Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.06.2012, Az. II ZR 30/11

II. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 5299

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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
II ZR 30/11
Verkündet am:
26. Juni 2012
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.] § 57, § 241 Nr. 3, § 311
a)
Wenn die Hauptversammlung einer abhängigen Aktiengesellschaft mit der Stim-menmehrheit des herrschenden Unternehmens einem nachteiligen Rechtsge-schäft zustimmt, muss bereits der [X.] einen Nachteil-sausgleich vorsehen.
b)
Wenn der Nachteil, der der abhängigen Gesellschaft auf Veranlassung des herr-schenden Unternehmens zugefügt wird, bezifferbar ist, muss eine [X.] nach § 311 Abs. 2 [X.], die einen Zahlungsanspruch begründet, den Ausgleichsanspruch beziffern und darf ihn nicht von der späteren Feststel-lung des Nachteils abhängig machen.
[X.], Urteil vom 26. Juni 2012 -
II ZR 30/11 -
OLG [X.]

LG [X.] I

-
2
-
Der I[X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 26. Juni 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
Bergmann und [X.]
Strohn, die Richterin Dr.
Reichart, [X.]
Drescher und Born

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Kläger zu 2, 4, 5 und 6 wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts [X.] vom [X.] 2010 aufgehoben.
Der Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Beklagte, die frühere B.

bank AG, und
die U.

SpA (im Folgenden: U.

), die damals ca. 94%
des Grundkapitals der [X.] hielt, vereinbarten
am 12. September 2006 die Übertragung des [X.]
der [X.]. Die U.

kaufte Ak-
tien der Bank A.

.

C.

Bank [X.] U.

gten, die Bank
A.

AG kaufte von der [X.] deren Anteile an der C.

1
-
3
-

Bank für 1,29
Milliarden

deren Anteile an der H.

Bank

.

Bank

kaufte von der [X.] Vermögensgegenstände der
H.

Niederlassung V.

für 10,67 Millio

und Verbindlichkeiten der H.

Niederlassung T.

für 71,6 Milli

Auf der außerordentlichen Hauptversammlung der [X.] am [X.] stimmten die Aktionäre mehrheitlich den einzelnen Verträgen über die Veräußerung des [X.] zu.
In der Hauptversammlung der [X.] am 26. und 27. Juni 2007 [X.] die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf die U.

be-
schlossen. Auf einer weiteren Hauptversammlung am 29. und 30. Juli 2008
wurden die [X.] vom 25. Oktober 2006 bestätigt, unter Ta-gesordnungspunkt 8.1. und 8.2. die [X.] mit der U.

, un-
ter Tagesordnungspunkt 8.3. und [X.] die [X.] mit der Bank A.

AG
und unter Tagesordnungspunkt 8.5. und 8.6. die Unter-
nehmenskaufverträge mit der H.

Bank

. Nach der Eintragung
der Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf die U.

am
15.
September 2008 im Handelsregister fasste die [X.] am
5. Februar 2009 einen weiteren [X.].
Gegen die [X.] vom 25. Oktober 2006 erhoben zahl-reiche Aktionäre Anfechtungsklage. Das [X.] [X.] I erklärte die Beschlüsse für nichtig. Die Verhandlung
über die Berufung der [X.] setzte das Berufungsgericht entsprechend § 148 ZPO im Hinblick auf das vorliegende Verfahren aus.
Die Kläger, die damals Aktionäre der [X.] waren,
haben gegen die [X.] der Hauptversammlung vom 29. und 30. Juli 2008
An-fechtungsklage erhoben, die Kläger zu 5 und 6 nur gegen die Bestätigungsbe-2
3
4
5
-
4
-
schlüsse zu 8.1. und 8.2.
Die Klagen haben sie unter anderem damit begründet,
die [X.] vom 25. Oktober 2006 seien nach § 241 Nr. 3 [X.] nichtig, weil die Veräußerung des [X.] erheblich unter Wert erfolgt sei und damit gegen § 57 Abs. 1 [X.] verstoße. Eine Vereinbarung vom 21. Dezember 2007 zwischen der [X.] und U.

, in der sich
U.

verpflichtet
habe, Nachteile binnen einer bestimmten Frist in bar
auszugleichen, wenn durch eine Gerichtsentscheidung festgestellt werde, dass der Verkauf des [X.] für die Beklagte nachteilig sei, ändere [X.] nichts.
Das [X.] hat die Klagen abgewiesen. Gegen die Zurückweisung ihrer Berufung
durch das Berufungsgericht
richten
sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revisionen
der Kläger zu 2, 4, 5 und 6.

Entscheidungsgründe:
Die Revisionen haben Erfolg und führen zur Zurückverweisung der Sa-che an das Berufungsgericht.
[X.] Das Berufungsgericht hat ausgeführt, § 57 Abs. 1 Satz 1 [X.] sei mit den
[X.]n
vom 25.
Oktober 2006 mit der Rechtsfolge ihrer Nichtigkeit und damit auch
der Nichtigkeit
der
ersten [X.]
vom 30. Juli 2008
nicht
verletzt, weil diese
Vorschrift durch das speziellere Re-gelungswerk der §§
311
ff. [X.] verdrängt werde. Die Vereinbarung vom 21.
Dezember 2007 sei eine wirksame Nachteilsausgleichsvereinbarung. Es sei unschädlich, dass die durch die Vereinbarung begründete Forderung gegen die U.

in der Höhe nicht beziffert sei und ihr Bestehen von der Entschei-
dung eines Gerichts abhängig gemacht werde. Wenn die Angemessenheit der Gegenleistung wie hier von anderen Aktionären angezweifelt werde, kämen
das 6
7
8
-
5
-
herrschende Unternehmen und die Gesellschaft in die Situation, entweder in einem Rechtsstreit zu unterliegen und nach § 317 Abs. 1 [X.] umfassend er-satzpflichtig zu werden oder eine erneute Bewertung durch ein Wirtschaftsprü-fungsunternehmen mit entsprechenden Kosten für die Gesellschaft vornehmen zu lassen, wenn ihr nicht gestattet werde, eine solche bedingte [X.] abzuschließen. Die Vereinbarung sei auch fristgerecht [X.] worden. Ein Nachteil könne der Gesellschaft erst am 9. Januar 2007 mit der Feststellung der Vollzugsvoraussetzungen
des Verkaufs des Osteuro-pageschäfts
durch den Vorstand der [X.] zugefügt worden sein. Die [X.] vom 21. Dezember 2007 sei damit noch vor Ende des Geschäftsjah-res, in dem der abhängigen Gesellschaft ein Nachteil zugefügt worden sei, [X.] worden. Weder die
[X.]
vom 30. Juli 2008
noch die
[X.]
vom 25. Oktober 2006 seien nach § 243 Abs. 2 [X.] anfechtbar. Ein Sondervorteil liege bei Strukturmaßnahmen erst vor, so-fern er bei einer Gesamtwürdigung als sachwidrige Bevorzugung erscheine. Das sei hier nicht der Fall.
I[X.] [X.] hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Den
[X.]n
vom 30. Juli 2008
kommt keine Heilungswirkung zu, wenn -
wie revisionsrechtlich zu unterstellen ist
-
die Beklagte für die Übertra-gung des [X.] keine gleichwertige Gegenleistung erhalten hat. Denn in diesem Fall sind die Ausgangsbeschlüsse
vom 25. Oktober 2006, mit denen
der Übertragung an die U.

zugestimmt wurde, nach § 241 Nr. 3
[X.] nichtig.
1. Die
[X.]
vom 30. Juli 2008
sind
nichtig, wenn die
[X.]
vom 25. Oktober 2006 nach § 241 Nr. 3 [X.] nichtig sind. Einem [X.] haftet ein materiell-rechtlicher Mangel des Ausgangsbeschlusses ebenfalls an ([X.], Urteil vom 15. Dezember 2003 -
II
ZR
194/01, [X.]Z
157, 206, 210; Urteil vom 12.
Dezember 2005 9
10
-
6
-
-
II
ZR
253/03, [X.], 227 Rn. 18; Beschluss vom 21. Juli 2008 -
II
ZR
1/07, [X.], 913 Rn. 10; Urteil vom 22. März 2011 -
II
ZR
229/09, [X.]Z 189, 32 Rn. 27), und nach § 241 Nr. 3 [X.] nichtige Beschlüsse können nicht bestätigt werden, wie schon der Wortlaut von § 244 [X.] zeigt ([X.], Urteil vom
15. Dezember 2003 -
II
ZR
194/01, [X.]Z 157, 206, 212; Urteil vom
20. September 2004 -
II
ZR
288/02, [X.]Z
160, 253, 256; Urteil vom 22.
März 2011 -
II
ZR
229/09, [X.]Z 189, 32 Rn. 27).
2. Die
[X.]
vom 25.
Oktober 2006 sind
nichtig, wenn die Beklagte für die in
den [X.]n
genannten Übertragungen keine gleichwertige Gegenleistung erhalten hat.
a) Die Übertragung des [X.] auf die U.

war eine
Einlagenrückgewähr nach § 57 Abs. 1 [X.], wenn zwischen dem Wert des [X.] und der Gegenleistung der U.

ein Missverhältnis
bestand. Es ist eine nach § 57 Abs. 1 [X.] verbotene Zuwendung, wenn eine Leistung der Gesellschaft an den Aktionär nicht durch eine gleichwertige Ge-genleistung des Aktionärs ausgeglichen wird (vgl. § 57 Abs. 1 Satz 3 [X.] i.d.F. des MoMiG; [X.], Urteil vom 1. Dezember 2008 -
II
ZR
102/07, [X.]Z 179, 71 Rn.
12 -
MPS; Urteil vom 31. Mai 2011 -
II
ZR
141/09, [X.]Z
190, 7 Rn.
24 -
Dritter Börsengang). Nach den im Revisionsverfahren zu unterstellenden
Be-hauptungen der Kläger soll
das Osteuropageschäft der [X.] unter Wert an die U.

verkauft worden
sein.
b) Die [X.] der Hauptversammlung vom 25. Oktober 2006 waren in diesem Fall nichtig. Nach § 241 Nr. 3 [X.] ist ein Beschluss nichtig, wenn er durch seinen Inhalt Vorschriften verletzt, die ausschließlich
oder überwiegend zum Schutz der Gläubiger der Gesellschaft gegeben sind. Dazu zählen die Vorschriften zur [X.] in § 57 [X.] (MünchKomm
[X.]/[X.], 3. Aufl., § 241 Rn. 55;
Würthwein in [X.]/Stilz, [X.], 2. Aufl., 11
12
13
-
7
-
§
241 Rn.
210; [X.]/[X.], [X.], §
241 Rn.
61; [X.] in K.
Schmidt/[X.], [X.], 2. Aufl., § 241 Rn. 21).
Das Berufungsgericht hat zwar nicht festgestellt, dass
die Wirksamkeit der [X.] oder ihres
Vollzugs
von der Zustimmung der [X.] abhängig gemacht war
und die Beschlüsse
der Hauptversammlung die Einlagenrückgewähr unmittelbar bewirkten.
Ein [X.] verletzt § 57 [X.] aber nicht nur dann, wenn er unmittelbar zur
Einlagenrück-gewähr führt. Auch wenn der Vorstand -
wie bei einem Beschluss zur Ge-schäftsführung (§ 119 Abs. 2 [X.])
-
eine Entscheidung der Hauptversammlung einholt und erst die
Umsetzung des Beschlusses zur Einlagenrückgewähr führt, verstößt die Billigung durch die Hauptversammlung gegen gläubigerschützende Vorschriften. Nach § 241 Nr. 3 [X.] kommt es allein auf den Inhalt des [X.] an.
c) Der Nichtigkeit der
Beschlüsse
steht entgegen der Auffassung des Be-rufungsgerichts nicht entgegen, dass die U.

herrschendes Unterneh-
men, der Verkauf unter Wert für die Beklagte ein nachteiliges Rechtsgeschäft nach § 311 Abs. 1 [X.] war und ein Nachteilsausgleich grundsätzlich erst am Ende des Geschäftsjahres bestimmt werden muss (§ 311 Abs. 2 Satz 1 [X.]). Wenn die Hauptversammlung einem nachteiligen Rechtsgeschäft zustimmt, muss bereits der [X.] einen Nachteilsausgleich vor-sehen.
Die [X.] der Hauptversammlung vom 25. Oktober 2006 haben keinen Nachteilsausgleich vorgesehen.
aa) § 311 Abs. 2 Satz 1 [X.] erlaubt dem herrschenden
Unternehmen, den Nachteilsausgleich zeitlich gestreckt erst zum Ende des Geschäftsjahrs vorzunehmen
oder zu bestimmen, wann und durch welche Vorteile der Nachteil ausgeglichen werden soll, auch wenn der Nachteil gleichzeitig eine unzulässige Einlagenrückgewähr im Sinn von §
57 Abs.
1 [X.] ist ([X.], Urteil vom
14
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-
8
-
1. Dezember 2008 -
II
ZR
102/07, [X.]Z
179, 71 Rn.
11 -
MPS; Urteil vom 31.
Mai 2011 -
II
ZR
141/09, [X.]Z
190, 7 Rn.
48 -
Dritter Börsengang). Die Veräußerung von Unternehmensbeteiligungen an das herrschende Unterneh-men unter ihrem Wert ist ein nachteiliges Rechtsgeschäft
im Sinne von §
311 Abs.
1 und 2 [X.].
bb) Wenn die Hauptversammlung einem nachteiligen Rechtsgeschäft zustimmt, muss
bereits der Beschluss selbst den Nachteilsausgleich vorsehen.
Die Ausübung des Stimmrechts
des herrschenden Unternehmens
in der Hauptversammlung ist eine nachteilige Veranlassung im Sinn des § 311 Abs. 1 [X.], wenn nachteilige [X.]n nach § 119 Abs. 2 [X.] beschlossen werden (H.-F. [X.] in [X.]/Stilz, [X.], 2. Aufl., § 311 Rn.
21). Dazu genügt auch die Zustimmung zu einer nachteiligen Geschäftsfüh-rungsmaßnahme, selbst wenn sie noch umgesetzt werden muss, da der [X.] Beschlüsse der Hauptversammlung grundsätzlich umzusetzen hat. [X.] der Legitimationswirkung eines Zustimmungsbeschlusses und seines Gewichts ist entgegen der Revisionserwiderung auch nicht entscheidend, ob dem Vorstand für die Umsetzung der [X.] trotz der Zustimmung der Hauptversammlung noch ein Entscheidungsspielraum ver-bleibt. Dem Zustimmungsbeschluss fehlt die Bedeutung für eine nachteilige Maßnahme auch nicht, wenn der Vorstand nach § 119 Abs. 2 [X.] eine Ent-scheidung der Hauptversammlung verlangt, ohne dazu -
etwa nach den Grundsätzen der Gelatine-Entscheidung (vgl. [X.], Urteil vom 26. April 2004
-
II
ZR 155/02, [X.]Z 159, 30
-
Gelatine I)
-
verpflichtet zu sein.
Wenn die nachteilige Veranlassung in einem mit der Stimmenmehrheit des
herrschenden Unternehmens gefassten [X.] be-steht, kann der Nachteilsausgleich nicht aufgeschoben werden, sondern muss bereits im Beschluss vorgesehen sein. Die Privilegierung des herrschenden 17
18
19
-
9
-
Aktionärs, einen Nachteilsausgleich erst zum Ende des Geschäftsjahres zu vereinbaren, kann nicht greifen, wenn die Hauptversammlung über ein nachtei-liges Rechtsgeschäft beschließt. Teilweise wird zwar -
allerdings in der Regel im Zusammenhang mit der Anfechtung nach § 243 Abs. 2 [X.]
-
die Ansicht vertreten, die Privilegierung von § 311 Abs. 2 Satz 1 [X.] müsse dem herr-schenden Unternehmen auch erhalten bleiben, wenn die Hauptversammlung das nachteilige Geschäft beschließt (Mülbert, Aktiengesellschaft, Unterneh-mensgruppe und Kapitalmarkt, 2. Aufl.,
1996, [X.] ff.; [X.], BB 1974, 1463, 1467; für § 119 Abs. 2 [X.] auch Strohn, Die Verfassung der Aktiengesell-schaft
im faktischen Konzern, 1977, S.
39
ff.). Überwiegend wird dagegen [X.], dass der Nachteilsausgleich bereits im Beschluss selbst geregelt wird ([X.],
[X.], 348, 350
f.; [X.], [X.], 10. Aufl., § 311 Rn. 48
und
§ 243 Rn. 43; MünchKomm[X.]/[X.],
3. Aufl.,
§ 243 Rn. 105; [X.] in KK-[X.], 3. Aufl., § 311 Rn. 166; [X.] in [X.]/[X.], Aktien-
und GmbH-Konzernrecht, 6. Aufl., § 311 Rn. 85; H.-F. [X.] in [X.]/Stilz, [X.], 2. Aufl., § 311 Rn. 65; [X.] in Großkomm[X.], 4. Aufl., § 243 Rn.
58; [X.] in KK-[X.], 1. Aufl., § 243 Rn. 258; Würthwein in [X.]/Stilz, [X.], 2. Aufl., § 243 Rn. 220 f.; J.
Vetter in K.
Schmidt/[X.], [X.], 2. Aufl., §
311 Rn.
123; Fett in Bürgers/Körber, [X.], 2. Aufl., § 311 [X.] Rn.
59; im Ergebnis auch MünchKomm[X.]/[X.], 3. Aufl., § 311 Rn. 130, 132).
Der Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung an. Wenn ein Be-schluss -
wie dies regelmäßig der Fall ist
-
neben dem Nachteil für die [X.] auch [X.] für einen herrschenden Aktionär bietet, muss schon nach dem Wortlaut von § 243 Abs. 2 Satz 2 [X.] mit dem Be-schluss ein angemessener Ausgleich vorgesehen sein, um die Anfechtbarkeit zu beseitigen. Der Aktionär kann nicht darauf verwiesen werden, den Beschluss in der Hoffnung auf einen ungewissen Ausgleich unanfechtbar werden zu [X.]. Das muss auch
gelten, wenn der Beschluss nicht nur anfechtbar, sondern 20
-
10
-
wegen Verstoß gegen gläubigerschützende Vorschriften nichtig ist. Zwar wird ein nichtiger Beschluss nicht infolge Fristablaufs bestandskräftig. Dem [X.] ist aber nicht zumutbar, mit einer Klage zuzuwarten, ob und wie das herrschende Unternehmen noch eine Vereinbarung über den Nach-teilsausgleich trifft.
Die
Hauptversammlung kann auch
-
anders als etwa der Vorstand
-
nicht selbst nach der nachteiligen Veranlassung dafür Sorge tragen, dass der Nachteil spätestens bis zum Ende des Geschäftsjahres durch Vorteile ausgeglichen oder ein Rechtsanspruch auf die Vorteile
vereinbart wird, weil sie nicht ständig zusammentritt.
II[X.] [X.] erweist sich auch nicht aus anderem Grund als richtig.
1. Die Kläger haben durch die Vereinbarung vom 21. Dezember 2007 nicht das Rechtsschutzbedürfnis für die Nichtigkeitsklage verloren. Dabei kann offen bleiben, ob eine nachträgliche Erledigung der Klage durch einen späteren Nachteilsausgleich oder sogar nur eine Nachteilsausgleichsvereinbarung [X.] kann (so
zur Anfechtbarkeit nach § 243 Abs. 2 [X.]
Martens,
AG 1974, 9, 13; MünchKomm[X.]/[X.],
3. Aufl.,
§ 311 Rn. 134; [X.], Aktien-gesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, 2. Aufl., 1996, [X.]; [X.] in KK-[X.], 1. Aufl., § 243 Rn. 258). Die Vereinbarung vom [X.] 2007 genügt nicht den Anforderungen, die
an die Bestimmung eines Rechtsanspruchs auf einen ausgleichenden Vorteil (§ 311 Abs. 2 [X.]) zu [X.] sind.
Wenn der Nachteil, der der abhängigen
Gesellschaft auf Veranlassung des herrschenden Unternehmens zugefügt wird,
bezifferbar ist, muss eine
Aus-gleichsvereinbarung, die einen Zahlungsanspruch begründet, den Ausgleichs-anspruch beziffern
und darf ihn nicht von der späteren Feststellung des
Nach-teils abhängig machen.
Wenn sich der Nachteil bilanziell niederschlägt, muss der Vorteil
bilanzierbar sein; das gilt dann auch für die Gewährung eines An-21
22
23
-
11
-
spruchs
auf Ausgleich.
Jede
Ausgleichsvereinbarung muss zudem Art, Umfang und Leistungszeit der als Ausgleich zugesagten Vorteile festlegen, um den Ausgleich nicht auf die lange Bank zu schieben und die Grenzen zum Scha-densersatzanspruch nach § 317 [X.] nicht zu verwischen
([X.] in
[X.]/[X.], Aktien-
und GmbH-Konzernrecht, 6. Aufl., § 311 Rn. 63 m.w.N.).
Wird nur ein
unbezifferter
Anspruch auf Ausgleich
später festgestellter Nachteile eingeräumt, wird die erforderliche Klarheit nicht geschaffen und der Forderung des § 311 Abs. 2 nach konkreter Festlegung der Vorteile nicht ent-sprochen

(vgl. MünchKomm[X.]/[X.], 3. Aufl., § 311 Rn. 365),
jeden-falls dann
nicht, wenn der Nachteil bezifferbar ist.
Diesen Anforderungen genügt die Vereinbarung vom 21. Dezember 2007 nicht. Der damit gewährte Ausgleichsanspruch ist nicht beziffert, obwohl bei einem Verkauf unter dem tatsächlichen Wert die Differenz zu dem von der U.

gezahlten
Kaufpreis für die Anteile bzw. die Vermögensgegenstände
bezifferbar ist
und der Vorteil in einer Zahlung bestehen soll. Die
Vereinbarung
macht den Ausgleichsanspruch
zudem von der späteren Feststellung
eines Nachteils abhängig.
Die U.

sollte zum Ausgleich innerhalb von 10
Werktagen nach der Zustellung einer rechtskräftigen Gerichtsentscheidung ver-pflichtet sein, in der ein Gericht mit Wirkung gegenüber U.

feststellt,
dass der Abschluss oder der Vollzug der Verträge Nachteile für die Beklagte aufwies. Die Regelung verschob damit einen
Ausgleich mindestens auf die [X.], zumal ungewiss ist, in welchem Verfahren eine solche Feststellung gegenüber der U.

getroffen werden sollte.
Den [X.] ge-
gen die [X.], die außerdem allenfalls mittelbar und nicht durch den [X.] selbst zur Feststellung eines Nachteils führen konn-ten,
wäre die Grundlage
entzogen worden,
wenn man die Vereinbarung entge-gen den bestehenden Ausführungen mit dem Berufungsgericht für ausreichend hielte. Im Ergebnis enthält die Vereinbarung
nicht mehr als das Anerkenntnis, 24
-
12
-
einen Nachteil ausgleichen zu müssen, wenn und soweit ein solcher
gerichtlich
festgestellt würde. Damit werden
die Grenzen zum Schadensersatzanspruch nach § 317 Abs. 1 [X.]
verwischt, in dessen Rahmen der Nachteil als Teil des Schadens zu ersetzen ist.
Die Vereinbarung wird entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch nicht dadurch gerechtfertigt, dass die Beklagte und die U.

nicht
wissen können, ob ein Gericht etwa auf eine Anfechtungsklage hin den Wert der Osteuropabeteiligungen anders einschätzt. Die Regelung über den Nach-teilsausgleich
in § 311 Abs. 2 [X.]
dient nicht einer Heilung von Beschluss-mängeln
oder der Behebung der Unsicherheit, ob und inwieweit ein Nachteil vorliegt, sondern
soll
ein herrschendes Unternehmen nur insoweit
privilegieren, als es die Bestimmung über den Ausgleich eines Nachteils längstens bis zum Geschäftsjahresende aufschieben darf, ohne schadensersatzpflichtig zu wer-den.
2. Die Kläger haben auch durch die Übertragung der Aktien auf die U.

das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage nicht verloren. Die damit
ausgeschiedenen Aktionäre haben ein Interesse an der Fortsetzung der Klage trotz der Übertragung der Aktien und des Verlustes der Mitgliedschaft, weil die Frage der Gleichwertigkeit der Kaufpreiszahlung für ihre Abfindung von Bedeu-tung sein kann (vgl. [X.], Urteil vom 9. Oktober 2006 -
II
ZR
46/05, [X.]Z 169, 221 Rn.
19). Zwar ist der [X.] nicht notwendigerweise
nichtig, wenn die
[X.]
nichtig sind. Die Beklagte hätte aber ggf. einen Schadensersatzanspruch nach § 317 [X.] gegen die U.

, der in
die [X.] einzustellen wäre. Über diesen wird zwar nicht ent-schieden, insoweit kommt dem Urteil im [X.] aber eine gewisse indizielle Wirkung zu (vgl. [X.], Urteil vom 9.
Oktober 2006 -
II
ZR
46/05, [X.]Z
169, 221 Rn. 24).
25
26
-
13
-
3. Der neuerliche [X.] vom 5. Februar 2009 konnte das Rechtsschutzbedürfnis für die [X.] gegen die
Bestäti-gungsbeschlüsse
vom 30. Juli 2008
gleichfalls nicht entfallen lassen
(vgl. [X.] 1.).
IV. Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif. Das Berufungsgericht hat -
aus seiner Sicht folgerichtig
-
keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Beteiligungen und Vermögensgegenstände der [X.] unter Wert an die U.

veräußert wurden. Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf
hin, dass die Kläger, die für das Vorliegen eines Nichtigkeitsgrundes beweis-pflichtig sind, darlegen und gegebenenfalls beweisen müssen, dass die [X.] unter Wert veräußert hat.

Bergmann

Strohn

Reichart

Drescher

Born
Vorinstanzen:
LG [X.] I, Entscheidung vom 10.12.2009 -
5 [X.] 13261/08 -

OLG [X.], Entscheidung vom 22.12.2010 -
7 U 1584/10 -

27
28

Meta

II ZR 30/11

26.06.2012

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.06.2012, Az. II ZR 30/11 (REWIS RS 2012, 5299)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 5299

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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