Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.05.2018, Az. XII ZB 553/17

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 9402

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[X.]:[X.]:BGH:2018:090518BXIIZB553.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
XII ZB 553/17
vom
9. Mai 2018
in der Betreuungssache
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB § 1897 Abs. 4 Satz 1
Zu den Voraussetzungen, unter denen nach §
1897 Abs.
4 Satz
1 BGB bei der Auswahl eines Betreuers vom Vorschlag des volljährigen Betreuten abgewichen werden darf (im [X.] an Senatsbeschluss vom 18. Oktober 2017 -
XII [X.]/17 -
FamRZ 2018, 55).

BGH, Beschluss vom 9. Mai 2018 -
XII ZB 553/17 -
LG [X.]

[X.]

Berichtigt durch Beschluss
vom 18. Juli 2018
Fahrner
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
-
2
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Der XII. Zivilsenat des [X.] hat am 9. Mai 2018 durch [X.] und [X.] Dr. [X.], Dr.
Günter, Dr.
Nedden-Boeger und Guhling
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des [X.] vom 18. Oktober 2017 in der Fassung vom 20. November 2017 wird auf Kosten der weiteren Beteiligten zu 3 zurückgewiesen.
Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtskostenfrei.

Gründe:
I.
Die Beteiligte zu 3 wendet sich gegen die Bestellung der Beteiligten zu 4 zur Betreuerin der Betroffenen.
Die Beteiligte zu 4 ist die Tochter, die Beteiligten zu 2, 3 und 5 sind die Enkelinnen der 99-jährigen Betroffenen, die an einer Multimorbidität und einer leichten kognitiven Störung leidet. Mit Beschluss vom 5. April 2017 hat das Amtsgericht die Beteiligte zu 2 zur Betreuerin mit dem Aufgabenkreis Sorge für die Gesundheit, Vermögenssorge, Entgegennahme, Öffnen und Anhalten
der Post sowie Rechts-/Antrags-
und Behördenangelegenheiten bestellt. Aufgrund familiärer Streitigkeiten hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 19. Mai 2017 die Beteiligte zu 2 "teilweise entlassen", ihren Aufgabenkreis auf die Gesund-1
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heitsfürsorge beschränkt und den Beteiligten zu 1 für den gesamten [X.] zum Berufsbetreuer bestellt.
Gegen beide Entscheidungen haben die Beteiligten zu 3 und 4 Be-schwerden eingelegt. Das Amtsgericht hat den Beschwerden nicht abgeholfen und die Akten am 9. Juni 2017
dem [X.] zur Entscheidung vorgelegt. Am gleichen Tag hat das Amtsgericht die Einholung eines [X.] zur Frage der Betreuungsbedürftigkeit der Betroffenen beschlossen. Das [X.] hat nach Verbindung der Beschwerdeverfahren die Beteiligten zu 1 und 2 als Betreuer entlassen und die Beteiligte zu 4 unter Aufrechterhal-tung des gesamten bisherigen [X.] zur Betreuerin bestellt. [X.] wendet sich die Beteiligte zu 3 mit der Rechtsbeschwerde.

II.
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §
70 Abs.
3 Nr.
1 FamFG zulassungs-frei statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Rechtsbeschwerdebefugnis der Beteiligten zu 3 als Enkelin der Betroffenen ergibt sich aus § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch unbegründet.
1. Das [X.] hat zur Begründung seiner Entscheidung folgendes ausgeführt:
Die amtsgerichtliche Entscheidung, die Beteiligten zu 1 und 2 zu [X.] zu bestellen, sei deshalb abzuändern, weil die Betroffene bei ihrer Anhö-rung im Beschwerdeverfahren und auch mehrfach gegenüber dem Beteiligten zu 1 unmissverständlich angegeben habe, dass sie wünsche, die Beteiligte zu 4 solle sich allein um ihre Angelegenheiten kümmern. Dieser Wunsch der Be-troffenen entspringe nicht einer momentanen Unstimmigkeit oder einer kurzfris-3
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tigen Gefühlslage. Deshalb sei dieser Betreuervorschlag, der weder Geschäfts-fähigkeit noch natürliche Einsichtsfähigkeit des Betroffenen erfordere, bei der Auswahl des Betreuers zu beachten. Umstände, die es rechtfertigen würden, diesem Wunsch der über einen freien Willen verfügenden Betroffenen nicht zu entsprechen, lägen nicht vor. Bedenken gegen die Bestellung der Beteiligten zu 4 zur Betreuerin seien, auch nach der eingeholten Stellungnahme des [X.], nicht ersichtlich.
2. Das hält rechtlicher Überprüfung stand.
a) Die Beteiligte zu 3 hat sich mit ihrer Beschwerde nur gegen die Bestel-lung der Beteiligten zu 1 und 2 zu Betreuern der Betroffenen und nicht gegen die Einrichtung oder den Umfang der Betreuung gewendet.
Das Rechtsmittel war mithin auf die [X.] beschränkt, was eine zulässige Teilanfechtung der die Betreuungserrichtung und die [X.] umfassenden Einheitsentscheidung darstellt (Senatsbeschluss vom 25. März 2015 -
XII ZB 621/14 -
FamRZ 2015, 1178 Rn.
10 mwN). Aufgrund dieser wirksamen Beschränkung der Beschwerde hatte das Beschwerdegericht nur über die Rechtmäßigkeit der [X.] zu befinden. Zwar tritt das Beschwerdegericht in vollem Umfang an die Stelle des Erstgerichts (§
68 Abs.
3 FamFG) und entscheidet unter Berücksichtigung des Sach-
und Streitstandes zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung über die Sache neu. Die Entschei-dungskompetenz des [X.] ist jedoch durch den [X.] begrenzt; das Beschwerdegericht darf nur insoweit über eine Ange-legenheit entscheiden, als sie in der Beschwerdeinstanz angefallen ist (Senats-beschlüsse vom 16. September 2015 -
XII ZB 526/14 -
FamRZ 2016, 121 Rn.
10 f. mwN und vom 3. Dezember 2014 -
XII ZB 355/14 -
FamRZ 2015, 486 Rn. 24).
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Prüfungsgegenstand im Beschwerdeverfahren war somit nicht, ob die Voraussetzungen einer Betreuerbestellung vorgelegen haben, sondern aus-schließlich die Frage der Person des Betreuers. Irgendwelche Ermittlungen zum Betreuungsbedarf im Sinne des §
1896 Abs.
1 BGB oder zur Erforderlichkeit der Betreuung nach §
1896 Abs.
2 BGB waren daher nicht veranlasst. Die
hierauf bezogene Verfahrensrüge der Rechtsbeschwerde geht deshalb ins Lee-re (vgl. Senatsbeschluss vom 3. Februar 2016 -
XII ZB 493/15 -
FamRZ 2016, 626 Rn. 10).
b) Die vom [X.] getroffene Entscheidung, die Beteiligte zu 4 zur Betreuerin zu bestellen, ist frei von Rechtsfehlern.
aa) Gemäß §
1897 Abs.
4 Satz
1 BGB ist die Person zum Betreuer zu bestellen, die der Betroffene wünscht. Ein solcher Vorschlag erfordert weder Geschäftsfähigkeit noch natürliche Einsichtsfähigkeit. Vielmehr genügt, dass der Betroffene seinen Willen oder Wunsch kundtut, eine bestimmte Person solle sein Betreuer werden. Auch die Motivation des Betroffenen ist für die Frage, ob ein betreuungsrechtlich beachtlicher Vorschlag vorliegt, ohne Bedeutung (Se-natsbeschluss vom 19. Juli 2017 -
XII ZB 57/17 -
FamRZ 2017, 1612 Rn. 17 mwN).
Die Vorschrift des §
1897 Abs.
4 Satz
1 BGB räumt dem Tatrichter bei der Auswahl des Betreuers kein Ermessen ein. Der Wille des Betroffenen darf nur dann unberücksichtigt bleiben, wenn die Bestellung der vorgeschlagenen Person seinem Wohl zuwiderläuft. Dies setzt voraus, dass sich aufgrund einer umfassenden Abwägung aller relevanten
Umstände Gründe von erheblichem Gewicht ergeben, die gegen die Bestellung der vorgeschlagenen Person spre-chen. Es muss die konkrete Gefahr bestehen, dass der Vorgeschlagene die Betreuung des Betroffenen nicht zu dessen Wohl führen kann oder will. Die An-nahme einer solchen konkreten Gefahr beruht auf einer Prognoseentscheidung 10
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des Gerichts, für die dieses sich naturgemäß auf Erkenntnisse stützen muss, die in der -
näheren oder auch weiter zurückliegenden -
Vergangenheit wurzeln. Soweit es um die Eignung der
vorgeschlagenen Person geht, müssen diese Erkenntnisse geeignet sein, einen das Wohl des Betroffenen gefährdenden Eignungsmangel auch für die Zukunft und bezogen auf den von der Betreuung umfassten Aufgabenkreis zu begründen (Senatsbeschluss vom 18. Oktober 2017 -
XII [X.]/17 -
FamRZ 2018, 55 Rn. 11 mwN).
Die vom Tatrichter vorgenommene Beurteilung der Eignung einer Person als Betreuer kann gemäß §
72 Abs.
1 Satz
1 FamFG im Rechtsbeschwerdever-fahren nur auf Rechtsfehler überprüft werden. Sie ist rechtlich fehlerhaft, wenn der Tatrichter den unbestimmten Rechtsbegriff der Eignung verkennt, relevante Umstände in unvertretbarer Weise bewertet oder bei der Subsumtion wesentli-che Umstände unberücksichtigt lässt (Senatsbeschluss vom 8. November 2017 -
XII ZB
90/17 -
FamRZ 2018, 206 Rn. 13 mwN).
bb) Gemessen hieran ist die vom [X.] getroffene Entscheidung nicht zu beanstanden.
Nach den getroffenen Feststellungen hat die Betroffene bei ihrer Anhö-rung im Beschwerdeverfahren und auch gegenüber dem bisherigen Betreuer mehrfach den Wunsch geäußert, dass sich ihre Tochter, die Beteiligte zu 4, um alles kümmern solle. Dass das [X.] diese Äußerungen der Betroffenen als einen nach § 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB bindenden Vorschlag zur Person des Betreuers gewertet hat, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Auch die Rechtsbeschwerde erinnert hiergegen nichts.
Umstände, aus denen sich schließen ließe, dass die Bestellung der [X.] zu 4 zur Betreuerin dem Wohl der Betroffenen zuwiderliefe, ergeben sich aus den getroffenen Feststellungen nicht. Solche werden auch von der 14
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Rechtsbeschwerde nicht aufgezeigt. Allein die Tatsache, dass die Tochter der Betroffenen und ihre Enkelinnen zerstritten sind, begründet noch nicht die [X.] Gefahr, die Beteiligte zu 4 werde die Betreuung der Betroffenen nicht zu deren Wohl ausüben.
3. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Be-deutung, zur Fortbildung des Rechts
oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§
74 Abs.
7 FamFG).

Dose
[X.]
Günter

Nedden-Boeger
Guhling
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 05.04.2017 -
44 XVII K 216/16 -

LG [X.], Entscheidung vom 18.10.2017 -
5 [X.] und 418/17 -

18
[X.]:[X.]:BGH:2018:180718BXIIZB553.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
XII ZB 553/17
vom
18. Juli 2018
in der Betreuungssache

Der XII. Zivilsenat des [X.] hat am 18. Juli 2018 durch [X.], [X.]
Dr.
[X.], Dr.
Günter und Dr.
Nedden-Boeger und die Richterin Dr.
Krüger
beschlossen:
Das Rubrum des Senatsbeschlusses vom 9. Mai 2018 wird wegen einer offensichtlichen Unrichtigkeit dahin berichtigt, dass die Rechtsanwälte

nicht die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 2, sondern die Verfahrensbevollmächtigten
der Beteiligten zu 4 sind.
Dose
[X.]
Günter

Nedden-Boeger
Krüger

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 05.04.2017 -
44 XVII K 216/16 -

LG [X.], Entscheidung vom 18.10.2017 -
5 [X.] und 418/17 -

Meta

XII ZB 553/17

09.05.2018

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.05.2018, Az. XII ZB 553/17 (REWIS RS 2018, 9402)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 9402

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