Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.10.2003, Az. XII ZB 103/02

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 1181

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[X.] ZB 103/02vom15. Oktober 2003in der [X.] 2 -Der XII. Zivilsenat des [X.] hat am 15. Oktober 2003 durch [X.] Richterin [X.] und [X.], [X.], Prof.Dr. [X.] und [X.]:Auf die Rechtsbeschwerde des [X.]n wird der Beschluß [X.] Familiensenats des [X.] vom 30. Mai2002 aufgehoben.Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung,auch über die außergerichtlichen Kosten der Rechtsbeschwerde,an das Berufungsgericht zurückverwiesen.Gerichtskosten werden für das Rechtsbeschwerdeverfahren nichterhoben (§ 8 GKG).Beschwerdewert: 1.838 Gründe:[X.] (Familiengericht) hat durch Verbundurteil die Ehe [X.] geschieden, das Verfahren über den Versorgungsausgleich abge-trennt und den [X.]n zur Zahlung von nachehelichem Unterhalt verurteilt.Das Urteil wurde in dem zunächst auf den 2. April 2001 anberaumten und so-- 3 -dann auf den 23. April 2001 verlegten [X.], von dem der [X.] des [X.]n Kenntnis hatte, durch Bezugnahme auf dasdem [X.] anliegende Urteil verkündet, dem [X.]n [X.] nicht zugestellt.Nachdem der [X.] mit Schriftsatz vom 16. Juli 2001 vergeblich umÜbersendung des [X.]s gebeten hatte, legte er am Montag,dem 24. September 2001 Berufung ein. In der Berufungsschrift führte er aus,ein - möglicherweise - am 23. April 2001 verkündetes Urteil sei ihm bislang,ebenso wie ein [X.], weder zugestellt noch sonstwie be-kanntgegeben worden. Das Vorgehen des Amtsgerichts sei in keiner Weisenachvollziehbar; die Einlegung der Berufung sei daher zur Vermeidung einerVersäumung der Frist des § 516 2. Halbsatz ZPO (a.F.) erforderlich. Er legedaher Berufung ein, "soweit der Antragsgegner und Berufungsführer durch Ur-teil zur Zahlung von nachehelichem Unterhalt verurteilt worden ist". [X.] Begründung würden fristgemäß nach Vorlage der Entscheidung folgen.Das Urteil wurde dem [X.]n am 6. Dezember 2001 zugestellt. [X.] Montag, dem 7. Januar 2002 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz bean-tragte er, die Frist zur Begründung um einen Monat zu verlängern, ferner hilfs-weise, ihm Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist zugewähren. Die Verlängerung wurde gewährt. Mit weiterem, am 7. Februar 2002eingegangenem Schriftsatz beantragte er, das angefochtene Urteil zu Ziffer 3(Unterhalt) aufzuheben und die Klage auf Zahlung von nachehelichem Unter-halt abzuweisen.Das Berufungsgericht verwarf die Berufung durch Beschluß als unzuläs-sig, da die Berufung - mangels wirksamer Verlängerung der bereits abgelaufe-nen Berufungsbegründungsfrist - nicht rechtzeitig begründet worden sei, und- 4 -wies den Antrag auf Wiedereinsetzung zurück. Dagegen richtet sich die - [X.] nicht zugelassene - Rechtsbeschwerde des [X.]n, mitder er in erster Linie seine im Berufungsverfahren zuletzt gestellten [X.].[X.] Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit §§ 522 Abs. 1 Satz 4,238 Abs. 2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 1ZPO zulässig. Die in der Rechtsprechung noch nicht hinreichend geklärte Fra-ge, welche Anforderungen an die Begründung einer zur Wahrung der Fünfmo-natsfrist des § 516 ZPO a.F. = § 517 ZPO n.F. eingelegten Berufung zu stellensind, hat rechtsgrundsätzliche Bedeutung.2. Die Rechtsbeschwerde hat auch Erfolg.Zutreffend ist zwar der Ausgangspunkt des [X.], daß sichdie Begründung einer Berufung gegen ein bis zum Ablauf der [X.] nicht zugestelltes Urteil darauf beschränken darf, eben dies als [X.] zu [X.] (vgl. auch [X.] [X.]E 84, 140 ff. = NJW 1996, 1431).Dies ergibt sich schon daraus, daß dem Rechtsmittelführer weitergehendeAusführungen vor Kenntnis des anzufechtenden Urteils gar nicht möglich sind.Zu Recht rügt die Rechtsbeschwerde aber, daß das Berufungsgerichtdas Vorliegen einer diesen Anforderungen genügenden Berufungsbegründungvor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist des § 519 Abs. 2 Satz 2 ZPO a.F.- 5 -i.V. mit § 26 Nr. 5 EGZPO verneint hat, ohne zu prüfen, ob nicht auch schondie am 24. September 2001 eingereichte Berufungsschrift zugleich die [X.] einer Berufungsbegründung erfüllt.Das ist hier der Fall, so daß sich die Frage der Wiedereinsetzung in [X.] [X.] nicht stellt.Grundsätzlich muß eine Berufungsbegründung zwar nach § 519 Abs. 3Nr. 1 ZPO die Erklärung enthalten, inwieweit das Urteil angefochten wird undwelche Abänderungen des Urteils beantragt werden. Dies kann indes nichtverlangt werden, wenn das anzufechtende Urteil dem Rechtsmittelführer ausvon ihm nicht zu vertretenden Gründen noch gar nicht bekannt ist. Auch [X.] § 519 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a.F. keine durch die Sache nicht gerechtfertigteFormalisierung und verlangt deshalb nicht einmal unbedingt einen förmlichenAntrag. Es genügt, wenn die innerhalb der Begründungsfrist eingereichtenSchriftsätze des Berufungsklägers ihrem gesamten Inhalt nach eindeutig erge-ben, in welchem Umfang und mit welchem Ziel das Urteil angefochten [X.] (vgl. Senatsurteil vom 4. Juni 1986 - [X.] - FamRZ 1987, 58, 59).Insoweit ist zunächst zu beachten, daß die hier eingereichte [X.] von der sonst üblichen Einlegung eines Rechtsmittels abweicht, als [X.] die bloße Erklärung, Berufung gegen das näher bezeichnete Urteil einzu-legen, hinausgehende Erklärungen enthält, insbesondere die, gegen das Urteilwerde Berufung eingelegt, soweit es ihn zur Zahlung von [X.] verurteile. Diese Erklärung kann das Rechtsbeschwerdegericht selbstauslegen. Die Auslegung ergibt, daß die Berufungsschrift zugleich eine Be-gründung dafür enthält und enthalten sollte, aus welchen Gründen und mit wel-chem Ziel die Berufung eingelegt [X.] -Der Hinweis des [X.]n, das anzufechtende Urteil sei noch nicht zu-gestellt und die Einlegung der Berufung sei erforderlich, um die [X.] § 516 ZPO a.F. zu wahren, läßt hinreichend deutlich erkennen, daß [X.], welchen Inhalt es auch immer haben möge, in dem Umfang angefochtenwird, in dem es ihn durch Verurteilung zu Unterhaltszahlungen beschwert, umes insoweit nicht in Rechtskraft erwachsen zu lassen.Dem steht auch nicht entgegen, daß der [X.] in der [X.] zugleich angekündigt hat, "Anträge und Begründung" würden [X.] Vorlage der Entscheidung folgen. Dies kann auch bedeuten, daß er sichlediglich vorbehalten wollte, die Anfechtung des Urteils nach dessen [X.] beschränken und/oder - wie auch später geschehen - sich in diesem [X.] mit den Entscheidungsgründen auseinanderzusetzen.Da die Berufung somit zu Unrecht als unzulässig verworfen worden ist,kann der Beschluß des [X.] keinen Bestand haben.3. Eine eigene Entscheidung des [X.], nämlichdie Zurückweisung an das Amtsgericht, etwa weil das Berufungsgericht [X.] Entscheidung die Sache seinerseits wegen eines Verfahrensmangelsan das Gericht erster Instanz hätte [X.] müssen (vgl. [X.] 12. Januar 1994 - [X.] - NJW-RR 1994, 379), kommt hier nichtin Betracht, da das erstinstanzliche Verfahren nicht an einem Mangel leidet,der zur Aufhebung seiner Entscheidung zwingt. Soweit die verspätete Zustel-lung der erstinstanzlichen Entscheidung prozeßordnungswidrig war, beruht [X.] nicht darauf. Auch lag die Entscheidung ausweislich des [X.] im Zeitpunkt ihrer Verkündung bereits in vollständigerForm vor, so daß sie nicht im Sinne des § 551 Nr. 7 ZPO a.F. als "nicht [X.] versehen" anzusehen ist (vgl. auch Senatsurteil vom 24. Oktober- 7 -1990 - [X.] - FamRZ 1991, 43); der Beschluß des Gemeinsamen Se-nats der oberen Gerichtshöfe des [X.] vom 27. April 1993 ([X.]) ist insoweit nicht einschlägig, weil er nur Entscheidungen betrifft, die [X.] noch nicht vollständig abgefaßt waren.4. [X.] ist daher aufzuheben und der Rechtsstreit an das Be-rufungsgericht zurückzuverweisen, damit es über die Berufung in der Sacheentscheiden kann.Hahne[X.][X.][X.]Ahlt

Meta

XII ZB 103/02

15.10.2003

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.10.2003, Az. XII ZB 103/02 (REWIS RS 2003, 1181)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 1181

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