Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.10.2013, Az. II ZR 112/11

II. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 1953

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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
II ZR 112/11
Verkündet am:
15. Oktober 2013
Stoll
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der I[X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 15. Oktober 2013 durch [X.]
Dr.
Bergmann, [X.]
Dr.
Strohn, die [X.]innen [X.] und Dr.
Reichart und den [X.] Sunder

für Recht erkannt:
Auf die Revision der [X.] wird das Urteil des 3.
Zivilsenats des
[X.]ischen [X.]s vom 30.
März 2011 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung

auch über die Kosten des Revisionsverfahrens

an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.
Gerichtskosten für das Revisionsverfahren werden nicht erhoben.

Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Parteien schlossen am 5.
Dezember 1997 über den Betrieb der
N.

-Apotheke in G.

einen Vertrag, der der [X.], einer approbierten Apothekerin, die Stellung der Unternehmerin zuwies, während sich die [X.] verpflichtete, einen als partiarisches Darlehen bezeichneten [X.] in Höhe von 200.000 DM zur Verfügung zu stellen sowie Beratungs-
und 1
-
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-

Marketingleistungen zu erbringen. Der Klägerin wurden eine Gewinnbeteiligung sowie Vertretungs-, Informations-
und Kontrollrechte eingeräumt. Bei Vertrags-ende sollte die Klägerin das Recht haben, die Apotheke zu übernehmen; die Abfindung der [X.] sollte sich auf die Übernahme der betrieblichen [X.] und Verpflichtungen durch die Klägerin beschränken. Im Oktober 2005 kündigte die Beklagte den Vertrag.
Die Klägerin hat die Räumung und Herausgabe der [X.] begehrt. Mit ihrer Widerklage beansprucht die Beklagte, die den Vertrag vom 5.
Dezember 1997 wegen Verstoßes gegen das
Apothekengesetz für nichtig hält, in Höhe von 420.000

teilweise

Rückzahlung von Entnahmen der Klägerin in der [X.] von 1998 bis 2005 sowie die Erstattung von Anwaltskosten in Höhe von 703,80

e-rung der Klägerin. Das [X.] hat der Klage stattgegeben und die [X.] abgewiesen. Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. In zweiter Instanz haben die Parteien den [X.] übereinstimmend für erledigt erklärt.
Im Berufungsverfahren fand der letzte Verhandlungstermin vor dem [X.] am 19.
Januar 2011 statt. Im Protokoll steht:
Der Senat hat darauf hingewiesen, dass heute [X.] am [X.] J.

mitwirkt, der im vergangenen Termin an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auf die der Beweisbeschluss ergangen ist. Nach
den Mitwirkungsgrundsätzen, die sich aufgrund personeller Veränderungen im Senat zum 01.01.2011 geändert haben, wäre Herr J.

nicht zum Beisitzer berufen.
Die Prozessbevollmächtigten beider Seiten erklären: Wir sind mit der Mit-wirkung von [X.] am [X.] J.

einverstanden. Eine Besetzungs-rüge wird nicht erhoben.
[X.] und genehmigt
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4
-

Das Berufungsgericht hat unter Mitwirkung des [X.]s am [X.] J.

die Berufung mit der Begründung zurückgewiesen, die [X.] sei verjährt. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur [X.] an das Berufungsgericht.
[X.] Das Berufungsgericht war bei seiner Entscheidung

wie die Beklagte zutreffend rügt

nicht vorschriftsmäßig besetzt (§
547 Nr.
1 ZPO).
Nach dem im Verhandlungstermin vom 19.
Januar 2011 zu Protokoll ge-nommenen Hinweis
war
[X.] am [X.] J.

gemäß den ab 1.
Januar 2011 geltenden Mitwirkungsgrundsätzen des zuständigen Zivilsenats nicht zur Beteiligung an der Urteilsfindung berufen. Die Maßnahme, ihn wegen seiner Teilnahme an einem früheren Verhandlungstermin gleichwohl hinzuzuziehen, wurde nicht aufgrund einer fehlerhaften Auslegung der für die Geschäftsvertei-lung maßgebenden Regelungen,
sondern trotz der Erkenntnis getroffen, dass sie den Mitwirkungsgrundsätzen des Senats widersprach. Hierdurch wurde den Parteien der gesetzliche [X.] entzogen. Der darin liegende Verstoß gegen
Art.
101 Abs.
1 Satz
2 GG ist ein absoluter Revisionsgrund (§
547 Nr.
1 ZPO).
Das im Verhandlungstermin erklärte Einverständnis der Parteien mit der Mitwirkung des [X.]s am [X.] J.

und ihr Verzicht auf eine "Beset-4
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7
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5
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zungsrüge"
ändern an dieser Beurteilung nichts. Das Recht auf den gesetzli-chen [X.] ist unverzichtbar, da die Einhaltung der Besetzungsvorschriften im öffentlichen Interesse liegt ([X.], Beschluss vom 21.
April 1993

BLw
40/92, [X.], 1656, 1658; Musielak/Ball, ZPO, 10.
Aufl., §
547 Rn.
6); die Vor-schrift des §
295 ZPO findet bei einem Verstoß gegen Art.
101 Abs.
1 Satz
2 GG keine
Anwendung ([X.], Urteil vom 16.
Oktober 2008

IX
ZR 183/06, [X.], 91 Rn.
13; [X.]/Prütting, 4.
Aufl., §
295 Rn.
22, jew.
mwN).
Etwas anderes lässt sich
daher

entgegen der Ansicht der Revisionserwide-rung

auch nicht aus dem Verbot widersprüchlichen Verhaltens ableiten. Die Unverzichtbarkeit des gesetzlichen [X.]s kann durch einen Rückgriff auf den Grundsatz von [X.] und Glauben nicht unterlaufen
werden.
I[X.]
Das Berufungsurteil ist danach ohne Sachprüfung aufzuheben und die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§
563 Abs.
1 Satz
1 ZPO).
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
Das Berufungsgericht hat in der Sache zu Recht
angenommen, dass der Vertrag vom 5.
Dezember 1997, der der Sache nach auf die Gründung einer (atypischen) stillen Gesellschaft gerichtet ist, gegen §
8 Satz
2 Apothekenge-setz verstößt und deshalb nichtig ist (§
12 [X.], §
134 BGB). Gleichfalls zutref-fend ist die im Revisionsverfahren unbeanstandet gebliebene Auffassung des Berufungsgerichts, dass die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft hier [X.] Anwendung finden, weil schon der vereinbarte Zweck der [X.] ein gesetzliches Verbot verstößt, und dass deshalb die wechselseitigen Leistungen nach Bereicherungsrecht abzuwickeln sind
(vgl. [X.], Urteil vom 24.
September 1979

II
ZR 95/78, [X.]Z 75, 214, 217
f.).
Sollte das Berufungsgericht nach erneuter Prüfung unter Berücksichti-gung des weiteren Vorbringens der Parteien wiederum zu dem Ergebnis gelan-8
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gen, dass die Ansprüche der [X.] auf Rückzahlung unberechtigter [X.] bei Anwendung der regelmäßigen Verjährungsfrist verjährt wären, wird es gegebenenfalls zu erwägen haben, ob die Voraussetzungen des §
852 Satz
1 BGB erfüllt sind, wonach der Ersatzpflichtige auch nach dem Eintritt der (regelmäßigen) Verjährung nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung zur Herausgabe dessen verpflichtet ist, was er durch eine unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten erlangt hat. Die [X.] hat ihre Forderung sowohl auf ungerechtfertigte Bereicherung als auch auf unerlaubte Handlung gestützt.
Schließlich wird sich das Berufungsgericht auch mit dem

im [X.] nicht erörterten

Anspruch der [X.] auf Erstattung außergerichtli-cher Anwaltskosten zu befassen haben.
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II[X.]
Die Nichterhebung von Gerichtskosten für das Revisionsverfahren be-ruht auf §
21 Abs.
1 Satz
1 GKG.

Bergmann
Strohn
[X.]

Reichart
Sunder
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 01.09.2009 -
4 [X.]/07 -

OLG [X.], Entscheidung vom 30.03.2011 -
3 [X.]/09 -

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Meta

II ZR 112/11

15.10.2013

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.10.2013, Az. II ZR 112/11 (REWIS RS 2013, 1953)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 1953

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II ZR 112/11

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