Bundesgerichtshof, Urteil vom 19.07.2010, Az. II ZR 56/09

2. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 4682

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Gegenstand

BGB-Gesellschaft: Gerichtliche Vertretung durch Gesellschafter mit Geschäftsführungsbefugnis; Heilung des Vertretungsmangels


Leitsatz

1. Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts wird gerichtlich durch alle Gesellschafter vertreten, denen die Geschäftsführungsbefugnis zusteht, soweit der Gesellschaftsvertrag keine abweichenden Regelungen enthält .

2. Die Gesellschafter können einen Vertretungsmangel durch Eintritt in den Prozess als gesetzliche Vertreter und Genehmigung der bisherigen Prozessführung heilen .

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil der Zivilkammer 51 des [X.] vom 8. Januar 2009 wird auf ihre Kosten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage als unzulässig abgewiesen wird.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Beklagten waren Gesellschafter der Klägerin, eines geschlossenen Immobilienfonds in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, und kündigten den Gesellschaftsvertrag zum 31. Dezember 2000. Nach dem Gesellschaftsvertrag wird bei Ausscheiden eines Gesellschafters die Gesellschaft unter den übrigen Gesellschaftern fortgeführt. Zur Auseinandersetzung bestimmt § 17 des Gesellschaftsvertrages u.a.:

"1. Der [X.] hat bei Ausscheiden eines Gesellschafters eine [X.] aufzustellen, in der sämtliche Wirtschaftsgüter unter Auflösung stiller Reserven mit ihrem Verkehrswert einzustellen sind. Etwaige immaterielle Werte bleiben außer [X.]

4. Die [X.] der Gesellschaft wird mit Ablauf von zwei Monaten seit Absendung an den ausscheidenden Gesellschafter verbindlich, es sei denn, der Gesellschafter verlangt binnen der Zweimonatsfrist die Einleitung des unter Abs. 3 vorgeschriebenen Verfahrens mittels eines an den [X.] gerichteten Briefes.

5. Das [X.] ist in fünf gleichen Jahresraten auszuzahlen. Die erste Rate ist zwölf Monate nach dem Ausscheiden fällig. …

7. Bei negativem Abfindungsanspruch ist der ausscheidende Gesellschafter verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach seinem Ausscheiden den erforderlichen Betrag einzuzahlen. Erst mit erfolgter Zahlung wird der Gesellschafter von den Verbindlichkeiten freigestellt. …"

2

Mit Schreiben vom 27. Dezember 2002 übersandte die Klägerin den Beklagten und anderen ausgeschiedenen Mitgliedern eine [X.]. Unter dem 21. Juli 2003 erstellte die Klägerin eine überarbeitete [X.], die einen negativen anteiligen Verlust zum Zeitpunkt des Ausscheidens in Höhe von 7.566,46 € ergab. Diese [X.] wurde mit Schreiben vom 25. Juli 2003 den Beklagten übersandt. Ein ebenfalls ausgeschiedener Gesellschafter legte gegen die [X.] Widerspruch ein, den er am 6. Januar 2004 begründete und zusätzlich vermerkte, dass sich auch die Beklagten dem Widerspruch anschließen.

3

Am 20. September 2004 beantragte die Klägerin, vertreten durch die Gesellschafterin [X.], für einen Teilbetrag in Höhe von 1.892,09 € aus der [X.] den Erlass eines Mahnbescheids, der den Beklagten am 2. Oktober 2004 zugestellt wurde. Nach § 8 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags obliegt die Führung der Geschäfte den Gesellschaftern gemeinschaftlich. Das Mahngericht forderte nach Eingang ihres Widerspruchs die Klägerin am 14. Oktober 2004 zur Einzahlung der weiteren Gerichtskosten auf. Die Klägerin zahlte diese am 4. Januar 2007 ein.

4

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten wegen Verjährung abgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision hat im Ergebnis keinen Erfolg. Die Klage ist bereits als unzulässig abzuweisen, weil die Klägerin nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten ist (§ 547 Nr. 4 ZPO).

6

1. Die Klägerin muss organschaftlich von allen ihren [X.]ern vertreten werden. Gem. § 51 Abs. 1 ZPO i.V.m. 714 BGB wird eine [X.] bürgerlichen Rechts durch die [X.]er gerichtlich und außergerichtlich vertreten, denen die Geschäftsführungsbefugnis zusteht, soweit der [X.]svertrag keine abweichenden Regelungen enthält (vgl. [X.], Urteil vom 14. Februar 2005 - [X.], [X.], 524, 525). Nach § 8 Abs. 1 des [X.]svertrags der Klägerin obliegt die Führung der Geschäfte den [X.]ern gemeinschaftlich, so dass sie die [X.] als Gesamtvertreter vertreten. Die Klägerin ist im Verfahren nicht von allen [X.]ern, sondern nur von der [X.]erin [X.] vertreten. Auf dem Mahnbescheidsantrag, dessen Vertreterbezeichnung alle folgenden gerichtlichen Entscheidungen übernommen haben, hat die Klägerin sie als einzige organschaftliche Vertreterin der [X.] aufgeführt. Sie ist weder ausdrücklich noch konkludent mit der alleinigen Vertretung der [X.] beauftragt worden.

7

2. Das Rubrum ist nicht, wie die Klägerin beantragt, dahin zu berichtigen, dass sie durch alle [X.]er vertreten wird. Die Angabe des Vertreters kann berichtigt werden, wenn er irrtümlich falsch bezeichnet ist ([X.], Urteil vom 16. Februar 2009 - [X.], [X.], 717 Rn. 10). Dafür, dass [X.] irrtümlich aufgeführt wurde und alle [X.]er als gesetzliche Vertreter bezeichnet werden sollten, bestehen keine Anhaltspunkte. Die Benennung von [X.] als gesetzlicher Vertreterin beruht auf den Angaben im Mahnbescheidsantrag. Die Klägerin hat ihren [X.] nicht begründet.

8

3. Der in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu berücksichtigende [X.] wurde nicht geheilt. Eine Heilung ist dadurch möglich, dass die gesetzlichen Vertreter der Klägerin als solche in den Prozess eintreten und die Prozessführung des vollmachtlosen Vertreters genehmigen ([X.], Urteil vom 16. Februar 2009 - [X.], [X.], 717 Rn. 10; vom 21. Juni 1999 - [X.], [X.], 1669, 1670; vom 8. September 1997 - [X.], [X.], 308, 309). Die [X.]er sind - trotz des Hinweises des Senats auf den [X.] in der Terminsbestimmung - nicht in den Prozess eingetreten und haben die Prozessführung ihrer [X.]erin nicht genehmigt. Die Erklärung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, er erkläre in Vollmacht der [X.]er, dass sämtliche [X.]er der Klägerin die Prozessführung genehmigen und als gesetzliche Vertreter in den Prozess eintreten, führt nicht zu ihrem Eintritt oder zur Genehmigung der Prozessführung. Er hat seine - bestrittene - Vollmacht, für die [X.]er Erklärungen abgeben zu können, nicht nachgewiesen. Die Prozessvollmacht, die die vollmachtlose Vertreterin der [X.] oder die Geschäftsbesorgerin, die keine geschäftsführungsberechtigte [X.]erin ist, erteilt hat, umfasst Erklärungen der [X.]er nicht.

Goette                                   Reichart                               Drescher

                    Löffler                                    Born

Meta

II ZR 56/09

19.07.2010

Bundesgerichtshof 2. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Berlin, 8. Januar 2009, Az: 51 S 128/08, Urteil

§ 51 ZPO, § 714 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 19.07.2010, Az. II ZR 56/09 (REWIS RS 2010, 4682)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 4682

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