Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.09.2012, Az. 5 StR 363/12

5. Strafsenat | REWIS RS 2012, 3261

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Gegenstand

Strafverfahren wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt: Voraussetzungen einer ausdrücklichen Beauftragung mit Aufgaben eines Betriebsinhabers bei Zuständigkeit der Ehefrau des Geschäftsführers einer Gebäudereinigungsfirma für Personalangelegenheiten


Leitsatz

Zu den Anforderungen an eine ausdrückliche Beauftragung im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 2 StGB.

Tenor

1. Die Revision des Angeklagten [X.]    gegen das Urteil des [X.] vom 20. April 2012 wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

2. Auf die Revision der Angeklagten [X.]     wird das vorbezeichnete Urteil gemäß § 349 Abs. 4 StPO

a) dahingehend abgeändert, dass die Angeklagte wegen Beihilfe in 50 Fällen zum Vorenthalten und Veruntreuens von Arbeitsentgelt verurteilt wird, und

b) im gesamten Strafausspruch aufgehoben.

Ihre weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat die Angeklagten wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 50 Fällen zu Gesamtgeldstrafen von 450 Tagessätzen verurteilt und jeweils 30 Tagessätze der verhängten Geldstrafen als Kompensation für eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung als bezahlt bestimmt. Während die Revision des Angeklagten [X.]im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO unbegründet ist, führt diejenige seiner Ehefrau [X.]     zur Änderung des Schuldspruchs und zur Aufhebung des Strafausspruchs; im Übrigen ist auch sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

I.

2

Nach den Feststellungen war der Angeklagte [X.] Geschäftsführer der [X.] (im Folgenden: [X.] ), die unter anderem vertraglich die Reinigung und Überwachung von insgesamt elf Toilettenanlagen in großen Kaufhäusern in [X.] und Umland übernommen hatte. Der [X.] oblag dabei, die Toiletten in den Warenhäusern ständig in einem sauberen und hygienisch einwandfreien Zustand zu halten, auftretende Verschmutzungen unverzüglich zu beseitigen sowie die Toilettenanlagen zu desinfizieren. Eine Vergütung für die [X.]haben die Kaufhäuser ausdrücklich ausgeschlossen. Das von der [X.]eingesetzte Personal (26 Mitarbeiter) wurde zunächst nach dem für das [X.] geltenden Mindestlohn beschäftigt. Um allerdings Lohnkosten zu sparen, wurden später in die Arbeitsverträge Regelungen aufgenommen, wonach - obwohl die Mitarbeiter ständig vor Ort sein mussten - lediglich die tatsächliche „Putzzeit“ als Arbeitszeit zählte. Diese wurde im Regelfall mit vier Stunden pro Woche pauschal bestimmt und mit 125 € monatlich vergütet. Ab dem 1. April 2009 wurden schließlich neue Arbeitsverträge geschlossen, die Arbeitszeit unwesentlich heraufgesetzt und nunmehr als Entlohnung 128 € pro Monat vorgesehen. Zusätzlich erhielten die Arbeitnehmer einen Anteil von dem „[X.]“, dem von den [X.]enutzern freiwillig hinterlassenen Trinkgeld für die [X.]enutzung der Toilettenanlage. Die [X.]meldete die [X.]eschäftigten lediglich mit der offiziell gewährten Entlohnung bei der [X.] an und entrichtete auf dieser [X.]asis [X.]eiträge. Die Einkünfte der Arbeitnehmer aus dem „[X.]“ wurden verschwiegen.

3

Das [X.] hat in 50 Fällen eine Strafbarkeit nach § 266a Abs. 1 und Abs. 2 [X.] StG[X.] angenommen, weil die Angeklagten im Zeitraum 1. Juli 2007 bis 31. Juli 2009 jeweils monatlich gegenüber der [X.]              und                 unzutreffende Meldungen abgegeben und somit Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt knapp 128.000 € verkürzt haben. Dadurch, dass die [X.]dem Mindestlohn entsprechend den im Gebäudereinigungsgewerbe geltenden Tarifen unterliege, hätten sie nach diesen Regelungen Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile an die für die [X.]eschäftigten zuständigen Krankenkassen als Einzugsstellen entrichten müssen. Die Arbeitnehmer könnten dabei mit ihrer gesamten vor Ort eingesetzten Arbeitszeit den Mindestlohn beanspruchen, der zugleich die [X.]emessungsgrundlage für die Sozialversicherungsbeiträge bilde. Der Angeklagte [X.]     sei als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der [X.] Arbeitgeber im Sinne des § 266a StG[X.]. Die Angeklagte [X.]     treffe diese Pflicht nach § 14 Abs. 2 [X.] StG[X.], weil sie von ihrem Ehemann beauftragt worden sei, den [X.] eigenverantwortlich allein abzuwickeln, wobei die [X.] in enger Abstimmung zwischen den Eheleuten geregelt worden seien.

II.

4

Die Einwendungen gegen das landgerichtliche Urteil sind unbegründet, soweit sie die Geltung des Mindestlohns für die Arbeitsverhältnisse betreffen. Die Revision der Angeklagten M.    [X.]     hat aber insoweit Erfolg, als das [X.] angenommen hat, diese sei [X.]eauftragte im Sinne von § 14 Abs. 2 [X.] StG[X.]. Dies führt zur Änderung des Schuldspruchs und zur Aufhebung der gegen sie verhängten Strafe.

5

1. Entgegen der Auffassung der Revision hat die [X.] ohne Rechtsverstoß angenommen, dass die Arbeitnehmer dem Mindestlohn für Gebäudereiniger unterliegen. Sie hat dabei weder die in den [X.] vorgegebene noch die tatsächlich erbrachte Reinigungszeit, sondern die gesamte von den Arbeitnehmern vor Ort [X.] als unter den Mindestlohn fallende Arbeitszeit gewertet. Nach den [X.] mit den Kaufhäusern waren nämlich die Überwachung der Toiletten und deren unverzügliche Reinigung im Falle ihrer Verschmutzung geschuldet. Diesen Aufgabenbereich hatten die von der [X.][X.]eschäftigten zu erfüllen.

6

a) Das [X.] hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die bei der [X.][X.]eschäftigten im Tatzeitraum einen Anspruch auf den Mindestlohn für gewerblich [X.]eschäftigte im [X.] hatten. Grundlage für den Mindestlohn im Tatzeitraum war - wie das [X.] im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat - der [X.] für die gewerblich [X.]eschäftigten in der Gebäudereinigung, der mit Wirkung vom 1. April 2004 für allgemeinverbindlich erklärt wurde (vgl. dazu auch [X.], 244 Rn. 12). Durch die Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen im [X.] vom 27. Februar 2008 wurden dann der Tarifvertrag zur Regelung der Mindestlöhne für gewerbliche Arbeitnehmer in der Gebäudereinigung vom 9. Oktober 2007 für bindend erklärt und der Mindestlohn von 7,87 € mit Wirkung vom 1. März 2008 auf 8,15 € erhöht ([X.] 2008, S. 762).

7

Entgegen der Auffassung der Verteidigung unterfallen die Arbeitnehmer der [X.] diesen Regelungen im [X.]. Die Gebäudereinigung ist nach § 18 Abs. 2 HwO ein zulassungsfreies Handwerk, das unter [X.] in der Anlage [X.] genannt ist. Die [X.] war deshalb auch von dem vorgenannten Tarifvertrag erfasst, der von der Gebäudereinigerinnung abgeschlossen wurde (vgl. hierzu auch [X.], [X.] 2009, 329; [X.]/Galperin, D[X.] 2009, 1238). Im Verhältnis zu den Kaufhäusern als den Auftraggebern der [X.]wurden die Reinigungsarbeiten jedenfalls handwerksmäßig ausgeübt. Danach waren die Toiletten ständig sauber zu halten und zu desinfizieren. Dies stellt - wie das [X.] umfassend und rechtsfehlerfrei ausgeführt hat - keine Reinigungstätigkeit einfacher Art dar.

8

Damit kommt es nicht auf die Frage an, ob einfache Reinigungsarbeiten der Gebäudereinigung, die auch als „Reinigung nach Hausfrauenart“ bezeichnet werden, überhaupt unter die [X.] fallen (so [X.]/Galperin, [X.] aaO; zweifelnd [X.], D[X.] 2009, 789). Es ist weiterhin unerheblich, dass die [X.]in ihren geänderten Arbeitsverträgen jeweils „Reinigung nach Hausfrauenart“ als Vertragsgegenstand bezeichnet hat. Maßgeblich ist nämlich nicht die [X.]ezeichnung der Tätigkeit in den Arbeitsverträgen, sondern ihre tatsächliche Ausgestaltung, wie sie auch vertraglich vor-ausgesetzt wurde (vgl. [X.]AG, Urteil vom 20. Januar 2010 - 5 [X.], [X.], 424 Rn. 18). Hier mussten die Arbeitnehmer die gegenüber den Kaufhäusern geschuldete professionelle Reinigung der Toiletten und die Gewährleistung von Sauberkeit und Hygiene erbringen. Dieses Anforderungsprofil war - ungeachtet der individuellen Vorkenntnisse der einzelnen Arbeitnehmer - nicht mit einer „Reinigungstätigkeit nach Hausfrauenart“, sondern nur handwerksmäßig zu erfüllen (vgl. auch [X.]AG, Urteil vom 20. September 1989 - 4 AZR 377/89).

9

b) Die von den bei der [X.]angestellten Reinigungskräften in den Toilettenanlagen zugebrachte Zeit ist in vollem Umfang Arbeitszeit. Ihre Tätigkeit dort hat das [X.] nicht nur als eine (unter Umständen geringer vergütbare - vgl. [X.]AG EzA [X.]G[X.] 2002, § 611 Arbeitsbereitschaft Nr. 4) Arbeitsbereitschaft, sondern als [X.] gewertet. Nach der Rechtsprechung unterscheidet sich die Arbeitsbereitschaft, die in Zeiten wacher Aufmerksamkeit im Zustand der Entspannung geleistet wird ([X.]AG, Urteil vom 17. Juli 2008 - 6 [X.], [X.], 27; [X.]AGE 109, 254, 260) von der [X.]sleistung, die von dem Arbeitnehmer eine ständige Aufmerksamkeit und Arbeitsbelastung verlangt. Letzteres trifft auf die [X.] in Warenhäusern zu. Eine bloß wache Aufmerksamkeit umschreibt das Anforderungsprofil nur unzureichend, weil die Reinigungskraft im [X.]lick auf den in den Toilettenanlagen herrschenden erheblichen [X.]esucherverkehr eine ständige Kontrollaufgabe zu bewältigen hat, die nach den Feststellungen des [X.]s durch ständige Nachreinigungen immer wieder unterbrochen wurde. Mithin liegt auch keine den Arbeitnehmer weniger beanspruchende bloße Arbeitsbereitschaft vor, weil die hierfür typischen Phasen der Entspannung (vgl. [X.]AG aaO) fehlen. Deshalb hat das [X.] das Aufgabenfeld der Arbeitnehmer der [X.] rechtsfehlerfrei als der [X.] „Toilettenreinigung“ unterfallende Tätigkeit gewertet, zumal die [X.]eschäftigten gerade nicht - wie von der Verteidigung behauptet - die Möglichkeit einer freien Zeiteinteilung und die Gelegenheit zur Erledigung ihrer eigenen Angelegenheiten hatten.

c) Das [X.] hat die unterste Lohnstufe in Ansatz gebracht. Der dort vorgesehene Mindestlohn hätte den Arbeitnehmern jedenfalls vergütet werden müssen. Er bildet deshalb auch die [X.]emessungsgrundlage für die Sozialversicherungsbeiträge. [X.]ei [X.] ist die Höhe der [X.]eitragsschuld nämlich nicht nach dem vereinbarten, sondern nach dem geschuldeten Lohn zu berechnen ([X.]SGE 93, 119).

d) Es beschwert die Angeklagten nicht, dass der Anteil des den Arbeitnehmern zufließenden „[X.]es“ vom [X.] nicht berücksichtigt wurde, das gegenüber den [X.] jedoch gleichfalls nicht namhaft gemacht wurde. Das „[X.]“ dürfte allerdings Lohncharakter aufweisen. Da es den von den Kaufhäusern nicht vergüteten Reinigungsbetrieben zustand, die mit den bei ihnen beschäftigten Reinigungskräften [X.] trafen, könnte der dem Arbeitnehmer verbleibende Anteil des „[X.]es“ einen aus dem Arbeitsverhältnis vermittelten Vermögenszuwachs darstellen. Der [X.] kann diese Frage aber offen lassen. [X.] nämlich das den Arbeitnehmern zugeflossene „[X.]“ (zusammen mit den regulär bezogenen Einkünften) unter dem Mindestlohn, bliebe dieser maßgebend. Wäre die Summe aus „[X.]“ und Lohn für die einzelnen Arbeitnehmer höher, würde sich nur der [X.] gegenüber dem vom [X.] angenommenen erhöhen. Hierin läge dann kein Fehler zum Nachteil der Angeklagten.

2. Die Zurechnung der Arbeitgeberstellung nach § 266a Abs. 1 und 2 StG[X.] zu Lasten der Angeklagten M.    [X.]     hält dagegen revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand, weil die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 [X.] StG[X.] nicht rechtsfehlerfrei begründet wurden.

a) Es bestehen hier schon durchgreifende [X.]edenken, ob das [X.] in genügender Form dargestellt hat, dass die Angeklagte ausdrücklich beauftragt wurde. Zwar ist ein solcher Auftrag auch formfrei möglich (vgl. [X.] in [X.]/[X.], StG[X.], 28. Aufl., § 14 Rn. 34). Er muss jedoch zweifelsfrei erfolgen und ausreichend konkret sein, damit für den [X.]eauftragten das Ausmaß der von ihm zu erfüllenden Pflichten eindeutig erkennbar ist. Hierzu enthält das landgerichtliche Urteil indessen keine Ausführungen. Es beschränkt sich auf die Feststellung, dass eine [X.]eauftragung erfolgt ist. Zu deren näherem Inhalt sowie zu den Umständen dieser [X.]eauftragung verhält es sich nicht. Das Revisionsgericht vermag deswegen nicht zu prüfen, ob die inhaltlichen Voraussetzungen einer [X.]eauftragung zutreffend angenommen wurden.

b) Der Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe lässt im Übrigen die Annahme einer [X.]eauftragung im Sinne des § 14 Abs. 2 [X.] StG[X.] fernliegend erscheinen. An ihr Vorliegen sind - wie schon die ansonsten nicht zu rechtfertigende Gleichstellung mit Organen und [X.]etriebsleitern (§ 14 Abs. 2 Nr. 1 StG[X.]) verdeutlicht - strenge Anforderungen zu stellen (vgl. auch [X.]/[X.]öse in [X.], StG[X.], 3. Aufl., § 14 Rn. 7 ff.). Mit der [X.]eauftragung wird eine persönliche [X.] des [X.]eauftragten begründet, die ihm (strafbewehrt) die Erfüllung [X.] Pflichten überbürdet. Die bloße Einräumung von [X.] reicht hierfür ebenso wenig aus wie die Einbeziehung in eine unternehmerische Mitverantwortung ([X.] aaO Rn. 35; [X.]/[X.]öse aaO Rn. 60).

Entscheidend ist vielmehr, dass gesetzliche [X.] in die eigenverantwortliche Entscheidungsgewalt des [X.]eauftragten übergehen ([X.] in Satzger/[X.], StG[X.], 2009, § 14 Rn. 16). Im Rahmen einer solchen Prüfung kann [X.] auch von [X.]edeutung sein, ob der [X.]etrieb aufgrund seiner Größe überhaupt eine personelle Aufteilung der [X.] erforderlich macht. In diesem Sinne kann auch der Gedanke der [X.] der [X.]eauftragung herangezogen werden (vgl. dazu Regierungsentwurf eines Einführungsgesetzes zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, [X.]T-Drucks. V/1319 S. 65; [X.], aaO, Rn. 36; [X.], StG[X.], 59. Aufl., § 14 Rn. 13; [X.]/[X.], 16. Aufl., OWiG, § 9 Rn. 32). Die Regelung des § 14 Abs. 2 [X.] StG[X.] führt nämlich zu einer jedenfalls partiellen Verlagerung strafbewehrter Pflichten vom primär zuständigen Organ auf nachgeordnete Mitarbeiter (vgl. [X.] in [X.], 12. Aufl., § 14 Rn. 68). Deshalb darf auch nicht ohne weiteres von der Übertragung von [X.] auf die [X.]egründung einer [X.] geschlossen werden. Vielmehr ist zu prüfen, ob - wie etwa im Hinblick auf die betriebliche Struktur oder die Vorerfahrungen der handelnden Personen - eine sachliche Notwendigkeit für eine derart weitgehende Aufgabenübertragung bestanden haben könnte. Je weniger eine solche erkennbar ist, umso ferner liegt es, eine Übertragung genuiner [X.] anzunehmen. Die sinnvolle Aufgabenabschichtung zwischen Organ und [X.]eauftragtem liegt dem Tatbestand des § 14 Abs. 2 [X.] StG[X.] als Grundidee zugrunde (vgl. [X.]T-Drucks. 10/318 S. 15), weil es für den [X.]eauftragten regelmäßig nur unter dieser Voraussetzung möglich sein wird, im Aufgabenbereich des eigentlichen Organs selbständig zu handeln (vgl. [X.], aaO, Rn. 62). Fehlt dem mit solchen Aufgaben [X.]etrauten die eigene Entscheidungsfreiheit, dann handelt er nicht wie ein organschaftlicher Vertreter, sondern allenfalls als dessen Gehilfe.

Im vorliegenden Fall mag zwar die Angeklagte [X.]    für den [X.], was Einstellungen, Arbeitsanweisungen und Vereinnahmung des „[X.]es“ angeht, zuständig gewesen sein, weil ihr der Mitangeklagte insoweit eine Leitungsbefugnis eingeräumt hat. Dies lässt aber noch nicht den Schluss zu, dass sie damit sämtliche mit den Personalangelegenheiten zusammenhängenden betrieblichen Pflichten übernommen hat. Hiergegen spricht entscheidend, dass dem Angeklagten [X.]die „[X.]üroarbeit“ vorbehalten blieb. Neben finanziellen Fragen kann die „[X.]üroarbeit“ aber im Wesentlichen nur die dem [X.]etrieb gegenüber [X.]ehörden obliegenden Aufgaben betroffen haben, wozu im hervorgehobenen Maße auch die Erfüllung der [X.] gegenüber den [X.] zählt. Nach den Urteilsfeststellungen beschränkte sich die Rolle der Angeklagten [X.]     vorrangig auf diejenige einer fachlichen Vorgesetzten gegenüber dem Reinigungspersonal. Dies genügt aber nicht den Anforderungen an eine [X.]eauftragung nach § 14 Abs. 2 [X.] StG[X.]. Dasselbe gilt für den Umstand, dass beide Angeklagte als Eheleute ersichtlich vertrauensvoll zusammengearbeitet haben.

3. Aus den gleichen Gründen scheidet auch eine Qualifizierung der Angeklagten als „Teilbetriebsleiterin“ im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 1 StG[X.] aus. Da es für diese Zurechnungsvorschrift keiner ausdrücklichen [X.]eauftragung bedarf, sondern sich die Übertragung auch konkludent aus der [X.]etrauung mit der vollständigen oder teilweisen Leitung des [X.]etriebs ergibt ([X.]GH, Urteil vom 4. Juli 1989 - [X.], D[X.] 1989, 2272), können die inhaltlichen Voraussetzungen im Vergleich zur ausdrücklichen [X.]eauftragung im Sinne der [X.] jedenfalls nicht schwächer sein (vgl. auch [X.] in [X.], StG[X.], 2. Aufl., § 14 Rn. 96).

4. Der [X.] sieht hier allerdings von einer Zurückverweisung ab. Es erscheint ausgeschlossen, dass sich im vorliegenden Fall eine [X.]eauftragtenstellung der Angeklagten [X.]    in einem neuen tatrichterlichen Verfahren noch erweisen ließe. Auf der Grundlage der Feststellungen liegt aber sicher eine [X.]eihilfe der in vollem Umfang in das Tatgeschehen einbezogenen Angeklagten zu jedem der einzelnen Fälle vor, weil sie die Arbeitnehmer entsprechend eingesetzt und überwacht, mithin also für den Arbeitsablauf Sorge getragen hat. Der [X.] kann dabei ausschließen, dass sich die umfänglich geständige Angeklagte gegen den Vorwurf der [X.]eihilfe anders als geschehen hätte verteidigen können.

III.

Die Umstellung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung des Strafausspruchs. Die Feststellungen zum Strafausspruch, die von der dem Schuldspruch zugrunde liegenden fehlerhaften Würdigung unberührt bleiben, können allerdings aufrechterhalten werden. Das neue Tatgericht ist aber nicht gehindert, neue Feststellungen zu treffen, soweit sie den bisherigen nicht widersprechen. Dies schließt auch die [X.]efugnis ein, Veränderungen der wirtschaftlichen Verhältnisse zu berücksichtigen, die eine Anpassung der bislang rechtsfehlerfrei bemessenen [X.] erfordern.

Raum                            Schaal                            Schneider

                 [X.]

Meta

5 StR 363/12

12.09.2012

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Hamburg, 20. April 2012, Az: 618 KLs 6/10

§ 14 Abs 2 Nr 2 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.09.2012, Az. 5 StR 363/12 (REWIS RS 2012, 3261)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 3261

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