Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.12.2004, Az. 3 BGs 191/04

Ermittlungsrichter | REWIS RS 2004, 61

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[X.] Ermittlungsrichter III 3 [X.]/04 [X.] vom 22. Dezember 2004 In dem Ermittlungsverfahren gegen wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit (§ 99 StGB) Der Antrag des [X.] auf Erlaß eines Haftbefehls gegen den Beschuldigten [X.]

wird abgelehnt. Gründe: [X.] Der [X.] legt dem Beschuldigten zur Last, er habe sich in dem Zeitraum von Ende 2000 bis 2003 im Zusammenwirken mit dem [X.] [X.] und anderen Tatbeteiligten bemüht, für das [X.] zur Entwicklung und Herstellung atomarer Waffensysteme 28 - 2 - sogenannte Telemanipulatoren zu beschaffen. Dabei sei der Beschuldigte in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der in [X.]/[X.] ansässigen Firma [X.]D.[X.]O. International Trading Company, die als Teil des [X.] [X.]snetzwerkes unter Anwendung konspirativer Methoden mit der [X.] sensibler und embargobelasteter Güter insbesondere im westlichen [X.] befaßt ist, tätig geworden. Der [X.] geht ersichtlich da-von aus, daß der Beschuldigte im [X.] zunächst [X.] zur Verschleierung des tatsächlichen Käufers [X.] versucht hat, über die [X.] Firma [X.] [X.] bei der in [X.] ansässigen Intercontrol Technologie AG ([X.]) die benötigten Geräte zu erwerben. Durch die Anfrage der Firma [X.]. erfuhr der Mitbeschuldigte [X.], der damals bei der [X.] AG angestellt war, von dem Vorhaben. Nachdem die [X.] AG auf Veranlassung der [X.] Behörden im [X.] des Jahres 2001 auf die Realisierung des Projekts verzichtet hatte, entschloß sich [X.], die Angelegenheit selbst in die Hand zu nehmen. Zu diesem Zweck nahm er Verbindung zu der ihm von einem [X.] Mittelsmann als Ansprechpartner benannten [X.]er [X.]D.[X.]O. Company auf und kam hierbei in Kontakt zu dem [X.] . Bei einem anschließenden Treffen [X.] und [X.] Ende 2001/Anfang 2002 in [X.] in den Räumen der [X.]D.[X.]O. International Trading FZE, einer Tochtergesellschaft der [X.]D.[X.]O. International Trading Company, schlug [X.] vor, die Manipulatoren bei der ihm von früheren geschäftli-chen Aktivitäten her bekannten Firma [X.] ([X.]) in [X.]/[X.] zu beschaffen. Der Beschuldigte [X.] war hiermit einverstanden. Daraufhin kam es im Januar 2003 zu Verhandlungen bei der Firma [X.], an denen außer [X.] und [X.] drei weitere [X.] Mitbe-schuldigte, denen insbesondere die Klärung der technischen Einzelheiten ob-lag, sowie die Vertreter der [X.] teilnahmen. Die Verhandlungen führten zum Abschluß eines Vertrages über die Herstellung und Lieferung der Manipulato-ren durch die Firma [X.] an die Firma [X.]D.[X.]O. in [X.]. - 3 - I[X.] Nach Auffassung des [X.] erfüllt das Verhalten des Be-schuldigten [X.] den Tatbestand eines Vergehens der geheimdienstlichen Agententätigkeit [X.]. § 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB. Dies trifft nicht zu; es fehlt [X.] an dem Tatbestandsmerkmal einer —gegen die [X.] gerichteten Tätigkeit. 1) Bei der Prüfung des dem Beschuldigten zur Last gelegten Verhaltens ist davon auszugehen, daß [X.] Strafrecht gemäß § 5 Nr. 4 StGB anzu-wenden ist; der Umstand, daß die gesamte hier zu beurteilende Tätigkeit des Beschuldigten [X.] wie auch der übrigen Tatbeteiligten [X.] sich ausschließ-lich außerhalb des Gebietes der [X.] abgespielt hat, es sich mithin um die Auslandstat eines Ausländers gehandelt hat, steht deshalb einer strafrechtlichen Verfolgung nicht entgegen. 2) Nach dem gegenwärtigen Stand der Ermittlungen ist auch ohne weiteres anzunehmen, daß der Beschuldigte für den Geheimdienst einer fremden Macht eine geheimdienstliche Tätigkeit ausgeübt hat, die auf die Lieferung von Gegenständen gerichtet war. Bei der Firma [X.]D.[X.]O., als deren Ge-schäftsführer der Beschuldigte [X.]
tätig geworden ist, handelt es sich um einen Teil des [X.] Beschaffungsnetzwerkes, dessen Aufgabe es ist, unter Anwendung typischer konspirativer Methoden [X.] insbesondere zur Verschleierung des Endnutzers und des wahren Verwendungszwecks em-bargobelasteter Güter [X.] im westlichen Ausland technologische Erzeugnisse zu erwerben, die u.a. für die Entwicklung und Produktion von ABC-Waffen benötigt werden. Diesem Zweck dienen vor allem die Einschaltung ziviler (Tarn-)Firmen, die Vermischung von —erlaubtenfi und embargobehafteten Geschäften, die wahrheitswidrige Angabe —unverdächtigerfi Endnutzer [X.] der Umweg über im Ausland ansässige Gesellschaften. Daß dem Be-- 4 - schuldigten als einem an maßgeblicher Stelle tätigen Vertreter des irani-schen Beschaffungsnetzwerkes alle diese Umstände bekannt waren, steht außer Frage. 3) Die geheimdienstliche Agententätigkeit des Beschuldigten [X.] war [X.] nicht [X.]. § 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB gegen die [X.] gerichtet, weil sie die durch diese Bestimmung geschützte Belange [X.] nicht in einer Weise und Intensität berührte, die dem Sinn und Zweck des Tatbestandes entspricht. Zwar ist die Vorschrift vom [X.] bewußt weit gefaßt, um alle nachrichtendienstlichen Bestrebungen zu erfassen, gleichgültig, ob sie unmittelbar oder mittelbar [X.] Interessen gefährden, ob sie auf die Abklärung politischer, wirtschaftlicher oder [X.] Verhältnisse abzielen, im Ausland oder Inland begangen werden oder ob sie direkt oder lediglich vorbereitend oder unterstützend für die [X.] der in § 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB genannten Schutzgüter ausgeübt wer-den (vgl. [X.], Urteil vom 21. April 1983 [X.] 3 StR 80/83, [X.]St 31, 317 un-ter 4 a.E. m.w.N.; LK/Träger, 11. Aufl., § 99 [X.]. 1). Stets müssen sie [X.] [X.] Belange mit einer strafrechtlich relevanten Intensität berüh-ren, wobei allerdings eine konkrete Gefährdung nicht erforderlich ist, viel-mehr die abstrakte Gefährdung ausreicht. Wo die Grenze hinsichtlich der Beeinträchtigung [X.]r Belange im [X.] zu ziehen ist, ist bislang nicht eindeutig geklärt. Die Rechtsprechung des [X.]es neigt zu einer weiten Auslegung dieses [X.]; danach soll —der tatbestandlichen Voraussetzung, daß sich die geheimdienstliche Tätigkeit ‡gegen die [X.]™ richtet, – die Bedeutung zu(-kommen), daß geheimdienstliche Aktivi-täten, die [X.] nach dem Gegenstand der damit verbundenen Ausforschungs-bemühungen [X.] die Interessen der [X.] [X.] ausnahmsweise [X.] nicht berühren, vom Tatbestand ausgenommenfi sind (Urteil vom 27. September 1980 [X.] StB 25/80, NJW 1980, 2635, re. [X.]. Mitte; ähnlich [X.]St 32, 104 - 5 - unter II 3 a). Die dort in Bezug genommene Stelle des schriftlichen Berichts des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform (BT-Drucks. V/2860, [X.]. [X.].) versteht das Tatbestandsmerkmal allerdings enger: hiernach stellt dieses Kriterium —eine wichtige Begrenzung des Tatbestandesfi dar und —[X.] nur die geheimdienstlichen Operationen fremder Mächte, die sich ge-gen die [X.] als Zielland richten und ihre Interessen beeinträchtigenfi (Hervorhebung hinzugefügt). Diese Voraussetzungen sind, soweit es um die Tatbeteiligung des Beschuldigten [X.]
geht, im [X.] Fall nicht erfüllt. Eigentliches Zielland der Tätigkeit des Beschuldigten war [X.]; denn dort sollten die Manipulatoren hergestellt und von dort sollten sie bezogen werden. Diesem Zweck dienten die Verhandlungen bei der Firma [X.], an denen der Beschuldigte maßgeblich, wenn nicht sogar entscheidend [X.] war. Selbst wenn man die Aktivitäten der vom Beschuldigten eingeschal-teten oder sogar gesteuerten Firmen [X.], [X.] AG und [X.]D.[X.]O. Inter-national Trading FZE insoweit mit einbezieht, beschränkten sich diese Handlungen allein auf das Ausland (die [X.], die [X.] und [X.]). Zum Gebiet der [X.] bestand, soweit nach dem gegenwärtigen Ermittlungsstand erkennbar, keine irgendwie ge-artete nachrichtendienstliche Beziehung; weder hat der Beschuldigte [X.] von hier aus eine auf die Beschaffung der Manipulatoren gerichtet Tätigkeit entfaltet, noch sollten die Geräte oder wesentliche Bestandteile von [X.] aus [X.] direkt oder auf Umwegen [X.] geliefert werden. Die [X.] erschöpfte sich vielmehr in der Tatsache, daß der Mitbeschuldigte [X.] hier seinen Wohnsitz und einen Firmensitz hat und daß er [X.]r Staatsangehöriger ist. [X.] Interessen sind [X.] durch das Verhalten [X.] allenfalls mittelbar und lediglich insofern berührt, als die Beteiligung eines [X.]n Staatsangehörigen an einem Beschaffungsvorhaben, das dem [X.] Atomprogramm dienen sollte, - 6 - geeignet war, das Ansehen der [X.] in der [X.] zu gefährden. Das erfüllt jedoch angesichts der im übrigen ausschließlich auslandsbezogenen Aspekte des Tatgeschehens einschließlich der beteilig-ten Personen und Firmen nicht das Tatbestandsmerkmal einer gegen die [X.] gerichteten geheimdienstlichen Agententätig-keit [X.]. § 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB. 4) Unter diesen Umständen ist der Verdacht, daß sich der Beschuldigte im Zusammenhang mit der (versuchten) Beschaffung von insgesamt 28 Tele-manipulatoren für das [X.] des [X.] eines Vergehens der geheimdienstlichen Agententätigkeit gemäß § 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB schul-dig gemacht hat, schon aus rechtlichen Gründen [X.] mangels eines tat-bestandlichen Verhaltens [X.] zu verneinen. Der Antrag der [X.] auf Erlaß eines Haftbefehls war daher abzulehnen, weil ein dringen-der Tatverdacht (§ 112 Abs. 1 Satz 1 StPO) nicht besteht. Dr. Beyer Richter am [X.]

Meta

3 BGs 191/04

22.12.2004

Bundesgerichtshof Ermittlungsrichter

Sachgebiet: BGs

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.12.2004, Az. 3 BGs 191/04 (REWIS RS 2004, 61)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 61

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