Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.12.2012, Az. IV ZB 22/12

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 746

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB 22/12
vom

5. Dezember 2012

in dem Rechtsstreit

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Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Vorsit-zende Richterin [X.], [X.], [X.], die Richterin
[X.] und den Richter
Dr. Karczewski

am 5. Dezember 2012

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 12. Zi-vilsenats des [X.] vom 19. Juni 2012 wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.

Streitwert: bis 7.000

Gründe:

[X.] Der Antragsteller begehrt die Aufhebung der Schiedssprüche des Schiedsgerichts der V.

(V.

, im Folgenden: Antragsgegnerin) vom 18. Mai 2010 und des Ober-schiedsgerichts der V.

vom 26.
Oktober 2011.

Der am 30. Januar 1944 geborene Antragsteller lebte bis 1988 in der [X.] ([X.]), wo er von 1979 bis 1987 für seine Altersversorgung neben Beiträgen zur dortigen Sozial-pflichtversicherung auch Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversiche-rung ([X.]) zahlte.
Ab September 1989 bis Januar 2009 war er bei der Antragsgegnerin zusatzversichert.
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Im Zuge ihrer Systemumstellung (vgl. dazu Senatsurteile vom 14.
November 2007

IV ZR 74/06, [X.], 127 ff. und vom 24. Sep-tember 2008

IV ZR 134/07, [X.], 101
ff.) erteilte die Antragsgeg-nerin dem

rentennnahen

Antragsteller am 21. Februar 2004 eine Startgutschrift über 93,21 Versorgungspunkte
(das entspricht
einer mo-natlichen Rente von 372,84

,
wobei
von der für den [X.] errechneten fiktiven Gesamtversorgung des Antragstellers dessen gesetzliche Rente einschließlich ihrer durch Beiträge an die [X.] erwor-benen Anteile in Abzug gebracht
wurde.

Inzwischen bezieht der Antragsteller seit dem 1. Februar 2009 die gesetzliche Regelaltersrente und
daneben eine auf der Grundlage der vorgenannten Startgutschrift ermittelte Betriebsrente der Antragsgegne-rin.

Gegen deren
Mitteilung vom 9. Februar 2009 über die Höhe der Zusatzrente erhob er Klage. Seiner Auffassung
nach
verstößt es
gegen
die
Artt. 3
Abs. 1 und 14 Abs. 1 Satz
1 GG, wenn freiwillig zum Zwecke der Verbesserung der Altersversorgung in der [X.] zusätzlich geleistete Beiträge im Ergebnis dazu führten, dass sich die von der Antragsgegne-rin zu zahlende

verringere. Deshalb begehrte
er, die Antragsgegnerin unter Änderung ihrer
Rentenmitteilung vom 9. Februar 2009 dazu zu verpflichten, bei Neuberechnung der Zu-satzrente die auf freiwillige
Beiträge (an die [X.]) entfallenden Anteile seiner gesetzlichen Rente im Rahmen der [X.] nicht auf die Gesamtversorgung anzurechnen.
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Nachfolgend vereinbarten die Parteien das Schiedsverfahren. Mit Schiedsspruch vom 18. Mai 2010 wies das Schiedsgericht der V.

in M.

die Klage ab. Die Berufung des Antragstellers wies das Ober-schiedsgericht der V.

mit Schiedsspruch vom 26. Oktober 2011 zurück.

Den Antrag des Antragstellers auf Aufhebung der vorgenannten Schiedssprüche hat das [X.] mit Beschluss vom 19. Juni 2012 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde, mit der der Antragsteller sein Begehren weiter verfolgt.

I[X.] Das nach §§ 574 Abs. 1 Satz
1 Nr. 1, 1065 Abs. 1 Satz
1 ZPO statthafte und vom [X.] zugelassene (§
574 Abs.
1 Satz
1 Nr. 2 ZPO) Rechtsmittel bleibt in der Sache erfolglos, weil es keinen ge-setzlichen Grund für die Aufhebung der angegriffenen Schiedssprüche gibt.

1. Der Antragsteller beanstandet, dass
im Rahmen der durch die Systemumstellung bei der Antragsgegnerin veranlassten [X.] (vgl. dazu im Einzelnen Senatsurteil vom 24. September 2008 aaO Rn. 31 ff.)
seine gesetzliche Rente in voller Höhe auf die Ge-samtversorgung angerechnet worden sei, obwohl Teile davon durch [X.] zur [X.]
erworben
worden seien. Die volle Anrechnung der gesetzlichen Rente auf die Gesamtversorgung führe im Ergebnis da-zu, dass er
seine Zusatzrente durch diese freiwilligen
Beiträge verringert habe.
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2. Der damit allein in Rede stehende Aufhebungsgrund des §
1059 Abs.
2 Nr. 2 Buchst. b ZPO ist hierdurch nicht gegeben;
die Anerkennung oder Vollstreckung der Schiedssprüche führt nicht zu einem der öffentli-chen Ordnung (ordre public) widersprechenden Ergebnis. Vielmehr steht die im Schiedsverfahren getroffene Entscheidung im Einklang
mit gesetz-lichen Regelungen. Weder diese noch die bei Errechnung der Startgut-schrift des Antragstellers von den Schiedsgerichten herangezogenen Satzungsbestimmungen der V.

über die Anrechnung der [X.] auf die Gesamtversorgung verstoßen ihrerseits gegen [X.] Recht und insbesondere nicht gegen wesentliche Rechtsgrundsätze oder Gerechtigkeitsvorstellungen, die zu den elementaren Grundlagen des staatlichen und wirtschaftlichen Lebens in [X.] zählen (vgl. zu diesem Maßstab [X.], Beschluss vom 30. Oktober 2008

[X.], [X.] 2009, 66 Rn. 5 m.w.N.).

a)
Durch die an die [X.] geleisteten Beiträge hat sich die gesetzli-che Rente des Antragstellers erhöht.

Die einheitliche Sozialpflichtversicherung der [X.] gewährte ihren Versicherten eine Grundsicherung vor den Risiken des Alters, der [X.] und des Todes. Ergänzend bestand die Möglichkeit, im Rahmen zahlreicher [X.] aus Einkommen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze von [X.] freiwillig weitergehende [X.] zu entrichten, um so die Versicherungsleistung individuell zu erhö-hen (vgl. zum Ganzen auch [X.] 100, 1 ff.).
Das Zusatzversor-gungssystem der [X.] wurde bereits nach dem Recht der [X.] (§ 10 Abs. 2 RAnglG) aufgrund von Art. 20 des [X.] zwischen der Bundesrepublik [X.] und der 10
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[X.] vom 18. Mai 1990 ([X.] II 537) mit Wirkung vom 30.
Juni 1990 geschlossen
(vgl. dazu auch [X.] 100, 1, 6 ff.). Im Staatsvertrag wurde weiter vereinbart, die betreffenden Ansprüche aus Zusatz-
und Sonderversorgungssystemen in die Renten-versicherung zu überführen. Der nachfolgende [X.] Bundesrepublik [X.] und der [X.] vom 31.
August 1990 ([X.]; [X.] II 889) sah in Anlage
II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 Buchst. b die Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus weiteren Zusatz-
und Sonderver-sorgungssystemen der [X.] in die gesetzliche Rentenversicherung vor. Der Gesetzgeber der Bundesrepublik [X.] hat (vgl. Art. 2 §
4 [X.]; § 256a [X.]) danach für die betroffenen Versicherten neue Rechte
nur im Rahmen des [X.] begründet (vgl. dazu [X.], 408), indem beispielsweise auch die Ansprüche und Anwartschaften aus zahlreichen
Zusatz-
und Sonderversorgungssystemen der [X.] mit dem Anspruchs-
und Anwartschaftsüberführungsgesetz vom 25. Juli 1991 ([X.] [X.] I 1606, 1677) in der Fassung des [X.] vom 24. Juni 1993 ([X.]; [X.] I 1038) in die gesetzliche Rentenversicherung integriert wurden.

Aufgrund dieser Systementscheidungen
des Gesetzgebers hatten
die Beitragsleistungen des
Antragstellers zur [X.] eine Erhöhung seiner gesetzlichen [X.] zur Folge. Darin liegt

für sich ge-nommen

keine den Antragsteller beschwerende Maßnahme, sondern im Grundsatz zunächst die Wahrung seiner in der Sozialpflichtversicherung und der [X.] der [X.] erworbenen [X.]en.

b) Eine mögliche Beschwer des Antragstellers ergibt sich mittelbar erst aus der Eigenart der in die Startgutschriftenermittlung für so ge-13
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nannte [X.] Versicherte eingeflossenen früheren Versorgungszu-sage der Antragsgegnerin, die im [X.] darauf gerichtet war, die [X.] der Versicherten bis zur Höhe der Gesamtversorgung aufzu-stocken, was zur Folge hatte, dass die Zusatzrente mit wachsender Grundversorgung geringer ausfiel (vgl. dazu Senatsurteil vom 14. No-vember 2007

IV ZR 74/06, [X.], 127 Rn.
47
ff.).

c) Dennoch liegt darin weder ein Verstoß gegen die Grundrechte des Antragstellers aus Art. 3 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG noch sonst eine Verletzung des ordre public.

aa) Der Senat hält daran fest, dass die im Zuge der Systemumstel-lung der Antragsgegnerin getroffene Übergangsregelung für [X.] Versicherte als solche der verfassungsrechtlichen Überprüfung standhält (vgl. dazu Senatsurteil vom 24. September 2008

IV ZR 134/07, [X.], 101).

bb) Das [X.] hat darüber hinaus die in der Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 Buchst. b Satz
1 und 3 des [X.] ([X.]) vom 31. August 1990 ([X.] II 889) vereinbarte Überführung von Ansprüchen und Anwartschaften aus zahl-reichen Zusatz-
und Sonderversorgungssystemen der [X.] als
so ge-nannte Systementscheidung des Gesetzgebers bei [X.] Auslegung für mit dem Grundgesetz vereinbar erklärt ([X.] 100, 1
ff.).
Für die bereits in Art. 20 des [X.] zwischen der Bun-desrepublik [X.] und der [X.] vom 18. Mai 1990 ([X.] II 537) getroffene Systementscheidung in [X.] auf Ansprüche und Anwartschaften aus der [X.]
der [X.] kann nichts anderes
gelten.
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Anlässlich der [X.] stand die Bundesrepublik [X.] vor dem
Problem, für die aus den Sozialversicherungssys-temen der [X.] anspruchs-
und anwartschaftsberechtigten Versicherten des [X.] neue Versorgungsansprüche und -anwartschaften im [X.] Sicherungssystem der Bundesrepublik [X.] zu [X.],
obwohl die Betroffenen zu keiner Zeit Gelegenheit gehabt hatten, Beiträge in diese
Versorgungssysteme einzuzahlen. Schon deshalb war der gesamtdeutsche Gesetzgeber aus [X.] nicht ver-pflichtet, die Versicherten des [X.] so zu behandeln, als [X.] sie ihre Erwerbsbiographie in der Bundesrepublik [X.] zu-rückgelegt (vgl. dazu [X.] 100, 1, 40 m.w.N.). Der Antragsteller kann sich deshalb

anders zuletzt mit [X.] vom 3. Dezember 2012 gel-tend gemacht

nicht mit Erfolg auf die Maßstäbe berufen, die der Senat für schon vor der [X.] bei der Antragsgegnerin Zusatzver-sicherte im Urteil vom 26. Februar 1986 ([X.] ZR 139/84, [X.], 386) für die Anrechnung überschießender Beiträge zur freiwilligen [X.] in der gesetzlichen Rentenversicherung aufgestellt hat (vgl. im Übrigen auch
Senatsurteil vom 26. November 1986 -
[X.] [X.], [X.], 214).

Die Vielfalt der Zusatz-
und Sonderversorgungssysteme der [X.] (vgl. dazu nur die Anlagen 1 und 2 zu § 1 Abs. 2 und 3 [X.]) und deren teilweise Inkompatibilität mit den
Versorgungssystemen und Wertvorstel-lungen der Bundesrepublik [X.] legte es nahe, diese [X.] nicht fortzuführen, sondern die daraus erwachsenen Rechte
und Anwartschaften

soweit sie nicht dem ordre public der Bun-desrepublik [X.] widersprachen

in die gesetzliche Rentenversi-cherung zu überführen. Dass dabei einzelne Versicherte
des Beitrittsge-18
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biets, welche
auch
in der Bundesrepublik [X.] noch unter
Gel-tung des früheren Gesamtversorgungssystems von Zusatzversorgungs-trägern wie der V.

Anwartschaften auf Zusatzversorgungsrenten hatten erwerben können,
im Ergebnis geringere Zusatzleistungen erhalten, als wenn sie ihre sämtlichen Zusatzrentenbeiträge in ein Zusatzversor-gungssystem der Bundesrepublik [X.] eingezahlt hätten, verletzt vor dem Hintergrund der ungewöhnlichen Aufgabe, der sich der [X.] anlässlich der [X.] stellen musste, und insbesonde-re
angesichts des Umstandes, dass er dabei auch die Finanzierbarkeit der Sicherung von Rentenansprüchen und [X.]en im Blick behalten durfte und musste, jedenfalls keine
elementaren
Grundla-gen der Rechtsordnung.

3.
Ein
Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG oder den ordre public liegt auch nicht darin, dass der gesamtdeutsche Gesetzgeber in §
256a Abs.
1 Satz 1 und Abs. 3 [X.] ehemaligen Arbeitnehmern des [X.], welche
im Rahmen ihrer rechtlichen Möglichkeiten von der höchstmöglichen Versicherung Gebrauch gemacht haben, einen Nach-teilsausgleich gewährt, soweit diese
Versicherten
in der [X.] infolge der jeweils geltenden Beitragsbemessungsgrenzen oder wegen der in einem Zusatzversorgungssystem erworbenen Anwartschaften keine höheren Beiträge zu einem System der Freiwilligen Zusatzversicherung hatten leisten können. Hierfür sprechen sachliche Gründe, weil die
Betroffenen

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infolge des unzureichenden Beitragsrechts der [X.] (vgl. dazu auch BVerfG
SozR 3-2600 § 256a Nr. 9 m.w.N.) nicht in der Lage waren, eine ihrem Einkommen entsprechende Altersversorgung aufzubauen.

[X.] [X.] [X.]

[X.] Dr.
Karczewski
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 19.06.2012 -
12 Sch 1/12 -

Meta

IV ZB 22/12

05.12.2012

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.12.2012, Az. IV ZB 22/12 (REWIS RS 2012, 746)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 746

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