Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.11.2007, Az. 2 StR 458/07

2. Strafsenat | REWIS RS 2007, 882

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[X.] vom 14. November 2007 in der Strafsache gegen wegen versuchten Mordes u. a. - 2 - Der 2. Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführerin am 14. November 2007 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen: Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 14. Mai 2007 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Schwurge-richtskammer des [X.] zurückverwiesen. Gründe: Das [X.] hat die Angeklagte wegen versuchten Mordes in [X.] mit besonders schwerer Brandstiftung, mit versuchter Brandstiftung mit Todesfolge und mit Tötung zweier Wirbeltiere ohne vernünftigen Grund zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die Revision der Angeklagten, mit der sie die Verletzung formellen und ma-teriellen Rechtes rügt. Ihr Rechtsmittel hat mit der Sachrüge in vollem Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). 1 Das [X.] hat die Voraussetzungen eines strafbefreienden Rück-tritts vom Mordversuch nicht rechtsfehlerfrei geprüft. 2 1. Nach den Feststellungen des [X.] war die Angeklagte am 23. November 2006 wegen ehelicher und finanzieller Probleme verzweifelt und fasste den Entschluss, ihr aus Wohnhaus und Scheune bestehendes Anwesen 3 - 3 - in Brand zu setzen und gemeinsam mit ihrem bei ihr wohnenden 12-jährigen [X.] im Bett liegend an einer [X.]vergiftung zu sterben. Dabei wollte sie nicht nur den [X.], sondern auch ihre beiden Hunde mit in den Tod nehmen. Sie brachte ihren [X.] zu Bett, gab ihm Schlafmittel, damit er weder den Brand noch die [X.]gase, an denen er ersticken sollte, bemerken sollte. Bewusst das Vertrauen ihres [X.]es in sie als Mutter ausnutzend, erklärte sie ihm bei der Gabe der Tabletten, dass es sich um Vitamintabletten zur Stärkung seiner Gesundheit handele. Den beiden im [X.] gab sie eben-falls Schlafmittel, damit diese von dem Brand nichts mitbekommen, keinen Alarm schlagen und mit ihr und ihrem [X.] an [X.]gas ersticken sollten. Die Angeklagte bereitete mehrere Brandherde vor. Da bei ihren beiden Hunden das Schlafmittel nicht die von ihr erhoffte Wirkung zeigte, nahm sie einen Hammer und schlug ihnen mit diesem auf den Kopf und das Genick. Während einer der Hunde sofort starb, wurde der andere nur schwer verletzt und verendete erst nach geraumer Zeit. Die Angeklagte legte dann an den vorbereiteten Stellen Feuer, das zu starker eigenständiger Brandzehrung führte. Sie setzte sich zu ihrem nichts ahnend im Bett schlafenden [X.]. Der Brand wurde von einem Nachbarn bemerkt, der als Wehrführer der Feuerwehr ein Feuerwehrauto mit eingeschaltetem Martinshorn und Blaulicht vor das Haus fuhr, um die im [X.] vor dem Feuer zu warnen. Die Angeklagte hörte dies, reagierte aber nicht, obwohl sie spätestens zu diesem Zeitpunkt erkannte, dass sie aufgrund des Einsatzes der Feuerwehr gerettet werden würden und [X.] ihr [X.], in den durch den Brand hervorgerufenen [X.]gasen zu [X.], gescheitert war. Als die Angeklagte bemerkte, dass die Haustür von dem Feuerwehrmann eingeschlagen wurde, entschloss sie sich, mit ihrem [X.] das Haus zu verlassen. Sie weckte ihren [X.] und schickte ihn hinaus, während sie noch Kleidung für ihn holte und ihm dann folgte. An der Scheune und dem - 4 - Wohnhaus, das eigenständig in Brand geraten war, entstand ein Sachschaden in Höhe von etwa 300.000 •. 2. Das [X.] hat unter anderem versuchten Mord (Mordmerkmale: Heimtücke und mit gemeingefährlichen Mitteln) angenommen. Nach Auffassung des [X.] ist die Angeklagte nicht strafbefreiend zurückgetreten, da ein fehlgeschlagener Versuch vorliege. Die Angeklagte habe nach ihrem [X.] mit dem [X.] nicht in den Flammen umkommen, sondern im [X.] ersticken wollen. Als sie die Feuerwehr hörte, habe sie erkannt, dass sie beide bald ge-rettet würden und daher ihr Plan, gemeinsam im Bett liegend durch eine [X.]-vergiftung zu sterben, nicht mehr gelingen konnte. 4 3. Die Verneinung der Voraussetzungen eines strafbefreienden Rücktritts vom Mordversuch begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. 5 Das [X.] hat die Rechtsprechung zum fehlgeschlagenen Versuch zwar wiedergegeben, ist aber nicht von einem rechtlich zutreffenden Ansatz-punkt ausgegangen. Die von der Angeklagten beabsichtigte strafbare Tat war allein die Tötung ihres [X.]es, nicht die Selbsttötung. Die Frage des Rücktritts ist daher ausschließlich daran zu prüfen, ob die Angeklagte strafbefreiend vom [X.] zum Nachteil ihres [X.]es zurückgetreten ist. 6 Für den Fall, dass der Täter sein außertatbestandliches Ziel bereits [X.] hat, hat der [X.] für Strafsachen des [X.] in BGHSt 39, 221 ff. entschieden, dass dem Täter grundsätzlich die Rücktritts-möglichkeit eröffnet ist, weil § 24 Abs. 1 Satz 1 StGB nur ein Abstandnehmen von der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes verlangt. Das gilt auch bei sinnlos gewordenem weitergehenden [X.]. 7 - 5 - Mag auch der Plan der Angeklagten, gemeinsam zu sterben, gescheitert gewesen sein, so verhält sich das angefochtene Urteil aber nicht dazu, ob der allein strafrechtlich relevante Versuch, den [X.] zu töten, fehlgeschlagen war. Zutreffend weist der [X.] darauf hin, dass das [X.] nicht genügend zwischen dem Suizidversuch und dem [X.] an dem Kind differenziert und rechtsfehlerhaft allein darauf abgestellt hat, dass vom Zeitpunkt der Entdeckung des Brandes an aus der Sicht der Angeklagten der gemeinsame Tod nicht mehr möglich war. Das [X.] hat sich - aufgrund des fehlerhaften [X.] - nicht mehr mit der Frage befasst, ob die Angeklagte auch nach der Entdeckung des Brandes objektiv noch die [X.] hatte und subjektiv in der Lage gewesen wäre, ihren [X.] zu töten. 8 Auf diesen Rechtsfehlern beruht der Schuldspruch wegen versuchten Mordes. Da der [X.] nicht ausschließen kann, dass ein neuer Tatrichter mit [X.] Begründung (vgl. zur Frage des fehlgeschlagenen Versuchs auch [X.]/[X.] StGB 54. Aufl. § 24 Rdn. 12) wieder zur Bejahung eines versuchten Mordes gelangt, hat er davon abgesehen, den Schuldspruch selbst zu ändern. 9 Der Mangel führt zur Aufhebung des Schuldspruchs insgesamt, da die weiteren Delikte in Tateinheit abgeurteilt worden sind (vgl. [X.] in [X.]. § 353 Rdn. 12 m.w.[X.]). 10 [X.] [X.] Appl

Meta

2 StR 458/07

14.11.2007

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.11.2007, Az. 2 StR 458/07 (REWIS RS 2007, 882)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 882

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