Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.02.2018, Az. 3 StR 560/17

3. Strafsenat | REWIS RS 2018, 14210

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:080218U3STR560.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
3 StR
560/17
vom
8. Februar 2018
in der Strafsache
gegen

wegen Wohnungseinbruchdiebstahls
u.a.

-
2
-
Der 3.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 8.
Februar 2018, an der teilgenommen
haben:
[X.] am Bundesgerichtshof
Becker,

[X.] am Bundesgerichtshof
Gericke,
[X.]in am Bundesgerichtshof
Dr. [X.],
die [X.] am Bundesgerichtshof
Dr. [X.],
Hoch

als beisitzende [X.],

Staatsanwalt

als
Vertreter der [X.],

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

-
3
-
1.
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.] vom 13. Juli 2017 aufgehoben, soweit von der Anordnung der Einziehung von [X.] oder des Wertes von [X.] abgesehen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere [X.] des [X.] zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Von Rechts wegen

Gründe:

Das [X.]
hat den Angeklagten wegen [X.] in fünf Fällen, wegen versuchten Wohnungseinbruchdiebstahls
und wegen Besitzes von Betäubungsmitteln zu der Gesamtfreiheitsstrafe
von vier Jahren und neun Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich
die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf das Unterbleiben einer Einziehungs-entscheidung beschränkten und auf die Rüge der Verletzung
sachlichen Rechts gestützten Revision; sie begehrt die Ergänzung des Urteils um die Einziehung [X.] teilweise vertretene Rechtsmittel hat den aus der 1
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Urteilsformel ersichtlichen Erfolg. Der weitergehende Antrag war zurückzuweisen.

I.

Nach den Feststellungen entwendete der Angeklagte bei fünf Einbruchdiebstählen Bargeld und Wertgegenstände im Wert von insgesamt
Das [X.], das die Vorschriften der §§ 73 ff. StGB in der ab dem 1. Juli 2017 geltenden Fassung zur Anwendung gebracht hat, hat von einer Einziehung eines dem Wert der [X.] entsprechenden Geldbetrages abgesehen, da -
bis auf einen Betrag v-
alle Schäden von den jeweiligen Versicherungen der Geschädigten reguliert worden sind; damit seien nach Übergang der Forderungen auf die Versicherungen nach § 86 [X.] die Ansprüche der Geschädigten gegen den Angeklagten im Sinne des § 73e Abs.
1 StGB nF erloschen. Hinsichtlich der Einziehung der nicht von der eine Einziehungsentscheidung unterblieben.

Demgegenüber vertritt die Staatsanwaltschaft die Auffassung, die Ansprüche der Geschädigten gegen den Angeklagten seien mit der Versicherungsleistung lediglich nach § 86 Abs. 1 Satz 1 [X.] auf die Versicherung übergegangen, aber nicht erloschen. Zudem habe der Angeklagte

Gegenstände eingenommen habe, durch die Taten im Sinne des §
73 Abs. 1 StGB nF erlangt, so dass auch dieser der Einziehung unterliege.

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3
-
5
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II.

1. Die Beschränkung des Rechtsmittels auf die unterbliebene Einziehungsentscheidung ist wirksam. Zwar konnte nach früherer Rechtslage die Revision regelmäßig nicht wirksam auf eine Entscheidung über die Einziehung nach §
74 StGB aF beschränkt werden: Da jedenfalls die Einziehung nach § 74 Abs. 2 Nr.
1 StGB aF eine Nebenstrafe und damit Teil der Strafzumessung war, konnte der Strafausspruch nur insgesamt angegriffen werden ([X.], Urteil vom 22.
Dezember 1992 -
1 [X.], [X.], 400). Jedoch handelt es sich bei der Einziehung von [X.] nach § 73 StGB nF,
die in der Sache dem Verfall nach § 73 StGB aF entspricht, nicht um eine Strafe oder strafähnliche Maßnahme, so dass sie, wie der Verfall nach alter Rechtslage, den Strafausspruch in der Regel nicht berührt und einer Beschränkung der Revision jedenfalls dann zugänglich ist, wenn die Entscheidung -
wie hier -
losgelöst vom übrigen Urteilsinhalt geprüft werden kann (vgl. [X.], Urteile vom 2. Dezember 2004 -
3 [X.], [X.], 104; vom 17. Juni 2010 -
4 [X.], [X.]St 55, 174, 175
f.).

2. Das Rechtsmittel hat auch -
soweit das [X.] von der Einziehung der [X.] oder eines Geldbetrages in ihrem Wert abgesehen hat
-
Erfolg.
Die [X.] ist rechtsfehlerhaft von einem Ausschluss der Einziehung ausgegangen.

Nach § 73 Abs. 1 StGB nF ist zwingend das einzuziehen, was der Täter durch oder für die Tat erlangt hat. Ist die Einziehung des erlangten Gegenstandes nicht möglich, so ist nach § 73c Satz 1 StGB nF die Einziehung eines Geldbetrages auszusprechen, der dem Wert des [X.] entspricht. Eine Einziehung ist nach § 73e Abs. 1 StGB nF zwar dann ausgeschlossen, 4
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wenn der Anspruch auf Rückgewähr des [X.] oder auf Ersatz des Wertes des [X.], der dem Verletzten aus der Tat erwachsen ist, erloschen ist.

Dies ist vorliegend entgegen der Auffassung des [X.] indes nicht der Fall. Die Vorschrift des § 73e Abs. 1 StGB nF soll dem Umstand Rechnung tragen, dass der Täter, der durch die Tat etwas erlangt hat, sich nach der Gesetzesänderung neben der Einziehung auch weiterhin den Ansprüchen des Geschädigten ausgesetzt sieht. Zur Vermeidung einer Doppelbelastung soll die Einziehung deshalb entfallen, wenn der Anspruch des Geschädigten bis zum Abschluss des Erkenntnisverfahrens -
etwa durch Rückgabe des entwendeten Gegenstandes -
erlischt (vgl. [X.], [X.], 497, 500). Mit der vorliegend erbrachten Leistung der Versicherung an die Geschädigten sind jedoch die [X.] der Verletzten nicht erloschen, sondern nach § 86 Abs. 1 Satz 1 [X.] auf die Versicherung übergegangen. Sie bestehen also fort. Als Verletzter im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB nF gilt nunmehr der Versicherer (BT-Drucks. 18/9525, [X.]). Der Einziehung des durch die Tat [X.] stand § 73e Abs. 1 StGB nF somit nicht entgegen. Die [X.] hätte mithin das Erlangte, nämlich die [X.], oder -
soweit diese nicht mehr vorhanden war -
entweder nach § 73 Abs. 3 Nr. 1 StGB nF das dafür erlangte Surrogat oder nach § 73c StGB nF die Einziehung des Wertersatzes anordnen müssen.

Die Entscheidung über eine Einziehung des (Wertes des) [X.] bedarf deshalb neuer Verhandlung und Entscheidung. Die vom [X.]
beantragte Urteilsergänzung über die Einziehung des Wertersatzes analog §
354 Abs. 1 StPO durch den Senat selbst kam hingegen nicht in Betracht, da die Urteilsgründe die Höhe des Wertes des [X.] nicht sicher ergeben. Insoweit kann das Tatgericht nach § 73d Abs. 2 StGB nF zwar 7
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eine Schätzung vornehmen. Den Urteilsgründen kann indes nicht in allen Fällen entnommen werden, auf welcher Grundlage das [X.]
den Wert der [X.] festgestellt hat, insbesondere ob es sich dabei an den Angaben der Geschädigten zum Wert der entwendeten Gegenstände oder an den Leistungen der Versicherung orientiert hat.

3. Dagegen scheidet -
entgegen dem Revisionsvorbringen der Staatsanwaltschaft -
eine zusätden der Angeklagte durch den Verkauf der [X.] erlangt hat, aus. Insoweit gilt:

Die Einziehung von [X.] nach § 73 Abs. 1 StGB nF ersetzt die Vorschrift über den Verfall nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB aF, wobei die
Formu-lierung "aus"
der Tat erlangt durch die Worte "durch eine rechtswidrige Tat"
erlangt ersetzt wurde. Abzuschöpfen ist damit jeder Vermögenswert, den der Tatbeteiligte durch die rechtswidrige Tat erlangt hat, also alles, was in irgendei-ner Phase des [X.] in seine Verfügungsgewalt übergegangen und ihm so
aus der Tat unmittelbar messbar zugutegekommen ist (BT-Drucks. 18/9525, S.
62; vgl. auch [X.] [X.], 497, 503). Allerdings
erstreckt sich die Ein-ziehung nach § 73 Abs. 1 StGB nF -
wie der frühere Verfall -
nach seinem Um-fang
grundsätzlich nur auf das unmittelbar
erlangte Etwas (vgl. LK/[X.], StGB, 12. Aufl., §
73 Rn. 17). [X.] durch die Verwertung der [X.] er-langte Vermögenszuwächse können weiterhin nur als Surrogat
aufgrund einer Anordnung nach § 73 Abs. 3 Nr. 1 StGB nF (früher § 73 Abs. 2 Satz 2 StGB aF) eingezogen werden. Die vom Gesetz getroffene Unterscheidung zwischen der Einziehung des [X.] nach § 73 Abs. 1 StGB nF und der Einziehung des [X.] nach § 73 Abs. 3 Nr. 1 StGB nF ergäbe keinen Sinn, wenn -
wie die Staatsanwaltschaft meint -
der mittelbar durch die Verwertung der [X.] er-9
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8
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zielte Gewinn ebenfalls "durch die Tat" erlangt und damit Gegenstand einer Einziehung nach § 73 Abs. 1 StGB nF wäre. Vielmehr wollte der Gesetzgeber mit dem Wortlaut der Regelung des § 73 Abs. 3 Nr. 1 StGB nF klarstellen, dass die Anordnung der Einziehung nach § 73 Abs. 1 StGB nF sich nicht ohne [X.] auf die Surrogate "erstreckt" (BT-Drucks. 18/9525, [X.]). Einer Auslegung des § 73 Abs. 1 StGB nF, wonach neben der Einziehung des unmittelbar Er-langten bzw. des Wertersatzes auch eine solche des [X.] aus der Verwer-tung der Beute anzuordnen wäre, steht zudem der unmissverständliche Wort-laut des §
73c Abs. 1 Satz 1 StGB
nF entgegen, wonach der Wert des Erlang-ten (nur) einzuziehen ist, wenn entweder die Einziehung des [X.] nicht möglich ist oder aber von der Einziehung des [X.] abgesehen wird.

[X.]

[X.]

[X.] Hoch

Meta

3 StR 560/17

08.02.2018

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.02.2018, Az. 3 StR 560/17 (REWIS RS 2018, 14210)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 14210

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4 StR 126/10

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