Bundesgerichtshof, Urteil vom 17.09.2013, Az. II ZR 68/11

2. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 2781

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Gegenstand

Publikums-GbR: Bestellung eines Dritten zum Liquidator


Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 19. Zivilsenats des [X.] vom 10. März 2011 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die bis zu ihrer Auflösung den Zweck verfolgt hat, ein Grundstück in [X.]     zu bebauen und die errichteten Gebäude durch Vermietung und Verpachtung zu nutzen. Sie nimmt den Beklagten als einen ihrer Gesellschafter nach Schlussabrechnung auf Ausgleich seines negativen Saldos in Anspruch. Die Parteien haben im bisherigen Verlauf des Rechtsstreits insbesondere darüber gestritten, ob die [X.]      Immobilienfonds Verwaltung GmbH (künftig: [X.]     ) wirksam zur [X.]in und nachfolgend zur Liquidatorin der Klägerin bestellt wurde und deshalb zur Vertretung der Klägerin berechtigt ist.

2

Der Gesellschaftsvertrag (künftig: [X.]) der Klägerin sieht in § 18 eine Verlustausgleichspflicht der Gesellschafter vor, wenn bei Auflösung der [X.] nicht ausreicht. Außerdem enthält er u.a. folgende Regelungen:

§ 4 Beteiligung an der Gesellschaft

[X.]

(2) Es ist vorgesehen, so viele Gesellschafter in die Gesellschaft aufzunehmen, dass eine Gesamtzeichnung von [X.] besteht. [X.]

(3) Sollte die Gesellschaft bis 31.08.1993 nicht geschlossen sein, übernimmt [X.]     , die restlichen Anteile treuhänderisch für noch zu benennende Gesellschafter. [X.]

§ 6 Geschäftsführung, Vertretung

(1) Die Führung der Geschäfte der Gesellschaft und die Vertretung steht allen Gesellschaftern gemeinschaftlich zu.

(2) Mit der Errichtung, der Finanzierung und Verwaltung des Bauvorhabens sowie mit der Wahrnehmung bestimmter Gesellschafterrechte wird ein [X.] beauftragt. [X.]

§ 8 Gesellschafterbeschlüsse

[X.]

(3) Nach der ersten Gesellschafterversammlung werden weitere Gesellschafterversammlungen auf Verlangen von mindestens 25% der Gesellschafterstimmen oder auf Verlangen des [X.]s oder Grundbuchtreuhänders abgehalten.

Der [X.] hat schriftlich hierzu einzuladen. [X.]

[X.]

(8) Beschlüsse werden mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst. Der Gesellschaftsvertrag kann nur mit mindestens 75% der abgegebenen Stimmen geändert werden. [X.]

3

In der Vorbemerkung zum Gesellschaftsvertrag hieß es ursprünglich:

[X.]

Die Gesellschafter sind damit Bauherren und übernehmen alle damit verbundenen Rechte und Pflichten. Um die Verfahrensweise zu vereinfachen, beauftragen sie einen aus ihrer Mitte mit der Geschäftsführung der Gesellschaft und übertragen ihm, als [X.], bestimmte administrative Aufgaben. [X.]

4

Der zweite Satz wurde dem auszugsweise vorgelegten „Protokoll zur 19. Gesellschafterversammlung“ zufolge später mit einer Mehrheit von 95,4% der abgegebenen Stimmen bei einer Anwesenheitsquote von 87,6% geändert und - unter Weglassung der Worte „aus ihrer Mitte“ - wie folgt gefasst:

Um die Verfahrensweise zu vereinfachen, beauftragen sie einen [X.] und übertragen diesem bestimmte administrative Aufgaben.

5

Mit der Geschäftsbesorgung beauftragte die Klägerin auf der Grundlage eines im Protokoll der 22. Gesellschafterversammlung vom 6. Dezember 2003 festgehaltenen, zwischen den Parteien allerdings streitigen, Beschlusses die [X.]     . Nach dem - bestrittenen - Vortrag der Klägerin wurde in einer Gesellschafterversammlung vom 31. Mai 2005, zu der die [X.]      als [X.]in eingeladen hatte, bei einer Anwesenheitsquote von über 90% und jeweils mit einer Mehrheit von über 90% der Anwesenden zu [X.] 7 beschlossen, die Gesellschaft mit sofortiger Wirkung aufzulösen, die [X.]      zur Liquidatorin zu bestellen und sie in dieser Funktion zu beauftragen, die voraussichtlichen Verlustausgleichsbeträge bei den Gesellschaftern einzufordern.

6

Die Klägerin beansprucht von dem Beklagten aufgrund einer zum 30. September 2008 erstellten Schlussabrechnung, die nach Darstellung der Klägerin im schriftlichen Umlaufverfahren im Oktober 2008 mehrheitlich genehmigt wurde, eine Ausgleichszahlung in Höhe von 115.909,48 € nebst Zinsen. Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat eine von der [X.]      unter dem 10. Oktober 2008 ausgestellte [X.] erstinstanzlich in Kopie (Anlage [X.]) und in der Berufungsverhandlung im Original vorgelegt. Die Vorinstanzen haben die Klage als unzulässig abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ferner die Anschlussberufung des Beklagten verworfen, mit der er widerklagend Einsicht in die Geschäftsbücher und Papiere der Klägerin begehrt hat. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin die Klageforderung weiter.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Sie führt, soweit zum Nachteil der Klägerin entschieden worden ist und der [X.]      die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt worden sind, zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

8

I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung über die Klage im Wesentlichen wie folgt begründet:

9

Das [X.] sei jedenfalls im Ergebnis zutreffend von einer nicht wirksam durch die Klägerin erteilten Prozessvollmacht und folglich von der Unzulässigkeit der Klage ausgegangen. Nachdem der [X.] in erster Instanz die fehlende Vollmacht gerügt und das [X.] eine Frist zur Vorlage gesetzt hat, hätte die Bevollmächtigungskette durch Vorlage von Originalurkunden nachgewiesen werden müssen, was aber nicht geschehen sei. Der Nachweismangel sei durch die in der Berufungsverhandlung im Original überreichte Vollmachtsurkunde nicht geheilt worden. Wenn, wie hier, die Klage mangels Vollmacht zu Recht zurückgewiesen worden sei, sei eine genehmigende Nachreichung der Vollmacht in der Rechtsmittelinstanz nicht mehr möglich. Deshalb sei auch die nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils im schriftlichen Umlaufverfahren erfolgte Genehmigung der Mandatserteilung unbeachtlich, ohne dass es auf die Wirksamkeit des hierzu gefassten [X.]erbeschlusses ankomme.

Die vorgelegte Vollmachtsurkunde weise eine Bevollmächtigung durch die Klägerin nicht nach, weil sie lediglich eine Bevollmächtigung durch die [X.]     bestätige, die ihrerseits nicht berechtigt sei, die Klägerin als Liquidatorin gesetzlich zu vertreten. Die [X.]      sei nicht wirksam zur Liquidatorin bestellt worden. Dies folge schon daraus, dass die Ladung zur [X.]erversammlung am 31. Mai 2005 durch die [X.]      unwirksam gewesen sei, weil die [X.]      am 6. Dezember 2003 durch Mehrheitsbeschluss nicht wirksam zur [X.]in habe bestellt werden können. Die Übertragung der den [X.]ern nach § 6 Abs. 1 GV zustehenden Geschäftsführung auf einen Fremdgeschäftsführer hätte eines einstimmigen Beschlusses bedurft. Aus dem [X.]svertrag lasse sich auch im Wege der Auslegung nicht entnehmen, dass die Geschäftsführung insgesamt durch Mehrheitsbeschluss auf einen externen [X.] übertragen werden könne.

Erst recht hätte die Bestellung der [X.]      zur Liquidatorin einen einstimmigen Beschluss erfordert. Der [X.]svertrag enthalte keinerlei Anknüpfungspunkte für eine eindeutige Auslegung dahin, dass auch die Bestellung eines [X.] zum Liquidator zulässig sei. Ein solcher Beschluss hielte zudem einer inhaltlichen Wirksamkeitsprüfung nicht stand, weil der [X.] nach dem Wegfall des gemeinsam verfolgten [X.]szwecks und angesichts in der Liquidation möglicher Interessenkonflikte zwischen den einzelnen [X.]ern nicht durch einen Mehrheitsbeschluss von der ihm nach § 730 Abs. 2 BGB gemeinschaftlich mit den anderen [X.]ern zustehenden [X.] ausgeschlossen werden könne.

[X.] Diese Ausführungen halten einer revisionsgerichtlichen Überprüfung nicht stand. Das Revisionsgericht hat von Amts wegen und ohne Bindung an die vom Berufungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen zu prüfen, ob die Klägerin ordnungsgemäß vertreten ist. Diese Prüfung ergibt auf der Grundlage der von der Klägerin dargestellten und vom Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten Beschlusslage der [X.], dass es weder an einer ordnungsgemäßen Prozessvollmacht noch an der Berechtigung der [X.]     zur gesetzlichen Vertretung der Klägerin fehlt.

1. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht einen zur Unzulässigkeit der Klage führenden Mangel der Prozessvollmacht angenommen.

a) Es ist zwar im Ausgangspunkt richtig, dass ein Vollmachtsmangel, der zu einem klageabweisenden Prozessurteil geführt hat, durch eine nachträgliche Bevollmächtigung nicht mehr behoben werden kann ([X.], Beschluss vom 17. April 1984 - [X.] 2/83, [X.], 111, 115 f.). Von einer nachträglichen Bevollmächtigung ist jedoch der spätere Nachweis einer rechtzeitigen Vollmachterteilung zu unterscheiden. Der Nachweis einer bereits für die Vorinstanz erteilten Vollmacht kann - durch Vorlage der Vollmachtsurkunde (§ 80 ZPO) - noch im Rechtsmittelverfahren geführt werden ([X.], Beschluss vom 17. April 1984 - [X.] 2/83, [X.], 111, 115; [X.], Urteil vom 7. März 2002 - [X.], [X.], 1249, 1250; MünchKomm ZPO/[X.], 4. Aufl., § 88 Rn. 10; [X.]/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 88 Rn. 7 a.E.).

Die von der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vorgelegte Prozessvollmacht trägt das Datum 10. Oktober 2008. Da eine Kopie dieser Vollmacht noch vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz eingereicht wurde, ist davon auszugehen, dass die Bevollmächtigung als solche rechtzeitig erfolgte.

b) Die Vorlage der Originalvollmacht konnte auch deshalb im Berufungsverfahren nachgeholt werden, weil das [X.] die Klage nicht im Hinblick darauf als unzulässig abgewiesen hat, dass die durch die [X.]      ausgestellte Prozessvollmacht im ersten Rechtszug nur in Kopie eingereicht worden war. Das Nachreichen der Vollmacht mit genehmigender Wirkung ist in der Rechtsmittelinstanz nur dann ausgeschlossen, wenn die Klage in der Vorinstanz gerade wegen des Vollmachtmangels zu Recht als unzulässig abgewiesen wurde (vgl. [X.]/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 89 Rn. 11 mwN).

Das [X.] hat die Klage für unzulässig gehalten, weil es an einer ausreichenden „Bevollmächtigung“ der [X.]      zur Prozessführung gegen den [X.]n fehle. Damit ist der Sache nach die Frage angesprochen, ob die [X.]      als Liquidatorin zur gesetzlichen Vertretung der Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit berufen ist. Für die Beantwortung dieser, für die Entscheidung des [X.]s ausschlaggebenden, Frage kam es auf die Vorlage der von der [X.]      ausgestellten Originalvollmacht nicht an. Zudem war die Annahme, die Klägerin werde nicht durch die [X.]      gesetzlich vertreten, unzutreffend (dazu nachfolgend unter [X.] 2. und 3.).

2. Der Auffassung des Berufungsgerichts, die [X.]      sei nicht wirksam zur Liquidatorin der Klägerin bestellt worden, kann nicht gefolgt werden.

a) Der [X.]erbeschluss vom 31. Mai 2005, die [X.]      zur Liquidatorin zu bestellen, war nicht schon wegen eines Einberufungsmangels unwirksam. Die Annahme des Berufungsgerichts, die [X.]     sei nicht zur Einladung befugt gewesen, weil sie mangels einstimmiger Beschlussfassung nicht wirksam zur [X.]in bestellt worden sei, trifft nicht zu.

aa) Im [X.]svertrag der Klägerin ist in § 6 Abs. 2 die Beauftragung eines [X.]s vorgesehen, dem u.a. die Aufgabe zugewiesen ist, zu den [X.]erversammlungen einzuladen (§ 8 Abs. 3 Satz 2 GV). In der Vorbemerkung zum [X.]svertrag war allerdings ursprünglich vorgegeben, dass der [X.] aus der Mitte der [X.]er auszuwählen sei. Diese Einschränkung, die die Beauftragung eines Nichtgesellschafters ausschloss, wurde nach dem auszugsweise vorgelegten Protokoll zur 19. [X.]erversammlung später durch einen mit der für eine Änderung des [X.]svertrags erforderlichen 3/4-Mehrheit gefassten [X.]erbeschluss aufgehoben.

(1) Dieser Beschluss ist nicht schon wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz der [X.] unwirksam. Zwar kann in einer Personengesellschaft die [X.] nicht ohne [X.]santeil an einen [X.] übertragen werden. Das schließt aber nicht die Möglichkeit aus, einen [X.] im [X.]ervertrag oder durch [X.]erbeschluss in weitem Umfang mit [X.] zu betrauen und ihm umfassende Vollmacht zu erteilen, sofern die organschaftliche Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis den [X.]ern verbleibt ([X.], Urteil vom 20. September 1993 - [X.], [X.], 237, 238; Urteil vom 8. Februar 2011 - [X.]/09, [X.]Z 188, 233 Rn. 21 mwN). Diesen Vorgaben entspricht der Beschluss der 19. [X.]erversammlung, da § 6 Abs. 1 GV und damit die organschaftliche Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis der [X.]er unberührt bleibt.

(2) Zur wirksamen Beschlussfassung genügte die 3/4-Mehrheit. Eines einstimmigen Beschlusses bedurfte es nicht.

Beschlüsse in einer [X.] bürgerlichen Rechts sind grundsätzlich einstimmig zu fassen (vgl. § 709 Abs. 1 BGB), wenn und soweit nicht im [X.]svertrag für den betreffenden Beschlussgegenstand das Einstimmigkeitsprinzip durch das Prinzip einfacher oder qualifizierter Mehrheit ersetzt worden ist (vgl. § 709 Abs. 2 BGB), um die Handlungsfähigkeit der [X.] sicherzustellen. Für die formelle Legitimation eines Mehrheitsbeschlusses genügt es, dass sich aus dem [X.]svertrag - ausdrücklich oder durch Auslegung - eindeutig ergibt, dass der jeweilige Beschlussgegenstand einer Mehrheitsentscheidung unterworfen sein soll; einer Aufzählung der von der [X.] erfassten Beschlussgegenstände im Einzelnen bedarf es hierfür grundsätzlich nicht, und zwar auch dann nicht, wenn es sich um ein früher so genanntes „Grundlagengeschäft“ handelt ([X.], Urteil vom 15. Januar 2007 - [X.], [X.]Z 170, 283 Rn. 9 - [X.]; Urteil vom 24. November 2008 - [X.], [X.]Z 179, 13 Rn. 15 - [X.]; Urteil vom 15. November 2011 - [X.], [X.]Z 191, 293 Rn. 16; Urteil vom 16. Oktober 2012 - [X.], [X.], 68 Rn. 22; Urteil vom 20. November 2012 - [X.]/10, juris Rn. 21). Dem so genannten Bestimmtheitsgrundsatz, der schon nach bisheriger Rechtsprechung auf [X.] keine Anwendung fand ([X.], Urteil vom 19. November 1984 - [X.], NJW 1985, 972, 973), kommt nach der neueren Rechtsprechung des Senats für die formelle Legitimation einer Mehrheitsentscheidung keine Bedeutung mehr zu ([X.], Urteil vom 16. Oktober 2012 - [X.], [X.], 68 Rn. 25 f. mwN).

Den [X.]svertrag der Klägerin kann der Senat selbst auslegen. Da die Klägerin nach Maßgabe von § 4 Abs. 2 und 3 GV auf Kapitalsammlung ausgerichtet und als Publikumsgesellschaft konzipiert ist, ist der [X.]svertrag zum Schutz später beitretender [X.]er nach dem objektiven Erklärungsbefund nur anhand des schriftlichen Vertrages auszulegen (vgl. [X.], Urteil vom 5. Juli 2011 – [X.], [X.], 1865 Rn. 14 mwN).

Nach dem [X.]svertrag war es zulässig, durch einen Beschluss mit qualifizierter Mehrheit die Möglichkeit zu eröffnen, die Stellung des [X.]s einem Nichtgesellschafter zu übertragen. Der [X.]svertrag regelt in § 8 Abs. 8 Satz 2, dass Beschlüsse über Änderungen des [X.]svertrags einer 3/4-Mehrheit bedürfen. Einstimmigkeit verlangt der [X.]svertrag für solche Beschlüsse nicht, auch nicht für bestimmte Arten vertragsändernder Beschlüsse.

(3) Der Beschluss ist auch nicht wegen treupflichtwidriger Verletzung der Rechte der Minderheitsgesellschafter unwirksam.

Ist die Entscheidung der Mehrheit der [X.]er von einer Regelung im [X.]svertrag gedeckt, ist auf einer zweiten Stufe zu prüfen, ob sie sich als treuwidrige Ausübung der Mehrheitsmacht gegenüber der Minderheit darstellt und deshalb inhaltlich unwirksam ist ([X.], Urteil vom 15. Januar 2007 - [X.], [X.]Z 170, 283 Rn. 10 - [X.]; Urteil vom 24. November 2008 - [X.], [X.]Z 179, 13 Rn. 17 - [X.]; Urteil vom 15. November 2011 - [X.], [X.]Z 191, 293 Rn. 16; Urteil vom 16. Oktober 2012 - [X.], [X.], 68 Rn. 36; Urteil vom 20. November 2012 - [X.]/10, juris Rn. 29).

Diese Prüfung ergibt hier keinen Unwirksamkeitsgrund; Anhaltspunkte für eine treuwidrige Ausübung der Mehrheitsmacht sind nicht ersichtlich. Der in der 19. [X.]erversammlung gefasste Beschluss änderte nichts an der Befugnis der [X.]er zur Geschäftsführung nach § 6 Abs. 1 GV, deren Ausübung von vornherein in den Grenzen des unverändert gebliebenen § 6 Abs. 2 GV einem [X.] oblag. Im Übrigen entsprach es dem objektiven Interesse der als Publikumsgesellschaft konzipierten Klägerin und ihrer [X.]er, das im [X.]svertrag vorgesehene Amt des [X.]s auch dann besetzen zu können, wenn sich zur Erfüllung dieser Aufgabe kein hierfür geeigneter [X.]er (mehr) bereit findet.

(4) Der Beschluss berührte schließlich auch keine mangels Zustimmung unentziehbaren [X.]errechte (vgl. hierzu [X.], Urteil vom 16. Oktober 2012 - [X.], [X.], 68 Rn. 36 f.). Ein auf die Geschäftsführung bezogenes Sonderrecht stand dem [X.]n nicht zu.

bb) Gegen die Wirksamkeit des [X.]erbeschlusses vom 6. Dezember 2003 zu [X.], durch den nach dem vorgelegten Protokoll mehrheitlich beschlossen wurde, die [X.]     als [X.]in zu beauftragen, bestehen gleichfalls keine Bedenken.

Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Geschäftsführung insgesamt, in Erweiterung des dem [X.] ursprünglich zugewiesenen [X.] auf die [X.]     übertragen worden sei. Eine Übertragung auch der organschaftlichen [X.] (§ 6 Abs. 1 GV) oder eine relevante Ausweitung der dem [X.] dienstvertraglich zugewiesenen Aufgaben ist indes nicht ersichtlich. Dem Beschluss vom 6. Dezember 2003 lässt sich keine Änderung des § 6 GV entnehmen. Soweit das Berufungsgericht darauf abstellt, dass die Geschäftsbesorgung ursprünglich nur „bestimmte administrative Aufgaben“ umfassen sollte, während der mit der [X.]      abgeschlossene Geschäftsbesorgungsvertrag auch die Vorbereitung der [X.]erversammlung als Aufgabe des [X.]s nenne, berücksichtigt es nicht hinreichend die von Anfang an im [X.]svertrag in § 6 Abs. 2 und § 8 Abs. 3 getroffenen Regelungen.

cc) War die [X.]      danach wirksam mit der Geschäftsbesorgung betraut, war sie befugt, zu der [X.]erversammlung vom 31. Mai 2005 einzuladen (§ 8 Abs. 3 Satz 2 GV).

b) Die Bestellung der [X.]      zur Liquidatorin bedurfte gleichfalls keines einstimmigen Beschlusses. Nach dem vorgelegten Protokoll wurde der Bestellungsbeschluss vom 31. Mai 2005 mit einer 3/4-Mehrheit gefasst. Dies genügte, um die [X.]      wirksam zur Liquidatorin zu berufen.

aa) Die Auslegung des [X.]svertrags, die der Senat selbst vornehmen kann, ergibt eindeutig, dass die [X.]erversammlung die Bestellung eines Liquidators jedenfalls mit 3/4-Mehrheit vornehmen darf. Ein entsprechender Mehrheitsbeschluss ist mithin formell legitimiert.

Gemäß § 8 Abs. 8 Satz 1 GV werden [X.]erbeschlüsse mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst. Änderungen des [X.]svertrags bedürfen einer Mehrheit von 75% der abgegebenen Stimmen (§ 8 Abs. 8 Satz 2 GV). Die Bestellung des Liquidators einer Personengesellschaft mag, auch wenn der [X.]svertrag insoweit keine gesonderte, durch den Beschluss abzuändernde Regelung trifft, als oder wie eine Änderung des [X.]svertrags zu behandeln sein, weil die den [X.]ern nach § 730 Abs. 2 Satz 2 BGB gemeinschaftlich zustehende Verwaltungsbefugnis beschnitten wird (vgl. [X.]/[X.], HGB, 5. Aufl., § 146 Rn. 15). Die für eine Vertragsänderung nach § 8 Abs. 8 Satz 2 GV erforderliche 3/4-Mehrheit wurde hier jedoch erreicht.

Eine auf Vertragsänderungen bezogene [X.] genügt jedenfalls in einer Publikumsgesellschaft, um die Bestellung eines Liquidators durch entsprechenden Mehrheitsbeschluss zu ermöglichen (vgl. [X.]/[X.], HGB, 5. Aufl., § 146 Rn. 16; siehe auch [X.], Urteil vom 11. Oktober 2011 - [X.], [X.], 2299 Rn. 40). Der sogenannte Bestimmtheitsgrundsatz, der eine engere Sichtweise rechtfertigen konnte, hat nach der neueren Rechtsprechung des Senats für die formelle Legitimation einer Mehrheitsentscheidung keine Bedeutung mehr und galt überdies schon nach der früheren Rechtsprechung nicht für [X.] (s.o. unter [X.] 2. a) aa) (2)). Gerade in Personengesellschaften, die auf Kapitalsammlung durch sukzessive Aufnahme zahlreicher, untereinander nicht persönlich verbundener [X.]er ausgerichtet und damit als Publikumsgesellschaft konzipiert sind, liegt eine weitgehende Anwendung des Mehrheitsprinzips nahe, um ihre Handlungsfähigkeit zu gewährleisten; dies gilt auch nach Auflösung der [X.] in der Abwicklungsphase (vgl. [X.], Urteil vom 15. November 2011 - [X.], [X.]Z 191, 293 Rn. 19).

bb) Auch der - vom Berufungsgericht besonders hervorgehobene - Umstand, dass ein Nichtgesellschafter zum Liquidator bestellt wurde, führt nicht zur Unwirksamkeit des am 31. Mai 2005 gefassten Beschlusses.

Der Grundsatz der [X.] hat nach Auflösung einer Personengesellschaft nicht mehr die gleiche Bedeutung wie während ihres Bestehens als werbende [X.]. Im Liquidationsstadium beschränkt sich der Zweck der [X.] auf die Auseinandersetzung und die hierzu erforderlichen Maßnahmen bei der Verwaltung des [X.]svermögens. Die Interessen der einzelnen [X.]er gehen stärker auseinander als während des Bestehens der werbenden [X.]; sie werden nicht mehr als mit dem [X.]szweck und dem Interesse der übrigen [X.]er parallel laufend vermutet (vgl. [X.], Urteil vom 5. Juli 2011 - [X.], [X.], 1865 Rn. 20). Wenn die gesetzlich vorgesehene gemeinschaftliche Geschäftsführung aller [X.]er (vgl. § 730 Abs. 2 Satz 2 BGB) wegen des Zuschnitts der [X.] als Publikumsgesellschaft nicht praktikabel erscheint und es daher zur Wahrung der Handlungsfähigkeit naheliegt, die [X.] (auch) im Stadium der Liquidation auf eine oder einzelne Person(en) zu übertragen, widerspricht es nicht grundsätzlich den Interessen der übrigen [X.]er, anstelle eines [X.]ers einen [X.] als Liquidator zu bestellen, der an dem Ergebnis der Auseinandersetzung kein unmittelbares Eigeninteresse hat (vgl. [X.]/[X.], HGB, 5. Aufl., § 146 Rn. 6). Dementsprechend lässt § 146 Abs. 1 Satz 1 HGB für die offene Handelsgesellschaft die Bestellung eines Nichtgesellschafters als Liquidator ausdrücklich zu. Für die [X.] bürgerlichen Rechts gilt dies entsprechend (vgl. [X.]/[X.], 6. Aufl., § 730 Rn. 47). Dass hierfür stets ein einstimmiger [X.]erbeschluss erforderlich sei, kann dieser Literaturstelle entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht entnommen werden. Dieses Erfordernis besteht nur, wenn im [X.]svertrag insoweit keine andere, von § 709 Abs. 1 BGB abweichende Regelung getroffen wurde (siehe auch [X.], [X.] 2013, 237, 246).

cc) Der Beschluss ist auch nicht wegen treuwidriger Ausübung der Mehrheitsmacht gegenüber der Minderheit unwirksam. Durch die Bestellung der [X.]      wurde zwar in die den einzelnen [X.]ern nach § 730 Abs. 2 Satz 2 BGB an sich zustehende [X.] eingegriffen. Diese alle [X.]er gleichermaßen betreffende Maßnahme trug aber dem Umstand Rechnung, dass in einer Publikumsgesellschaft die Liquidation bei gemeinschaftlicher Geschäftsführung aller [X.]er nicht sachgerecht betrieben werden kann.

3. Wurde die [X.]     wirksam zur Liquidatorin bestellt, ist sie berechtigt, die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit gesetzlich zu vertreten und in deren Namen Prozessvollmacht zu erteilen. Die Geltendmachung der sich aus der Schlussabrechnung gegen die einzelnen [X.]er entsprechend ihrer Verlustbeteiligung ergebenden, der [X.] zustehenden Verlustausgleichsansprüche gemäß § 735 BGB ist als Teil der Abwicklung Aufgabe des Liquidators ([X.], Urteil vom 15. November 2011 - [X.], [X.]Z 191, 293 Rn. 36; Urteil vom 20. November 2012 - [X.], juris Rn. 32).

I[X.] Das angefochtene Urteil ist danach, im Kostenpunkt und insoweit aufzuheben, als es die Klage betrifft (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Die Beurteilung der Frage, ob die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen die von den [X.]ern gefassten Beschlüsse der [X.] zutreffend wiedergeben, was der [X.] weitgehend bestreitet, bleibt einschließlich einer hierzu gegebenenfalls erforderlichen Beweisaufnahme dem Berufungsgericht überlassen.

Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass ein etwaiger Mangel der gesetzlichen Vertretung durch Genehmigung des wahren gesetzlichen Vertreters in jeder Lage des Verfahrens rückwirkend geheilt werden kann (vgl. [X.]/[X.], 4. Aufl., § 52 Rn. 42; Musielak/[X.], ZPO, 10. Aufl., § 56 Rn. 10; [X.]/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 51 Rn. 8 und § 52 Rn. 14). Unter diesem Gesichtspunkt kann der vom Berufungsgericht angesprochene, aber für unerheblich gehaltene und deshalb nicht näher auf seine Wirksamkeit überprüfte [X.]erbeschluss Bedeutung erlangen, durch den im Mai 2010, nach Abschluss der ersten Instanz, im schriftlichen Umlaufverfahren sowohl die Bestellung der [X.]      zur Liquidatorin als auch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit bestätigt bzw. genehmigt wurden.

[X.]                      Strohn                       Caliebe

                  [X.]

Meta

II ZR 68/11

17.09.2013

Bundesgerichtshof 2. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend KG Berlin, 10. März 2011, Az: 19 U 51/10

§ 705 BGB, § 709 Abs 1 BGB, § 709 Abs 2 BGB, § 730 Abs 2 BGB, § 735 BGB, § 146 Abs 1 S 1 HGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 17.09.2013, Az. II ZR 68/11 (REWIS RS 2013, 2781)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 2781

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