Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.04.2016, Az. X ZR 148/11

X. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 12798

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:190416UXZR148.11.0

BUN[X.]S[X.]ERICHTSHOF
IM NAMEN [X.]S VOLKES
URTEIL
X [X.]
Verkündet am:

19. April
2016

Anderer

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der [X.]eschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.]diagnoseverfahren
EPÜ [X.]. 52 Abs. 1, [X.]. 56; [X.] § 1 Abs. 1, § 4
a)
Ein Verfahren zum Nachweis einer bestimmten Antigen-Antikörper-Reaktion (hier: Antikörper gegen [X.]) wird nicht durch eine Vorveröffentlichung neuheitsschädlich getroffen, in der zwar eine spezifische Immunreaktion (hier: zur Diagnose der [X.]) beschrieben wird, jedoch weder Antigen noch Antikörper näher charakterisiert werden.
-
2
-

b)
Der Umstand, dass in einem zusammenfassenden Zwischenbericht (Abstract) über noch nicht abgeschlossene Forschungsarbeiten zwei [X.] als identifiziert bezeichnet werden, legt es dem an der Entwicklung eines hinreichend spezifischen Immunoassays interessierten Fachmann nicht not-wendigerweise nahe, sich um die Nacharbeitung der berichteten [X.] zu bemühen. Für die Erfolgserwartung des Fachmanns kann auch von Bedeutung sein, inwieweit ihm die Angaben im Abstract eine Einschätzung der Sachgerechtigkeit und Zuverlässigkeit der Versuchsanlage und -durchführung und der Reproduzierbarkeit der angegebenen Ergebnisse erlauben.
[X.], Urteil vom 19. April 2016 -
X [X.] -
[X.]

-
3
-
Der X. Zivilsenat des [X.] hat auf
die mündliche Verhandlung vom 19.
April
2016
durch [X.], die Richter
Dr.
[X.]rabinski
und
Hoffmann, die Richterin Schuster sowie den Richter Dr. Deichfuß

für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des 3. Senats ([X.]) des [X.] vom 28. Juni 2011 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
-
4
-
Tatbestand:
Die Beklagten sind Inhaber
des mit Wirkung für die [X.] erteilten [X.] Patents 912
898 (Streitpatents), das am 14.
Juli
1997 unter Inanspruchnahme einer [X.] Priorität vom 18.
Juli
1996 angemeldet worden ist und ein immunologisches Verfahren zur Diagnose oder Therapiekontrolle der [X.]rue oder [X.] betrifft. Das Streitpatent umfasst neun
Ansprüche, von denen Anspruch 1 wie folgt lautet:
"Verfahren zur Diagnose oder Therapiekontrolle der [X.]rue oder [X.], dadurch gekennzeichnet, dass Antikörper gegen [X.] (tT[X.]) aus Körperflüssigkeiten durch eine [X.] mit [X.] (tT[X.]), deren immunreaktiven Sequen-zen oder Analoga nachgewiesen werden, wobei die Immunreaktion nicht mit einem [X.]ewebeschnitt eines tierischen oder menschlichen [X.]ewebes durchgeführt wird."
Die Klägerin hat geltend gemacht, der [X.]egenstand des Streitpatents, insbesondere der Patentansprüche 8 und 9, sei nicht so deutlich offenbart, dass ein Fachmann ihn
ausführen könne. Zudem fehle es an der Patentfähigkeit. Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten und haben das Streitpatent hilfs-weise in der Fassung von fünf Hilfsanträgen verteidigt. Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt. Hiergegen wenden sich die Beklagten mit der Berufung, mit der sie den Antrag auf Klageabweisung und die erstinstanzlichen Hilfsanträge weiterverfolgen. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.
Als gerichtlicher Sachverständiger hat Prof. Dr.
Dr. S.

B.

,

, ein schriftliches [X.]utachten erstattet, das er in der mündlichen [X.] erläutert und ergänzt hat.
1
2
3
-
5
-
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten hat auch
in der Sache Erfolg.
I.
Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zur Diagnose oder Therapie-kontrolle der [X.] oder [X.]rue
(im Folgenden nur: [X.]).
Nach den Erläuterungen in der Streitpatentschrift war für die Diagnose der [X.] und die
Verlaufskontrolle unter glutenfreier Diät im [X.] die [X.] der "[X.]oldstandard". Zunehmend gewännen aber auch nicht-invasive Methoden der Diagnostik an Bedeutung, die auf immunolo-gischen Markern beruhten. Da in den Seren der [X.]-Patienten Antikörper (Immunglobuline) der Klassen A ([X.]) und [X.]
(Ig[X.])
vorkämen, die zum einen gegen [X.]liadin und zum anderen gegen ein Autoantigen des [X.], ei-nes
speziellen Bindegewebes,
gerichtet seien, könnten die Seren im enzymge-koppelten [X.] [X.])
auf Ig[X.]-
und [X.]-Antikörper gegen [X.]liadin sowie durch indirekte Immunfluoreszenz auf Ig[X.]-
und [X.]-Antikörper gegen [X.] getestet werden. Während Antikörper gegen [X.]liadin nicht spezifisch genug für die [X.] seien, werde für die [X.]-Antikörper gegen En-domysium eine hohe Sensitivität und [X.]ezifität berichtet. Für den [X.] würden jedoch [X.] von Primaten benötigt, was
als generelle Screeningmethode
zu aufwändig sei, einer subjektiven Be-wertung unterliege und nicht die Erfassung von [X.]-Patienten mit einer [X.]-Defizienz erlaube
(Abs. 9 und 13).
Nach den weiteren Ausführungen in der
Streitpatentschrift existiert
kein nicht-invasiver, spezifischer, quantitativer, schnell, leicht und kostengünstig durchzuführender [X.] für die [X.] und deren Therapiekontrolle
(Abs. 14), womit das der Erfindung zugrunde liegende technische Problem [X.] ist.
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5
6
7
-
6
-
Um einen solchen Test bereitzustellen,
wird in Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung folgendes
Verfahren vorgeschlagen, das sich in Anlehnung an das angefochtene Urteil wie folgt gliedern lässt:
1.
Das Verfahren dient der Diagnose oder zur Therapiekontrolle der [X.].
2.
Es werden Antikörper gegen [X.] (tT[X.]) aus Körperflüssigkeiten nachgewiesen.
3.
Der Nachweis erfolgt durch eine Immunreaktion mit
3.1
[X.] (tT[X.]),
3.2
immunreaktiven tT[X.]-Sequenzen oder
3.3
Analoga
4.
Die Immunreaktion wird nicht mit einem [X.]ewebeschnitt eines tie-rischen oder menschlichen [X.]ewebes durchgeführt.
Ein Analogon im Sinne des Merkmals 3.3 ist eine
antigene Struktur (etwa eines Polypeptids oder Proteins), die mit Rezeptoren von Antikörpern gegen [X.]
aus Körperflüssigkeiten eine Immunreaktion eingeht und diese dadurch nachweist. Dies erschließt sich dem Fachmann, als der -
in Übereinstimmung mit den Ausführungen im angefochtenen Urteil -
ein promo-vierter [X.] der Fachrichtung Biochemie, ein promovierter Diplom-Biomechaniker oder ein promovierter Biologe mit jeweils besonderen Kenntnis-sen und Erfahrungen auf dem [X.]ebiet der Immunologie sowie auf dem [X.]ebiet der Aufarbeitung von Proteinen anzusehen ist, der mit der Entwicklung von Im-muntests oder von Immunreagenzien befasst und vertraut ist, wenn er sich vor Augen führt, dass in den anderen beiden Varianten des erfindungsgemäßen Verfahrens die Anti-tT[X.]-Antikörper aus Körperflüssigkeit durch eine Immunre-aktion mit [X.]
oder deren immunreaktiven Sequenzen nachgewiesen werden. Entsprechend muss ein Analogon solcher
Sequenzen 8
9
-
7
-
nach der dritten Variante des erfindungsgemäßen Verfahrens gleichfalls über diese Eigenschaft verfügen.
Dieses Verständnis von Patentanspruch 1 wird ge-stützt durch die Beschreibung des Streitpatents, wonach als tT[X.]-Analoga alle antigenen Strukturen verstanden werden, die mit Antikörpern gegen [X.]
eine Immunreaktion eingehen wie z.B. synthetische Peptide (Abs.
20).
II.
Das Patentgericht hat den [X.]egenstand des Streitpatents für nicht pa-tentfähig erachtet und seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Bei der Bewertung der Patentfähigkeit des beanspruchten Verfahrens komme
es aus Sicht des Fachmanns nicht auf die enzymatische Funktion oder die Herkunft der eingesetzten Reagenzien an, sondern entscheidend sei allein die immunologische Fähigkeit des [X.], mit den im Serum von [X.]-Patienten vorhandenen, gegen [X.] gebildeten Antikör-pern einen detektierbaren Immunkomplex zu bilden. Demnach seien unter [X.] der [X.] alle antigenen Strukturen bzw. diese ent-haltenden Stoffe (Peptide und Proteine) zu verstehen, die mit Anti-tT[X.]-Antikörpern jedweder Herkunft eine Immunreaktion einzugehen bzw. einen Im-munkomplex zu bilden vermöchten.
Dem [X.]egenstand des Patentanspruchs 1 in der erteilten Fassung des Streitpatents fehle danach die Neuheit. Bereits durch die Veröffentlichung von [X.],
[X.] und [X.] ("Reaction of human non-collagenous polypepti-des with coeliac disease autoantibodies"; [X.] 338 [1991], 724 f.

[X.]) und die weitere Veröffentlichung der Autoren [X.] und [X.] ("Purification of Fibroblast
Derived Celiac Disease Autoantigen Molecules"; Pediatric Rese-arch 34 [1993], 420-423

[X.]) werde das erfindungsgemäße Verfahren vorweg-genommen. In der [X.] seien gereinigte, nicht von Kollagen stammende Polypeptide aus Fibroblasten fötalen Lungengewebes beschrieben, die spezifisch mit Autoantikörpern von [X.]-Patienten reagierten. Diese
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8
-
autoantigenen Polypeptide bänden spezifisch an Autoantikörper gegen Reticu-lin ([X.]) und [X.] ([X.]). Die damit in [X.] beschriebene [X.] stelle ein immundiagnostisches Verfahren zur Bestimmung der [X.] dar. Ebenso seien in der [X.] aufgereinigte autoantigene Polypeptide der [X.] aus [X.] beschrieben, die aufgrund ihrer immunologi-schen Funktion an [X.]-Antikörper aus Serum von [X.]-Patienten bänden. Bei den in der [X.] und [X.] offenbarten [X.] handele es sich jedenfalls um tT[X.]-Analoga. Denn das Vorliegen korrelierender Testergebnisse, die mit endomysialen [X.]ewebeschnitten einerseits und isolierten [X.] der [X.] andererseits erhalten würden, bedeute nichts anderes als das Vorlie-gen oder Nicht-Vorliegen von [X.]-
und/oder Ig[X.]-Antikörpern gegen [X.].
Das Verfahren nach Patentanspruch 1 werde auch durch die -
lediglich für die Neuheitsprüfung nach [X.]. 54 Abs. 3 EPÜ heranzuziehende -
deutsche Offenlegungsschrift 195 20 480
([X.])
offenbart.
In der [X.] werde ein [X.]
zur Diagnose der [X.] durch den Nachweis von Antikörpern in Körperflüssigkei-ten beschrieben. Als immundiagnostische Reagenzien
würden [X.] aus Affendünndarm, aus [X.] und/oder aus [X.] und damit keine [X.]ewebeschnitte eingesetzt, wobei das Vorkommen der von diesen Antigenen spezifisch gebundenen Antikörper mit der [X.]egenwart von Anti-[X.]-Antikörpern korreliere. Das bedeute nichts anderes als das [X.] oder Nicht-Vorliegen von [X.]-
und/oder Ig[X.]-Antikörpern gegen tT[X.], de-ren immunreaktive Sequenzen und Analoga in den untersuchten [X.], unabhängig davon, wie dieser Vergleich zwischen endomysealem
[X.]e-webe und daraus isolierten [X.] durchgeführt werde.
Das erfindungsgemäße Verfahren sei auch nicht neu gegenüber dem u.a. auf die Erfinder zurückgehenden Abstract von [X.] et al. ([X.]ut, 4th United European [X.]astroenterology Week, 17-21 September 1995, [X.] f., Ab-stract 773

[X.]). Die [X.] betreffe bereits ausweislich ihres Titels die Charakteri-13
14
-
9
-
sierung von [X.] der [X.] mit dem Ziel des Nachweises der gegen diese Antigene aus extrazellulärer [X.]ewebematrix (Extracellular Matrix
-
[X.]) von [X.] gerichteten Antikörpern von [X.]-Patienten. Im Einzelnen seien aus der humanen [X.]-Zelllinie [X.]
zwei native Antoantige-ne der [X.] mit [X.] von 90 und 300 kDa
nach [X.] mit [X.]-Antikörpern aus Seren von [X.]-Patienten isoliert und teil-weise charakterisiert worden. Die dabei verwendete [X.] von [X.]-Antikörpern mit Kulturmedium sowie [X.] von [X.]
habe sämtliche Arbeitsschritte einer Immunreaktion und damit eines diagnostischen Verfahrens umfasst. Die [X.] wie auch die 300-kDa-Fraktion hätten zumindest ein autoantigenes Protein der [X.] aufgewiesen, das mit gegen [X.] bzw. die extrazelluläre [X.]ewebematrix gerichteten Antikörpern von [X.]-Patienten eine [X.] eingehe und damit in seiner immunologi-schen Funktion mit der im [X.] lokalisierten [X.] korreliere.
Selbst wenn das erfindungsgemäße Nachweisverfahren in den Entge-genhaltungen [X.], [X.] und [X.] nicht vollständig offenbart sein sollte, sei es [X.] durch diese Schriften nahegelegt worden. Der Fachmann habe Anlass [X.], jede dieser Veröffentlichungen als Ansatzpunkt zur Lösung der Aufgabe zu wählen, einen nicht-invasiven, spezifischen, schnellen und kostengünstigen immunologischen Test zum Nachweis der [X.] bereitzustellen, weil die Schriften jeweils konkret auf die Diagnostik der [X.] in Korrelation zu endo-mysialen [X.]ewebeschnitten als Reagenz Bezug nähmen. Das gelte auch für die [X.], weil sich
schon aus deren Überschrift nicht nur die Charakterisierung der Autoantigene der [X.], sondern auch die immunologische Relevanz für die Diagnostik der [X.] erkennen lasse. Ausgehend von der Bezugnahme in dem Abstract auf die [X.]-Diagnose anhand des Nachweises von Endomy-sium mittels entsprechender [X.]ewebeschnitte als diagnostischen [X.] habe der Fachmann auch deshalb Anlass gehabt, die [X.] als Ausgangspunkt 15
-
10
-
seiner Arbeit an einem Immuntest für [X.] zu wählen und gerade diese bei-den Antigene dabei als Reagenzien zum Nachweis spezifischer Antikörper in den Körperflüssigkeiten von [X.]-Patienten in Betracht zu ziehen, weil es sich bei [X.]
um eine schnell wachsende, öffentlich verfügbare und stan-dardisierte Zelllinie handele. Ausgehend von den Angaben in der [X.] gelinge dem Fachmann nicht nur die Anzucht von [X.] der Zelllinie
[X.], sondern auch die Aufreinigung der beiden in [X.] identifizierten Protei-ne mit autoantigenen Eigenschaften. Es habe auf der Hand gelegen, diese Pro-teine in einem üblichen immunologischen Verfahren wie einem [X.] mit Pati-entensera zur Diagnose
der [X.] einzusetzen.
Die Nacharbeitung der Lehre der [X.] zur Bereitstellung beider dort [X.] Proteine bereite dem Fachmann keine Probleme. Dies gelte auch für die Durchführung der [X.]. Eine Präferenz für eine der beiden üblichen Methoden der Immobilisierung von Antikörpern (durch Affi-nitätsbindung oder durch kovalente Bindung) gehe aus der [X.] nicht hervor, deshalb auch nicht zwingend eine Präferenz für eine Affinitätsbindung über [X.] A. Die Wahl und selbst eine gegebenenfalls notwendige [X.] mit nach beiden Methoden immobilisierten [X.]-Antikörpern überfordere den Fachmann, der das Ziel durch Vergleichstests stets überprüfbar
vor Augen habe, nicht. Auch das Vorliegen zweier Proteine mit autoantigenen Eigenschaf-ten stelle den Fachmann nicht vor Schwierigkeiten, weil beide in der [X.] eindeu-tig beschrieben und unterschiedlich lokalisiert seien. Im [X.]utachten des italieni-schen [X.]erichtssachverständigen Dr. C.

[X.].

aus einem den
italie-nischen Anteil des Streitpatents betreffenden, vor dem [X.] ge-führten Patentstreitverfahren sei demgegenüber das Wissen und Können des Fachmanns deutlich zu niedrig angesetzt.
III.
Die Beurteilung des Patentgerichts hält
der Nachprüfung im Beru-fungsverfahren
nicht stand.
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17
-
11
-
1.
Die
Verfahrenslehre aus
Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung
ist
neu.
a)
Sie
wird nicht durch die [X.]
und die [X.]
vorweggenommen.
In
der [X.] werden zwar
sechs
gereinigte, aus Fibroblasten fötalen Lungengewebes stam-mende, nicht kollagene Polypeptide mit einem Molekulargewicht von 18,5 bis 37 kDa
beschrieben, die spezifisch mit Autoantikörpern von [X.]-Patienten reagieren. Es wird jedoch nicht
offenbart, dass es sich bei diesen [X.] um [X.]
oder immunreaktive Sequenzen derselben
han-delt. Infolgedessen ist der
Entgegenhaltung auch nicht zu entnehmen, dass die mit ihrem Molekulargewicht identifizierten Polypeptide Epitope
aufweisen, die mit Rezeptoren von Anti-tT[X.]-Antikörpern eine Immunreaktion eingehen. [X.]lei-ches gilt für die vier in der [X.] beschriebenen, aus [X.] stammenden, nicht kollagenen und gereinigten Polypeptide mit [X.] von 17 bis 39,5 kDa. Bei diesen konnte ebenfalls eine spezifische [X.] von Patienten mit [X.] festgestellt werden, ohne dass die Entgegenhaltung einen Hinweis
darauf enthält, dass es sich bei den [X.] gerade um [X.], immunreaktive Sequen-zen derselben oder antigene Strukturen handelt, die mit Anti-tT[X.]-Antikörpern immunologisch reagieren. Zudem wird in keiner der beiden Vorveröffentlichun-gen ein Verfahren offenbart, das der Diagnose oder der Therapiekontrolle der [X.] dient.
Entgegen der Auffassung des Patentgerichts genügt es für eine Vorweg-nahme der erfindungsgemäßen Lehre nicht, dass die aufgefundenen [X.] immunreaktive tT[X.]-Sequenzen oder Analoga umfasst haben mögen. Denn Patentanspruch 1 ist nicht auf die [X.], immunreaktive Sequenzen derselben oder Analoga gerichtet, sondern auf ein Verfahren, bei dem Antikörper gegen [X.] nachgewiesen werden. Ein Verfahren zum Nachweis von
Antikörpern gegen [X.] wird jedoch nicht offenbart, wenn weder Antigen noch Antikörper identifiziert 18
19
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-
12
-
sind und daher nicht Anti-tT[X.]-Antikörper nachgewiesen werden, sondern nur eine zöliakiespezifische Immunreaktion aufgezeigt wird.
b)
Die Verfahrenslehre aus Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung geht auch nicht aus der [X.] hervor, die nach [X.]. 54 Abs. 3 EPÜ für die [X.] zu berücksichtigen ist. Danach wird zwar ein Test zur Diagnose von [X.] anhand der Bestimmung von
Antikörpern in Seren von Patienten mit [X.] vorgeschlagen, bei dem als immundiagnostische Reagenzien anti-gene Polypeptide aus Affendünndarm, aus [X.] und/oder aus [X.] verwendet werden. Auch die [X.] offenbart jedoch nicht, dass es sich bei diesen
[X.] um [X.], immunreaktive
Sequenzen derselben oder antigene
Strukturen
handelt, die mit Anti-tT[X.]-Antikörpern im-munologisch reagieren.
c)
Das erfindungsgemäße Verfahren ist schließlich auch neu gegen-über der u.a. auf
die Erfinder des Streitpatents zurückgehenden
Zusammenfas-sung (Abstract) [X.]. In der
[X.] wird zwar angegeben, dass unter Verwendung der mesenchymalen humanen Zelllinie [X.] und mittels Immunopräzipitati-on zwei native Autoantigene der [X.] mit einem scheinbaren Molekularge-wicht von 90 kDa (zellassoziiert) und von 300 kDa
(ins Medium freigesetzt) identifiziert
worden seien. Die Proteine werden jedoch nicht näher charakteri-siert, und es wird
kein Verfahren aufgezeigt, welches der Diagnose oder Thera-piekontrolle der [X.] dient. Es bleibt damit offen, ob eines
der beiden als "identifiziert"
bezeichneten Autoantigene zur Herbeiführung einer [X.] im Rahmen eines solchen Diagnose-
oder Therapiekontrollverfahrens
ge-eignet ist.
2.
Die Verfahrenslehre aus Patentanspruch 1 beruht auch auf einer er-finderischen
Tätigkeit, weil sie sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergab.
21
22
23
-
13
-
a)
Dem Patentgericht kann nicht in der Annahme beigetreten werden, der Fachmann, der
zum [X.] bestrebt war, einen nicht-invasiven, spezifischen
und empfindlichen [X.] für die [X.] zu entwickeln, habe die [X.] als Ausgangspunkt für seine Arbeiten gewählt. Verhandlung und Beweisaufnahme haben keine hinreichende Anhaltspunkte dafür erbracht, dass der Fachmann Anlass hatte, seine Bemühungen in der Erwartung, die in dem Abstract berichteten Ergebnisse nacharbeiten zu können und auf diese Weise ein für die Entwicklung eines Nachweisverfahrens geeignetes Autoantigen in die Hand zu bekommen (vgl. zur hinreichend begründeten
Erfolgserwartung als Kriterium für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit
[X.], Urteil vom 15.
Mai 2012

X
ZR
98/09, [X.]RUR 2012, 803 Rn. 46

[X.]), auf die Identifizierung der in
der [X.] nur mit ihrem Molekulargewicht bezeichne-ten Proteine zu richten.
(1)
Der Abstract bemerkt einleitend, dass die molekularen Mechanismen noch immer unbekannt seien, obwohl [X.]liadin offensichtlich bei der [X.] von [X.] beteiligt sei. Außerdem scheine [X.] mit intestinalen [X.] assoziiert zu sein. Das Serum unbehandelter Patienten enthalte Ig[X.]-
und [X.]-Antikörper, die mit der extrazellulären Matrix ([X.]) normaler menschlicher Zellen reagierten. Für die [X.]diagnose würden Antikörper gegen [X.], [X.] und [X.]liadin durch indirekte Immunfluoreszenz oder [X.] nachgewiesen. Insbesondere der [X.]-[X.]-Antikörper sei hochsensitiv und stehe in Beziehung zu den aktiven [X.]phasen. Bis jetzt seien jedoch die Zielantigene nicht identifiziert worden, möglicherweise, weil sie durch [X.] nicht nachweisbar seien.
Insoweit wird der Stand der Technik wiedergegeben, wie er dem Fachmann insbesondere aus den Ent-gegenhaltungen [X.] und [X.] bekannt war.
(2)
In dem Abstract wird sodann berichtet, dass zum Zweck der Identifi-zierung der [X.]-Antigene [X.]-Zellen von menschlichem [X.] mit S-Methionin metabolisch markiert und das Kulturmedium sowie das [X.] mit 24
25
26
-
14
-
[X.]-Antikörpern von [X.]-Patienten
immunopräzipitiert worden
seien. Bei der SDS-PA[X.]E/Autoradiographie seien zwei Proteine mit einem scheinbaren Molekulargewicht von 90 kDa
(zell-assoziiert) und einem Molekulargewicht von 300 kDa
(ins Medium freigesetzt) identifiziert worden. Ausreichende Mengen der Proteine würden gegenwärtig isoliert, um Informationen zur [X.] zu erhalten. Als Schlussfolgerung wird wiedergegeben, dass unter Verwendung der mesenchymalen humanen Zelllinie [X.] und mittels Immunopräzipitati-on zwei native Autoantigene der [X.] identifiziert worden seien.
(3)
Die Entgegenhaltung [X.] enthält damit zwar die Behauptung, es sei nunmehr gelungen, zwei native Autoantigene der [X.] zu identifizieren. Der Fachmann erhielt aus dem Abstract jedoch keinerlei nähere Informationen, auf-grund derer
er abschätzen konnte, ob diese Behauptung tatsächlich zutraf (was objektiv nicht oder nur zum Teil der Fall war, da sich später zeigte, dass es sich bei einem der beiden vermeintlichen Autoantigene der [X.] um Fibronectin
handelte). Da ausgeführt wird, gegenwärtig würden zur Bestimmung der Pri-märsequenz ausreichende Mengen der Proteine isoliert, wird unmittelbar deut-lich, dass von einer Identifizierung zweier nativer Autoantigene im strengen Sinne noch keine Rede sein konnte; der gerichtliche Sachverständige spricht in seinem schriftlichen [X.]utachten dementsprechend anschaulich davon, die Auto-ren lehnten sich mit dieser Bemerkung "sehr weit aus dem Fenster". In dem offenbar gemeinten weiteren Sinne war die Identifizierung von zöliakiespezifi-schen Antigenen jedoch auch bereits in der [X.] und in der [X.] ("We have [X.] extracellular matrix noncollagenous protein molecules that specifically react with CD patient sera [X.]", [X.] S. 420 li. [X.]) berichtet worden, ohne dass bis-lang tatsächlich solche Antigene näher charakterisiert worden wären.
(4)
Dieser Umstand wiegt um so schwerer, als der [X.], ihrem Charakter als Abstract und eine [X.] "Zwischenbericht"
über die nach Einschätzung der Autoren bisher erzielten Ergebnisse
entsprechend, keinerlei Einzelheiten über Anlage und Durchführung der Untersuchungen zu entnehmen waren. Der "Zwi-27
28
-
15
-
schenbericht"
konnte demgemäß auch nicht [X.]egenstand einer kritischen Prü-fung auf die Wahrung wissenschaftlicher Standards gewesen sein, wie sie bei einer "Originalarbeit"
zu erwarten war, und aus dem Umstand, dass ein verhei-ßungsvolles Ergebnis angekündigt wurde, war mithin nicht zu schließen, dass sich dieses Ergebnis tatsächlich verifizieren ließ. Der Fachmann, der die [X.] nacharbeiten wollte, hätte zudem die konkreten Bedingungen für Versuchsaufbau und Durchführung erst selbst festlegen und damit das Risiko eingehen müssen, auch aufgrund abweichender Bedingungen zu anderen [X.] zu gelangen, als sie in der [X.] genannt werden.
Hinzu kommt, dass der Abstract auch hinsichtlich
der Ergebnisse der durchgeführten Verfahren nur wenige Informationen enthält.
Weder ist die er-wähnte
Autoradiographie des immunpräzipitierten [X.]s aus [X.]-Zellen nach der Trennung durch [X.]elelektrophorese
in der [X.] wiedergegeben, noch enthält der Abstract
nähere
Angaben zur Reaktivität der Antigene mit den Seren von [X.]-Patienten. Zudem fehlen Angaben, ob die angegebene [X.] der Proteine mit einem Molekulargewicht von 90 und 300 kDa mit Zöli-akieseren durch fehlende Reaktivität mit Seren von gesunden Erwachsenen oder Patienten mit anderen Erkrankungen validiert wurde.
(5)
Bei der in
der [X.] zur Identifizierung der Ziel-Antigene vorgeschlage-nen [X.] des
aus der [X.]-Zelllinie gewonnenen
[X.]s
mit
[X.]-Antikörpern von Patienten mit aktiver [X.]
war für den Fachmann aufgrund der
Polyklonalität der Patientenseren zudem nicht absehbar, ob er die
Ziel-Antigene
mit hinreichend gesicherter Aussicht auf Erfolg
und in erforderli-chen
Mengen reproduzieren konnte. Da
polyklonale Seren anders als ein defi-nierter monoklonaler Antikörper

in der Regel gegen verschiedene Epitope ge-richtet sind, musste er vielmehr mit einer je nach Patient unterschiedlichen Bandbreite an Reaktivitäten oder gegebenenfalls
Kreuzreaktivitäten rechnen. Es war
daher
nicht unwahrscheinlich, dass
bei Nacharbeitung des in der [X.]
nur allgemein beschriebenen Verfahrens mehr als ein Protein mit 90 oder 300 kDa
29
30
-
16
-
präzipitiert
werden würde oder -
mit anderen Worten

auch ganz andere [X.] als die Zielantigene erhalten würden, zumal
durch
die in der [X.] vorge-schlagene
[X.]elelektrophorese gerade auch sehr geringe Mengen präzipitiertes Protein erfasst werden konnten.
Dieses Risiko wurde nicht dadurch ausge-schlossen, dass die beiden Zielantigene in der [X.] mit ihrem Molekulargewicht von 90 und 300 kDa charakterisiert werden, weil derartige
[X.]ewichtsangaben als alleiniges Kriterium nicht hinreichend sind, um Proteine
sicher zu identifizieren.
(6)
[X.]egen die Annahme, die Entgegenhaltung [X.] habe dem Fachmann eine hinreichend begründete Erfolgserwartung vermittelt, spricht vor diesem Hintergrund weiter, dass in der [X.] nicht begründet wird, weshalb als [X.], aus dem die Autoantigene gewonnen worden sein sollen, kein gesundes humanes [X.]ewebe gewählt wurde, sondern die Zelllinie [X.]
von menschlichem [X.], die zum [X.] bereits über 20 Jahre alt war.
Nach den überzeugenden Erläuterungen des gerichtlichen [X.] war für den Fachmann, der einen spezifischen und sensitiven Test zur Diagnose der [X.] durch Immunreaktion entwickeln wollte, die Auswahl des richtigen Ausgangsmaterials (Ressource) zur [X.]ewinnung des für einen [X.] benötigten Antigens von großer Bedeutung. Dabei bot es sich für ihn primär an, humanes [X.]ewebematerial zu wählen, das idealer-, aber nicht notwendiger-weise aus [X.] stammt. Entsprechend wird auch in wissenschaftli-chen Veröffentlichungen aus den letzten fünf Jahren vor dem [X.] des Streitpatents humanes [X.]ewebe als Ressource für die Immunreaktion mit Auto-antikkörpern von [X.]-Patienten verwendet, wie in den Publikationen von [X.]/[X.] und [X.] sowie [X.] und [X.] ([X.] und [X.]) [X.] Lungengewebe und in einem Untersuchungsbericht von [X.] et al. ("[X.] anti-endomysial antibodies on human umbilical cord tissue for celiac disease screening. [X.]", [X.]. 1995, 1902 ff.; vgl. auch Streitpatent, Abs. 9) humane [X.]. Lediglich 31
32
-
17
-
in der vor der Priorität des Streitpatents angemeldeten, aber nicht veröffentlich-ten [X.] Offenlegungsschrift [X.] wird die Verwendung von Affendünndarm vom Rhesusaffen oder Orang-Utan, von [X.] oder [X.] vorge-schlagen. Zwar handelt es sich auch bei den in der [X.] für die Immunreaktion mit [X.]-Antikörpern ausgewählten [X.]-Zellen von [X.] um huma-nes Zellmaterial. [X.]egen deren Verwendung sprach jedoch, dass es [X.] sind und der Fachmann auf derart veränderte Zellen als Ausgangsmaterial für das Zielantigen zum immunologischen Nachweis von [X.] nur dann [X.] hätte, wenn sichergestellt gewesen wäre, dass mit der Tumorei-genschaft der Zellen -
im Vergleich zu gesundem humanen [X.]ewebe -
keine Komplikationen im Hinblick auf die angestrebte Immunreaktion zu erwarten [X.]. Dass dies, etwa durch entsprechende Testverfahren (vgl. die Nachveröf-fentlichung [X.], [X.], [X.], Donner, [X.], [X.] und [X.] in Nature Medicine 1997, 797, li.
[X.]alte, letzter Abs.
-
K83) überprüft worden war, ergab sich für den Fachmann jedoch weder aus allgemeinen fachlichen Erwä-gungen noch aus der [X.] selbst, in der die Auswahl von [X.]-Zellen von [X.] als Ressource nicht begründet wird. Bedenken gegen die Verwen-dung von [X.]-Zellen als Ausgangsmaterial folgten auch daraus, dass es sich zum [X.] des Streitpatents um eine über 20 Jahre alte [X.] handelte, die bereits vielfach passagiert worden war. Der demgegenüber mit der humanen Fibrosakom-Zelllinie [X.]
verbundene Vorteil, dass aufgrund der Proliferationsfähigkeit der Zelllinie potentiell eine beliebig große Zellmenge für eine Sequenzierung der isolierten und aufgereinigten [X.]-reaktiven Antigene zur Verfügung stand, fiel für die Auswahlentscheidung solange nicht ins [X.]e-wicht, wie deren grundsätzliche Eignung für eine Reaktion mit [X.]-Antikörpern in Patientenserum nicht hinreichend geklärt war, und hierzu konnte der Fach-mann der [X.] nichts entnehmen.
Das Fehlen einer Begründung für die Entscheidung, [X.]-Zellen als Ausgangsmaterial zu wählen, wurde auch nicht dadurch kompensiert, dass [X.]
-
18
-
ter den sechs als Autoren der [X.] aufgeführten Wissenschaftlern
an vierter Stel-le Umberto [X.] genannt ist, der bereits als Koautor des (oben genannten) im Jahre 1995 veröffentlichten Untersuchungsberichts sowie einer Vielzahl von weiteren Publikationen auf diesem [X.]ebiet in Erscheinung getreten war. Auch wenn Professor [X.], wie die Klägerin vorträgt, zum [X.] des [X.] einer der weltweit führenden Meinungsbildner auf dem [X.]ebiet der Immu-nologie von [X.]erkrankungen gewesen sein mag, wäre es doch aus [X.] Sicht rein spekulativ gewesen, aus seiner Nennung als Koautor des Abstracts Schlüsse auf die Verlässlichkeit der dort berichteten Ergebnisse zu ziehen.
(7)
[X.]egen
die Wahl der [X.] als Ausgangspunkt für die Entwicklung
eines immunreaktiven Verfahrens zum Nachweis
von [X.]
sprach schließlich auch, dass dem Fachmann
aus damaliger Sicht mit der [X.]/[X.]
ein
vergleichs-weise
aussichtsreicher
Ansatz zur Verfügung
stand. Im Abstract der
[X.]
wird (unter Bezugnahme auch auf die Ergebnisse der [X.]) davon berichtet, dass ins-gesamt elf
gereinigte
und mit ihrem Molekulargewicht bestimmte [X.] aus der nicht-kollagenen [X.] von [X.] "entdeckt"
worden seien, die mit [X.]-Serum von [X.]-Patienten reagiert
hät-ten.
Damit wurden zwar auch in der [X.]/[X.] [X.]-Seren verschiedener [X.]-Patienten für die [X.] eingesetzt, so dass die Reproduzierbarkeit von [X.] in hinreichender Menge und Reinheit aufgrund der Polyklo-nalität genauso wenig abschätzbar war wie bei der [X.]. [X.]egenüber der [X.] hat-ten die [X.]/[X.] jedoch den Vorzug, dass nicht kanzerogen verändertes
humanes [X.]ewebe als
Ausgangsmaterial gewählt wurde. In der
[X.]/[X.] wird zudem
das Verfahren zur Identifizierung der Autoantigene konkret in seinen einzelnen Schritten
(vgl. in
[X.], [X.]. [X.] unter "Materials and Methods")
und Ergeb-nissen ([X.], [X.] unter "Results"; zur Reaktivität der 11 "entdeckten"
[X.] vgl. auch [X.], Figuren 3 und 4) beschrieben.
Auch
lässt sich der [X.] entnehmen, dass die
antigene [X.]ezifität der Polypeptide durch [X.] 34
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19
-
unter Verwendung von zehn
Kindern mit unbehandelter [X.] und zehn
Test-personen ohne [X.] bestätigt worden seien ([X.], [X.], li. [X.] vorletzter vollständiger Abs.). Alle diese Angaben
erleichterten
dem Fachmann
nicht nur die praktische Nacharbeitung
der beschriebenen Verfahren, sondern vermittel-ten
ihm auch eine größere
Sicherheit, dass er die
Verfahren erfolgreich würde nacharbeiten können. Die eher kleine Zeitspanne
von zwei Jahren zwischen der Veröffentlichung der
[X.]
im Jahr 1993 und
der [X.]
im [X.] stand dieser Erfolgserwartung nicht entgegen, zumal der [X.] des Streitpatents nur ein knappes Jahr später liegt.
Die rechtliche Verfügbarkeit des in der [X.]/[X.] offenbarten Ausgangsma-terials ([X.] Lungengewebe) wurde
durch die 1991 veröffentlichten "Richtli-nien zur Verwendung fetaler Zellen und fetaler [X.]ewebe"
der zentralen Kommis-sion der [X.] zur Wahrung ethischer [X.]rundsätze in der Repro-duktionsmedizin, Forschung an menschlichen Embryonen und [X.]entherapie nicht ausgeschlossen.
Die Richtlinien
sehen zwar in Nr.
4.8 vor, dass experi-mentelle Forschungen und Heilversuche, die Untersuchungen an oder mit feta-len Zellen oder fetalen [X.]eweben zum [X.]egenstand haben, einer öffentlich-rechtlichen Ethikkommission zur Beurteilung vorgelegt werden müssen und die Ethikkommission
sich unter anderem zu vergewissern hat, dass die gewünsch-ten Erkenntnisse nicht auf eine andere Weise gewonnen werden können ([X.], [X.], 28. November 1991, [X.], [X.], Nr.
4.8

K81).
Diese Voraussetzungen sind jedoch im vorliegenden
Fall nicht gegeben, weil der Fachmann aus damaliger
Sicht den
in der [X.] allgemein beschriebenen Ansatz für ein
Verfahren
zur Diagnose von [X.]
als weniger erfolgverspre-chend angesehen hat als den, der in der [X.]/[X.] aufgezeigt wurde.
b)
Ausgehend von der [X.]/[X.] war die Lehre aus Patentanspruch 1 des Streitpatents nicht naheliegend. Nach diesen Entgegenhaltungen
wurde aus [X.] ein Proteinkomplex synthetisiert und sekretiert, der mit [X.] von [X.]-Patienten reagiert und daraus insgesamt elf
Monokomponen-35
36
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20
-
ten-Polypeptide mit einem Molekulargewicht von 17 bis 39,5 kDA identifiziert, die mit [X.] aus Serum von Kindern mit [X.]
reagierten ([X.],
S.
420, li. [X.]). Eine Anregung, nach [X.], einer Sequenz derselben o-der einem Analogon
zu forschen, war dem nicht zu entnehmen. Zudem wird in der [X.] im Hinblick auf eine
wissenschaftliche Vorveröffentlichung ausgeführt, dass das dort beschriebene, aus einem seltenen Hauttumor extrahierte epithe-liale, extrazelluläre 90-kDa-[X.]lycoprotein nicht das Antigen zu sein scheine, das durch Anti-[X.]-Antikörper ([X.]) erkannt werde ([X.], S.
422, re. [X.] unten). Zwar ergibt sich daraus keine Aussage zur Reaktivität des Proteins mit Anti-[X.]-Antikörper. Eine Motivation in diese Richtung zu forschen, folgte
daraus aber auch nicht. Vielmehr wurde
der Fachmann durch
die [X.]/[X.] allein dazu veranlasst, seine Forschung auf die elf
identifizierten [X.] mit den genannten [X.] von 17 bis 39,5 kDa
auszu-richten.
IV.
Ohne Erfolg macht die Klägerin ferner geltend, der [X.]egenstand der
Patentansprüche 8 und 9
sei nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann ihn ausführen könne.
Nach der Rechtsprechung des Senats ist es hinreichend, wenn dem Fachmann ein nacharbeitbarer Weg zur Ausführung der Erfindung offenbart wird ([X.], Urteil vom 11. Mai 2010

[X.], [X.]RUR 2010, 901 Rn. 36

Polymerisierbare Zementmischung; Urteil vom 10.
November 2015

X
ZR
88/13, Rn. 24). Dies ist hier hinsichtlich der Patentansprüche 1 bis 7 der Fall, da dem Fachmann in der Beschreibung des Streitpatents ein Protein mit der enzymatischen Funktion einer Transglutaminase aus dem Lebergewebe eines Meerschweinchens offenbart wird, das erfolgreich als Reagenz in einem immunologischen Verfahren zur Diagnose und Verlaufskontrolle der [X.] eingesetzt wurde (Abs. 46 ff.), wie auch das Patentgericht nicht verkannt hat. Die Beschreibung hat den Fachmann zudem in die Lage versetzt, mittels im Handel erhältlicher [X.] aus Meerschweinchen ein oral 37
38
-
21
-
zu verabreichendes Mittel zur Behandlung von Patienten mit [X.] bereitzu-stellen bzw. zu verwenden, wie das Patentgericht ebenfalls zutreffend hinsicht-lich der Patentansprüche
8 und 9 ausgeführt hat.
Dem Fachmann war es damit zudem
möglich, immunreaktive tT[X.]-Sequenzen und Analoga für ein Verfahren zur Diagnose und
Therapiekontrolle von [X.] und auf ihre Eignung als ora-les pharmazeutisches Mittel zu deren Behandlung hin zu untersuchen.
V.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 [X.], § 91 Abs. 1 ZPO.
Meier-Beck
[X.]rabinski
Hoffmann

Schuster
Deichfuß
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 28.06.2011 -
3 Ni 10/10 ([X.]) -

39

Meta

X ZR 148/11

19.04.2016

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.04.2016, Az. X ZR 148/11 (REWIS RS 2016, 12798)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 12798

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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X ZR 148/11

X ZR 51/06

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