Bundespatentgericht, Beschluss vom 08.09.2016, Az. 30 W (pat) 801/16

30. Senat | REWIS RS 2016, 5766

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Gegenstand

Designbeschwerdeverfahren – Nichtigkeitsverfahren - "Tabaktopf" – fehlender Widerspruch gegen den Nichtigkeitsantrag – Feststellung der Nichtigkeit des Designs durch Beschluss – Statthaftigkeit der Beschwerde – Entscheidung ohne Sachprüfung


Leitsatz

Tabaktopf

1. Wird einem Design-Nichtigkeitsantrag nicht oder nicht rechtzeitig widersprochen, so ist – bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen – die Nichtigkeit des Designs durch förmlichen Beschluss festzustellen oder zu erklären, gegen den die Beschwerde zum Patentgericht stattfindet.

2. Anders als bei einer Patentnichtigkeitsklage erfolgt in einem solchen Fall keine sachliche Prüfung des Nichtigkeitsantrags auf der Basis des Vorbringens des Antragstellers.

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend das eingetragene Design 402015200116-0001

(hier: [X.] 23/15)

hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 8. September 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.]s Prof. Dr. Hacker sowie der [X.] [X.] und Dr. Meiser

beschlossen:

[X.] Die Beschwerde des Antragsgegners wird zurückgewiesen.

I[X.] Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.

Gründe

I.

1

Der Antragsgegner ist Inhaber des am 12. Januar 2015 angemeldeten und am 21. April 2015 in das beim [X.] geführte Designregister eingetragenen Designs 402015200116-0001, das einen Tabaktopf für Wasserpfeifen betrifft.

2

Gegen dieses eingetragene Design hat die Antragstellerin mit am 5. Juni 2015 beim [X.] ([X.]) eingegangenem Schriftsatz Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit nach § 34a [X.] gestellt.

3

Der Nichtigkeitsantrag ist dem Antragsgegner mit Übergabeeinschreiben, das am 14. Juli 2015 zur Post gegeben wurde, zugestellt worden. Der Antragsgegner hat dem Antrag nicht widersprochen.

4

Mit Beschluss vom 19. Oktober 2015 hat die Designabteilung 3.5 des [X.] daraufhin festgestellt, dass das eingetragene Design 402015200116-0001 nichtig ist. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der Designinhaber und Antragsgegner habe dem ihm mit am 14. Juli 2015 zur Post aufgegebenen Übergabeeinschreiben zugestellten Nichtigkeitsantrag nicht innerhalb eines Monats widersprochen (§ 34 a Abs. 2 Satz 1 [X.]). Mangels Widerspruchs sei daher die Nichtigkeit des eingetragenen Designs ohne weitere Sacherörterung festzustellen, § 34 a Abs. 2 Satz 2 [X.].

5

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Antragsgegner mit seiner Beschwerde. Er macht geltend, dass die von der Antragstellerin geltend gemachten Nichtigkeitsgründe nicht vorlägen.

6

Der Antragsgegner beantragt sinngemäß,

7

den Beschluss der Designabteilung 3.5 des [X.]s vom 19. Oktober 2015 aufzuheben.

8

Die Antragstellerin beantragt,

9

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie macht nach wie vor geltend, dass das eingetragene Design aus den von ihr näher dargelegten Gründen nichtig sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

1. Die form- und fristgerecht sowie unter rechtzeitiger Einzahlung der Beschwerdegebühr erhobene Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig (§ 23 Abs. 4 Satz 1 [X.]). Sie ist insbesondere ungeachtet der Frage, ob über die Nichtigkeit eines eingetragenen Designs mangels rechtzeitigen Widerspruchs gegen einen Löschungsantrag nach § 34 a Abs. 2 Satz 2 [X.] überhaupt durch rechtsmittelfähigen Beschluss zu entscheiden ist (s. dazu 2.), statthaft, da sie sich gegen einen formellen Beschluss der Markenabteilung richtet.

2. Die Beschwerde hat aber in der Sache keinen Erfolg. Die Designabteilung 3.5 des [X.]s hat auf den zulässigen Antrag der Antragstellerin auf Feststellung oder Erklärung der Nichtigkeit des eingetragenen Designs 402015200116-0001 vom 5. Juni 2015 zu Recht dessen Löschung angeordnet, weil dem Löschungsantrag nicht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Löschungsantrags widersprochen worden ist (§ 34 a Abs. 2 Satz 2 [X.]).

Die Nichtigkeit ist, wie geschehen, durch rechtsmittelfähigen Beschluss festzustellen. Eine bloße Löschungsverfügung wie im [X.] genügt insoweit nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut – „wird die Nichtigkeit festgestellt oder erklärt“ – nicht (vgl. [X.]/v. Falckenstein/[X.], Designgesetz, 5. Aufl., § 34 a Rdnr. 11; aA, aber unzutreffend [X.], Designgesetz, § 34 a Rdnr. 29). Gegen eine solche Feststellung oder Erklärung der Nichtigkeit des Designs ist das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben, allerdings nur mit der Begründung, die Feststellung oder Erklärung der Nichtigkeit habe aus formellen Gründen zu unterbleiben; eine materiellrechtliche Überprüfung des Nichtigkeitsantrags findet hingegen nicht statt. Das Gericht ist daher auf die Prüfung beschränkt, ob die Voraussetzungen einer Feststellung oder Erklärung der Nichtigkeit mangels fristgerechter Widerspruchserklärung nach § 34 a Abs. 2 Satz 2 Designgesetz vorlagen. Dies ist vorliegend der Fall.

Gemäß § 34a Abs. 2 Satz 2 [X.] ist die Nichtigkeit eines eingetragenen Designs festzustellen, wenn der Designinhaber einem Nichtigkeitsantrag nicht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Antrags widersprochen hat.

a. Der Antrag der Antragstellerin vom 5. Juni 2015 wurde dem Antragsgegner wirksam gemäß § 4 Abs. 1 [X.] durch ein am 14. Juli 2015 zur Post aufgegebenes Übergabeeinschreiben ausweislich des mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung übersandten [X.] Nr. RB 027240322 [X.] am 15. Juli 2015 zugestellt, so dass die einmonatige Frist zur Einlegung des Widerspruchs mit Ablauf des 16. August 2015 endete. Zustellung bzw. Zugang des Antrags wurden seitens des Antragstellers auch nicht in Abrede gestellt. Der Antragsgegner hat dem Nichtigkeitsantrag weder innerhalb der einmonatigen Frist des § 34a Abs. 2 Satz 1 [X.] noch danach widersprochen. Der anwaltliche Vertreter des Antragsgegners hat hierzu in der mündlichen Verhandlung erklärt, die Sache sei beim Antragsgegner „untergegangen“.

b. Soweit weiterhin für eine Feststellung oder Erklärung der Nichtigkeit eines eingetragenen Designs nach § 34a Abs. 2 Satz 2 [X.] eine „Schlüssigkeit“ des Nichtigkeitsantrags gefordert wird (vgl. [X.]/v. Falckenstein/[X.], a. a. O., § 34a Rdnr. 11), betrifft dies im Wesentlichen die formellen Voraussetzungen des Antrags nach § 34a Abs. 1 [X.] i. V. m. § 21 [X.], nämlich die Angabe der Nummer des Designs (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 [X.]), die Benennung des Antragstellers (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 [X.]), die Angabe der Nichtigkeitsgründe nach § 33 Abs. 1, 2 [X.] (§ 21 Abs. 2 Nr. 3 [X.]) sowie gegebenenfalls den Umfang des Nichtigkeitsbegehrens (§ 21 Abs. 2 Nr. 5 [X.]).

ohne jegliche weitere Sachprüfung. Dies bedingt, dass auch die Begründung lediglich den zur Zulässigkeit des Antrags nach § 34a Abs. 1 [X.] i. V. m. § 21 Abs. 2 Nr. 4 [X.] erforderlichen formellen Anforderungen genügen muss, d. h. dass sie sich in irgendeiner Form auf die geltend gemachten Nichtigkeitsgründe beziehen muss.

Der unter Verwendung des amtlichen Formblatts gestellte Nichtigkeitsantrag der Antragstellerin entspricht offensichtlich den danach zu stellenden (formellen) Anforderungen. Er enthält sämtliche nach § 34a Abs. 1 [X.] i. V. m. § 21 Abs. 2 Nr. 1 – 5 [X.] erforderlichen Angaben. Insbesondere hat die Antragstellerin nicht nur die geltend gemachten Nichtigkeitsgründe nach § 33 Abs. 1, 2 [X.] benannt, sondern diese auch näher begründet.

Danach lagen die für eine Feststellung oder Erklärung der Nichtigkeit eines eingetragenen Designs nach § 34a Abs. 2 Satz 2 [X.] erforderlichen (formellen) Voraussetzungen vor.

c. Mit dem in der Beschwerdebegründung vorgebrachten sachlich-rechtlichen Einwand, die von der Antragstellerin geltend gemachten Nichtigkeitsgründe lägen nicht vor, kann der Beschwerdeführer und Designinhaber hingegen nicht gehört werden.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 23 Abs. 4 Satz 4 [X.] i. V. m. § 84 Abs. 2 Satz 2 [X.], § 97 Abs. 1 ZPO.

Meta

30 W (pat) 801/16

08.09.2016

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 08.09.2016, Az. 30 W (pat) 801/16 (REWIS RS 2016, 5766)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 5766

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