Bundesfinanzhof, Urteil vom 26.02.2014, Az. II R 54/12

2. Senat | REWIS RS 2014, 7506

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Gegenstand

Einheitlicher Erwerbsgegenstand im Grunderwerbsteuerrecht


Leitsatz

1. NV: Ein objektiv sachlicher Zusammenhang zwischen Kauf- und Bauvertrag wird indiziert, wenn der Veräußerer dem Erwerber vor Abschluss des Kaufvertrags über das Grundstück aufgrund einer in bautechnischer und finanzieller Hinsicht konkreten und bis (annähernd) zur Baureife gediehenen Vorplanung ein bestimmtes Gebäude auf dem Grundstück zu einem im Wesentlichen feststehenden Preis angeboten hatte und der Erwerber dieses Angebot später unverändert oder mit geringen Abweichungen, die den Charakter der Baumaßnahmen nicht verändert haben, angenommen hat.

2. NV: Treten auf der Veräußererseite mehrere Personen als Vertragspartner auf und hat der Eigentümer dem Bauunternehmer das Grundstück "an die Hand" gegeben, steht es dem Vorliegen eines einheitlichen Erwerbsgegenstands "bebautes Grundstück" nicht entgegen, wenn sich der Eigentümer im Übrigen passiv verhält und nur an der Veräußerung des Grundstücks interessiert ist.

3. NV: Für das Vorliegen eines einheitlichen Erwerbsgegenstands "bebautes Grundstück" genügt es, wenn die Einbindung des Eigentümers über einen von ihm als Mittelsperson eingeschalteten Dritten herbeigeführt wird.

Tatbestand

1

[X.]. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) erwarben mit notariell beurkundetem [X.] von [X.] ein unbebautes Grundstück zu einem Kaufpreis in Höhe von 76.500 € zu hälftigem [X.]iteigentum. Ebenfalls am 23. September 2011 schlossen sie mit [X.] einen [X.]ertrag über die Bebauung des Grundstücks für 264.480 €. [X.]n diesem Betrag waren die in der Baubeschreibung aufgeführten Aufpreise für Sonderwünsche in Höhe von insgesamt 11.370 € enthalten. Das Gebäude wurde in der Folgezeit von der [X.] errichtet.

2

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) setzte die Grunderwerbsteuer zunächst lediglich auf der Grundlage des vereinbarten [X.]es fest. Nachdem das [X.] von dem Abschluss des Bebauungsvertrags Kenntnis erlangt hatte, bezog es in den [X.] vom 17. November 2011 die Baukosten in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer ein und setzte gegen die Kläger die Steuer jeweils in Höhe von 5.967 € fest. Der Einspruch blieb erfolglos.

3

Das Finanzgericht ([X.]) gab der Klage durch das in Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 808 veröffentlichte Urteil mit der Begründung statt, das [X.] habe zu Unrecht ein einheitliches [X.]ertragswerk angenommen. [X.] und der für ihn auftretende [X.]akler ([X.]) hätten mit der [X.] nicht aufgrund von Abreden durch abgestimmtes [X.]erhalten zusammengearbeitet, um auf die Bebauung des von den Klägern erworbenen Grundstücks hinzuwirken. [X.] habe lediglich das Grundstück verkaufen wollen, kein [X.]nteresse an dessen Bebauung gehabt und die [X.] vor Abschluss des [X.] nicht gekannt. [X.] habe lediglich der [X.] die Bewerbung des Grundstücks mit deren Bebauungskonzept erlaubt, ihr [X.]ermessungspläne zur [X.]erfügung gestellt und den [X.] genannt, der dann im [X.]nternetauftritt der [X.] als Teil des den potentiellen Erwerber interessierenden Gesamtpreises angegeben gewesen sei. Da [X.] den Klägern aber keine [X.]orgaben hinsichtlich der Bebauung gemacht habe, genüge dies nicht für die Annahme eines einheitlichen Erwerbsgegenstands.

4

[X.]it der Revision rügt das [X.] [X.]erletzung von § 8 Abs. 1 und § 9 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG). Entgegen der Ansicht des [X.] liege ein einheitlicher Erwerbsgegenstand vor. Entscheidend sei das [X.]orliegen eines Komplettangebots für ein bebautes Grundstück zu einem bestimmten Preis, das die Kläger angenommen hätten.

5

Das [X.] beantragt, die [X.]orentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Die Kläger, die im finanzgerichtlichen [X.]erfahren nicht durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten waren, haben sich zu der Revision nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

7

[X.][X.]. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der [X.]orentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Entgegen der Auffassung des [X.] war das Grundstück in bebautem Zustand Gegenstand des Erwerbsvorgangs.

8

1. [X.], nach dem sich gemäß § 8 Abs. 1 i.[X.].m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 [X.] die als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer anzusetzende Gegenleistung richtet, wird zunächst durch das den Steuertatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 [X.] erfüllende zivilrechtliche [X.]erpflichtungsgeschäft bestimmt. Ergibt sich jedoch aus weiteren [X.]ereinbarungen, die mit diesem Rechtsgeschäft in einem rechtlichen oder zumindest objektiv sachlichen Zusammenhang stehen, dass der Erwerber das beim Abschluss des Kaufvertrags unbebaute Grundstück in bebautem Zustand erhält, bezieht sich der grunderwerbsteuerrechtliche Erwerbsvorgang auf diesen einheitlichen Erwerbsgegenstand (ständige Rechtsprechung des [X.] --BFH--, vgl. z.B. Urteile vom 28. [X.]ärz 2012 [X.][X.] R 57/10, [X.], 460, [X.], 920; vom 27. September 2012 [X.][X.] R 7/12, [X.], 154, [X.], 86, und vom 19. Juni 2013 [X.][X.] R 3/12, [X.], 173, [X.], 965), allerdings nur unter der [X.]oraussetzung, dass die [X.] zur Bebauung des Grundstücks verpflichtet ist (BFH-Urteil vom 27. November 2013 [X.][X.] R 56/12, [X.], 454).

9

a) Ob ein objektiv sachlicher Zusammenhang zwischen dem Grundstückskaufvertrag und weiteren [X.]ereinbarungen besteht, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu ermitteln (BFH-Urteile in [X.], 460, [X.], 920; in [X.], 154, [X.], 86, und in [X.], 173, [X.], 965). Ein solcher Zusammenhang ist zum einen gegeben, wenn der Erwerber beim Abschluss des [X.] gegenüber der [X.] in seiner Entscheidung über das "Ob" und "Wie" der Baumaßnahme nicht mehr frei war und deshalb feststand, dass er das Grundstück nur in einem bestimmten (bebauten) Zustand erhalten werde (BFH-Urteile in [X.], 460, [X.], 920; in [X.], 154, [X.], 86, und in [X.], 173, [X.], 965).

Ein objektiv sachlicher Zusammenhang zwischen Kauf- und Bauvertrag wird zum anderen indiziert, wenn der [X.]eräußerer dem Erwerber vor Abschluss des Kaufvertrags über das Grundstück aufgrund einer in bautechnischer und finanzieller Hinsicht konkreten und bis (annähernd) zur Baureife gediehenen [X.]orplanung ein bestimmtes Gebäude auf dem Grundstück zu einem im Wesentlichen feststehenden Preis angeboten hatte und der Erwerber dieses Angebot später unverändert oder mit geringen Abweichungen, die den Charakter der Baumaßnahmen nicht verändert haben, angenommen hat. Es ist dabei nicht erforderlich, dass das Angebot der [X.] dem Erwerber in einem Schriftstück und zu einem einheitlichen Gesamtpreis unterbreitet wurde (BFH-Urteile in [X.], 460, [X.], 920; in [X.], 154, [X.], 86, und in [X.], 173, [X.], 965). Dem [X.]orliegen eines einheitlichen [X.] "bebautes Grundstück" steht es nicht entgegen, wenn die bis (annähernd) zur Baureife gediehene [X.]orplanung inhaltlich maßgebend von der [X.] mit beeinflusst oder gar veranlasst worden ist (BFH-Urteil vom 21. September 2005 [X.][X.] R 49/04, [X.], 530, [X.], 269) oder wenn tatsächlich (oder rechtlich) auch eine andere als die planmäßige Gestaltung hätte vorgenommen werden können (BFH-Urteil in [X.], 460, [X.], 920 Rz 12, m.w.[X.]). Gegen diese Rechtsprechung bestehen weder unions- noch verfassungsrechtliche Bedenken (BFH-Urteile in [X.], 460, [X.], 920 Rz 11, und in [X.], 154, [X.], 86).

b) Auf der [X.] können auch mehrere Personen als [X.]ertragspartner auftreten, so dass sich die Ansprüche des Erwerbers auf Übereignung des Grundstücks und auf Errichtung des Gebäudes zivilrechtlich gegen verschiedene Personen richten. Entscheidend ist insoweit, dass (auch) der den [X.] begründende [X.]ertrag in ein [X.]ertragsgeflecht miteinbezogen ist, das unter Berücksichtigung aller Umstände darauf gerichtet ist, dem Erwerber als einheitlichen Erwerbsgegenstand das Grundstück in bebautem Zustand zu verschaffen (BFH-Urteile vom 23. November 1994 [X.][X.] R 53/94, [X.], 450, [X.] 1995, 331; in [X.], 530, [X.], 269; in [X.], 154, [X.], 86, und in [X.], 173, [X.], 965). Dies ist regelmäßig anzunehmen, wenn die auf der [X.] auftretenden Personen entweder personell, wirtschaftlich oder gesellschaftsrechtlich eng verbunden sind (BFH-Urteil in [X.], 173, [X.], 965, m.w.[X.]) oder aufgrund von Abreden bei der [X.]eräußerung zusammenarbeiten oder durch abgestimmtes [X.]erhalten auf den Abschluss sowohl des [X.] als auch der [X.]erträge, die der Bebauung des Grundstücks dienen, hinwirken (BFH-Urteile vom 13. August 2003 [X.][X.] R 52/01, [X.], 663; in [X.], 530, [X.], 269, und in [X.], 154, [X.], 86), insbesondere Angebote über Grundstück und Bebauung abgeben (BFH-Urteil in [X.], 173, [X.], 965).

Eines schriftlichen [X.]ertrags zwischen den auf der [X.] verbundenen bzw. auftretenden Personen bedarf es nicht (BFH-Urteil in [X.], 530, [X.], 269). Es genügt vielmehr, wenn der Eigentümer das Grundstück dem Bauunternehmer, der die Bebauung angeboten hat, lediglich "an die Hand" gegeben und dabei für den Eigentümer ein als [X.] eingeschalteter Dritter gehandelt hat. Die Abgabe eines auf den Kauf des Grundstücks und dessen Bebauung gerichteten Angebots des Bauunternehmers ist kaum denkbar, ohne dass dem eine Abstimmung mit dem Grundstückseigentümer persönlich oder mit einer für diesen handelnden Person zugrunde liegt oder das Grundstück dem Bauunternehmer vom Eigentümer anderweitig "an die Hand" gegeben worden ist (BFH-Urteil in [X.], 530, [X.], 269; [X.] vom 19. [X.]ärz 2010 [X.][X.] B 130/09, [X.], 1659). Dies genügt für das [X.]orliegen eines einheitlichen [X.] "bebautes Grundstück". Dem steht es nicht entgegen, wenn der Eigentümer im Übrigen passiv ist (BFH-Urteil in [X.], 530, [X.], 269).

Das abgestimmte [X.]erhalten auf der [X.] muss für den Erwerber nicht erkennbar sein. Es ist vielmehr ausreichend, wenn es anhand äußerer [X.]erkmale objektiv festgestellt werden kann (BFH-Urteil in [X.], 173, [X.], 965).

2. Das [X.] ist zwar von diesen Grundsätzen ausgegangen, hat aber verkannt, dass danach die [X.]oraussetzungen eines einheitlichen [X.] "bebautes Grundstück" aufgrund des von ihm festgestellten Sachverhalts (§ 118 Abs. 2 [X.]O) erfüllt sind. Die Bebauung des Grundstücks wurde den Klägern bereits vor Abschluss des Kaufvertrags aufgrund einer in bautechnischer und finanzieller Hinsicht konkreten und bis (annähernd) zur Baureife gediehenen [X.]orplanung zu einem im Wesentlichen feststehenden Preis angeboten. Die Kläger haben dieses Angebot bereits an dem Tag angenommen, an dem der Grundstückskaufvertrag beurkundet wurde. Dass die Kläger auf die [X.]orplanung Einfluss genommen hatten, steht dieser Beurteilung nicht entgegen. [X.] ist der [X.] zuzurechnen, da [X.] ihr über [X.] das Grundstück "an die Hand" gegeben hatte. [X.] hatte der [X.] die Bewerbung des Grundstücks mit deren Bebauungskonzept erlaubt, ihr [X.] zur [X.]erfügung gestellt und den [X.] genannt und sie so in die Lage versetzt, das bebaute Grundstück im [X.]nternet zu einem Gesamtpreis anzubieten. Dies genügt, um einen einheitlichen Erwerbsgegenstand "bebautes Grundstück" anzunehmen. Wenn [X.] im Übrigen passiv war und das durch [X.] vermittelte Zusammenwirken mit [X.] aus seiner Sicht nur der von ihm angestrebten Grundstücksveräußerung diente, spielt dies demgegenüber keine Rolle.

Die [X.]orentscheidung war daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.

3. [X.] beruht auf § 135 Abs. 1 [X.]O.

Meta

II R 54/12

26.02.2014

Bundesfinanzhof 2. Senat

Urteil

vorgehend FG Köln, 25. September 2012, Az: 5 K 757/12, Urteil

§ 8 Abs 1 GrEStG 1997, § 9 Abs 1 Nr 1 GrEStG 1997

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 26.02.2014, Az. II R 54/12 (REWIS RS 2014, 7506)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7506

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