Bundesgerichtshof, Urteil vom 19.04.2016, Az. X ZR 148/11

10. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 12777

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Gegenstand

Patentnichtigkeitssache: Neuheitsschädliche Vorveröffentlichung bei einem Verfahren zum Nachweis einer bestimmten Antigen-Antikörper-Reaktion; Zwischenbericht über noch nicht abgeschlossene Forschungsarbeiten - Zöliakiediagnoseverfahren


Leitsatz

Zöliakiediagnoseverfahren

1. Ein Verfahren zum Nachweis einer bestimmten Antigen-Antikörper-Reaktion (hier: Antikörper gegen Gewebe-Transglutaminase) wird nicht durch eine Vorveröffentlichung neuheitsschädlich getroffen, in der zwar eine spezifische Immunreaktion (hier: zur Diagnose der Zöliakie) beschrieben wird, jedoch weder Antigen noch Antikörper näher charakterisiert werden.

2. Der Umstand, dass in einem zusammenfassenden Zwischenbericht (Abstract) über noch nicht abgeschlossene Forschungsarbeiten zwei Antigene als identifiziert bezeichnet werden, legt es dem an der Entwicklung eines hinreichend spezifischen Immunoassays interessierten Fachmann nicht notwendigerweise nahe, sich um die Nacharbeitung der berichteten Forschungsergebnisse zu bemühen. Für die Erfolgserwartung des Fachmanns kann auch von Bedeutung sein, inwieweit ihm die Angaben im Abstract eine Einschätzung der Sachgerechtigkeit und Zuverlässigkeit der Versuchsanlage und -durchführung und der Reproduzierbarkeit der angegebenen Ergebnisse erlauben.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des 3. Senats ([X.]) des [X.] vom 28. Juni 2011 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Tatbestand

1

Die Beklagten sind Inhaber des mit Wirkung für die [X.] erteilten [X.] Patents 912 898 (Streitpatents), das am 14. Juli 1997 unter Inanspruchnahme einer [X.] Priorität vom 18. Juli 1996 angemeldet worden ist und ein immunologisches Verfahren zur Diagnose oder Therapiekontrolle der Sprue oder [X.] betrifft. Das Streitpatent umfasst neun Ansprüche, von denen Anspruch 1 wie folgt lautet:

"Verfahren zur Diagnose oder Therapiekontrolle der Sprue oder [X.],  d a d u r c h  g e k e n n z e i c h n e t , dass Antikörper gegen [X.] (tTG) aus Körperflüssigkeiten durch eine Immunreaktion mit [X.] (tTG), deren immunreaktiven Sequenzen oder Analoga nachgewiesen werden, wobei die Immunreaktion nicht mit einem Gewebeschnitt eines tierischen oder menschlichen Gewebes durchgeführt wird."

2

Die Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents, insbesondere der Patentansprüche 8 und 9, sei nicht so deutlich offenbart, dass ein Fachmann ihn ausführen könne. Zudem fehle es an der Patentfähigkeit. Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten und haben das Streitpatent hilfsweise in der Fassung von fünf Hilfsanträgen verteidigt. Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt. Hiergegen wenden sich die Beklagten mit der Berufung, mit der sie den Antrag auf Klageabweisung und die erstinstanzlichen Hilfsanträge weiterverfolgen. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.

3

Als gerichtlicher Sachverständiger hat Prof. Dr. Dr. S.    B.    ,                                                            , ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Entscheidungsgründe

4

Die zulässige Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg.

5

I. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zur Diagnose oder Therapiekontrolle der [X.] oder [X.]rue (im Folgenden nur: [X.]).

6

Nach den Erläuterungen in der Streitpatentschrift war für die Diagnose der [X.] und die Verlaufskontrolle unter glutenfreier Diät im Prioritätszeitpunkt die [X.] der "[X.]oldstandard". Zunehmend gewännen aber auch nicht-invasive Methoden der Diagnostik an Bedeutung, die auf immunologischen Markern beruhten. Da in den Seren der [X.]-Patienten Antikörper (Immunglobuline) der Klassen A ([X.]) und [X.] (Ig[X.]) vorkämen, die zum einen gegen [X.]liadin und zum anderen gegen ein Autoantigen des [X.], eines speziellen Bindegewebes, gerichtet seien, könnten die Seren im enzymgekoppelten [X.] ([X.]) auf Ig[X.]- und [X.]-Antikörper gegen [X.]liadin sowie durch indirekte Immunfluoreszenz auf Ig[X.]- und [X.]-Antikörper gegen [X.] getestet werden. Während Antikörper gegen [X.]liadin nicht spezifisch genug für die [X.] seien, werde für die [X.]-Antikörper gegen [X.] eine hohe Sensitivität und [X.]ezifität berichtet. Für den [X.] würden jedoch Ösophagusschnitte von Primaten benötigt, was als generelle Screeningmethode zu aufwändig sei, einer subjektiven Bewertung unterliege und nicht die Erfassung von [X.]-Patienten mit einer [X.]-Defizienz erlaube (Abs. 9 und 13).

7

Nach den weiteren Ausführungen in der Streitpatentschrift existiert kein nicht-invasiver, spezifischer, quantitativer, schnell, leicht und kostengünstig durchzuführender [X.] für die [X.] und deren Therapiekontrolle (Abs. 14), womit das der Erfindung zugrunde liegende technische Problem bezeichnet ist.

8

Um einen solchen Test bereitzustellen, wird in Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung folgendes Verfahren vorgeschlagen, das sich in Anlehnung an das angefochtene Urteil wie folgt gliedern lässt:

1. Das Verfahren dient der Diagnose oder zur Therapiekontrolle der [X.].

2. Es werden Antikörper gegen [X.]ewebe-Transglutaminase (tT[X.]) aus Körperflüssigkeiten nachgewiesen.

3. Der Nachweis erfolgt durch eine Immunreaktion mit

3.1 [X.]ewebe-Transglutaminase (tT[X.]),

3.2 immunreaktiven tT[X.]-Sequenzen oder

3.3 Analoga

4. Die Immunreaktion wird nicht mit einem [X.]ewebeschnitt eines tierischen oder menschlichen [X.]ewebes durchgeführt.

9

Ein Analogon im Sinne des Merkmals 3.3 ist eine antigene Struktur (etwa eines Polypeptids oder Proteins), die mit Rezeptoren von Antikörpern gegen [X.]ewebe-Transglutaminase aus Körperflüssigkeiten eine Immunreaktion eingeht und diese dadurch nachweist. Dies erschließt sich dem Fachmann, als der - in Übereinstimmung mit den Ausführungen im angefochtenen Urteil - ein promovierter [X.] der Fachrichtung Biochemie, ein promovierter Diplom-Biomechaniker oder ein promovierter Biologe mit jeweils besonderen Kenntnissen und Erfahrungen auf dem [X.]ebiet der Immunologie sowie auf dem [X.]ebiet der Aufarbeitung von Proteinen anzusehen ist, der mit der Entwicklung von [X.] oder von Immunreagenzien befasst und vertraut ist, wenn er sich vor Augen führt, dass in den anderen beiden Varianten des erfindungsgemäßen Verfahrens die Anti-tT[X.]-Antikörper aus Körperflüssigkeit durch eine Immunreaktion mit [X.]ewebe-Transglutaminase oder deren immunreaktiven Sequenzen nachgewiesen werden. Entsprechend muss ein Analogon solcher Sequenzen nach der dritten Variante des erfindungsgemäßen Verfahrens gleichfalls über diese Eigenschaft verfügen. Dieses Verständnis von Patentanspruch 1 wird gestützt durch die Beschreibung des Streitpatents, wonach als tT[X.]-Analoga alle antigenen Strukturen verstanden werden, die mit Antikörpern gegen [X.]ewebe-Transglutaminase eine Immunreaktion eingehen wie z.B. synthetische Peptide (Abs. 20).

II. Das Patentgericht hat den [X.]egenstand des Streitpatents für nicht patentfähig erachtet und seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Bei der Bewertung der Patentfähigkeit des beanspruchten Verfahrens komme es aus Sicht des Fachmanns nicht auf die enzymatische Funktion oder die Herkunft der eingesetzten Reagenzien an, sondern entscheidend sei allein die immunologische Fähigkeit des [X.], mit den im Serum von [X.]-Patienten vorhandenen, gegen [X.]ewebe-Transglutaminase gebildeten Antikörpern einen detektierbaren Immunkomplex zu bilden. Demnach seien unter Analoga der [X.]ewebe-Transglutaminase alle antigenen Strukturen bzw. diese enthaltenden Stoffe (Peptide und Proteine) zu verstehen, die mit Anti-tT[X.]-Antikörpern jedweder Herkunft eine Immunreaktion einzugehen bzw. einen Immunkomplex zu bilden vermöchten.

Dem [X.]egenstand des Patentanspruchs 1 in der erteilten Fassung des Streitpatents fehle danach die Neuheit. Bereits durch die Veröffentlichung von [X.], [X.] und [X.] ("Reaction of human non-collagenous polypeptides with coeliac disease autoantibodies"; [X.] 338 [1991], 724 f. - [X.]) und die weitere Veröffentlichung der Autoren [X.] und [X.] ("Purification of Fibroblast Derived Celiac Disease Autoantigen Molecules"; Pediatric Research 34 [1993], 420-423 - [X.]) werde das erfindungsgemäße Verfahren vorweggenommen. In der Entgegenhaltung [X.] seien gereinigte, nicht von Kollagen stammende Polypeptide aus Fibroblasten fötalen Lungengewebes beschrieben, die spezifisch mit Autoantikörpern von [X.]-Patienten reagierten. Diese autoantigenen Polypeptide bänden spezifisch an Autoantikörper gegen [X.] ([X.]) und [X.] ([X.]). Die damit in [X.] beschriebene Immunkomplexbildung stelle ein immundiagnostisches Verfahren zur Bestimmung der [X.] dar. Ebenso seien in der [X.] aufgereinigte autoantigene Polypeptide der [X.] aus [X.] beschrieben, die aufgrund ihrer immunologischen Funktion an [X.]-Antikörper aus Serum von [X.]-Patienten bänden. Bei den in der [X.] und [X.] offenbarten [X.] handele es sich jedenfalls um tT[X.]-Analoga. Denn das Vorliegen korrelierender Testergebnisse, die mit endomysialen [X.]ewebeschnitten einerseits und isolierten [X.] der [X.] andererseits erhalten würden, bedeute nichts anderes als das Vorliegen oder Nicht-Vorliegen von [X.]- und/oder Ig[X.]-Antikörpern gegen [X.]ewebe-Transglutaminase.

Das Verfahren nach Patentanspruch 1 werde auch durch die - lediglich für die Neuheitsprüfung nach [X.]. 54 Abs. 3 EPÜ heranzuziehende - [X.] [X.] 195 20 480 ([X.]) offenbart. In der [X.] werde ein [X.] zur Diagnose der [X.] durch den Nachweis von Antikörpern in Körperflüssigkeiten beschrieben. Als immundiagnostische Reagenzien würden antigene Polypeptide aus Affendünndarm, aus [X.] und/oder aus [X.] und damit keine [X.]ewebeschnitte eingesetzt, wobei das Vorkommen der von diesen Antigenen spezifisch gebundenen Antikörper mit der [X.]egenwart von Anti-[X.]-Antikörpern korreliere. Das bedeute nichts anderes als das Vorliegen oder Nicht-Vorliegen von [X.]- und/oder Ig[X.]-Antikörpern gegen tT[X.], deren immunreaktive Sequenzen und Analoga in den untersuchten Körperflüssigkeiten, unabhängig davon, wie dieser Vergleich zwischen endomysealem [X.]ewebe und daraus isolierten [X.] durchgeführt werde.

Das erfindungsgemäße Verfahren sei auch nicht neu gegenüber dem u.a. auf die Erfinder zurückgehenden Abstract von [X.] et al. ([X.]ut, 4th United European [X.]astroenterology Week, 17-21 September 1995, [X.] f., Abstract 773 - [X.]). Die [X.] betreffe bereits ausweislich ihres Titels die Charakterisierung von [X.] der [X.] mit dem Ziel des Nachweises der gegen diese Antigene aus extrazellulärer [X.]ewebematrix (Extracellular Matrix - [X.]) von [X.] gerichteten Antikörpern von [X.]-Patienten. Im Einzelnen seien aus der humanen [X.] zwei native Antoantigene der [X.] mit [X.] von 90 und 300 kDa nach [X.] mit [X.]-Antikörpern aus Seren von [X.]-Patienten isoliert und teilweise charakterisiert worden. Die dabei verwendete [X.] von [X.]-Antikörpern mit Kulturmedium sowie [X.] von [X.] habe sämtliche Arbeitsschritte einer Immunreaktion und damit eines diagnostischen Verfahrens umfasst. Die [X.] wie auch die 300-kDa-Fraktion hätten zumindest ein autoantigenes Protein der [X.] aufgewiesen, das mit gegen [X.] bzw. die extrazelluläre [X.]ewebematrix gerichteten Antikörpern von [X.]-Patienten eine [X.] eingehe und damit in seiner immunologischen Funktion mit der im [X.] lokalisierten [X.]ewebe-Transglutaminase korreliere.

Selbst wenn das erfindungsgemäße Nachweisverfahren in den [X.] [X.], [X.] und [X.] nicht vollständig offenbart sein sollte, sei es jedenfalls durch diese Schriften nahegelegt worden. Der Fachmann habe Anlass gehabt, jede dieser Veröffentlichungen als Ansatzpunkt zur Lösung der Aufgabe zu wählen, einen nicht-invasiven, spezifischen, schnellen und kostengünstigen immunologischen Test zum Nachweis der [X.] bereitzustellen, weil die Schriften jeweils konkret auf die Diagnostik der [X.] in Korrelation zu endomysialen [X.]ewebeschnitten als Reagenz Bezug nähmen. Das gelte auch für die [X.], weil sich schon aus deren Überschrift nicht nur die Charakterisierung der Autoantigene der [X.], sondern auch die immunologische Relevanz für die Diagnostik der [X.] erkennen lasse. Ausgehend von der Bezugnahme in dem Abstract auf die [X.]-Diagnose anhand des Nachweises von [X.] mittels entsprechender [X.]ewebeschnitte als diagnostischen [X.] habe der Fachmann auch deshalb Anlass gehabt, die [X.] als Ausgangspunkt seiner Arbeit an einem Immuntest für [X.] zu wählen und gerade diese beiden Antigene dabei als Reagenzien zum Nachweis spezifischer Antikörper in den Körperflüssigkeiten von [X.]-Patienten in Betracht zu ziehen, weil es sich bei [X.] um eine schnell wachsende, öffentlich verfügbare und standardisierte Zelllinie handele. Ausgehend von den Angaben in der [X.] gelinge dem Fachmann nicht nur die Anzucht von [X.] der Zelllinie [X.], sondern auch die Aufreinigung der beiden in [X.] identifizierten Proteine mit autoantigenen Eigenschaften. Es habe auf der Hand gelegen, diese Proteine in einem üblichen immunologischen Verfahren wie einem [X.] mit Patientensera zur Diagnose der [X.] einzusetzen.

[X.] [X.] zur Bereitstellung beider dort identifizierter autoantigener Proteine bereite dem Fachmann keine Probleme. Dies gelte auch für die Durchführung der [X.]. Eine Präferenz für eine der beiden üblichen Methoden der Immobilisierung von Antikörpern (durch Affinitätsbindung oder durch kovalente Bindung) gehe aus der [X.] nicht hervor, deshalb auch nicht zwingend eine Präferenz für eine Affinitätsbindung über [X.] Die Wahl und selbst eine gegebenenfalls notwendige Durchführung mit nach beiden Methoden immobilisierten [X.]-Antikörpern überfordere den Fachmann, der das Ziel durch Vergleichstests stets überprüfbar vor Augen habe, nicht. Auch das Vorliegen zweier Proteine mit autoantigenen Eigenschaften stelle den Fachmann nicht vor Schwierigkeiten, weil beide in der [X.] eindeutig beschrieben und unterschiedlich lokalisiert seien. Im [X.]utachten des [X.] [X.]erichtssachverständigen Dr. C.      [X.].       aus einem den [X.] Anteil des Streitpatents betreffenden, vor dem [X.] geführten Patentstreitverfahren sei demgegenüber das Wissen und Können des Fachmanns deutlich zu niedrig angesetzt.

III. Die Beurteilung des Patentgerichts hält der Nachprüfung im Berufungsverfahren nicht stand.

1. [X.] aus Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung ist neu.

a) Sie wird nicht durch die [X.] und die [X.] vorweggenommen. In der [X.] werden zwar sechs gereinigte, aus Fibroblasten fötalen Lungengewebes stammende, nicht kollagene Polypeptide mit einem Molekulargewicht von 18,5 bis 37 kDa beschrieben, die spezifisch mit Autoantikörpern von [X.]-Patienten reagieren. Es wird jedoch nicht offenbart, dass es sich bei diesen [X.] um [X.]ewebe-Transglutaminase oder immunreaktive Sequenzen derselben handelt. Infolgedessen ist der Entgegenhaltung auch nicht zu entnehmen, dass die mit ihrem Molekulargewicht identifizierten Polypeptide Epitope aufweisen, die mit Rezeptoren von Anti-tT[X.]-Antikörpern eine Immunreaktion eingehen. [X.]leiches gilt für die vier in der [X.] beschriebenen, aus [X.] stammenden, nicht kollagenen und gereinigten Polypeptide mit [X.] von 17 bis 39,5 kDa. Bei diesen konnte ebenfalls eine spezifische Reaktion mit Autoantikörpern von Patienten mit [X.] festgestellt werden, ohne dass die Entgegenhaltung einen Hinweis darauf enthält, dass es sich bei den [X.] gerade um [X.]ewebe-Transglutaminase, immunreaktive Sequenzen derselben oder antigene Strukturen handelt, die mit Anti-tT[X.]-Antikörpern immunologisch reagieren. Zudem wird in keiner der beiden Vorveröffentlichungen ein Verfahren offenbart, das der Diagnose oder der Therapiekontrolle der [X.] dient.

Entgegen der Auffassung des Patentgerichts genügt es für eine Vorwegnahme der erfindungsgemäßen Lehre nicht, dass die aufgefundenen Polypeptide immunreaktive tT[X.]-Sequenzen oder Analoga umfasst haben mögen. Denn Patentanspruch 1 ist nicht auf die [X.]ewebe-Transglutaminase, immunreaktive Sequenzen derselben oder Analoga gerichtet, sondern auf ein Verfahren, bei dem Antikörper gegen [X.]ewebe-Transglutaminase nachgewiesen werden. Ein Verfahren zum Nachweis von Antikörpern gegen [X.]ewebe-Transglutaminase wird jedoch nicht offenbart, wenn weder Antigen noch Antikörper identifiziert sind und daher nicht Anti-tT[X.]-Antikörper nachgewiesen werden, sondern nur eine zöliakiespezifische Immunreaktion aufgezeigt wird.

b) [X.] aus Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung geht auch nicht aus der [X.] hervor, die nach [X.]. 54 Abs. 3 EPÜ für die Neuheitsprüfung zu berücksichtigen ist. Danach wird zwar ein Test zur Diagnose von [X.] anhand der Bestimmung von Antikörpern in Seren von Patienten mit [X.] vorgeschlagen, bei dem als immundiagnostische Reagenzien antigene Polypeptide aus Affendünndarm, aus [X.] und/oder aus [X.] verwendet werden. Auch die [X.] offenbart jedoch nicht, dass es sich bei diesen [X.] um [X.]ewebe-Transglutaminase, immunreaktive Sequenzen derselben oder antigene Strukturen handelt, die mit Anti-tT[X.]-Antikörpern immunologisch reagieren.

c) Das erfindungsgemäße Verfahren ist schließlich auch neu gegenüber der u.a. auf die Erfinder des Streitpatents zurückgehenden Zusammenfassung (Abstract) [X.]. In der [X.] wird zwar angegeben, dass unter Verwendung der mesenchymalen humanen Zelllinie [X.] und mittels Immunopräzipitation zwei native Autoantigene der [X.] mit einem scheinbaren Molekulargewicht von 90 kDa (zellassoziiert) und von 300 kDa (ins Medium freigesetzt) identifiziert worden seien. Die Proteine werden jedoch nicht näher charakterisiert, und es wird kein Verfahren aufgezeigt, welches der Diagnose oder Therapiekontrolle der [X.] dient. Es bleibt damit offen, ob eines der beiden als "identifiziert" bezeichneten Autoantigene zur Herbeiführung einer Immunreaktion im Rahmen eines solchen Diagnose- oder Therapiekontrollverfahrens geeignet ist.

2. [X.] aus Patentanspruch 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit, weil sie sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergab.

a) Dem Patentgericht kann nicht in der Annahme beigetreten werden, der Fachmann, der zum Prioritätszeitpunkt bestrebt war, einen nicht-invasiven, spezifischen und empfindlichen [X.] für die [X.] zu entwickeln, habe die [X.] als Ausgangspunkt für seine Arbeiten gewählt. Verhandlung und Beweisaufnahme haben keine hinreichende Anhaltspunkte dafür erbracht, dass der Fachmann Anlass hatte, seine Bemühungen in der Erwartung, die in dem Abstract berichteten Ergebnisse nacharbeiten zu können und auf diese Weise ein für die Entwicklung eines Nachweisverfahrens geeignetes Autoantigen in die Hand zu bekommen (vgl. zur hinreichend begründeten Erfolgserwartung als Kriterium für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit B[X.]H, Urteil vom 15. Mai 2012 - [X.], [X.]RUR 2012, 803 Rn. 46 - [X.]), auf die Identifizierung der in der [X.] nur mit ihrem Molekulargewicht bezeichneten Proteine zu richten.

(1) Der Abstract bemerkt einleitend, dass die molekularen Mechanismen noch immer unbekannt seien, obwohl [X.]liadin offensichtlich bei der Pathogenese von [X.] beteiligt sei. Außerdem scheine [X.] mit intestinalen [X.] assoziiert zu sein. Das Serum unbehandelter Patienten enthalte Ig[X.]- und [X.]-Antikörper, die mit der extrazellulären Matrix ([X.]) normaler menschlicher Zellen reagierten. Für die [X.]diagnose würden Antikörper gegen [X.], [X.] und [X.]liadin durch indirekte Immunfluoreszenz oder [X.] nachgewiesen. Insbesondere der [X.]-[X.]-Antikörper sei hochsensitiv und stehe in Beziehung zu den aktiven [X.]phasen. Bis jetzt seien jedoch die Zielantigene nicht identifiziert worden, möglicherweise, weil sie durch [X.] nicht nachweisbar seien. Insoweit wird der Stand der Technik wiedergegeben, wie er dem Fachmann insbesondere aus den [X.] [X.] und [X.] bekannt war.

(2) In dem Abstract wird sodann berichtet, dass zum Zweck der Identifizierung der [X.]-Antigene [X.]-Zellen von menschlichem [X.] mit S-Methionin metabolisch markiert und das Kulturmedium sowie das [X.] mit [X.]-Antikörpern von [X.]-Patienten immunopräzipitiert worden seien. Bei der SDS-PA[X.]E/Autoradiographie seien zwei Proteine mit einem scheinbaren Molekulargewicht von 90 kDa (zell-assoziiert) und einem Molekulargewicht von 300 kDa (ins Medium freigesetzt) identifiziert worden. Ausreichende Mengen der Proteine würden gegenwärtig isoliert, um Informationen zur [X.] zu erhalten. Als Schlussfolgerung wird wiedergegeben, dass unter Verwendung der mesenchymalen humanen Zelllinie [X.] und mittels Immunopräzipitation zwei native Autoantigene der [X.] identifiziert worden seien.

(3) Die Entgegenhaltung [X.] enthält damit zwar die Behauptung, es sei nunmehr gelungen, zwei native Autoantigene der [X.] zu identifizieren. Der Fachmann erhielt aus dem Abstract jedoch keinerlei nähere Informationen, aufgrund derer er abschätzen konnte, ob diese Behauptung tatsächlich zutraf (was objektiv nicht oder nur zum Teil der Fall war, da sich später zeigte, dass es sich bei einem der beiden vermeintlichen Autoantigene der [X.] um [X.] handelte). Da ausgeführt wird, gegenwärtig würden zur Bestimmung der [X.] ausreichende Mengen der Proteine isoliert, wird unmittelbar deutlich, dass von einer Identifizierung zweier nativer Autoantigene im strengen Sinne noch keine Rede sein konnte; der gerichtliche Sachverständige spricht in seinem schriftlichen [X.]utachten dementsprechend anschaulich davon, die Autoren lehnten sich mit dieser Bemerkung "sehr weit aus dem Fenster". In dem offenbar gemeinten weiteren Sinne war die Identifizierung von zöliakiespezifischen Antigenen jedoch auch bereits in der [X.] und in der [X.] ("We have identified extracellular matrix noncollagenous protein molecules that specifically react with CD patient sera [X.]", [X.] [X.] li. [X.]) berichtet worden, ohne dass bislang tatsächlich solche Antigene näher charakterisiert worden wären.

(4) Dieser Umstand wiegt um so schwerer, als der [X.], ihrem Charakter als Abstract und eine [X.] "Zwischenbericht" über die nach Einschätzung der Autoren bisher erzielten Ergebnisse entsprechend, keinerlei Einzelheiten über Anlage und Durchführung der Untersuchungen zu entnehmen waren. Der "Zwischenbericht" konnte demgemäß auch nicht [X.]egenstand einer kritischen Prüfung auf die Wahrung wissenschaftlicher Standards gewesen sein, wie sie bei einer "Originalarbeit" zu erwarten war, und aus dem Umstand, dass ein verheißungsvolles Ergebnis angekündigt wurde, war mithin nicht zu schließen, dass sich dieses Ergebnis tatsächlich verifizieren ließ. Der Fachmann, der die Verfahrensschritte nacharbeiten wollte, hätte zudem die konkreten Bedingungen für Versuchsaufbau und Durchführung erst selbst festlegen und damit das Risiko eingehen müssen, auch aufgrund abweichender Bedingungen zu anderen Ergebnissen zu gelangen, als sie in der [X.] genannt werden.

Hinzu kommt, dass der Abstract auch hinsichtlich der Ergebnisse der durchgeführten Verfahren nur wenige Informationen enthält. Weder ist die erwähnte Autoradiographie des immunpräzipitierten [X.]s aus [X.]-Zellen nach der Trennung durch [X.]elelektrophorese in der [X.] wiedergegeben, noch enthält der Abstract nähere Angaben zur Reaktivität der Antigene mit den Seren von [X.]-Patienten. Zudem fehlen Angaben, ob die angegebene Reaktivität der Proteine mit einem Molekulargewicht von 90 und 300 kDa mit [X.]seren durch fehlende Reaktivität mit Seren von gesunden Erwachsenen oder Patienten mit anderen Erkrankungen validiert wurde.

(5) Bei der in der [X.] zur Identifizierung der Ziel-Antigene vorgeschlagenen [X.] des aus der [X.]-Zelllinie gewonnenen [X.]s mit [X.]-Antikörpern von Patienten mit aktiver [X.] war für den Fachmann aufgrund der Polyklonalität der Patientenseren zudem nicht absehbar, ob er die Ziel-Antigene mit hinreichend gesicherter Aussicht auf Erfolg und in erforderlichen Mengen reproduzieren konnte. Da polyklonale Seren - anders als ein definierter monoklonaler Antikörper - in der Regel gegen verschiedene Epitope gerichtet sind, musste er vielmehr mit einer je nach Patient unterschiedlichen Bandbreite an Reaktivitäten oder gegebenenfalls Kreuzreaktivitäten rechnen. Es war daher nicht unwahrscheinlich, dass bei Nacharbeitung des in der [X.] nur allgemein beschriebenen Verfahrens mehr als ein Protein mit 90 oder 300 kDa präzipitiert werden würde oder - mit anderen Worten - auch ganz andere Antigene als die Zielantigene erhalten würden, zumal durch die in der [X.] vorgeschlagene [X.]elelektrophorese gerade auch sehr geringe Mengen präzipitiertes Protein erfasst werden konnten. Dieses Risiko wurde nicht dadurch ausgeschlossen, dass die beiden Zielantigene in der [X.] mit ihrem Molekulargewicht von 90 und 300 kDa charakterisiert werden, weil derartige [X.]ewichtsangaben als alleiniges Kriterium nicht hinreichend sind, um Proteine sicher zu identifizieren.

(6) [X.]egen die Annahme, die Entgegenhaltung [X.] habe dem Fachmann eine hinreichend begründete Erfolgserwartung vermittelt, spricht vor diesem Hintergrund weiter, dass in der [X.] nicht begründet wird, weshalb als Ausgangsmaterial, aus dem die Autoantigene gewonnen worden sein sollen, kein gesundes humanes [X.]ewebe gewählt wurde, sondern die Zelllinie [X.] von menschlichem [X.], die zum Prioritätszeitpunkt bereits über 20 Jahre alt war.

Nach den überzeugenden Erläuterungen des gerichtlichen Sachverständigen war für den Fachmann, der einen spezifischen und sensitiven Test zur Diagnose der [X.] durch Immunreaktion entwickeln wollte, die Auswahl des richtigen Ausgangsmaterials (Ressource) zur [X.]ewinnung des für einen Bioassay benötigten Antigens von großer Bedeutung. Dabei bot es sich für ihn primär an, humanes [X.]ewebematerial zu wählen, das idealer-, aber nicht notwendigerweise aus [X.] stammt. Entsprechend wird auch in wissenschaftlichen Veröffentlichungen aus den letzten fünf Jahren vor dem [X.] des Streitpatents humanes [X.]ewebe als Ressource für die Immunreaktion mit Autoantikkörpern von [X.]-Patienten verwendet, wie in den Publikationen von [X.]/[X.] und [X.] sowie [X.] und [X.] ([X.] und [X.]) [X.] Lungengewebe und in einem Untersuchungsbericht von [X.] et al. ("[X.] anti-endomysial antibodies on human umbilical cord tissue for celiac disease screening. [X.]", [X.]. 1995, 1902 ff.; vgl. auch Streitpatent, Abs. 9) humane Nabelschnüre. Lediglich in der vor der Priorität des Streitpatents angemeldeten, aber nicht veröffentlichten [X.]n [X.] [X.] wird die Verwendung von Affendünndarm vom Rhesusaffen oder Orang-Utan, von [X.] oder [X.] vorgeschlagen. Zwar handelt es sich auch bei den in der [X.] für die Immunreaktion mit [X.]-Antikörpern ausgewählten [X.]-Zellen von [X.] um humanes Zellmaterial. [X.]egen deren Verwendung sprach jedoch, dass es Tumorzellen sind und der Fachmann auf derart veränderte Zellen als Ausgangsmaterial für das Zielantigen zum immunologischen Nachweis von [X.] nur dann zurückgegriffen hätte, wenn sichergestellt gewesen wäre, dass mit der [X.] - im Vergleich zu gesundem humanen [X.]ewebe - keine Komplikationen im Hinblick auf die angestrebte Immunreaktion zu erwarten waren. Dass dies, etwa durch entsprechende Testverfahren (vgl. die Nachveröffentlichung [X.], [X.], [X.], Donner, [X.], [X.] und [X.] in Nature Medicine 1997, 797, li. [X.]alte, letzter Abs. - [X.]) überprüft worden war, ergab sich für den Fachmann jedoch weder aus allgemeinen fachlichen Erwägungen noch aus der [X.] selbst, in der die Auswahl von [X.]-Zellen von [X.] als Ressource nicht begründet wird. Bedenken gegen die Verwendung von [X.]-Zellen als Ausgangsmaterial folgten auch daraus, dass es sich zum Prioritätszeitpunkt des Streitpatents um eine über 20 Jahre alte Zelllinie handelte, die bereits vielfach passagiert worden war. Der demgegenüber mit der humanen Fibrosakom-Zelllinie [X.] verbundene Vorteil, dass aufgrund der Proliferationsfähigkeit der Zelllinie potentiell eine beliebig große Zellmenge für eine Sequenzierung der isolierten und aufgereinigten [X.]-reaktiven Antigene zur Verfügung stand, fiel für die Auswahlentscheidung solange nicht ins [X.]ewicht, wie deren grundsätzliche Eignung für eine Reaktion mit [X.]-Antikörpern in Patientenserum nicht hinreichend geklärt war, und hierzu konnte der Fachmann der [X.] nichts entnehmen.

Das Fehlen einer Begründung für die Entscheidung, [X.]-Zellen als Ausgangsmaterial zu wählen, wurde auch nicht dadurch kompensiert, dass unter den sechs als Autoren der [X.] aufgeführten Wissenschaftlern an vierter Stelle Umberto [X.] genannt ist, der bereits als Koautor des (oben genannten) im Jahre 1995 veröffentlichten Untersuchungsberichts sowie einer Vielzahl von weiteren Publikationen auf diesem [X.]ebiet in Erscheinung getreten war. Auch wenn Professor [X.], wie die Klägerin vorträgt, zum [X.] des Streitpatents einer der weltweit führenden Meinungsbildner auf dem [X.]ebiet der Immunologie von [X.]erkrankungen gewesen sein mag, wäre es doch aus fachlicher Sicht rein spekulativ gewesen, aus seiner Nennung als Koautor des Abstracts Schlüsse auf die Verlässlichkeit der dort berichteten Ergebnisse zu ziehen.

(7) [X.]egen die Wahl der [X.] als Ausgangspunkt für die Entwicklung eines immunreaktiven Verfahrens zum Nachweis von [X.] sprach schließlich auch, dass dem Fachmann aus damaliger Sicht mit der [X.]/[X.] ein vergleichsweise aussichtsreicher Ansatz zur Verfügung stand. Im Abstract der [X.] wird (unter Bezugnahme auch auf die Ergebnisse der [X.]) davon berichtet, dass insgesamt elf gereinigte und mit ihrem Molekulargewicht bestimmte [X.] aus der nicht-kollagenen [X.] von [X.] "entdeckt" worden seien, die mit [X.]-Serum von [X.]-Patienten reagiert hätten. Damit wurden zwar auch in der [X.]/[X.] [X.]-Seren verschiedener [X.]-Patienten für die [X.] eingesetzt, so dass die Reproduzierbarkeit von [X.] in hinreichender Menge und Reinheit aufgrund der Polyklonalität genauso wenig abschätzbar war wie bei der [X.]. [X.]egenüber der [X.] hatten die [X.]/[X.] jedoch den Vorzug, dass nicht kanzerogen verändertes humanes [X.]ewebe als Ausgangsmaterial gewählt wurde. In der [X.]/[X.] wird zudem das Verfahren zur Identifizierung der Autoantigene konkret in seinen einzelnen Schritten (vgl. in [X.], [X.]. [X.] unter "Materials and Methods") und Ergebnissen ([X.], [X.] unter "Results"; zur Reaktivität der 11 "entdeckten" [X.] vgl. auch [X.], Figuren 3 und 4) beschrieben. Auch lässt sich der [X.] entnehmen, dass die antigene [X.]ezifität der Polypeptide durch [X.] unter Verwendung von zehn Kindern mit unbehandelter [X.] und zehn Testpersonen ohne [X.] bestätigt worden seien ([X.], [X.], li. [X.] vorletzter vollständiger Abs.). Alle diese Angaben erleichterten dem Fachmann nicht nur die praktische Nacharbeitung der beschriebenen Verfahren, sondern vermittelten ihm auch eine größere Sicherheit, dass er die Verfahren erfolgreich würde nacharbeiten können. Die eher kleine Zeitspanne von zwei Jahren zwischen der Veröffentlichung der [X.] im Jahr 1993 und der [X.] im Jahr 1995 stand dieser Erfolgserwartung nicht entgegen, zumal der [X.] des Streitpatents nur ein knappes Jahr später liegt.

Die rechtliche Verfügbarkeit des in der [X.]/[X.] offenbarten Ausgangsmaterials ([X.] Lungengewebe) wurde durch die 1991 veröffentlichten "Richtlinien zur Verwendung fetaler Zellen und fetaler [X.]ewebe" der zentralen [X.] zur Wahrung ethischer [X.]rundsätze in der Reproduktionsmedizin, Forschung an menschlichen Embryonen und [X.]entherapie nicht ausgeschlossen. Die Richtlinien sehen zwar in Nr. 4.8 vor, dass experimentelle Forschungen und Heilversuche, die Untersuchungen an oder mit fetalen Zellen oder fetalen [X.]eweben zum [X.]egenstand haben, einer öffentlich-rechtlichen Ethikkommission zur Beurteilung vorgelegt werden müssen und die Ethikkommission sich unter anderem zu vergewissern hat, dass die gewünschten Erkenntnisse nicht auf eine andere Weise gewonnen werden können ([X.] 88, [X.], 28. November 1991, [X.], [X.], Nr. 4.8 - [X.]). Diese Voraussetzungen sind jedoch im vorliegenden Fall nicht gegeben, weil der Fachmann aus damaliger Sicht den in der [X.] allgemein beschriebenen Ansatz für ein Verfahren zur Diagnose von [X.] als weniger erfolgversprechend angesehen hat als den, der in der [X.]/[X.] aufgezeigt wurde.

b) Ausgehend von der [X.]/[X.] war die Lehre aus Patentanspruch 1 des Streitpatents nicht naheliegend. Nach diesen [X.] wurde aus [X.] ein Proteinkomplex synthetisiert und sekretiert, der mit [X.] von [X.]-Patienten reagiert und daraus insgesamt elf [X.] mit einem Molekulargewicht von 17 bis 39,5 kDA identifiziert, die mit [X.] aus Serum von Kindern mit [X.] reagierten ([X.], [X.], li. [X.]). Eine Anregung, nach [X.]ewebe-Transglutaminase, einer Sequenz derselben oder einem Analogon zu forschen, war dem nicht zu entnehmen. Zudem wird in der [X.] im Hinblick auf eine wissenschaftliche Vorveröffentlichung ausgeführt, dass das dort beschriebene, aus einem seltenen Hauttumor extrahierte epitheliale, extrazelluläre 90-kDa-[X.]lycoprotein nicht das Antigen zu sein scheine, das durch Anti-[X.]-Antikörper ([X.]) erkannt werde ([X.], [X.], re. [X.] unten). Zwar ergibt sich daraus keine Aussage zur Reaktivität des Proteins mit Anti-[X.]-Antikörper. Eine Motivation in diese Richtung zu forschen, folgte daraus aber auch nicht. Vielmehr wurde der Fachmann durch die [X.]/[X.] allein dazu veranlasst, seine Forschung auf die elf identifizierten [X.] mit den genannten [X.] von 17 bis 39,5 kDa auszurichten.

IV. Ohne Erfolg macht die Klägerin ferner geltend, der [X.]egenstand der Patentansprüche 8 und 9 sei nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann ihn ausführen könne.

Nach der Rechtsprechung des Senats ist es hinreichend, wenn dem Fachmann ein nacharbeitbarer Weg zur Ausführung der Erfindung offenbart wird (B[X.]H, Urteil vom 11. Mai 2010 - [X.], [X.]RUR 2010, 901 Rn. 36 - Polymerisierbare Zementmischung; Urteil vom 10. November 2015 - [X.], Rn. 24). Dies ist hier hinsichtlich der Patentansprüche 1 bis 7 der Fall, da dem Fachmann in der Beschreibung des Streitpatents ein Protein mit der enzymatischen Funktion einer Transglutaminase aus dem Lebergewebe eines Meerschweinchens offenbart wird, das erfolgreich als Reagenz in einem immunologischen Verfahren zur Diagnose und Verlaufskontrolle der [X.] eingesetzt wurde (Abs. 46 ff.), wie auch das Patentgericht nicht verkannt hat. Die Beschreibung hat den Fachmann zudem in die Lage versetzt, mittels im Handel erhältlicher [X.]ewebe-Transglutaminase aus Meerschweinchen ein oral zu verabreichendes Mittel zur Behandlung von Patienten mit [X.] bereitzustellen bzw. zu verwenden, wie das Patentgericht ebenfalls zutreffend hinsichtlich der Patentansprüche 8 und 9 ausgeführt hat. Dem Fachmann war es damit zudem möglich, immunreaktive tT[X.]-Sequenzen und Analoga für ein Verfahren zur Diagnose und Therapiekontrolle von [X.] und auf ihre Eignung als orales pharmazeutisches Mittel zu deren Behandlung hin zu untersuchen.

V. [X.] beruht auf § 121 Abs. 2 Pat[X.], § 91 Abs. 1 ZPO.

Meier-Beck                         [X.]rabinski                          Hoffmann

                      Schuster                           Deichfuß

Meta

X ZR 148/11

19.04.2016

Bundesgerichtshof 10. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend BGH, 3. November 2014, Az: X ZR 148/11, Beschluss

Art 52 Abs 1 EuPatÜbk, Art 56 EuPatÜbk, § 1 Abs 1 PatG, § 4 PatG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 19.04.2016, Az. X ZR 148/11 (REWIS RS 2016, 12777)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 12777


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 3 Ni 10/10 (EU)

Bundespatentgericht, 3 Ni 10/10 (EU), 28.06.2011.


Az. X ZR 148/11

Bundesgerichtshof, X ZR 148/11, 19.04.2016.


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