflicht aus §
21 [X.] verletzt und sei daher gemäß §
28 Satz
1 [X.] nicht klagebefugt.
Das [X.] hat die Klage des [X.] zu 3 abgewiesen. Seine Be-rufung ist erfolglos geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision ver-folgt der Kläger zu 3 (im Folgenden: Kläger) sein Klagebegehren weiter.
3
4
5
-
4
-

Während des Revisionsverfahrens ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen der [X.] eröffnet worden.

Entscheidungsgründe:

Über die Revision des [X.] ist, da die Beklagte trotz ordnungsgemä-ßer Ladung im Revisionsverhandlungstermin nicht vertreten war, durch [X.] zu entscheiden. Das
Urteil beruht aber inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern einer sachlichen Prüfung des Antrags ([X.], Urteil vom 4.
April 1962 -
V
ZR 110/60, [X.]Z 37, 79, 81).
I. Das Revisionsverfahren ist durch die Eröffnung des Insolvenzverfah-rens über das Vermögen der [X.] nicht unterbrochen worden.
[X.] werden nach §
240 Satz
1 ZPO durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Ak-tiengesellschaft
unterbrochen, wenn sie die Insolvenzmasse im Sinne des §
35 [X.] betreffen ([X.], Beschluss vom 21.
November 2005 -
II
ZR 79/04, [X.], 368 Rn.
2; ebenso für die Genossenschaft [X.], Urteil vom 10.
März 1960 -
II
ZR 56/59, [X.]Z 32, 114, 121 f.; vgl. ferner [X.], [X.], 9.
Aufl., §
245 Rn.
29; [X.], Gesellschaftsrecht, [X.] §
246 Rn.
12). Das ist der Fall, wenn durch den angefochtenen Beschluss Ansprüche der Masse begründet werden oder Verbindlichkeiten wegfallen.
Denn dann zielt die [X.] darauf ab, die Insolvenzmasse zu verringern. Ein Beschlussmängelverfahren wird dagegen nicht unterbrochen, wenn die Klage
entweder keine Veränderung der Masse bewirken kann oder darauf abzielt, die Insolvenzmasse zu vergrößern. Im letzteren Fall darf der Insolvenzverwalter nicht gezwungen werden, im Prozess einen für die Masse nachteiligen Be-6
7
8
9
-
5
-

schluss zu verteidigen ([X.], 244, 249 f.; [X.], [X.], 686, 687; [X.] in Kübler/Prütting/Bork, [X.], Stand 2010, §
85 Rn.
17a; [X.]/[X.], [X.], 13.
Aufl., §
85 Rn.
53; [X.]/[X.], 2.
Aufl., §
85 Rn.
39; Jaeger/Windel, [X.], §
85 Rn.
53 ff.; MünchKomm-[X.]/[X.], 3.
Aufl., §
246 Rn.
49; a.[X.], Festschrift [X.], 2004, S.
503, 518 ff.; [X.] in [X.], [X.], 2.
Aufl., §
246 Rn.
15). Er kann sich stattdessen als Nebenintervenient auf Seiten des [X.] beteiligen.
2. Danach hat hier die Eröffnung des Insolvenzverfahrens
in Bezug auf keinen der angefochtenen Beschlüsse zu einer Unterbrechung des Verfahrens geführt.
a) Die Beschlüsse zu [X.] 2 und 3 -
Entlastung von Vorstand und Auf-sichtsrat
für das Geschäftsjahr 2007
-
sind masseneutral. Die Entlastung enthält nach §
120 Abs.
2 Satz
2 [X.] keinen Verzicht auf etwaige Ersatzansprüche.
b) Auch der Beschluss zu [X.] 4 -
Wahl des Abschlussprüfers für das Geschäftsjahr 2008
-
ist masseneutral.
Durch die Wahl des Abschlussprüfers entsteht noch kein die Masse [X.] Vergütungsanspruch. Ein solcher Anspruch wird erst durch den mit dem Abschlussprüfer -
nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Insolvenz-verwalter
-
abzuschließenden [X.] begründet, vgl. §
318 Abs.
1 Satz
4 HGB. Zwar ist die Bestellung eines Abschlussprüfers für das Geschäfts-jahr vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach §
155 Abs.
3 Satz
2 [X.] ver-bindlich, so dass
sich
für diesen Fall
eine Pflicht des Insolvenzverwalters erge-ben mag, den [X.] mit dem von der Hauptversammlung bestellten Abschlussprüfer abzuschließen. Abgesehen davon, dass hier die Bestellung des Abschlussprüfers für ein früheres Geschäftsjahr betroffen ist, kommt einem im [X.] daran durch den [X.] mit dem Abschlussprüfer
be-gründeten
Vergütungsanspruch im vorliegenden Zusammenhang keine Bedeu-10
11
12
13
-
6
-

tung zu. Denn die Pflicht, den Jahresabschluss durch einen Abschlussprüfer prüfen zu lassen, besteht auch nach
Eröffnung
des Insolvenzverfahrens
fort, wie sich aus §
155 [X.] ergibt. Wird die Wahl des Abschlussprüfers also für nichtig erklärt, hat der Insolvenzverwalter nach §
155 Abs.
3 Satz
1 [X.] beim Registergericht die Bestellung eines neuen Abschlussprüfers zu beantragen, mit dem er dann ebenfalls einen den entsprechenden Vergütungsanspruch be-gründenden [X.] schließen muss.
c) Der Beschluss zu [X.] 5 -
Erhöhung der Vergütung des Aufsichtsrats
durch entsprechende Anpassung der in der Satzung
enthaltenen Vergütungs-regelung
-
ist zwar nicht masseneutral; er
führt aber zu einer Verringerung der Masse, weil die
Beschlussfassung nach Eintragung der Satzungsänderung un-mittelbar zur Entstehung des
erhöhten
Vergütungsanspruchs für das betreffen-de Geschäftsjahr führt (vgl.
§
113 Abs.
1 Satz
1, 2 [X.]). Damit greift insoweit der Grundsatz ein, dass der Insolvenzverwalter nicht zur Verteidigung eines für die Masse nachteiligen Beschlusses verpflichtet sein kann.
d) Der Beschluss zu [X.] 6 -
Kapitalherabsetzung

ist wiederum masse-neutral.
Es handelt sich bei diesem Beschlussgegenstand um eine vereinfachte Kapitalherabsetzung zum Ausgleich von Wertminderungen, zur Deckung sons-tiger Verluste und zur Einstellung in die Kapitalrücklage nach §§
229
ff. [X.]. Eine solche Kapitalherabsetzung führt nicht zu [X.] der Aktionäre und berührt daher die Insolvenzmasse nicht.
e) Schließlich ist auch der Beschluss zu [X.] 7 -
Ermächtigung zur [X.] von Wandelschuldverschreibungen, Aufhebung der bedingten Kapitaler-höhung und erneute bedingte Kapitalerhöhung
-
masseneutral.
14
15
16
17
-
7
-

Da die Wandelschuldverschreibungen durch den [X.] nicht ausgegeben werden, sondern lediglich der Vorstand gemäß §
221 Abs.
2 Satz
1 [X.] ermächtigt wird, sie auszugeben, und nicht ersichtlich ist, dass er von dieser Ermächtigung bereits Gebrauch gemacht hat, betrifft der Beschluss noch nicht unmittelbar die Insolvenzmasse. Das Gleiche gilt für die Schaffung bedingten Kapitals nach §
192 [X.].
II. Die Revision ist begründet und führt unter Aufhebung der angefochte-nen Entscheidung zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet ([X.], [X.], 2095):
Der Kläger habe gemäß §
28
Satz
1
[X.] keine Anfechtungsbefugnis, weil er die Meldepflichten nach §
21 Abs.
1 Satz
1 [X.] nicht erfüllt habe. Nach dem Grundsatz der doppelten Zurechnung seien gemäß §
22 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2 [X.] sowohl der Kläger zu 3 als auch sein Treugeber L.

V.

meldepflichtig gewesen. In welchem Umfang die Zurechnung der Stimmrechte erfolge, ergebe sich sowohl aus §
22 Abs.
1 Satz
1
Nr.
2 als auch aus §
22 Abs.
2 [X.]. Danach seien dem Kläger auch die Stimmrechte der mit L.

V.

an dem "acting in concert" beteiligten Eheleute [X.]

zuzurechnen. Denn L.

V.

als Treugeber sei durch das "acting in concert" gebunden. Wenn er insoweit meldepflichtig sei, gelte das auch für den Kläger als seinen Treuhänder. Dass der Kläger mit den
Eheleuten [X.]

keinen Kontakt [X.] habe, sei unerheblich.
Gegen dieses Ergebnis spreche auch nicht der Wortlaut des §
28 [X.]. Zwar werde dort nur auf §
22 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1 und 2 [X.] verwiesen. Das bedeute aber lediglich, dass der Aktionär, der seiner Meldepflicht nachgekom-men sei, auch dann keinen [X.] erleide, wenn ein anderer an dem 18
19
20
21
22
-
8
-

"acting in concert" Beteiligter seine Meldepflicht verletze und daher seine Rech-te nicht geltend machen könne.
Den Kläger, für den L.

V.

die Stimmrechtsmitteilung zurückge-nommen habe, treffe auch ein Verschulden. Sein Vortrag, die Rücknahme sei in Absprache mit der [X.] erfolgt, sei unsubstanziiert. Im Übrigen habe er sich nicht auf die Rechtsansicht der [X.] verlassen dürfen, da durch zahlreiche Korrekturmeldungen eine unübersichtliche Lage geschaffen worden sei.
Ob von dem [X.] nach §
28
Satz
1
[X.] auch die Nichtig-keitsklage erfasst werde, könne offen bleiben. Denn jedenfalls führten die hier gerügten Einladungsmängel nicht zur Nichtigkeit.
2. Diese Ausführungen halten revisionsgerichtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
a) Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass im Verhältnis des [X.] zu seinem Treugeber L.

V.

grundsätzlich eine doppelte Mitteilungspflicht besteht.
Bei der -
hier vorliegenden
-
sogenannten (fremdnützigen) Verwaltungs-treuhand werden die Stimmrechte des Treuhänders dem Treugeber nach §
22 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2 [X.] zugerechnet (vgl. [X.], Urteil vom 16.
März 2009 -
II
ZR 302/06, [X.]Z 180, 154 Rn.
34
-
Wertpapierdarlehen). Das hat zur Fol-ge, dass sowohl der Treuhänder -
wegen der ihm gehörenden Aktien und der
daraus folgenden Stimmrechte
-
als auch der Treugeber -
wegen der ihm zuzu-rechnenden Stimmrechte
-
mitteilungspflichtig sein können
(MünchKomm-[X.]/[X.], 3.
Aufl., §
22 Anh. [X.] §
21 Rn.
10, §
22 Rn.
17; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 5.
Aufl., §
22 Rn.
50
ff.). Der vom Berufungsgericht gebrauchte Begriff "doppelte Zurechnung" (ebenso [X.], aaO, Rn.
51) ist allerdings missverständlich. [X.] werden 23
24
25
26
27
-
9
-

bei Treuhandverhältnissen allein die Stimmrechte des Treuhänders dem [X.]. In der umgekehrten Richtung bedarf es keiner Zurechnung, weil der Treuhänder schon aufgrund seines Eigentums an den Aktien und seiner daraus folgenden Stimmrechte mitteilungspflichtig ist, soweit sein Aktienbesitz
die Schwellen nach §
21 Abs.
1
und
1a [X.] überschreitet.
Das allein führt hier noch nicht zu einer Mitteilungspflicht des [X.]. Denn sein Aktienbesitz belief sich auf lediglich 52.262 Stück oder 1,27
% des Grundkapitals der [X.] und erreichte damit -
bei einer Stimme je Aktie
-
nicht die nach §
21 Abs.
1 Satz
1 [X.] meldepflichtige Schwelle von 3
% der Stimmrechte. Anders wäre
es nur, wenn dem Kläger die Stimmrechte der Ehe-leute [X.]

zuzurechnen wären. Dann wären bei ihm insgesamt 239.083 Aktien und Stimmrechte zu berücksichtigen, also
5,79
% der gesamten Stimm-rechte.
b) Rechtsfehlerhaft ist aber die weitere Annahme
des Berufungsgerichts, in einem Treuhandverhältnis seien dem Treuhänder nach §
22 Abs.
2 [X.] auch die Stimmrechte anderer Aktionäre zuzurechnen, wenn der Treugeber sein Stimmverhalten mit diesen abstimme (ablehnend auch [X.]/[X.], [X.], 933, 937; [X.], AG 2010, 385, 387 ff.;
Veil in [X.]/[X.], [X.], 2.
Aufl., §
22 [X.] Rn.
20;
von
[X.]/[X.], [X.] 2009, 1373, 1375
f.; [X.]/Kocher, [X.], 457; [X.]/[X.], Der Konzern 2010, 72; [X.], [X.] 4/2010 Anm.
5; zustimmend [X.]/[X.], [X.] 2009, 2312
f.; [X.], EWiR 2010, 197; 198; im Ergebnis ebenso [X.], [X.], 376).
Nach §
22 Abs.
2 Satz
1 [X.] findet eine Zurechnung von [X.] zwischen solchen Personen statt, die ihr Verhalten aufgrund einer Vereinba-rung oder in sonstiger Weise abgestimmt haben. Das waren hier L.

V.

und die Eheleute [X.]

, nicht dagegen der Kläger. Eine "Weiterreichung" 28
29
30
-
10
-

der den Treugeber aufgrund seines acting in concert

treffenden Mitteilungs-pflicht nach §
21 Abs.
1 Satz
1, §
22 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2, Abs.
2 [X.] an den daran nicht beteiligten Treuhänder widerspräche damit schon dem Wortlaut des Gesetzes.
Für eine derartige Auslegung ergeben sich auch keine Anhaltspunkte aus der Begründung zum Regierungsentwurf des [X.] von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmens-übernahmen vom 20.
Dezember 2001 ([X.]
I S.
3822), auf den die Zurech-nung beim acting in concert

in §
22 Abs.
2 [X.] zurückgeht (BT-Drucks. 14/7034, S.
1, 54, 70; zum unionsrechtlichen Gesetzgebungshintergrund [X.]Schmolke, [X.] 2010, 1241, 1242).
Auch aus Sinn und Zweck des Gesetzes folgt ein solches Ergebnis nicht. Mit den Mitteilungspflichten nach §§
21 ff. [X.] soll die Funktionsfähigkeit des [X.] Finanzmarkts gestärkt werden. Dazu soll für die Anleger [X.] über die wesentliche Eigentümerstruktur der börsennotierten Gesellschaft (Begr. [X.], BT-Drucks. 12/6679, S.
1, 33) und die sonstigen Einwirkungsmög-lichkeiten geschaffen werden. Um dieses Ziel zu erreichen, bedarf es keiner Zurechnung von mit dem Treugeber verbundenen Stimmrechten zu dem [X.]. Maßgeblich für die Zurechnung nach §
22 Abs.
2 [X.] muss wie bei §
22 Abs.
1 [X.] (vgl. dazu [X.], Urteil vom 16.
März 2009 -
II
ZR 302/06, [X.]Z 180, 154 Rn.
34 -
Wertpapierdarlehen) die Möglichkeit der Einflussnah-me auf die Stimmrechtsausübung sein. Der Treuhänder hat keine Möglichkeit der Einflussnahme auf die übrigen Stimmrechte, wenn lediglich der Treugeber an . Mit der Zurechnung bei dem Treugeber und dessen Mitteilung nach §
21 Abs.
1 [X.] sind die übrigen Aktionäre in diesem Fall ausreichend informiert ([X.]/[X.], [X.], 933, 936; [X.]/Kocher, [X.], 457, 458
f.).
31
32
-
11
-

Gegen eine dem Wortlaut widersprechende Auslegung des §
22 Abs.
2 [X.] spricht schließlich -
ebenso wie gegen eine analoge Anwendung der Norm
-
das aus Art.
103 Abs.
2 GG folgende Bestimmtheitserfordernis, das ge-mäß §
3 OWiG auch für Ordnungswidrigkeiten gilt. Die Verletzung von [X.] aus §
21 Abs.
1 Satz
1 und 2 [X.] ist nach §
39 Abs.
2 Nr.
2e [X.] eine Ordnungswidrigkeit. Wenn aber nach Art.
103 Abs.
2 GG, §
3 OWiG
insoweit eine über den Wortlaut hinausgehende Anwendung der §§
21, 22 [X.] nicht zulässig ist, kommt eine andersartige ("gespaltene") Auslegung oder analoge Anwendung auch für den Bereich des Zivilrechts grundsätzlich nicht in Betracht ([X.], AG 2010, 385, 389
f.; [X.]/[X.], [X.], 933, 936
f.; von [X.]/[X.], [X.] 2009, 1373, 1375
f.; [X.]/Kocher, [X.], 457, 459; siehe auch [X.], Urteil vom 18.
September 2006 -
II
ZR 137/05, [X.]Z 169, 98
Rn.
17
-
WMF).
3. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben (§
562 Abs.
1 ZPO). Die [X.] ist an das
Berufungsgericht zurückzuverweisen, da sie noch nicht zur En-dentscheidung reif ist (§
563 Abs.
1 und 3 ZPO). Zwar sind [X.] nicht gegeben; hinsichtlich der geltend gemachten Anfechtungsgründe fehlt es aber an hinreichenden Feststellungen für
eine abschließende Entscheidung des [X.].
a) Da die Voraussetzungen eines [X.]s nach §
28 Satz
1 [X.] nicht gegeben sind,
kann die Frage, ob von einem Stimmrechtsaus-schluss nach §
28 Satz
1 [X.] auch das Recht zur Erhebung einer Nichtig-keitsklage nach §
249 [X.] erfasst wird, offen bleiben. Die Zulässigkeit der Nichtigkeits-
und Anfechtungsklage des [X.]
ist
im Übrigen nicht zweifelhaft.
b) Die angefochtenen Hauptversammlungsbeschlüsse sind nicht nach §
241 [X.] nichtig. Insbesondere sind die Voraussetzungen des §
241 Nr.
1 [X.] nicht erfüllt. Danach ist ein Beschluss der Hauptversammlung nichtig, 33
34
35
36
-
12
-

wenn die Versammlung unter Verstoß gegen bestimmte in §
121 [X.] vorge-sehene Erfordernisse einberufen worden ist.
Hier kommt allein §
241 Nr.
1, §
121 Abs.
3 Satz
2 [X.] in der bis zum 31.
August 2009 geltenden Fassung in Betracht, da die Hauptversammlung am 26.
August 2008 stattgefunden hat.
In der Einladung zu dieser Hauptversammlung heißt es:
Die Gesellschaft weist darauf hin, dass die Ausübung des Stimmrechts auch durch ei-nen Bevollmächtigten oder durch eine Vereinigung von Aktionären erfolgen kann. Wenn weder ein Kreditinstitut noch eine Aktionärsvereinigung bevollmächtigt wird, ist die Vollmacht schriftlich zu erteilen.

Der Kläger meint, das stehe in Widerspruch zu §
121 Abs.
3 Satz
2 in Verbindung mit §
135 Abs.
9 Nr.
2 und 3 [X.] aF.
In §
135 Abs.
4 Satz
3 [X.] aF (= §
135 Abs.
5 Satz
4 [X.] nF) war [X.], dass Kreditinstitute, wenn in der Satzung nichts anderes bestimmt war, lediglich eine Bescheinigung nach §
123 Abs.
3 Satz
2 [X.] vorlegen mussten, um in Vertretung des Aktionärs dessen Stimmrecht ausüben zu können, [X.] nach §
134 Abs.
3 [X.] aF in den übrigen Fällen für die Vollmacht Schrift-form vorgeschrieben war, wenn die Satzung keine Erleichterung bestimmte. In §
135 Abs.
9 [X.] aF waren den Kreditinstituten gleichgestellt die Aktionärs-vereinigungen (Nr.
1), die Geschäftsleiter und Angestellten eines Kreditinstituts, wenn die ihnen nicht gehörenden Aktien dem Kreditinstitut zur Verwahrung an-vertraut waren
(Nr.
2),
und Personen, die sich geschäftsmäßig gegenüber [X.] zur Ausübung des Stimmrechts in der Hauptversammlung erbieten (Nr.
3). Der Kläger macht
geltend, in der Einladung sei der -
unrichtige
-
Ein-druck erweckt worden, außer Kreditinstituten und Aktionärsvereinigungen sei niemand von dem Erfordernis einer schriftlichen Vollmacht ausgenommen. Da-37
38
39
40
-
13
-

mit wäre die Einladung insofern fehlerhaft, als auch der Personenkreis des §
135 Abs.
9 Nr.
2 und 3 [X.] aF von der Vorlage einer schriftlichen Vollmacht befreit war.
Das kann schon deshalb nicht zur Feststellung der Nichtigkeit im Sinne
der §
241 Nr.
1, §
249 Abs.
1 Satz
1
[X.] führen, weil die Modalitäten der [X.] eines Stimmrechtsvertreters nicht unter die nach §
121 Abs.
3 Satz
2 [X.] aF anzugebenden Bedingungen der Teilnahme an der [X.] oder der Ausübung des Stimmrechts fallen, wie der Senat mit Urteil vom heutigen Tage in der Sache II
ZR
124/10 entschieden
hat.
c) Hinsichtlich der geltend gemachten
Anfechtungsgründe mangelt es an ausreichenden Feststellungen des Berufungsgerichts.
In dem Berufungsurteil heißt es zwar, auf die zutreffenden Gründe des landgerichtlichen Urteils werde gemäß §
540 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2 ZPO Bezug genommen. Zum einen ist aber schon nicht klar, ob sich diese Bezugnahme nur auf die davor stehende Aussage, dem Kläger fehle die Anfechtungsbefugnis, bezieht, sondern auch auf die Ausführungen des [X.]s zu den [X.] im Rahmen der Begründung seiner Kostenentscheidung nach §
91a ZPO bezüglich der Erfolgsaussichten der übereinstimmend für erledigt 41
42
43
-
14
-

erklärten [X.] der Kläger zu 1 und 2. Zum anderen fehlt insoweit die nach §
540 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2 ZPO erforderliche Begründung für eine Be-stätigung der angefochtenen Entscheidung auch in diesen Punkten.
[X.]

Strohn

Reichart

Drescher

Born

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 29.01.2009 -
5 HKO 16785/08 -

[X.],
Entscheidung vom 09.09.2009 -
7 U 1997/09 -

Meta

II ZR 246/09

19.07.2011

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.07.2011, Az. II ZR 246/09 (REWIS RS 2011, 4629)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 4629

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

II ZR 246/09 (Bundesgerichtshof)

Aktiengesellschaft: Unterbrechung von Beschlussmängelverfahren durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens; Zurechnung von Stimmrechten Dritter an den Treuhänder


II ZR 262/13 (Bundesgerichtshof)

Aktiengesellschaft: Anfechtbarkeit eines Gewinnverwendungsbeschlusses wegen Mitzählung der vom Stimmrecht ausgeschlossenen Stimmen


II ZR 262/13 (Bundesgerichtshof)


I-16 U 137/04 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


II ZR 190/17 (Bundesgerichtshof)

Beschlussanfechtungsbefugnis in der Aktiengesellschaft: Zurechnung von Aktienstimmrechten eines Dritten wegen abgestimmten Verhaltens; Änderung der unternehmerischen …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

II ZR 246/09

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.