Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.09.2013, Az. II ZR 68/11

II. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 2762

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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
II ZR 68/11
Verkündet am:
17. September 2013
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der II. Zivilsenat des [X.]hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. September 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
Bergmann, den Richter Prof.
Dr.
Strohn, die Richterinnen [X.]und Dr.
Reichart sowie den Richter Sunder

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 19. Zivilsenats des [X.]vom 10. März 2011 im Kostenpunkt und in-soweit aufgehoben, als zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an
das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin ist eine [X.]bürgerlichen Rechts, die bis zu ihrer Auflösung den Zweck verfolgt hat, ein Grundstück in L.

zu bebauen und die errichteten Gebäude durch Vermietung und Verpachtung zu nutzen. Sie nimmt den Beklagten als einen ihrer Gesellschafter nach Schlussabrechnung auf Ausgleich seines negativen Saldos in Anspruch. Die Parteien haben im bis-herigen Verlauf des Rechtsstreits insbesondere darüber gestritten, ob
die T.

Immobilienfonds Verwaltung GmbH (künftig: T.

) wirksam zur 1
-
3
-

Geschäftsbesorgerin und nachfolgend zur Liquidatorin der Klägerin bestellt wurde und deshalb zur Vertretung der Klägerin berechtigt ist.
Der Gesellschaftsvertrag (künftig: GV) der Klägerin sieht in § 18 eine Verlustausgleichspflicht der Gesellschafter vor, wenn bei Auflösung der Gesell-schaft das Gesellschaftsvermögen zur Berichtigung der [X.]nicht ausreicht. Außerdem enthält er u.a. folgende Regelungen:
§ 4 Beteiligung an der Gesellschaft

(2)
Es ist vorgesehen, so viele Gesellschafter in die [X.]aufzu-nehmen, dass

(3)
Sollte die [X.]bis 31.08.1993 nicht geschlossen sein, über-nimmt Herr P.

K.

, S.

, die restlichen Anteile treuhänderisch für noch zu benennende Gesellschafter.

§ 6 Geschäftsführung, Vertretung
(1)
Die Führung der Geschäfte der [X.]und die Vertretung steht allen Gesellschaftern gemeinschaftlich zu.
(2)
Mit der Errichtung, der Finanzierung und Verwaltung des Bauvorhabens sowie mit der Wahrnehmung bestimmter Gesellschafterrechte wird ein

§ 8 Gesellschafterbeschlüsse

(3)

Nach der ersten Gesellschafterversammlung werden weitere [X.]auf Verlangen von mindestens 25% der [X.]oder auf Verlangen des Geschäftsbesorgers oder Grundbuchtreuhänders
abgehalten.

(8)

Beschlüsse werden mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst. Der Gesellschaftsvertrag kann nur mit mindestens 75% der ab-

2
-
4
-

In der Vorbemerkung zum Gesellschaftsvertrag hieß es ursprünglich:

Die Gesellschafter sind damit Bauherren und übernehmen alle damit verbunde-nen Rechte und Pflichten. Um die Verfahrensweise zu vereinfachen, beauftra-gen sie einen aus ihrer Mitte mit der Geschäftsführung der [X.]und übertragen ihm, als Geschäftsbesorger, bestimmte ad

19.

der abgegebenen Stimmen bei einer Anwesenheitsquote von 87,6% geändert und -
unter Weg

-
wie folgt gefasst:
Um die Verfahrensweise zu vereinfachen, beauftragen sie einen [X.]und übertragen diesem bestimmte administrative Aufgaben.

Mit der Geschäftsbesorgung beauftragte die Klägerin auf der
Grundlage eines im Protokoll der 22. Gesellschafterversammlung vom 6. Dezember 2003 festgehaltenen, zwischen den Parteien allerdings streitigen, Beschlusses die T.

. Nach dem -
bestrittenen
-
Vortrag der Klägerin wurde in einer Gesell-schafterversammlung vom 31. Mai 2005, zu der die T.

als Geschäftsbe-sorgerin eingeladen hatte, bei einer Anwesenheitsquote von über 90% und je-weils mit einer Mehrheit von über 90% der Anwesenden zu [X.]7 beschlossen, die [X.]mit sofortiger Wirkung aufzulösen, die T.

zur Liquidatorin zu bestellen und sie in dieser Funktion zu beauftragen, die voraussichtlichen Verlustausgleichsbeträge bei den Gesellschaftern einzufordern.
Die Klägerin beansprucht von dem Beklagten aufgrund einer zum 30.
September 2008 erstellten Schlussabrechnung, die nach Darstellung der Klägerin im schriftlichen Umlaufverfahren im Oktober 2008 mehrheitlich ge-n-sen. Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat eine von der T.

unter dem 10. Oktober 2008 ausgestellte Prozessvollmacht erstinstanzlich in Kopie 3
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5
-

(Anlage K 14) und in der Berufungsverhandlung im Original vorgelegt. Die [X.]haben die Klage als unzulässig abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ferner die Anschlussberufung des Beklagten verworfen, mit der er widerkla-gend Einsicht in die Geschäftsbücher und Papiere der Klägerin begehrt hat. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin die [X.]weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Sie führt, soweit zum Nachteil der Klägerin entschieden worden ist
und der T.

die Kosten des Berufungsver-fahrens auferlegt worden sind, zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung über die Klage im [X.]wie folgt begründet:
Das [X.]sei jedenfalls im Ergebnis zutreffend von einer nicht wirksam durch die Klägerin erteilten Prozessvollmacht und folglich von der Un-zulässigkeit der Klage ausgegangen. Nachdem der [X.]in erster Instanz die fehlende Vollmacht gerügt und das [X.]eine Frist zur Vorlage ge-setzt hat, hätte die Bevollmächtigungskette durch Vorlage von Originalurkunden nachgewiesen werden müssen, was aber nicht geschehen sei. Der [X.]sei durch die in der Berufungsverhandlung im Original überreichte Vollmachtsurkunde nicht geheilt worden. Wenn, wie hier, die Klage mangels Vollmacht zu Recht zurückgewiesen worden sei, sei eine genehmigende Nach-reichung der Vollmacht in der Rechtsmittelinstanz nicht mehr möglich. Deshalb sei auch die nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils im schriftlichen Um-laufverfahren erfolgte Genehmigung der Mandatserteilung unbeachtlich, ohne 7
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dass es auf die Wirksamkeit des hierzu gefassten [X.]ankomme.
Die vorgelegte Vollmachtsurkunde weise eine Bevollmächtigung durch die Klägerin nicht nach, weil sie lediglich eine Bevollmächtigung durch die T.

bestätige, die ihrerseits nicht berechtigt sei, die Klägerin als Liquidatorin gesetzlich zu vertreten. Die T.

sei nicht wirksam zur Liquidatorin bestellt worden. Dies folge schon daraus, dass die Ladung zur Gesellschafterversamm-lung am 31. Mai 2005 durch die T.

unwirksam gewesen sei, weil die T.

am 6. Dezember 2003 durch Mehrheitsbeschluss nicht wirksam zur Geschäftsbesorgerin habe bestellt werden können. Die Übertragung der den Gesellschaftern nach § 6 Abs. 1 [X.]zustehenden Geschäftsführung auf einen Fremdgeschäftsführer hätte eines einstimmigen Beschlusses bedurft. Aus dem Gesellschaftsvertrag lasse sich auch im Wege der Auslegung nicht entnehmen, dass die Geschäftsführung insgesamt durch Mehrheitsbeschluss auf einen ex-ternen [X.]übertragen werden könne.
Erst recht hätte die Bestellung der T.

zur Liquidatorin einen ein-stimmigen Beschluss erfordert. Der Gesellschaftsvertrag enthalte keinerlei An-knüpfungspunkte für eine eindeutige Auslegung dahin, dass auch die Bestel-lung eines Dritten zum Liquidator zulässig sei. Ein solcher Beschluss hielte zu-dem einer inhaltlichen Wirksamkeitsprüfung nicht stand, weil der [X.]nach dem Wegfall des gemeinsam verfolgten Gesellschaftszwecks und angesichts in der Liquidation möglicher Interessenkonflikte zwischen den einzelnen [X.]nicht durch einen Mehrheitsbeschluss von der ihm nach § 730 Abs. 2 BGB gemeinschaftlich mit den anderen Gesellschaftern zustehenden Ge-schäftsführungsbefugnis ausgeschlossen werden könne.
II.
Diese Ausführungen halten einer revisionsgerichtlichen Überprüfung nicht stand. Das Revisionsgericht hat von Amts wegen und ohne Bindung an 10
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-

die vom Berufungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen zu prüfen, ob die Klägerin ordnungsgemäß vertreten ist. Diese Prüfung ergibt auf der Grundlage der von der Klägerin dargestellten und vom Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten Beschlusslage der Gesellschaft, dass es we-der an einer ordnungsgemäßen Prozessvollmacht noch an der Berechtigung der T.

zur gesetzlichen Vertretung der Klägerin fehlt.
1.
Zu Unrecht hat das Berufungsgericht einen zur Unzulässigkeit der Klage führenden Mangel der Prozessvollmacht angenommen.
a)
Es ist zwar im Ausgangspunkt richtig, dass ein Vollmachtsmangel, der zu einem klageabweisenden Prozessurteil geführt hat, durch eine nachträgliche Bevollmächtigung nicht mehr behoben werden kann (GmS-OGB, Beschluss vom 17. April 1984 -
[X.]2/83, BGHZ 91, 111, 115 f.). Von einer nach-träglichen Bevollmächtigung ist jedoch der spätere Nachweis einer rechtzeitigen Vollmachterteilung zu unterscheiden. Der Nachweis einer bereits für die [X.]erteilten Vollmacht kann -
durch Vorlage der Vollmachtsurkunde (§ 80 ZPO)
-
noch im Rechtsmittelverfahren geführt werden (GmS-OGB, Beschluss vom 17. April 1984 -
[X.]2/83, BGHZ 91, 111, 115; BGH, Urteil vom
7.
März 2002 -
VII
ZR
193/01, WM 2002, 1249, 1250; MünchKomm ZPO/Toussaint, 4. Aufl., § 88 Rn. 10; Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 88 Rn. 7 a.E.).
Die von der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vorgelegte Prozess-vollmacht trägt das Datum 10. Oktober 2008. Da eine Kopie dieser Vollmacht noch vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz einge-reicht wurde, ist davon auszugehen, dass die Bevollmächtigung als solche rechtzeitig erfolgte.
b)
Die Vorlage der [X.]konnte auch deshalb im Berufungs-verfahren nachgeholt werden, weil das [X.]die Klage nicht im Hinblick 13
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-

darauf als unzulässig abgewiesen hat, dass die durch die T.

ausgestellte Prozessvollmacht im ersten Rechtszug nur in Kopie eingereicht worden war. Das Nachreichen der Vollmacht mit genehmigender Wirkung ist in der Rechts-mittelinstanz nur dann ausgeschlossen, wenn die Klage in der Vorinstanz gera-de wegen des Vollmachtmangels zu Recht als unzulässig abgewiesen wurde (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 89 Rn. 11 mwN).
Das [X.]hat die Klage für unzulässig gehalten, weil es an einer .

zur Prozessführung gegen den Beklagten fehle. Damit ist der Sache nach die Frage angesprochen, ob die T.

als Liquidatorin zur gesetzlichen Vertretung der Klägerin im vorliegen-den Rechtsstreit berufen ist. Für die Beantwortung dieser, für die Entscheidung des [X.]ausschlaggebenden, Frage kam es auf die Vorlage der von der T.

ausgestellten [X.]nicht an. Zudem war die Annahme, die Klägerin werde nicht durch die T.

gesetzlich vertreten, unzutreffend (dazu nachfolgend unter [X.]und 3.).
2.
Der Auffassung des Berufungsgerichts, die T.

sei nicht wirksam zur Liquidatorin der Klägerin bestellt worden, kann nicht gefolgt werden.
a)
Der Gesellschafterbeschluss vom 31. Mai 2005, die T.

zur Li-quidatorin zu bestellen, war nicht schon wegen eines Einberufungsmangels unwirksam. Die Annahme des Berufungsgerichts, die T.

sei nicht zur Ein-ladung befugt gewesen, weil sie mangels einstimmiger Beschlussfassung nicht wirksam zur Geschäftsbesorgerin bestellt worden sei, trifft nicht zu.
aa)
Im Gesellschaftsvertrag der Klägerin ist in § 6 Abs. 2 die Beauftra-gung eines Geschäftsbesorgers vorgesehen, dem u.a. die Aufgabe zugewiesen ist, zu den Gesellschafterversammlungen einzuladen (§ 8 Abs. 3 Satz 2 GV). In der Vorbemerkung
zum Gesellschaftsvertrag war allerdings ursprünglich vorge-geben, dass der [X.]aus der Mitte der Gesellschafter auszu-17
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9
-

wählen sei. Diese Einschränkung, die die Beauftragung eines [X.]ausschloss, wurde nach dem
auszugsweise vorgelegten
Protokoll zur 19. Gesellschafterversammlung später
durch einen mit der für eine Änderung des Gesellschaftsvertrags erforderlichen 3/4-Mehrheit gefassten Gesellschafterbe-schluss
aufgehoben.

(1)
Dieser Beschluss ist nicht schon wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz der [X.]unwirksam. Zwar kann in einer [X.]die [X.]nicht ohne Gesellschaftsanteil an ei-nen Dritten übertragen werden. Das schließt aber nicht die Möglichkeit aus, ei-nen Dritten im Gesellschaftervertrag oder durch Gesellschafterbeschluss in wei-tem Umfang mit [X.]zu betrauen und ihm umfassende Vollmacht zu erteilen, sofern die organschaftliche Geschäftsführungs-
und Ver-tretungsbefugnis den Gesellschaftern verbleibt (BGH, Urteil vom 20. September 1993 -
II
ZR
204/92, WM 1994, 237, 238; Urteil vom 8.
Februar 2011 -
II
ZR
263/09, BGHZ 188, 233 Rn. 21 mwN). Diesen Vorgaben entspricht
der Beschluss der 19. Gesellschafterversammlung, da § 6 Abs. 1 [X.]und damit die organschaftliche Geschäftsführungs-
und Vertretungsbefugnis der Gesellschaf-ter unberührt bleibt.
(2)
Zur wirksamen Beschlussfassung genügte die 3/4-Mehrheit. Eines einstimmigen Beschlusses bedurfte es nicht.
Beschlüsse in einer [X.]bürgerlichen Rechts sind grundsätzlich einstimmig zu fassen (vgl. § 709 Abs. 1 BGB), wenn und soweit nicht im Ge-sellschaftsvertrag für den betreffenden Beschlussgegenstand das Einstimmig-keitsprinzip durch das Prinzip einfacher oder qualifizierter Mehrheit ersetzt wor-den
ist (vgl. § 709 Abs. 2 BGB), um die Handlungsfähigkeit der [X.]sicherzustellen. Für die formelle Legitimation eines Mehrheitsbeschlusses ge-nügt es, dass sich aus dem Gesellschaftsvertrag -
ausdrücklich oder durch Aus-21
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-
10
-

legung
-
eindeutig ergibt, dass der jeweilige Beschlussgegenstand einer Mehr-heitsentscheidung unterworfen sein soll; einer Aufzählung der von der [X.]erfassten Beschlussgegenstände im Einzelnen bedarf es hierfür grundsätzlich nicht, und zwar auch dann nicht, wenn es sich um ein früher so

Januar 2007 -
II
ZR
245/05, BGHZ
170, 283 Rn.
9 -
OTTO; Urteil vom 24.
November 2008 -
II
ZR
116/08, BGHZ 179, 13 Rn.
15 -
Schutzgemeinschaftsvertrag II; Urteil vom 15. November 2011 -
II
ZR
266/09, BGHZ 191, 293 Rn.
16; Urteil vom 16. Oktober 2012 -
II
ZR
251/10, ZIP 2013, 68 Rn. 22; Urteil vom
20.
November 2012 -
II
ZR
98/10, juris Rn.
21). Dem so genannten Be-stimmtheitsgrundsatz, der schon nach bisheriger Rechtsprechung auf Publi-kumsgesellschaften keine Anwendung fand (BGH, Urteil vom 19. November 1984 -
II
ZR
102/84, NJW 1985, 972, 973), kommt nach der neueren Recht-sprechung des Senats für die formelle Legitimation einer Mehrheitsentschei-dung keine Bedeutung mehr zu (BGH, Urteil vom 16.
Oktober 2012 -
II
ZR
251/10, ZIP 2013, 68 Rn. 25
f. mwN).
Den Gesellschaftsvertrag der Klägerin kann der Senat selbst auslegen. Da die Klägerin nach Maßgabe von § 4 Abs. 2 und 3 [X.]auf Kapitalsammlung ausgerichtet und als Publikumsgesellschaft konzipiert ist, ist der [X.]später beitretender Gesellschafter nach dem objektiven Erklärungsbefund nur anhand des schriftlichen Vertrages auszulegen (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 2011

II ZR 199/10, ZIP 2011, 1865 Rn. 14 mwN).
Nach dem Gesellschaftsvertrag war es zulässig, durch einen Beschluss mit qualifizierter Mehrheit die Möglichkeit zu eröffnen, die Stellung des [X.]einem Nichtgesellschafter zu übertragen. Der [X.]regelt in § 8 Abs. 8 Satz
2, dass Beschlüsse über Änderungen des Ge-sellschaftsvertrags einer 3/4-Mehrheit bedürfen. Einstimmigkeit verlangt der 24
25
-
11
-

Gesellschaftsvertrag für solche Beschlüsse nicht, auch nicht für bestimmte [X.]Beschlüsse.
(3)
Der Beschluss ist auch nicht wegen treupflichtwidriger Verletzung der Rechte der Minderheitsgesellschafter
unwirksam.
Ist die Entscheidung der Mehrheit der Gesellschafter von einer Regelung im Gesellschaftsvertrag gedeckt, ist auf einer zweiten Stufe zu prüfen, ob sie sich als treuwidrige Ausübung der Mehrheitsmacht gegenüber der Minderheit darstellt und deshalb inhaltlich unwirksam ist (BGH, Urteil vom 15.
Januar 2007 -
II
ZR
245/05, BGHZ 170, 283 Rn. 10 -
OTTO; Urteil vom 24. November 2008 -
II
ZR
116/08, BGHZ 179, 13 Rn. 17 -
Schutzgemeinschaftsvertrag II; Urteil vom 15. November 2011 -
II
ZR
266/09, BGHZ 191, 293 Rn. 16; Urteil vom 16. Oktober 2012 -
II
ZR
251/10, ZIP 2013, 68 Rn. 36; Urteil vom
20. November 2012 -
II
ZR
98/10, juris Rn. 29).
Diese Prüfung ergibt hier keinen Unwirksamkeitsgrund; Anhaltspunkte für eine treuwidrige Ausübung der Mehrheitsmacht sind nicht ersichtlich. Der in der 19. Gesellschafterversammlung gefasste Beschluss änderte nichts an der [X.]der Gesellschafter zur Geschäftsführung nach §
6 Abs. 1 GV, deren Ausübung von vornherein in den Grenzen des unverändert gebliebenen § 6 Abs. 2 [X.]einem [X.]oblag. Im Übrigen entsprach es
dem ob-jektiven Interesse der als Publikumsgesellschaft konzipierten Klägerin und ihrer Gesellschafter, das im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Amt des [X.]auch dann besetzen zu können, wenn sich zur Erfüllung dieser Auf-gabe kein hierfür geeigneter Gesellschafter (mehr) bereit findet.
(4)
Der Beschluss berührte schließlich auch keine mangels Zustimmung unentziehbaren Gesellschafterrechte (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 16. Oktober 2012 -
II
ZR
251/10, ZIP 2013, 68 Rn. 36 f.). Ein auf die Geschäftsführung [X.]Sonderrecht stand dem Beklagten nicht zu.
26
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-
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-

bb)
Gegen die Wirksamkeit des [X.]vom
6. Dezember 2003 zu [X.]8, durch den nach dem vorgelegten Protokoll mehr-heitlich beschlossen wurde, die T.

als Geschäftsbesorgerin zu beauftra-gen, bestehen gleichfalls keine Bedenken.
Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Geschäftsführung ins-gesamt, in Erweiterung des dem [X.]ursprünglich zugewiese-nen Aufgabenkreises auf die T.

übertragen worden sei. Eine Übertragung auch der organschaftlichen [X.](§ 6 Abs. 1 GV) oder eine relevante Ausweitung der dem [X.]dienstvertraglich zuge-wiesenen Aufgaben ist indes nicht ersichtlich. Dem Beschluss vom [X.]2003 lässt sich keine Änderung des § 6 [X.]entnehmen. Soweit das [X.]darauf abstellt, dass die Geschäftsbesorgung ursprünglich nur T.

abgeschlossene Geschäftsbesorgungsvertrag auch die Vorbereitung der Gesellschafterversammlung als Aufgabe des Geschäftsbesorgers nenne, berücksichtigt es nicht hinreichend die von Anfang an im Gesellschaftsvertrag in § 6 Abs. 2 und § 8 Abs. 3 getroffenen Regelungen.
cc)
War die T.

danach wirksam mit der Geschäftsbesorgung be-traut, war sie befugt, zu der Gesellschafterversammlung vom 31. Mai 2005 ein-zuladen (§ 8 Abs. 3 Satz 2 GV).
b)
Die Bestellung der T.

zur Liquidatorin bedurfte gleichfalls keines einstimmigen Beschlusses. Nach dem vorgelegten Protokoll wurde der Bestel-lungsbeschluss vom
31. Mai 2005 mit einer 3/4-Mehrheit gefasst. Dies
genügte, um die T.

wirksam zur Liquidatorin zu berufen.
aa)
Die Auslegung des Gesellschaftsvertrags, die der Senat selbst vor-nehmen kann, ergibt eindeutig, dass die Gesellschafterversammlung die Bestel-30
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33
34
-
13
-

lung eines Liquidators jedenfalls mit 3/4-Mehrheit vornehmen darf. Ein entspre-chender Mehrheitsbeschluss ist mithin formell legitimiert.
Gemäß § 8 Abs. 8 Satz 1 [X.]werden [X.]mit ein-facher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst. Änderungen des [X.]bedürfen einer Mehrheit von 75% der abgegebenen Stimmen (§
8 Abs. 8 Satz 2 GV). Die Bestellung des Liquidators einer Personengesell-schaft mag, auch wenn der Gesellschaftsvertrag insoweit keine gesonderte, durch den Beschluss abzuändernde Regelung trifft, als oder wie eine Änderung des Gesellschaftsvertrags zu behandeln sein, weil die den Gesellschaftern nach § 730 Abs. 2 Satz 2 BGB gemeinschaftlich zustehende Verwaltungsbefugnis beschnitten wird (vgl. Staub/Habersack, HGB, 5. Aufl., § 146 Rn. 15). Die für eine Vertragsänderung nach § 8 Abs. 8 Satz 2 [X.]erforderliche 3/4-Mehrheit wurde hier jedoch erreicht.
Eine auf Vertragsänderungen bezogene Mehrheitsklausel genügt [X.]in einer Publikumsgesellschaft, um die Bestellung eines Liquidators durch entsprechenden Mehrheitsbeschluss zu ermöglichen (vgl. Staub/Habersack, HGB, 5. Aufl., §
146 Rn.
16; siehe auch BGH, Urteil vom 11.
Oktober 2011 -
II
ZR
242/09, ZIP 2011, 2299 Rn. 40). Der sogenannte Bestimmtheitsgrund-satz, der eine engere
Sichtweise rechtfertigen konnte, hat nach der neueren Rechtsprechung des Senats für die formelle Legitimation einer Mehrheitsent-scheidung keine Bedeutung mehr und galt überdies schon nach der früheren Rechtsprechung nicht für Publikumsgesellschaften (s.o. unter [X.]a) aa) (2)). Gerade in Personengesellschaften, die auf Kapitalsammlung durch sukzessive Aufnahme zahlreicher, untereinander nicht persönlich verbundener Gesellschaf-ter ausgerichtet und damit als Publikumsgesellschaft konzipiert sind, liegt eine weitgehende Anwendung des Mehrheitsprinzips nahe, um ihre [X.]zu gewährleisten; dies gilt auch nach Auflösung der [X.]in der Ab-35
36
-
14
-

wicklungsphase (vgl. BGH, Urteil vom 15.
November 2011 -
II
ZR
266/09, BGHZ 191, 293 Rn. 19).
bb)
Auch der -
vom Berufungsgericht besonders hervorgehobene
-
Um-stand, dass
ein Nichtgesellschafter zum Liquidator bestellt wurde, führt nicht zur Unwirksamkeit des am 31. Mai 2005 gefassten Beschlusses.

Der Grundsatz der [X.]hat nach Auflösung einer Perso-nengesellschaft nicht mehr die gleiche Bedeutung wie während ihres Bestehens als werbende Gesellschaft. Im Liquidationsstadium beschränkt sich der Zweck der [X.]auf die Auseinandersetzung und die hierzu erforderlichen Maßnahmen bei der Verwaltung des Gesellschaftsvermögens. Die Interessen der einzelnen Gesellschafter gehen stärker auseinander als während des Be-stehens der werbenden Gesellschaft; sie werden nicht mehr als mit dem [X.]und dem Interesse der übrigen Gesellschafter parallel laufend vermutet (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 2011 -
II ZR 199/10, ZIP 2011, 1865
Rn.
20). Wenn die gesetzlich vorgesehene gemeinschaftliche Geschäftsführung aller Gesellschafter (vgl. § 730 Abs. 2 Satz 2 BGB) wegen des Zuschnitts der [X.]als Publikumsgesellschaft nicht praktikabel erscheint und es daher zur Wahrung der Handlungsfähigkeit naheliegt, die [X.](auch) im Stadium der Liquidation auf eine oder einzelne Person(en) zu über-tragen, widerspricht es nicht grundsätzlich den Interessen der übrigen Gesell-schafter, anstelle eines Gesellschafters einen Dritten als Liquidator zu bestel-len, der an dem Ergebnis der Auseinandersetzung kein unmittelbares Eigenin-teresse hat (vgl. Staub/Habersack, HGB, 5. Aufl., §
146 Rn. 6). [X.]lässt § 146 Abs. 1 Satz 1 HGB für die offene Handelsgesellschaft die Bestellung eines Nichtgesellschafters als Liquidator ausdrücklich zu. Für die [X.]bürgerlichen Rechts gilt dies entsprechend (vgl.
MünchKommBGB/Schäfer, 6. Aufl., § 730 Rn. 47). Dass hierfür stets ein ein-stimmiger Gesellschafterbeschluss erforderlich sei, kann dieser
Literaturstelle 37
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-
15
-

entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht entnommen werden. Dieses Erfordernis besteht nur, wenn im Gesellschaftsvertrag insoweit keine andere, von § 709 Abs. 1 BGB abweichende Regelung
getroffen wurde
(siehe auch C. Schäfer, [X.]2013, 237, 246).
cc)
Der Beschluss ist auch nicht wegen treuwidriger Ausübung der Mehrheitsmacht gegenüber der Minderheit unwirksam. Durch die Bestellung der T.

wurde zwar in die den einzelnen Gesellschaftern nach § 730 Abs. 2 Satz 2 BGB an sich zustehende [X.]eingegriffen. Diese alle Gesellschafter gleichermaßen betreffende Maßnahme trug aber dem Um-stand Rechnung, dass in einer Publikumsgesellschaft die Liquidation bei ge-meinschaftlicher Geschäftsführung aller Gesellschafter nicht sachgerecht be-trieben werden kann.
3.
Wurde die T.

wirksam zur Liquidatorin bestellt, ist sie berechtigt, die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit gesetzlich zu vertreten und in deren Namen
Prozessvollmacht zu erteilen. Die Geltendmachung der sich aus der Schlussabrechnung gegen die einzelnen Gesellschafter entsprechend ihrer Verlustbeteiligung ergebenden,
der [X.]zustehenden [X.]gemäß § 735 BGB ist als Teil der Abwicklung Aufgabe des Liquidators (BGH, Urteil vom 15. November 2011 -
II ZR 266/09, BGHZ 191, 293 Rn. 36; Urteil vom 20. November 2012 -
II ZR 99/10, juris Rn. 32).
III. Das angefochtene Urteil ist danach, im Kostenpunkt und insoweit auf-zuheben, als es die Klage betrifft (§ 562 Abs. 1 ZPO).
Die Sache ist insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuver-weisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Die Beurteilung der Frage, ob die von der Klägerin vorgelegten Unterla-gen die
von den Gesellschaftern gefassten Beschlüsse der [X.]zutref-fend wiedergeben, was der [X.]weitgehend bestreitet, bleibt einschließlich 39
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-

einer hierzu gegebenenfalls erforderlichen Beweisaufnahme dem Berufungsge-richt überlassen.
Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass ein etwaiger Mangel der ge-setzlichen Vertretung durch Genehmigung des wahren gesetzlichen Vertreters in jeder Lage des Verfahrens rückwirkend geheilt werden kann (vgl.
MünchKommZPO/Lindacher, 4. Aufl., § 52 Rn. 42; Musielak/Weth, ZPO, 10. Aufl., §
56 Rn. 10; Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 51 Rn. 8 und § 52 Rn.
14). Unter diesem Gesichtspunkt kann der vom Berufungsgericht ange-sprochene,
aber für unerheblich gehaltene und deshalb nicht näher auf seine Wirksamkeit überprüfte Gesellschafterbeschluss Bedeutung erlangen, durch
43
-
17
-

den im Mai 2010, nach Abschluss der ersten Instanz, im schriftlichen [X.]sowohl die Bestellung der T.

zur Liquidatorin als auch die Be-auftragung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin im vorliegenden Rechts-streit bestätigt bzw. genehmigt wurden.

Bergmann

Strohn

Caliebe

Reichart

Sunder
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 21.04.2010 -
33 O 175/09 -

KG, Entscheidung vom 10.03.2011 -
19 [X.]-

Meta

II ZR 68/11

17.09.2013

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.09.2013, Az. II ZR 68/11 (REWIS RS 2013, 2762)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 2762

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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6a U 1/21 (Oberlandesgericht Karlsruhe)

Kommanditgesellschaft: Auslegung und Umfang einer Mehrheitsklausel im Gesellschaftsvertrag; Beschlussfassung der Gesellschafter über Auflösung und Liquidation …


21 O 1/20 (Landgericht Mannheim)

Auflösung einer Gesellschaft (hier: einer KG) durch einfachen Mehrheitsbeschluss


II ZR 148/10 (Bundesgerichtshof)

Auflösung einer Publikumsgesellschaft: Formelle Legitimation einer auf eine Mehrheitsklausel gestützten Entscheidung der Gesellschafterversammlung; treupflichtwidrige Ausübung …


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II ZR 68/11

II ZR 199/10

II ZR 266/09

II ZR 99/10

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