Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.03.2015, Az. V ZB 187/14

V. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 14156

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERI[X.]HTSHOF

BES[X.]HLUSS
V [X.]

vom

12. März 2015

in der Abschiebungshaftsache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
FamFG § 417
Die nicht vollständige Übersetzung des [X.] führt nur dann zur Rechtswidrig-keit der Haftanordnung, wenn der Betroffene aufzeigt, dass ihm der [X.] nicht wenigstens in den wesentlichen Grundzügen sinngemäß mündlich übersetzt und ihm dadurch die Möglichkeit genommen wurde, der Anordnung von Haft entgegenste-hende tatsächliche oder rechtliche Umstände vorzutragen.

[X.], Beschluss vom 12. März 2015 -
V [X.] -
LG Stade

AG Langen

-

2

-
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. März
2015
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Stresemann, den Richter [X.], die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland und den Richter Dr. Kazele

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 9. Zivilkammer des [X.] vom 10. Oktober 2014 wird auf Kosten des Betroffenen zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des [X.] beträgt

Gründe:
I.
Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen, einen afghanischen Staats-angehörigen, mit Beschluss vom 17. September 2014 Haft zur Sicherung der Abschiebung bis zum 14. Oktober 2014 angeordnet. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das [X.] zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde will der Betroffene nach seiner Abschiebung die Feststellung erreichen, durch die Haftanordnung und die Beschwerdeentscheidung in seinen Rechten verletzt zu sein.
1
-

3

-
II.
Nach Ansicht des [X.] ist die Haftanordnung zwar unter Verletzung des Anspruchs des Betroffenen auf rechtliches Gehör ergangen, da ihm der [X.] nur in Auszügen übersetzt worden sei. Dies führe aber nicht zur Rechtswidrigkeit der Haftanordnung, da nicht zu erkennen sei, dass das Verfahren ohne diesen Fehler zu einem anderen Ergebnis geführt hätte. Wie sich aus den in dem amtsgerichtlichen Anhörungsprotokoll festgehaltenen [X.] des Betroffenen ergebe, habe er sich, da ihm zumindest die Haft-gründe übersetzt worden seien, zu dem in dem [X.] niedergelegten Sachverhalt und den [X.] äußern können.

III.
Die zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Ohne Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde, dass die Haftanordnung deshalb rechtswidrig
sei, weil dem Betroffenen vor seiner Anhörung durch den Haftrichter der [X.] nicht [X.] übersetzt worden sei.
1. Das Vorgehen des [X.] verletzte allerdings den Anspruch des Betroffenen auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Der Haftrichter darf sich nicht darauf beschränken, einem der [X.] nicht mächtigen Betroffenen nur Teile des [X.] mündlich übersetzen zu lassen. Vielmehr muss diesem der vollständige [X.] übersetzt und damit der gesamte [X.] bekannt gegeben werden. Dadurch soll sichergestellt werden, dass sich der Betroffene zu sämtlichen (tatsächlichen und rechtlichen) Angaben der die Haft beantragenden Behörde äußern und gegenüber dem [X.] vertei-digen kann (Senat, Beschluss vom 21. Juli 2011 -
V [X.], [X.] 2011, 2
3
4
-

4

-
257 Rn. 8; Beschluss vom 18. Juli 2014 -
V [X.], [X.] 2014, 384 Rn.
8).
2. [X.] des Betroffenen, insbeson-dere des Anspruchs auf rechtliches Gehör, hat aber nicht ohne weiteres die Rechtswidrigkeit einer angeordneten Abschiebungshaft zur Folge (vgl. [X.], Urteil vom 10. September
2013, [X.] -
383/13 -
PPU, BayVBl
2014, 140 ff.). Für die unterbliebene Aushändigung des [X.] hat der Senat entschieden, dass ein solcher Verfahrensfehler nur dann zu
einer Aufhebung der Haftanord-nung (bzw. nach einer Erledigung der Hauptsache zur Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit) führt, wenn das Verfahren ohne diesen Fehler zu einem ande-ren Ergebnis hätte führen können (Senat, Beschluss vom 16.
Juli 2014

-
V [X.], Rn. 9 ff., aaO). Ebenso verhält es sich, wenn der Verfahrensfehler in der nicht vollständigen Übersetzung des [X.] liegt. Zutreffend weist die Rechtsbeschwerde zwar darauf hin, dass ein Betroffener nach Art. 5 Abs. 2 [X.] verlangen kann, dass ihm die Gründe für seine Verhaftung in einer ihm verständlichen Sprache mitgeteilt werden.
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kommt eine auf der Grundlage eines nicht vollständig über-setzten [X.] erfolgte Anhörung eines Betroffenen aber nicht einer Nicht-anhörung gleich, die als Verletzung einer grundlegenden Verfahrensgarantie zu qualifizieren ist und einer gleichwohl angeordneten Haft ohne weiteres den [X.] einer rechtswidrigen Freiheitsentziehung aufdrückt (vgl. [X.], [X.] 1996, 198, 201).
Entscheidend ist, ob der Betroffene auf Grund der Überset-zung in der Lage ist, den Haftgrund zu verstehen und seine Rechte zu wahren
(Senat, Beschluss vom 4. März 2010 -
V [X.], [X.]Z 184, 323 Rn. 17). Daher
ist bei einer nicht vollständigen mündlichen Übersetzung des [X.] nicht ohne Weiteres die Annahme gerechtfertigt, dass der Betroffene tatsächlich gehindert war, sich in einem solchen Maße besser zu verteidigen, dass das Verfahren zu einem anderen Ergebnis hätte führen können. Davon kann [X.]
-

5

-
mehr nur dann ausgegangen werden, wenn der Betroffene aufzeigt, dass ihm der [X.] nicht wenigstens in den wesentlichen Grundzügen sinngemäß mündlich übersetzt wurde, ihm insbesondere die Haftgründe nicht mitgeteilt wurden,
und ihm dadurch die Möglichkeit genommen wurde, der Anordnung von Haft entgegenstehende tatsächliche oder rechtliche Umstände vorzutragen.
Solche Anhaltspunkte werden von der Rechtsbeschwerde nicht aufge-zeigt und sind auch angesichts der Feststellung des [X.],
dass sich der Betroffene zu dem im [X.] niedergelegten Sachverhalt und zu den [X.] äußern konnte
und dass er ausweislich des amtsgerichtlichen Protokolls hiervon auch Gebrauch gemacht hat, nicht ersichtlich.
3. Von einer weiteren Begründung
wird abgesehen (§ 74 Abs. 7 FamFG).
Stresemann
Roth
Brückner

Weinland
Kazele
Vorinstanzen:
AG Langen, Entscheidung vom 17.09.2014 -
12b [X.]/14 B -

LG Stade, Entscheidung vom 10.10.2014 -
9 [X.]/14 -

6
7

Meta

V ZB 187/14

12.03.2015

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.03.2015, Az. V ZB 187/14 (REWIS RS 2015, 14156)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 14156

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

V ZB 187/14 (Bundesgerichtshof)

Abschiebungshaftsache: Rechtswidrigkeit der Haftanordnung wegen nicht vollständiger Übersetzung des Haftantrags


2 BvR 993/15, 2 BvR 858/16 (Bundesverfassungsgericht)

Nichtannahmebeschluss: Zu den Anforderungen an die Verfahrensgestaltung bei der Anordnung von Abschiebungshaft - Unzulässigkeit zweier …


V ZB 94/14 (Bundesgerichtshof)


V ZB 23/15 (Bundesgerichtshof)

Abschiebungshaftsache: Haftgrunds der Fluchtgefahr nach Ablauf der Frist zur Umsetzung der Rückführungsrichtlinie; Verfahrensfehler bei der …


V ZB 48/12 (Bundesgerichtshof)

Abschiebungshaftssache: Anforderungen an die persönliche Anhörung des Betroffenen


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

V ZB 187/14

V ZB 141/11

V ZB 80/13

V ZB 222/09

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.