Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 09.12.2010, Az. 8 AZR 612/08

8. Senat | REWIS RS 2010, 570

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Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 30. April 2008 - 7 [X.] 1229/07 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen über den 31. Oktober 2004 hinaus ein [X.]rbeitsverhältnis besteht.

2

Im Oktober 2004 war der Kläger bei der [X.] beschäftigt. Sein [X.]rbeitsverhältnis war dem Geschäftsbereich [X.] ([X.]) zugeordnet.

3

Mit Schreiben vom 22. Oktober 2004 informierte die [X.] den Kläger über die beabsichtigte Übertragung des Geschäftsbereichs [X.] auf die [X.] Darin wurde dem Kläger ua. mitgeteilt:

        

„die [X.] plant, den Geschäftsbereich [X.] ([X.]) mit Wirkung zum 1. November 2004 auf die [X.] zu übertragen.

        

Für die [X.]rbeitsverhältnisse der Mitarbeiter, die dem Geschäftsbereich [X.] zugeordnet sind, führt diese Übertragung zu einem automatischen Übergang ihrer [X.]rbeitsverhältnisse. Dies ist in § 613 a BGB geregelt, dessen Bestimmungen auf den Übergang zwingend anwendbar sind. § 613 a [X.]bsatz 5 BGB sieht eine schriftliche Information des von einem solchen Übergang betroffenen [X.]rbeitnehmers vor, der nach § 613 a [X.]bsatz 6 BGB dem Übergang auch widersprechen kann.

        

Diese Bestimmungen lauten:

                 

‚Der bisherige [X.]rbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen [X.]rbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

                 

1.    

den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,

                 

2.    

den Grund für den Übergang,

                 

3.    

die rechtlichen, wirtschaftlichen und [X.] Folgen des Übergangs für die [X.]rbeitnehmer und

                 

4.    

die hinsichtlich der [X.]rbeitnehmer in [X.]ussicht genommenen Maßnahmen.

                 

Der [X.]rbeitnehmer kann dem Übergang des [X.]rbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach [X.]bsatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen [X.]rbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.’

        

Ihr [X.]rbeitsverhältnis ist dem Geschäftsbereich [X.] zugeordnet und würde deshalb mit dem 1. November 2004 auf [X.] übergehen.

        

...     

        

1.    

Zum geplanten Zeitpunkt des Übergangs:            

                 

Das Datum des geplanten Übergangs ist der 1. November 2004.

        

2.    

Zum Grund für den Übergang:            

                 

Grund des Übergangs ist die rechtliche Verselbständigung des Geschäftsbereichs [X.] in der [X.] und deren anschließende Veräußerung an die N GmbH.

                 

[X.] mit Sitz in [X.] umfasst das gesamte bisherige [X.]-Geschäft der [X.], also die Geschäftsfelder Film, Finishing und [X.]aborgeräte. [X.] übernimmt das Vermögen von [X.]. Hierzu gehören insbesondere Produktionsanlagen, Markenzeichen, Patente und technologisches Know-how, Vorräte und Forderungen.

                 

...     

                 

Das Unternehmen wird mit einem guten Eigenkapital ausgestattet und verfügt über hohe [X.]iquidität, um unerwartet auftretende Risiken bewältigen, in neue Geschäfte investieren und Marktchancen besser nutzen zu können.

        

3.    

Zu den rechtlichen, wirtschaftlichen und [X.] Folgen des Übergangs für die [X.]rbeitnehmer:            

                 

Mit dem Übergang des Geschäftsbereichs [X.] tritt [X.] in die bestehenden, unveränderten [X.]rbeitsverhältnisse ein. Zur Klärung und Regelung der Einzelheiten haben [X.], [X.], Gesamtbetriebsrat der [X.] sowie die örtlichen Betriebsräte am 24. September 2004 eine Überleitungsvereinbarung ‚zur Klärung der rechtlichen [X.]uswirkungen auf die [X.]rbeitsverhältnisse betroffener [X.]rbeitnehmer, auf die kollektiv-rechtlichen Regelungen sowie auf die betriebsverfassungsrechtlichen Strukturen’ abgeschlossen, die davon geprägt ist, so weit wie möglich Kontinuität zu wahren:

                 

-       

Die bei der [X.] verbrachten und/oder von ihr anerkannten Dienstjahre werden als Dienstzeit bei [X.] anerkannt.

                 

-       

Die Zugehörigkeit zu den [X.]rbeitgeberverbänden der [X.]hemischen Industrie wird auch bei [X.] bestehen, d.h. es bleibt bei den [X.].

                 

...     

        
        

5.    

Zu Ihrer persönlichen Situation:            

                 

Ihr [X.]rbeitsverhältnis wird von dem geplanten Personalabbau gemäß Ziffer 4 nicht betroffen sein.

        

6.    

Zum Widerspruchsrecht:            

                 

Sie haben das Recht, dem Übergang Ihres [X.]rbeitsverhältnisses auf die [X.] binnen einer Frist von einem Monat ab Zugang dieses Schreibens schriftlich zu widersprechen.

                 

Die Erklärung kann nicht einseitig zurückgenommen oder widerrufen werden. Sie kann auch nicht an eventuelle Bedingungen geknüpft werden.

                 

Sollten Sie dem Übergang Ihres [X.]rbeitsverhältnisses widersprechen wollen, müsste das schriftlich mit einer von Ihnen unterschriebenen Erklärung innerhalb dieser Frist erfolgen. Eventuelle [X.] richten Sie bitte ausschließlich an:

                 

...     

        

7.    

Zu den Folgen eines Widerspruchs:            

                 

Im Falle eines fristgerechten Widerspruchs bleibt Ihr [X.]rbeitsverhältnis bei der [X.] und geht nicht auf die [X.] über.

                 

Da nach dem Übergang des vollständigen Geschäftsbereichs [X.] auf [X.] Ihr bisheriger [X.]rbeitsplatz bei [X.] nicht mehr vorhanden sein wird und eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit nicht besteht, müssen Sie daher im Falle der [X.]usübung Ihres Widerspruchsrechts mit der Kündigung Ihres [X.]rbeitsverhältnisses durch [X.] rechnen.

                 

Wir weisen Sie ausdrücklich darauf hin, dass nach der eindeutigen Regelung in der mit dem Gesamtbetriebsrat der [X.] und den örtlichen Betriebsräten vereinbarten Überleitungsvereinbarung in diesem Fall kein [X.]nspruch auf eine [X.]bfindung besteht, weder gegenüber der [X.], noch gegenüber [X.]

                 

Im Falle eines Widerspruchs müssen Sie deshalb damit rechnen, Ihren [X.]rbeitsplatz ohne jede finanzielle [X.]eistung zu verlieren. [X.]ußerdem sind bei einer eventuellen [X.]rbeitslosigkeit nach einem Widerspruch Ihre [X.]nsprüche auf [X.]eistungen der [X.]gentur für [X.]rbeit in Frage gestellt.

                 

Wir empfehlen Ihnen daher dringend, von einem Widerspruch abzusehen.

                 

...“   

4

Mit Wirkung zum 1. November 2004 wurde der Geschäftsbereich [X.] ausgegliedert und auf die neu gegründete [X.] übertragen. Der Kläger widersprach dem Übergang seines [X.]rbeitsverhältnisses auf die GmbH zunächst nicht und erbrachte für diese seine [X.]rbeitsleistung.

5

[X.]m 20. Mai 2005 stellte die [X.] [X.]ntrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, die am 1. [X.]ugust 2005 erfolgte.

6

[X.]m 28. Januar 2006 schlossen der Kläger, die [X.] und eine Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft namens „[X.] GmbH“ einen als „[X.]ufhebungs- und [X.]nstellungsvertrag“ bezeichneten dreiseitigen Vertrag, in dem es ua. heißt:

        

II.   

Beendigung des [X.]rbeitsverhältnisses mit [X.]

        

1.    

In Kenntnis der in der Präambel genannten Fakten vereinbaren der [X.]rbeitnehmer und [X.] die Beendigung des [X.]rbeitsverhältnisses aus den im Interessenausgleich und Sozialplan vom 18.10.2005 genannten betriebsbedingten Gründen einvernehmlich zum 31.01.2006.

        

2.    

Der [X.]rbeitnehmer erklärt, dass er über die Folgen einer solchen einvernehmlichen Beendigung - insbesondere auf den darin liegenden Verzicht auf das Führen von Bestandsstreitigkeiten gegen seinen [X.]rbeitgeber - belehrt worden ist. Der [X.]rbeitnehmer hatte auch Gelegenheit, sich über diese Folgen ausführlich beraten zu lassen.

        

3.    

Ist ein Übertritt in die [X.] zum 01.02.2006 vorgesehen, wird das [X.]rbeitsverhältnis mit [X.] bis zum vereinbarten [X.] nach Maßgabe der insolvenzrechtlichen Vorschriften ordnungsgemäß fortgeführt und abgerechnet.

        

4.    

Der [X.]rbeitnehmer wird durch ein gesondertes Schreiben von [X.] informiert, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe er eine unverfallbare [X.]nwartschaft auf [X.]eistungen aus der betrieblichen [X.]ltersversorgung erworben hat.

        

5.    

Mit diesem Vertrag sind sämtliche aus dem bestehenden [X.]rbeitsverhältnis und seiner Beendigung abzuleitenden wechselseitigen [X.]nsprüche der Vertragsparteien, seien sie bekannt oder nicht bekannt, gleich aus welchem Rechtsgrund, geregelt und abgegolten, sofern es sich nicht um Insolvenzforderungen des [X.]rbeitnehmers handelt und sich aus dem Sozialplan nichts anderes ergibt. Die Behandlung von betrieblichen [X.]ltersversorgungsansprüchen richtet sich nach den gesetzlichen Vorschriften.

        

…       

        
        

III.   

Befristeter [X.]nstellungsvertrag mit der [X.]

        

1.    

Gegenstand und Dauer des befristeten [X.]rbeitsverhältnisses mit der [X.]

        

a.    

Der [X.]rbeitnehmer und die [X.] schließen hiermit einen befristeten [X.]rbeitsvertrag für die Dauer vom 01.02.2006 bis zum 31.01.2007. Das [X.]rbeitsverhältnis endet mit dem Beendigungsdatum automatisch, ohne dass es einer Kündigung bedarf.

        

b.    

Grundlage für diesen [X.]rbeitsvertrag ist die Durchführung von Maßnahmen zur Beschäftigung, Qualifizierung und beruflichen Neuorientierung des [X.]rbeitnehmers. Neben der [X.]ufnahme in die [X.] umfassen diese Maßnahmen:

                 

…“    

7

Der Kläger arbeitete ab dem 1. Februar 2006 bei der [X.]. Durch [X.]nwaltsschreiben vom 31. Januar 2007 ließ der Kläger gegenüber der [X.] wegen unvollständiger bzw. fehlerhafter Informationen im Zusammenhang mit dem Betriebsübergang den Widerspruch gegen den Übergang seines [X.]rbeitsverhältnisses auf die [X.] erklären.

8

Mit Schreiben vom 19. Mai 2006 bot die [X.] dem Kläger eine Vereinbarung an, wonach sie sich verpflichtete, an ihn eine sogenannte [X.] iHv. 250,00 Euro für das [X.] zu zahlen. Unter Ziffer 3. dieser Vereinbarung war geregelt, dass sich die Parteien einig sind, dass das [X.]rbeitsverhältnis am 1. November 2004 auf die [X.] übergegangen ist. Zusätzlich enthielt die Vereinbarung die Verpflichtung des [X.], auch künftig keinen Widerspruch zu erklären. Der Kläger äußerte sich zu diesem [X.]ngebot nicht.

9

Der Kläger ist der [X.]nsicht, er habe im Januar 2007 dem Übergang seines [X.]rbeitsverhältnisses von der [X.] auf die [X.] noch wirksam widersprechen können, weil infolge der nicht ausreichenden Unterrichtung durch die [X.] im Schreiben vom 22. Oktober 2004 über den beabsichtigten Betriebsübergang die einmonatige Widerspruchsfrist des § 613a [X.]bs. 6 Satz 1 BGB nicht in Gang gesetzt worden sei.

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass zwischen den Parteien über den 31. Oktober 2004 hinaus ein [X.]rbeitsverhältnis besteht.

Die [X.] hat die [X.]bweisung der Klage beantragt.

Sie meint, die Unterrichtung des [X.] genüge den gesetzlichen [X.]nforderungen des § 613a [X.]bs. 5 BGB. Der Widerspruch des [X.] sei deshalb verspätet. Jedenfalls habe der Kläger sein Widerspruchsrecht verwirkt.

Das [X.]rbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des [X.] blieb vor dem [X.]andesarbeitsgericht erfolglos. Mit der vom [X.]andesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter, während die [X.] die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

Die Revision des [X.] ist unbegründet. Zwischen den Parteien besteht kein Arbeitsverhältnis mehr, weil dieses mangels eines wirksamen Widerspruchs des [X.] ab dem 1. November 2004 auf die [X.] nach § 613a Abs. 1 BGB übergegangen war.

A. Das [X.] hat sein klageabweisendes Urteil im Wesentlichen wie folgt begründet:

Es könne dahinstehen, ob die Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB infolge fehlerhafter Unterrichtung noch nicht zu laufen begonnen habe. Der Widerspruch des [X.] sei in analoger Anwendung des Rechtsgedankens des § 144 BGB nicht mehr zulässig. Der Kläger habe durch Abschluss des [X.] vom 28. Januar 2006 den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die [X.] bestätigt. Außerdem sei das Verhalten des [X.] rechtsmissbräuchlich.

B. Dem [X.] ist im Ergebnis zu folgen, weil das Widerspruchsrecht des [X.] zum Zeitpunkt seiner Ausübung mit Schreiben vom 31. Januar 2007 verwirkt war.

I. Wie der Senat bereits in einer Vielzahl von gleich gelagerten Fällen entschieden hat, entspricht die Unterrichtung durch die Beklagte vom 22. Oktober 2004 über den beabsichtigten [X.] nicht den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB. Sie setzt damit die einmonatige Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB für die betroffenen Arbeitnehmer nicht in Lauf (vgl. zB 22. April 2010 - 8 [X.] - und - 8 [X.] -; 20. März 2008 - 8 [X.] - [X.], 1354 oder 24. Juli 2008 - 8 [X.]/07 - AP BGB § 613a Nr. 347).

II. Der Senat hat des Weiteren mehrmals entschieden, dass das Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers grundsätzlich verwirken kann (vgl. zB 22. April 2010 - 8 [X.] - und - 8 [X.] -; 24. Juli 2008 - 8 [X.]/07 - AP BGB § 613a Nr. 347).

1. Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB). Mit der Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie dient dem Vertrauensschutz und verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment). Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckt haben, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist.

Angesichts der gesetzlichen Regelung kann hinsichtlich des Zeitmoments nicht auf eine feststehende Monatsfrist, beispielsweise von sechs Monaten abgestellt werden. Entscheidend sind vielmehr die konkreten Umstände des Einzelfalles (Senat 15. Februar 2007 - 8 [X.] - [X.] 121, 289 = AP BGB § 613a Nr. 320 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 64). Dabei ist, wie der Senat bereits zur Verwirkung der Geltendmachung eines Betriebsübergangs (27. Januar 2000 - 8 [X.] -) ausgeführt hat, davon auszugehen, dass bei schwierigen Sachverhalten die Rechte des Arbeitnehmers erst nach längerer Untätigkeit verwirken können. Zutreffend ist es weiterhin auch, die Länge des Zeitablaufes in Wechselwirkung zu dem ebenfalls erforderlichen Umstandsmoment zu setzen. Je stärker das gesetzte Vertrauen oder die Umstände, die eine Geltendmachung für den Anspruchsgegner unzumutbar machen, sind, desto schneller kann ein Anspruch verwirken. Es müssen letztlich besondere Verhaltensweisen sowohl des Berechtigten als auch des Verpflichteten vorliegen, die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen (Senat 15. Februar 2007 - 8 [X.] - mwN, aaO).

2. Zwischen der Unterrichtung des [X.] mit Schreiben vom 22. Oktober 2004 über den bevorstehenden [X.] und seinem Widerspruch mit Schreiben vom 31. Januar 2007 liegt ein Zeitraum von über zwei Jahren. Eine solche Zeitspanne erfüllt das für das Vorliegen einer Verwirkung erforderliche Zeitmoment (Senat 24. Juli 2008 - 8 [X.]/07 - AP BGB § 613a Nr. 347; 2. April 2009 - 8 AZR 473/07 -).

3. Es entspricht der Rechtsprechung des Senats, dass dann, wenn ein Arbeitnehmer eine vom [X.] ausgesprochene Kündigung nicht angreift (24. Juli 2008 - 8 [X.]/07 - AP BGB § 613a Nr. 347) oder durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrages mit dem [X.] über sein Arbeitsverhältnis disponiert (27. November 2008 - 8 [X.] - [X.] 128, 328 = AP BGB § 613a Nr. 363 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 106), das für die Annahme einer Verwirkung erforderliche Umstandsmoment erfüllt sein kann.

a) Allein die widerspruchslose Weiterarbeit des [X.] bei der [X.] ab dem 1. November 2004 begründete noch keine Verwirkung des Widerspruchsrechts des nicht ordnungsgemäß nach § 613a Abs. 5 BGB unterrichteten [X.] (Senat 20. März 2008 - 8 [X.] - NZA 2008, 1354).

b) Aufgrund des Gesamtverhaltens des [X.] durfte die Beklagte jedoch davon ausgehen, dieser werde sein Widerspruchsrecht nicht mehr ausüben (Erfüllung des Umstandsmoments).

Nach der Rechtsprechung des Senats, erfüllt ein Arbeitnehmer dadurch, dass er über sein Arbeitsverhältnis disponiert, das für die Annahme einer Verwirkung erforderliche Umstandsmoment (vgl. oben [X.]). Eine derartige Disposition stellt der Abschluss eines Aufhebungs- und Anstellungsvertrages durch den Kläger mit der [X.] und der [X.] dar. Dadurch hat der Kläger sein Arbeitsverhältnis mit der [X.]in, der [X.], beendet und darüber hinaus im selben Vertrag ein neues Arbeitsverhältnis mit einem dritten Arbeitgeber, der [X.], abgeschlossen. Der Kläger musste sich bei Abschluss dieser Vereinbarung im Klaren sein, dass er nur in die Beschäftigungsgesellschaft wechseln konnte, wenn er keinen Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die [X.] erklären würde. Dementsprechend enthält der Vertrag auch die Klausel, dass er auf die Führung von [X.] mit dem Arbeitgeber verzichtet. Der Kläger hat also sein Interesse an einer Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses mit der [X.] ebenso aufgegeben wie er im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dieser auch ausdrücklich erklärt hat, keine Bestandsstreitigkeit in dieser Hinsicht mehr zu führen. Im Zusammenhang mit seinem Wissen, dass er sich damit auch der Möglichkeit eines etwa noch bestehenden Widerspruchsrechts begab, konnte sein Verhalten nur so verstanden werden, dass er mit der Unterzeichnung der dreiseitigen Vereinbarung auch auf die Möglichkeit verzichtet hat, noch einmal zur [X.] zurückzukehren (so auch: Senat 21. Januar 2010 - 8 [X.]/08 -).

c) Rechtsfehlerfrei hat das [X.] auch dem Schreiben der [X.] vom 19. Mai 2006 zur sog. [X.] keine für den Streitfall entscheidende rechtliche Bedeutung beigemessen. Das Angebot der [X.], für das [X.] eine [X.] zu leisten, erfolgte nachdem der Kläger bereits den dreiseitigen Vertrag mit der [X.] und der [X.] geschlossen und damit sein Widerspruchsrecht verwirkt hatte. Auf eine möglicherweise unzutreffende Rechtsauffassung der [X.] über die Verwirkung des Widerspruchsrechts zum Zeitpunkt des Angebots kommt es daher ebenso wenig an wie darauf, dass sich der Kläger nach erfolgtem Angebot über acht Monate Zeit ließ, bis er auf sein „Reservearbeitsverhältnis“ bei der [X.] im Wege des dann erklärten Widerspruchs zurückkam.

4. Auf die Verwirkung darf sich die Beklagte berufen, unabhängig davon, ob ihr alle vom Kläger verwirklichten [X.] bekannt geworden sind. Bei der Verwirkung des Widerspruchsrechts im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang genügt es, dass einer der Verpflichteten von den vertrauensbildenden Umständen Kenntnis hat. Daraus folgt, dass immer dann, wenn sich der [X.] als neuer Arbeitgeber auf [X.] berufen könnte, diese auch der [X.] als früherer Arbeitgeber für sich in Anspruch nehmen kann. Neuer und alter Arbeitgeber können sich wechselseitig auf die Kenntnis des anderen vom Arbeitnehmerverhalten berufen. Eine nachgewiesene subjektive Kenntnis des in Anspruch genommenen Verpflichteten von einem bestimmten Arbeitnehmerverhalten ist nicht erforderlich, wenn feststeht, dass dieses Verhalten wenigstens dem anderen Verpflichteten bekannt geworden ist (Senat 27. November 2008 - 8 [X.] - [X.] 128, 328 = AP BGB § 613a Nr. 363 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 106).

[X.]. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Eimer    

        

    [X.]    

        

        

Meta

8 AZR 612/08

09.12.2010

Bundesarbeitsgericht 8. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Solingen, 10. Mai 2007, Az: 1 Ca 177/07 lev, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 09.12.2010, Az. 8 AZR 612/08 (REWIS RS 2010, 570)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 570

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