Bundessozialgericht, Urteil vom 27.10.2020, Az. B 1 KR 3/20 R

1. Senat | REWIS RS 2020, 2489

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Gegenstand

Krankenversicherung - kein Anspruch auf Kostenerstattung im Rahmen der Genehmigungsfiktion bei Vorfestlegung auf die Selbstbeschaffung der beantragten Leistung vor Ablauf der Entscheidungsfrist


Leitsatz

Ein Versicherter, der schon vor Ablauf der Entscheidungsfrist auf die Selbstbeschaffung der beantragten Leistung vorfestgelegt ist, hat keinen Anspruch auf Kostenerstattung gegen die Krankenkasse aufgrund einer Genehmigungsfiktion.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 20. Februar 2020 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Kosten für Liposuktionsbehandlungen.

2

Die Klägerin ist bei der beklagten Krankenkasse ([X.]) krankenversichert. Sie beantragte am 14.4.2016 die Versorgung mit einer operativen Entfernung ihres Lipödems und fügte einen Kostenvoranschlag der Praxis für Operative Lymphologie C. GmbH ([X.]) in Höhe von 13 622,67 Euro für Operationen an "Beinen außen", "Beinen innen" und "Armen" bei. Am 27.4.2016 schloss die Klägerin einen als "Behandlungsvertrag" überschriebenen Vertrag mit der [X.] In diesem verpflichtete sie sich gegenüber der [X.] zur eigenen und privaten Zahlung von 13 622,67 Euro entsprechend dem Kostenvoranschlag für die drei geplanten Operationen. Zugleich schloss sie mit einem Anästhesiologen einen Vertrag, in dem eine Vergütung pro [X.] von 850 Euro und die [X.] von 650 Euro nach der Gebührenordnung für Ärzte vereinbart wurde.

3

Die Beklagte lehnte die Bewilligung der beantragten Leistung ab, weil die ambulante Entfernung von [X.] eine neue Behandlungsmethode sei (Bescheid vom [X.]; Widerspruchsbescheid vom [X.]). In der [X.] vom 6.10.2016 bis zum 13.1.2017 ließ die Klägerin die [X.] stationär durchführen (Rechnungen vom [X.], 2.12.2016 und 16.1.2017) und wendete hierfür 15 969,09 Euro auf. Das [X.] hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 22.11.2017), das L[X.] die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 20.2.2020). Es hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Erstattung der entstandenen Behandlungskosten aufgrund einer Genehmigungsfiktion (§ 13 Abs 3a Satz 7 [X.]B V), weil sie sich die Leistung mit dem Abschluss des [X.] schon vor Ablauf der Frist von jedenfalls drei Wochen selbst beschafft habe. Auf den Vertragsschluss sei abzustellen, weil die Klägerin mit diesem alle rechtlich maßgeblichen Erklärungen abgegeben und entgegengenommen habe, durch die das schuldrechtliche Austauschverhältnis zwischen ihr und der [X.] festgelegt worden sei. Auf das konkrete Datum der Ausführung der Operationen komme es nicht an, weil ihm für die Begründung der Rechtspflichten und der Höhe des entstandenen Aufwands keine maßgebliche Bedeutung mehr zukomme.

4

Mit ihrer Revision macht die Klägerin eine Verletzung von § 13 Abs 3a Satz 7 [X.]B V geltend. Sie habe sich erst beginnend mit dem 6.10.2016 die beantragte Leistung selbst beschafft. Eine Leistungsbeschaffung durch einen Behandlungsvertrag sei nicht erfolgt. Der geschlossene Vertrag enthalte keine gegenseitigen Verpflichtungen, die einer Selbstbeschaffung der Leistung gleichzusetzen wären. Für den [X.]punkt der Selbstbeschaffung sei daher auf den Beginn der Behandlung in der Klinik und folglich auf die Operationsdaten abzustellen.

5

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des [X.] vom 20. Februar 2020 und des [X.] vom 22. November 2017 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 4. Juli 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Februar 2017 zu verurteilen, ihr 15 939,00 Euro zu zahlen.

6

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 [X.]G). Zu Recht hat das [X.] die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des [X.] zurückgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten der selbstbeschafften [X.]. Die Voraussetzungen einer Kostenerstattung aufgrund einer Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs 3a [X.]B V sind nicht erfüllt (dazu 2.). Die Klägerin kann einen Kostenerstattungsanspruch auch nicht auf andere Anspruchsgrundlagen stützen (dazu 3.).

9

1. Die auf Kostenerstattung gerichtete Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 [X.]G) zulässig. Soweit die Klage ursprünglich auch als isolierte Leistungsklage bei Genehmigungsfiktion - verstanden als Verwaltungsakt - auszulegen war, geht diese mit Änderung der Rechtsprechung des Senats zur Rechtsnatur einer Genehmigungsfiktion ins Leere (vgl dazu das Senatsurteil vom 26.5.2020 - [X.] KR 9/18 R - juris).

2. Die Klage ist aber unbegründet. Die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Kostenerstattung aufgrund fingierter Genehmigung nach § 13 Abs 3a Satz 7 [X.]B V sind nicht erfüllt. Zwar hat die Beklagte den die beantragte Liposuktion ablehnenden Bescheid nicht innerhalb der durch § 13 Abs 3a Satz 1 [X.]B V vorgegebenen Bescheidungsfrist, sondern erst knappe drei Monate später erlassen. Die Klägerin war jedoch infolge der Unterschrift unter einen Behandlungsvertrag und auf einen begleitenden Vertrag über eine Anästhesieleistung bereits am 27.4.2016 auf die von ihr dann auch in Anspruch genommene Behandlung bei der C-GmbH [X.]. Ein Fall des Systemversagens infolge Zeitablaufs, wie ihn § 13 Abs 3a [X.]B V zur Voraussetzung eines Kostenerstattungsanspruchs macht, liegt deshalb nicht vor.

a) Ein Versicherter, der schon vor Ablauf der maßgeblichen Entscheidungsfristen nach § 13 Abs 3a [X.]B V auf die Selbstbeschaffung der beantragten Leistung [X.] ist, hat keinen Anspruch auf Kostenerstattung gegen die [X.] aufgrund einer Genehmigungsfiktion.

Nach § 13 Abs 3a Satz 1 [X.]B V hat die [X.] über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Kann die [X.] Fristen (ua) nach Satz 1 nicht einhalten, teilt sie dies dem Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit (Satz 5). Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt (Satz 6). Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die [X.] zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet (Satz 7).

§ 13 Abs 3a [X.]B V normiert mit diesen Regelungen einen eigenen Fall eines "Systemversagens" (vgl zu dieser terminologischen Einordnung zB [X.] in [X.]/[X.], [X.]B V, 7. Aufl 2020, § 13 RdNr 16 ff), in welchem abweichend vom in der gesetzlichen Krankenversicherung ([X.]) geltenden [X.] (§ 2 Abs 2 Satz 1 [X.]B V) ausnahmsweise Kostenerstattung verlangt werden kann (vgl zur Rechtsnatur als reiner Kostenerstattungsanspruch B[X.] vom 26.5.2020 - [X.] KR 9/18 R - juris). Das [X.], an das auch § 13 Abs 1 [X.]B V anknüpft, verlangt, dass [X.]n medizinische Sach- und Dienstleistungen grundsätzlich als [X.] zur Verfügung stellen. Der Gesetzgeber hat zunächst nur in § 13 Abs 3 und mit Wirkung vom [X.] auch in § 13 Abs 3a [X.]B V demgegenüber Fälle definiert, in welchen er dieses System als gescheitert ansieht und sich der Versicherte daher ausnahmsweise Leistungen gegen Kostenerstattung selbst beschaffen kann. Fälle des Systemversagens liegen aber nicht vor, wenn sie für die Selbstbeschaffung des Versicherten gar nicht ursächlich werden.

Dies hat der Senat zum Fall des Systemversagens nach § 13 Abs 3 Satz 1 Fall 2 [X.]B V schon entschieden. Die Norm bestimmt: Hat die [X.] "eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der [X.] in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war". Voraussetzung der Kostenerstattung ist danach, dass zwischen dem die Haftung der [X.] begründenden Umstand (rechtswidrige Ablehnung) und dem Nachteil des Versicherten (Kostenlast) ein Ursachenzusammenhang besteht (stRspr, vgl B[X.] vom 14.12.2006 - [X.] KR 8/06 R - B[X.]E 98, 26 = [X.]-2500 § 13 [X.], Rd[X.]; B[X.] vom [X.] KR 5/09 R - [X.]-2500 § 31 [X.] Rd[X.] mwN). Daran fehlt es, wenn der Versicherte sich unabhängig davon, wie die Entscheidung der [X.] ausfällt, von vornherein auf eine bestimmte Art der Krankenbehandlung durch einen bestimmten Leistungserbringer festgelegt hat und fest entschlossen ist, sich die Leistung selbst dann zu beschaffen, wenn die [X.] den Antrag ablehnen sollte (vgl zur Vorfestlegung als den Anspruch nach § 13 Abs 3 Satz 1 Fall 2 [X.]B V ausschließendes Verhalten B[X.] vom 8.9.2015 - [X.] KR 14/14 R - juris RdNr 9 f; B[X.] vom 16.12.2008 - [X.] KR 2/08 R - [X.]-2500 § 13 [X.] RdNr 29 mwN).

Das mit einer Entscheidung der [X.] abzuschließende Verwaltungsverfahren stellt keinen "Formalismus" dar, und zwar weder in dem Sinne, dass es ganz entbehrlich ist (vgl dazu B[X.] vom 14.12.2006 - [X.] KR 8/06 R - B[X.]E 98, 26 = [X.]-2500 § 13 [X.], Rd[X.]), noch in dem Sinne, dass es zwar durchlaufen werden muss, aber der Versicherte dennoch schon vorbereitende Schritte einleiten darf, die Ausdruck seiner Entschlossenheit sind, sich die Leistung in jedem Fall endgültig zu verschaffen. § 13 Abs 3 Satz 1 Fall 2 [X.]B V will dem Versicherten einerseits die Möglichkeit eröffnen, sich eine von der [X.] geschuldete, aber als Sachleistung nicht erhältliche Behandlung selbst zu beschaffen. Andererseits will das Gesetz die Befolgung des [X.] dadurch absichern, dass eine Kostenerstattung nur erfolgt, wenn tatsächlich eine Versorgungslücke festgestellt wird. Diese Feststellung zu treffen, ist nicht Sache des Versicherten, sondern der [X.]. Nur sie hat in der Regel einen vollständigen Überblick über die rechtlichen Rahmenbedingungen und die vorhandenen Versorgungsstrukturen. Mit Hilfe dieser Informationen kann sie zuverlässig beurteilen, ob die begehrte Behandlung überhaupt zu den Leistungen der [X.] gehört und wenn ja, wie sie in dem bestehenden Versorgungssystem realisiert werden kann. Eine vorherige Prüfung durch die [X.], verbunden mit der Möglichkeit einer Beratung des Versicherten, ist sachgerecht; sie liegt gerade auch im eigenen Interesse des Versicherten, weil sie ihn von dem Risiko entlastet, die Behandlungskosten gegebenenfalls selbst tragen zu müssen, wenn ein zur Erstattungspflicht führender Ausnahmetatbestand nicht vorliegt (vgl B[X.] vom 14.12.2006 - [X.] KR 8/06 R - B[X.]E 98, 26 = [X.]-2500 § 13 [X.], Rd[X.]). Diese Zwecke der Vorbefassung der [X.] mit dem Leistungsbegehren des Versicherten werden durch dessen Vorfestlegung vereitelt (B[X.] vom 8.9.2015 - [X.] KR 14/14 R - juris RdNr 10). Ein Anspruch auf Kostenerstattung besteht dann nicht; der Versicherte bewegt sich außerhalb der von § 13 [X.]B V vorgegebenen Abwicklung von Leistungen.

Ein Kostenerstattungsanspruch wird im Falle einer solchen Vorfestlegung auch nicht dadurch "wiedereröffnet", dass die [X.] die in § 13 Abs 3a Satz 1 [X.]B V geregelte Entscheidungsfrist verstreichen lässt. Schon der Wortlaut der Norm spricht für einen Kausalzusammenhang zwischen Fristversäumnis und Kostenerstattung. Wenn keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes erfolgt, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt (Satz 6). Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die [X.] zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet (Satz 7). Diese Formulierung spricht - wie die des § 13 Abs 3 Satz 1 Fall 2 [X.]B V - dafür, dass zwischen dem die Haftung der [X.] begründenden Umstand (Fristablauf) und dem Nachteil des Versicherten (Kostenlast) ein Ursachenzusammenhang bestehen muss. Dafür sprechen ferner die systematische Einordnung des § 13 Abs 3a [X.]B V als Kostenerstattungsanspruch in das Regelungsregime des § 13 [X.]B V sowie Sinn und Zweck der Regelung. Mit § 13 Abs 3a [X.]B V hat der Gesetzgeber einen zusätzlichen Fall des Systemversagens geschaffen, wenn eine [X.] unzumutbar lange für eine Entscheidung braucht. Dann erhält der Versicherte auch ohne Entscheidung der [X.] einen Rechtsstatus sui generis, aufgrund dessen er sich die Leistung selbst beschaffen darf und die dafür aufgewandten Kosten erstattet erhält (vgl dazu B[X.] vom 26.5.2020 - [X.] KR 9/18 R). Die gesetzlich vorgesehene Vorbefassung der [X.] in Form eines Verwaltungsverfahrens wird dadurch jedoch nicht entbehrlich, vielmehr soll dieses Verfahren über die beantragte Leistung zugunsten des Versicherten beschleunigt werden. Die Vorschrift dient der schnellen Klärung von Leistungsansprüchen (vgl BT-Drucks 17/10488 [X.]). Die im [X.]B V geregelten Rechte der Versicherten gegenüber den [X.]n sollen gestärkt werden, indem Versicherte sich eine Leistung selbst beschaffen können, wenn die [X.] nicht innerhalb einer bestimmten Frist über den Antrag entscheidet und diese Verzögerung nicht hinreichend begründet (BT-Drucks 17/11710 S 18; inhaltlich gleich auch [X.] f).

Das [X.] (§ 2 Abs 2 Satz 1 [X.]B V) und der oben genannte Zweck der Vorbefassung der [X.] würden insgesamt infrage gestellt, räumte man dem Versicherten im Rahmen von § 13 Abs 3a [X.]B V "das Recht" ein, sich schon vor dem Fristablauf auf die Selbstbeschaffung der - als Sachleistung - beantragten Leistung festzulegen.

Der Gesetzgeber baut mit § 13 Abs 3a [X.]B V auf das in § 13 Abs 3 Satz 1 Fall 2 [X.]B V zum Ausdruck kommende Entscheidungsprärogativ der [X.] auf. Solange die Frist des § 13 Abs 3a Satz 1 [X.]B V noch nicht abgelaufen ist, hat die [X.] nach wie vor die Pflicht und das Recht, über die begehrte Leistung eine Entscheidung zu treffen. Erst wenn sie davon ungebührlich lange Zeit keinen Gebrauch macht, wandelt sich der [X.] in einen Kostenerstattungsanspruch um, soweit Leistungen dann tatsächlich in Anspruch genommen werden (vgl dazu B[X.] vom 26.5.2020 - [X.] KR 9/18 R - juris). Erst dann ist ein Fall des Systemversagens entstanden, der darin besteht, dass die [X.] den Versicherten zu lange im Unklaren gelassen hat. Hat ein Versicherter dagegen schon zuvor eigenmächtig das [X.] infolge Vorfestlegung "verlassen", ist auch der Anwendungsbereich des in § 13 Abs 3a [X.]B V normierten Systemversagens nicht gegeben. Die Vorabentscheidung des Versicherten, nicht dagegen die verstrichene Frist, ist dann ursächlich für die dem Versicherten entstandenen Kosten. Der Versicherte kehrt nicht - im Sinne einer "überholenden Kausalität" - in das durch §§ 2, 13 [X.]B V vorgesehene Leistungssystem zurück.

b) Die Versicherte war auf die von ihr selbst beschaffte [X.] und auf den nicht in das [X.]-System einbezogenen Leistungserbringer C-GmbH [X.]. Nach den für den Senat bindenden (§ 163 [X.]G) und nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des [X.] hat die Klägerin am 27.4.2016, und folglich nur 13 Tage nach Eingang ihres Antrags auf Übernahme der Kosten für eine Liposuktion bei der beklagten [X.], mit der C-GmbH einen Vertrag über die Durchführung der Liposuktionsbehandlung geschlossen. Nach den Feststellungen des [X.] zum Inhalt des Vertrags beauftragte sie hierin die C-GmbH zur Durchführung der abgerechneten Operationen und verpflichtete sich zugleich zur eigenen und privaten Zahlung von 13 622,67 [X.] nach erbrachter Leistung. Sie war nach den Feststellungen des [X.] im Vertragstext darauf hingewiesen worden, dass weder die [X.] noch private Krankenversicherungsträger verpflichtet seien, einen Anteil für den Eingriff oder mehrere Eingriffe zu erstatten, dass sie aber dennoch zur vollständigen Zahlung verpflichtet sei und abschnittsweise die Zahlung in Rechnung gestellt werde. Mit der Unterschrift unter diesen Vertragstext hat die Klägerin - ohne dass es auf die zivilrechtliche Wirksamkeit dieses Vertrags als Behandlungsvertrag im Sinne von §§ 630a ff [X.] ankommt - klar zu erkennen gegeben, dass sie die Behandlung unabhängig von der Entscheidung der [X.] durchführen wollte. Dass der Vertrag ggf nach § 627 [X.] außerordentlich kündbar gewesen wäre, spielt insoweit keine Rolle, denn die Klägerin hat nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des [X.] den Vertrag nicht gekündigt.

Auf die Frage, ob sich die Klägerin schon durch Unterschrift unter den [X.] im Sinne des § 13 Abs 3a Satz 7 [X.]B V "selbst beschafft" hat, kommt es danach nicht an. Ebenfalls nicht mehr zu entscheiden war, ob der Antrag auf eine - nach den Feststellungen des [X.] so formulierte - "ambulante Leistung" geeignet war, eine Genehmigungsfiktion über die dann durchgeführte stationäre Behandlung herbeizuführen (so die rechtliche Würdigung des [X.]; vgl dazu auch B[X.] vom 7.11.2017 - [X.] KR 7/17 R - juris RdNr 17 ff).

3. Ein Anspruch auf Kostenerstattung folgt auch nicht aus einer anderen Rechtsgrundlage.

a) Die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Kostenerstattung nach § 13 Abs 3 Satz 1 Fall 2 [X.]B V (idF durch Art 5 [X.] Buchst b [X.]B IX - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen vom 19.6.2001, [X.]l I 1046) sind infolge der Vorfestlegung der Klägerin ebenfalls nicht erfüllt (vgl dazu 2.). Dass sich insoweit nach Abschluss des [X.] bis zur Entscheidung durch die [X.] etwas geändert habe, ergibt sich anhand des Gesamtzusammenhangs der Feststellungen des [X.] nicht. Von einem etwaigen Kündigungsrecht hat die Klägerin - wie schon ausgeführt - nicht Gebrauch gemacht.

b) Ein Kostenerstattungsanspruch ergibt sich schließlich auch nicht nach § 13 Abs 3 Satz 1 Fall 1 [X.]B V, weil die durchgeführte Behandlung nicht unaufschiebbar war (vgl zum Maßstab zB B[X.] vom [X.] - [X.] KR 7/05 R - B[X.]E 96, 170 = [X.]-2500 § 31 [X.], RdNr 13 mwN; B[X.] vom 14.12.2006 - [X.] KR 8/06 R - B[X.]E 98, 26 = [X.]-2500 § 13 [X.], RdNr 23).

4. [X.] beruht auf § 193 [X.]G.

Meta

B 1 KR 3/20 R

27.10.2020

Bundessozialgericht 1. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Dessau-Roßlau, 22. November 2017, Az: S 21 KR 13/17, Urteil

§ 2 Abs 2 S 1 SGB 5, § 13 Abs 3 S 1 Alt 1 SGB 5, § 13 Abs 3 S 1 Alt 2 SGB 5, § 13 Abs 3a S 1 SGB 5, § 13 Abs 3a S 7 SGB 5

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 27.10.2020, Az. B 1 KR 3/20 R (REWIS RS 2020, 2489)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 2489

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