Bundesfinanzhof, Urteil vom 13.04.2011, Az. II R 27/09

2. Senat | REWIS RS 2011, 7585

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Gegenstand

Übertragung von Gesellschaftsanteilen gegen Einräumung eines Gewinnbezugsrechts als Auflagenschenkung - Schenkung unter Leistungsauflage


Leitsatz

1. Die Übertragung von Gesellschaftsanteilen gegen Einräumung eines obligatorischen Nutzungsrechts (Gewinnbezugsrechts) zugunsten eines vom Schenker bestimmten Dritten stellt eine Schenkung unter Leistungsauflage dar, wenn der Bedachte verpflichtet ist, die ihm aufgrund der Beteiligung zustehenden Gewinne an den Dritten auszukehren (Abgrenzung zu BFH-Urteil vom 12. April 1989 II R 37/87, BFHE 156, 244, BStBl II 1989, 524) .

2. Ist der Bedachte durch eine Auflage zu Geldzahlungen verpflichtet, ist regelmäßig von einer Leistungsauflage auszugehen .

Tatbestand

1

I. Die an mehreren Unternehmen beteiligte [X.] (Schenkerin) übertrug mit Vertrag vom 19. Mai 1997 Gesellschaftsanteile an einer Gmb[X.] & Co. KG und an einer Gmb[X.] an ihren Neffen, den Kläger und Revisionskläger (Kläger). Der Verkehrswert der Anteile betrug 34.444.000 DM, der Steuerwert 31.157.788 DM. Als Kaufpreis zahlte der Kläger 9.300.000 DM. Ferner räumte er in Erfüllung einer von der Schenkerin gemachten Auflage deren Adoptivkindern ein lebenslängliches obligatorisches Nutzungsrecht an den geschenkten Anteilen ein. Danach sollten die Adoptivkinder für die Dauer ihres Lebens die auf diese Gesellschaftsanteile entfallenden entnahmefähigen Gewinne erhalten. Der Verkehrs- und Steuerwert des Nutzungsrechts betrug 12.968.939 DM.

2

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) beurteilte das obligatorische Nutzungsrecht als [X.]. Er ermittelte die schenkungsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage entsprechend Abschn. 17 Abs. 2 der [X.] 2003 ([X.] 2003), indem er zunächst den Steuerwert der Gesellschaftsanteile in dem Verhältnis aufteilte, in dem der Verkehrswert der Anteile nach Abzug des Kaufpreises (= Verkehrswert der Bereicherung) zu dem Verkehrswert der Anteile stand. Das Nutzungsrecht wurde in [X.]öhe seines [X.] insoweit abgezogen, als es in dem nach Abschn. 17 Abs. 2 [X.] 2003 ermittelten Verhältnis auf die freigebige Zuwendung der Gesellschaftsanteile entfiel. Die Schenkungsteuer setzte das [X.] zuletzt mit Bescheid vom 20. November 2006 auf 733.248 DM (374.903 €) fest. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

3

Das Finanzgericht ([X.]) beurteilte das obligatorische Nutzungsrecht ebenfalls als [X.]. Es schloss sich der vom [X.] (BF[X.]) in seinen Urteilen vom 14. Dezember 1995 [X.] (BF[X.]E 179, 431, [X.] 1996, 243) und vom 17. Oktober 2001 [X.] (BF[X.]E 196, 296, [X.] 2002, 25) sowie der von der Finanzverwaltung in Abschn. 17 Abs. 4 [X.] 2003 vertretenen Auffassung an, dass das Nutzungsrecht in [X.]öhe seines [X.] nur insoweit abgezogen werden könne, als es auf den freigebigen Teil der Zuwendung entfalle. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 1056 veröffentlicht.

4

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 des [X.] in der im Jahr 1997 geltenden Fassung ([X.]). Das [X.] habe zu Unrecht den Kapitalwert der [X.] nur anteilig vom unentgeltlichen Anteil der gemischten Schenkung abgezogen.

5

Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und den Schenkungsteuerbescheid vom 20. November 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. Dezember 2006 dahingehend abzuändern, dass das Nutzungsrecht in [X.]öhe von 12.968.939 DM abgezogen und die Schenkungsteuer auf 39.193 DM festgesetzt wird.

6

Das [X.] beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

II. Die Revision des [X.] ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat im Ergebnis zutreffend die Klage abgewiesen. Das obligatorische Nutzungsrecht ist bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Leistung der [X.]in nicht wie eine [X.], sondern wie eine [X.] zu berücksichtigen. Dies führt jedoch zu keiner niedrigeren Festsetzung der Schenkungsteuer.

8

1. Das obligatorische Nutzungsrecht ist [X.] als vom [X.] und den Beteiligten angenommen-- als [X.] zu beurteilen.

9

a) Der Schenkungsteuer unterliegt als Schenkung unter Lebenden (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 [X.]) jede freigebige Zuwendung, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 [X.]; vgl. auch § 516 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs --[X.]--). Als steuerpflichtiger Erwerb des Erwerbers gilt seine Bereicherung (§ 10 Abs. 1 Satz 1 [X.]).

b) Bei der Ermittlung der Bereicherung ist nach der Rechtsprechung des [X.] zwischen gemischten Schenkungen und Schenkungen unter Nutzungs- oder Duldungsauflagen zu unterscheiden. Den gemischten Schenkungen sind Schenkungen unter [X.] gleichgestellt ([X.]-Beschluss vom 11. Januar 2002 [X.]/00, [X.]/NV 2002, 790, m.w.N.). Während bei gemischten Schenkungen und Schenkungen unter einer [X.] nur der die Gegenleistung übersteigende Wert der (gemischten) freigebigen Zuwendung schenkungsteuerrechtlich relevant ist, sind Nutzungs- oder Duldungsauflagen durch Abzug der Last zu berücksichtigen (vgl. [X.]-Urteil vom 12. April 1989 II R 37/87, [X.]E 156, 244, [X.] 1989, 524). Für die Beurteilung, ob eine Leistungs- oder eine Nutzungs-/Duldungsauflage gegeben ist, ist der Inhalt der vertraglichen Vereinbarungen maßgebend.

aa) Eine [X.] liegt vor, soweit dem Bedachten Aufwendungen auferlegt sind, er also zu Leistungen verpflichtet ist, die er unabhängig vom Innehaben des auf ihn übergegangenen Gegenstandes oder Rechts auch aus seinem persönlichen Vermögen erbringen kann oder soweit er den Zuwendenden von diesem obliegenden Leistungspflichten (zumindest im Innenverhältnis) zu befreien hat (vgl. [X.]-Urteil in [X.]E 156, 244, [X.] 1989, 524). Ist der Bedachte durch die Auflage zu Geldzahlungen verpflichtet, ist regelmäßig von einer [X.] auszugehen. Eine [X.] liegt auch vor, wenn sich die Höhe der Zahlungsverpflichtung nach den Erträgnissen bestimmt, die mit dem vom [X.] hingegebenen Vermögensgegenstand erwirtschaftet werden. Die Leistungspflicht ist dann ihrem Bestande nach von den erwirtschafteten Erträgnissen ebenso unabhängig wie davon, ob der Bedachte das zugewendete Vermögen behält oder es ganz oder teilweise veräußert (vgl. [X.]-Urteil in [X.]E 156, 244, [X.] 1989, 524).

bb) Von [X.] zu unterscheiden sind Nutzungs- und Duldungsauflagen. Dabei handelt es sich um die einer Schenkung beigefügte [X.], wonach der Bedachte zwar um das Eigentum am [X.] bzw. um das zugewendete Recht bereichert ist, ihm aber die Nutzungen (§ 100 [X.]) der Sache oder des Rechts nicht sofort gebühren sollen. Das ist der Fall, wenn der Bedachte verpflichtet ist, dem Zuwendenden oder einem Dritten ein dingliches Nutzungsrecht (Nießbrauch, §§ 1030 ff. [X.]) oder eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit (§§ 1090 ff. [X.], insbesondere ein Wohnrecht) am [X.] zu bestellen, oder kraft schuldrechtlicher Abrede verpflichtet ist, den Gebrauch der Sache zu überlassen (obligatorisches Nutzungsrecht). In einem solchen Fall bewirkt die [X.] nur ein Hinausschieben des mit dem Eigentumsübergang bzw. der Rechtsübertragung grundsätzlich verbundenen vollen Nutzungsrechts auf Zeit (vgl. [X.]-Urteil in [X.]E 156, 244, [X.] 1989, 524).

cc) Nach den dargestellten Grundsätzen handelt es sich bei dem im Streitfall vereinbarten obligatorischen Nutzungsrecht an den Gesellschaftsanteilen um eine [X.]. Denn Inhalt des Nutzungsrechts ist ein Zahlungsanspruch, den der Kläger unabhängig vom Innehaben der auf ihn übergegangenen Gesellschaftsanteile auch aus seinem persönlichen Vermögen erfüllen kann.

Der Beurteilung des obligatorischen Nutzungsrechts als [X.] steht nicht entgegen, dass der [X.] in seinem Urteil in [X.]E 156, 244, [X.] 1989, 524 das "obligatorische Nutzungsrecht" beispielhaft für ein als [X.] zu beurteilendes Recht nennt. Eine [X.] liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn der Bedachte im Zusammenhang mit der Übertragung von Gesellschaftsanteilen das Recht zur Fruchtziehung (Gewinnbezugsrecht) erhält, aber verpflichtet ist, die ihm aufgrund der Beteiligung zustehenden Gewinne an den [X.] oder einen vom [X.] benannten Dritten auszukehren. Denn der Bedachte kann zur Begleichung seiner Zahlungsverpflichtung sein persönliches Vermögen einsetzen.

2. Als Schenkung unter [X.] ermittelt sich die Bemessungsgrundlage der Leistung der [X.]in nach den Grundsätzen der gemischten Schenkung ([X.]-Beschluss in [X.]/NV 2002, 790, m.w.N.). Die vom [X.] festgesetzte Steuer ist danach zu niedrig. Da aber das Gericht den angefochtenen Steuerbescheid nicht zum Nachteil des [X.] ändern darf (sog. Verböserungsverbot; vgl. z.B. [X.]-Urteil vom 19. Mai 2010 [X.], [X.]E 230, 272, [X.] 2010, 1079, unter [X.], m.w.N.), hat die Vorentscheidung Bestand.

a) Die Bemessungsgrundlage ist bei gemischten Schenkungen dergestalt zu ermitteln, dass der Steuerwert der Leistung des [X.]s mit dem Verkehrswert der Bereicherung des Beschenkten zu multiplizieren und das Produkt durch den Verkehrswert der Leistung des [X.]s zu dividieren ist (vgl. [X.]-Urteil vom 16. Dezember 1992 II R 114/89, [X.]/NV 1993, 298).

b) Der Verkehrswert der Bereicherung des [X.] beträgt vorliegend 12.175.061 DM (Verkehrswert der Anteile --34.444.000 DM-- abzüglich Kaufpreis --9.300.000 DM-- abzüglich Verkehrswert des [X.]). Multipliziert mit dem Steuerwert der Anteile in Höhe von 31.157.788 DM und sodann dividiert durch den Verkehrswert der Anteile in Höhe von 34.444.000 DM ergibt sich ein Wert des Erwerbs in Höhe von 11.013.470 DM.

c) Nach Abzug des Freibetrags gemäß § 13a Abs. 1 [X.] in Höhe von 500.000 DM, des Bewertungsabschlags gemäß § 13a Abs. 2 [X.] in Höhe von 4.205.388 DM (11.013.470 DM ./. 500.000 DM = 10.513.470 DM x 40 %) und des persönlichen Freibetrags nach § 16 Abs. 1 Nr. 4 [X.] in Höhe von 20.000 DM ergibt sich ein steuerpflichtiger Erwerb in Höhe von 6.288.082 DM. Dieser Betrag ist gemäß § 10 Abs. 1 Satz 5 [X.] auf volle 100 DM nach unten auf 6.288.000 DM abzurunden. Unter Berücksichtigung des Entlastungsbetrags nach § 19a [X.] ist hierauf im Ergebnis der Steuersatz nach Steuerklasse I anzuwenden. Dieser beträgt 19 %. Damit ergibt sich eine Steuer in Höhe von 1.194.720 DM. Dieser Betrag übersteigt die vom [X.] festgesetzte Steuer in Höhe von 733.248 DM.

Meta

II R 27/09

13.04.2011

Bundesfinanzhof 2. Senat

Urteil

vorgehend FG Münster, 22. Januar 2009, Az: 3 K 5462/06 Erb, Urteil

§ 7 Abs 1 Nr 1 ErbStG 1997, § 10 Abs 1 S 1 ErbStG 1997

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 13.04.2011, Az. II R 27/09 (REWIS RS 2011, 7585)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 7585

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