Bundesgerichtshof, Urteil vom 28.08.2018, Az. 1 StR 103/18

1. Strafsenat | REWIS RS 2018, 4385

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Gegenstand

Einziehung bei teilweiser Ersatzleistung des Versicherers nicht ausgeschlossen


Tenor

Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.] ([X.]) vom 14. November 2017 im Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen dahin abgeändert, dass gegen den Angeklagten S.     die Höhe des [X.] auf 436.000 Euro und gegen den Angeklagten [X.]    auf 202.000 Euro festgesetzt wird. Hinsichtlich eines Betrages von 202.000 Euro haften die Angeklagten als Gesamtschuldner.

Die Angeklagten haben jeweils die Kosten des sie betreffenden Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten [X.]wegen schweren [X.]s in vier Fällen und wegen Verabredung zum schweren [X.] zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und den Angeklagten [X.]wegen schweren [X.]s in zwei Fällen und wegen Verabredung zum schweren [X.] zu einer solchen von fünf Jahren verurteilt. Gegen den Angeklagten [X.]hat es die Einziehung von [X.] in Höhe von 151.000 Euro, gegen den Angeklagten [X.]in Höhe von 17.000 Euro mit einer gesamtschuldnerischen Haftung beider Angeklagter in dieser Höhe angeordnet. Die jeweils auf die Einziehungsentscheidung beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft, die vom [X.] vertreten wird, hat mit der Sachrüge Erfolg.

I.

2

1. Nach den Urteilsfeststellungen entwendeten die Angeklagten als Mitglieder einer Bande bei Einbrüchen in Geschäftslokale im Inland unter anderem [X.] und Bargeld, der Angeklagte [X.]darüber hinaus Markenkleidung. Das Diebesgut verbrachten die Tatbeteiligten nach [X.] und verwerteten es dort. Den Erlös und das entwendete Bargeld teilten sie untereinander auf.

3

2. [X.] hat den Gesamtentwendungsschaden bei den jeweiligen Taten im Einzelnen beziffert, das Vorhandensein abzugsfähiger Aufwendungen (§ 73d Abs. 1 StGB) verneint und je nach Tatbeteiligung den sich hiernach ergebenden [X.] für das erlangte Diebesgut in Ansatz gebracht. Soweit den geschädigten Geschäftsinhabern der [X.] durch eine Versicherungsgesellschaft ersetzt worden war, hat es den ersetzten Betrag bei der Berechnung der Höhe des einzuziehenden [X.]es in Abzug gebracht, weil der Anspruch der Verletzten durch die Ersatzleistung der Versicherer erloschen sei (§ 73e Abs. 1 StGB).

II.

4

1. Die Beschränkung der Revision auf die Entscheidung der Anordnung der Einziehung des Wertes von [X.]n ist wirksam, weil diese Anordnung unabhängig von der Schuldfrage beurteilt werden kann und auch in keinem inneren Zusammenhang mit dem Strafausspruch steht (vgl. [X.], Urteile vom 8. Februar 2018 - 3 [X.] und vom 5. September 2017 - 1 [X.], [X.], 342; Beschluss vom 16. Mai 2018 - 1 StR 633/17).

5

2. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft haben Erfolg, weil das [X.] bei der Berechnung der Höhe des Wertes der [X.] die Ersatzleistungen der Versicherer an die Verletzten rechtsfehlerhaft in Abzug gebracht hat.

6

a) Nach § 73 Abs. 1 StGB nF ist zwingend das einzuziehen, was der Täter durch oder für die Tat erlangt hat. Ist dessen Einziehung nicht möglich, so ist nach § 73c Satz 1 StGB nF die Einziehung eines Geldbetrages auszusprechen, der dem Wert des [X.] entspricht. Eine Einziehung ist nach § 73e Abs. 1 StGB nF zwar ausgeschlossen, wenn der Anspruch auf Rückgewähr oder auf Ersatz des Wertes des [X.] erloschen ist. Entgegen der Rechtsauffassung des [X.]s ist aber der Anspruch des Verletzten durch Ersatzleistung des Versicherers nicht erloschen.

7

b) Die Vorschrift des § 73e Abs. 1 StGB nF soll dem Umstand Rechnung tragen, dass der Täter, der durch die Tat etwas erlangt hat, sich neben der Einziehung auch weiterhin den Ansprüchen des Geschädigten ausgesetzt sieht. Zur Vermeidung einer Doppelbelastung soll die Einziehung dann entfallen, wenn der Anspruch des Geschädigten bis zum Abschluss des Erkenntnisverfahrens, etwa durch Sicherstellung und Rückgabe des entwendeten Gegenstandes, erlischt (vgl. [X.], [X.], 497, 500). Mit den vorliegend erbrachten teilweisen Ersatzleistungen der Versicherer an die Geschädigten sind die [X.] der Verletzten aber nicht erloschen, sondern nach § 86 Abs. 1 Satz 1 [X.] auf die Versicherer übergegangen. Diese Ansprüche bestehen daher fort. Als Verletzter im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB nF gilt nunmehr der Versicherer (BT-Drucks. 18/9525, [X.], vgl. auch [X.], Urteil vom 8. Februar 2018 - 3 [X.]).

8

3. Aufgrund der Urteilsfeststellungen kann der Senat die Höhe des Wertes der [X.] des von den Angeklagten [X.] entsprechend § 354 Abs. 1 StPO - in Übereinstimmung mit dem Antrag des [X.]s - selbst festsetzen. Das [X.] hat ohne Rechtsfehler den Wert der entwendeten Gegenstände an Hand der Angaben der Geschädigten festgestellt, das Vorhandensein abzugsfähiger Aufwendungen verneint und die Höhe des Wertes der [X.] alternativ berechnet für den Fall, dass die Ersatzleistungen der Versicherer aus Rechtsgründen nicht in Abzug zu bringen sind.

Jäger     

        

Bellay     

        

Cirener

        

Fischer     

        

Pernice     

        

Meta

1 StR 103/18

28.08.2018

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Urteil

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Kempten, 14. November 2017, Az: 13 Ss 64/18 BGH

§ 73 Abs 1 StGB, § 73c S 1 StGB, § 73d Abs 1 StGB, § 73e Abs 1 StGB, § 86 Abs 1 S 1 VVG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 28.08.2018, Az. 1 StR 103/18 (REWIS RS 2018, 4385)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 4385

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