Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.12.2014, Az. 3 StR 377/14

3. Strafsenat | REWIS RS 2014, 238

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3
StR 377/14

vom
17. Dezember
2014
in der Strafsache
gegen

wegen
Vergewaltigung u.a.

-
2
-
Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des [X.] -
zu 1. b) und 2.
auf dessen Antrag
-
am 17. Dezember
2014
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig

beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] in [X.] vom 24. April 2014 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte im Fall II. 2. der Urteilsgründe verur-teilt worden ist; insoweit bleiben die Feststellungen zum äußeren Ablauf des Tatgeschehens aufrechterhalten,
b) im [X.],
c) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere [X.] des [X.] zurück-verwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tatein-heit mit Körperverletzung, gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Sach-beschädigung, Gebrauchs von Kennzeichen verfassungswidriger [X.]
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3
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nen, Besitzes von Betäubungsmitteln, Diebstahls in zwei Fällen, Betrugs, Be-drohung in Tateinheit mit Beleidigung sowie räuberischen Diebstahls in Tatein-heit mit Körperverletzung zu der Gesamtfreiheitstrafe von vier Jahren und sechs
Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die auf sachlich-rechtliche Beanstandungen gestütz-te Revision des Angeklagten hat den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
1. [X.] im Fall II. 2. der Urteilsgründe hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

Nach den insoweit getroffenen Feststellungen ging der Angeklagte am 20. April 2013 auf eine vor der [X.] in [X.] sitzende Personengrup-pe zu, holte aus und trat dem Geschädigten im Sprung grundlos
und gezielt gegen den Kopf, so dass der
Geschädigte
nach hinten fiel und sofort ohnmäch-tig wurde. Dabei zerbrach auch die Brille des Geschädigten. Die [X.] hat dies rechtsfehlerfrei als gefährliche Körperverletzung in Tateinheit mit Sachbeschädigung gewertet. Dennoch kann der Schuldspruch keinen Bestand haben, da der Angeklagte die abgeurteilte Körperverletzung möglicherweise ohne Schuld beging.

Das [X.] ist
im Rahmen der insgesamt neun Straftaten des [X.] umfassenden Feststellungen zwar davon ausgegangen, dass der Angeklagte zu den [X.] infolge der diagnostizierten [X.] Psychose in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich einge-schränkt war ([X.]). Allerdings ergibt sich aus der Beweiswürdigung
mit näherer Begründung, dass der Angeklagte bei der vor der Eishalle begangenen 2
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Gewalttat in seiner "Einsichts-
und Steuerungsfähigkeit" sicher erheblich ver-mindert war ([X.]). Bei dieser Sachlage
hätte das [X.] sich mit der Frage der Aufhebung der Schuldfähigkeit befassen müssen. Denn wenn dem Täter aus einem in § 20 StGB genannten Grund die Einsicht in das Unrecht seines Handelns fehlt, ohne dass ihm dies zum Vorwurf gemacht werden kann, ist auch bei verminderter Einsichtsfähigkeit nicht § 21 StGB, sondern § 20 StGB
anwendbar, so dass in diesen Fällen ein Schuldspruch ausscheidet (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Beschluss vom 2. August 2012 -
3 [X.], juris Rn. 5
mwN). Es bleibt daher im Fall II. 2. die Möglichkeit offen, dass der Angeklagte die Tat in schuldunfähigem Zustand begangen hat.

Über die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Angeklagten in diesem Fall ist deshalb erneut zu verhandeln und entscheiden. Die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen sind demgegenüber frei von [X.] und können aufrechterhalten bleiben.

2. Die Aufhebung der Freiheitsstrafe im Fall II. 2. der Urteilsgründe zieht die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs nach sich.

3. Auch der [X.] hat keinen Bestand.
Die grundsätzlich unbefristete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB ist eine außerordentlich belastende [X.], die einen besonders gravierenden Eingriff in die Rechte des Betroffenen darstellt. Sie darf daher nur dann angeordnet werden, wenn zweifelsfrei fest-steht, dass der Unterzubringende bei der Begehung der [X.] aufgrund 5
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eines psychischen Defekts schuldunfähig oder vermindert schuldfähig war und die Tatbegehung hierauf beruht. Daneben muss eine Wahrscheinlichkeit höhe-ren Grades bestehen, der Täter werde
infolge seines fortdauernden Zustandes in Zukunft erhebliche rechtswidrige Taten begehen. Der Tatrichter muss die die Unterbringung tragenden Umstände in den Urteilsgründen so umfassend [X.], dass das Revisionsgericht in die Lage versetzt wird, die Entscheidung nachzuvollziehen ([X.], Beschluss vom 24.
Oktober 2013 -
3
StR 349/13, juris Rn. 5).

Den Urteilsgründen kann schon der notwendige Zusammenhang zwi-schen der möglichen psychischen Erkrankung des Angeklagten und den abge-urteilten Straftaten nicht entnommen werden. Nach den Darlegungen zum Er-gebnis der psychiatrischen Begutachtung ist vielmehr nicht feststellbar, dass "die jeweilige Tatbegehung wahnbedingt erfolgt sei". Insbesondere beruht nach den Ausführungen des Sachverständigen die unter II.
3. der Urteilsgründe ab-geurteilte schwere [X.] "nicht unmittelbar auf wahnhaftem Erleben des Angeklagten" ([X.]). Dem hat sich die [X.] angeschlossen. Damit belegen die [X.] gerade nicht, dass die abgeurteilten Taten des Angeklagten in einem inneren Zusammenhang mit der angenommenen psy-chotischen Störung standen.

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Über den [X.] muss deshalb ebenfalls erneut verhandelt und entschieden werden.
[X.] Pfister

Schäfer

Gericke Spaniol
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Meta

3 StR 377/14

17.12.2014

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.12.2014, Az. 3 StR 377/14 (REWIS RS 2014, 238)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 238

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3 StR 259/12

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